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„Der Weg nach Jerusalem führt über Pula“

Die Cäcilini gestalten einen musikalischen Kinderkreuzweg

Der Titel bezieht sich auf die seit den Illyrern um 10.000 v. Chr. besiedelte Südspitze Istriens, die durch ihre exponierte Lage im Mittelmeer ein seit römischer Zeit bis in die jüngere Vergangenheit hart umkämpfter Hafen und Zwischenstation einer der Hauptpilgerrouten ins Heilige Land war. Wir haben den Satz mal in einer Ausstellung auf einer Landkarte gelesen und uns wegen der Doppelcodierung für Insider (Pula – PuLa) natürlich gefreut.

Folgender Text führt aber nicht zu einer Reiseanmeldung, sondern macht Werbung für eine sogenannte „Pilgerfahrt im Geiste“, wie sie die Kreuzwege in Kirchen und auf Kalvarienbergen darstellen. Für Bruderschaften und Nonnenklöster, die ohne Störung des geregelten Ordenslebens und ohne Gefährdung ihrer Keuschheit den Leidensweg Christi nachvollziehen und den dazugehörigen Ablaß empfangen wollten, wurden im Mittelalter verschiedene Pilgerfahrten im Geiste verfaßt, die entweder auf der Grundlage echter Reisebeschreibungen oder als errechnete Meditations- und Andachtsübungen das Durchwandern der Landschaft durch beständig wiederholte Gebete – Paternoster und Ave Maria – ersetzten. Das wiederholende Beten ist also weit entfernt davon, ein bloßes „unaufhörliches Plappern“ zu sein, sondern es ersetzt via Sprache die meditative Stimmung, in die das lange Laufen den Pilger versetzen konnte:

Diese ‚gaistlich kirchferten‘ werden als Alternative, nicht als Konkurrenz zu tatsächlichen körperlichen Wallfahrten eingeführt, welche ebenso als Beitrag zum Heilsschatz der Bruderschaft akzeptiert werden. Vollzogen werden sie vor allem als ‚gon [gehen] mitt dem mund‘: Die gleichförmige Bewegung der Füße wird also vom Mund übernommen und ersetzt durch das gleichförmige, wiederholte Sprechen von Gebeten.

(Jacob Klingner, Reisen zum Heil. Zwei Ulmer ‚Pilgerfahrten im Geiste‘ vom Ende des 15. Jahrhunderts, in: Literarische Räume. Architekturen – Ordnungen – Medien, hg. von Martin Huber et al., Berlin: Akademie Verlag 2012, S. 59-73, S. 67.
Einen guten ersten Überblick geben auch die Lexikonartikel zum Stichwort „Kreuzweg“ bspw. in der TRE.)

Die Schritte des Leidensweges Christi nach Golgotha oder die Distanzen auf der via dolorosa in Rom wurden von Pilgern gezählt und zum Teil in der Heimat von der Schrittzahl her 1:1 nachgebaut. Daneben gab und gibt es Kalvarienberge, die vor allem in gebirgigen Gegenden die Mühsal des Passionsweges durch an steilen Hängen gelegene Kreuzwegstationen mit auf Knien zu erklimmenden Treppen nacherlebbar machen.

Gesamtansicht des Kalvarienberges im Ort St. Radegund bei Graz/ Steiermark (eigenes Bild)

Der weinende Petrus: Der Kalvarienberg in St. Radegund ist um weitere acht Stationen auf 22 erweitert (eigenes Bild)

Jesus begegnet seiner Mutter (eigenes Bild)

Die Schmerzensreiche inmitten von Lokalkolorit (eigenes Bild)

In Ergänzung des Vaterunser und des Gegrüßet seist Du, Maria werden Meditationstexte verfaßt, die die weit über den Bibeltext hinausgehenden Schilderungen von Erlebnissen und Begegnungen Jesu auf dem Weg nach Golgotha mit Leben füllen, zumindest seelisch nachvollziehbar machen und den Betenden zu Mitleid und Vergebung, vor allem aber auch zu eigener Leidensfähigkeit ertüchtigen: Passio Christi, conforta me!

 

In diese Richtung geht auch, was die Cäcilini am Karfreitag ab 9.30 Uhr in der Pfarrkirche am großen Kreuzweg für alle Kinder im Vorschul- und Grundschulalter anbieten werden. Seit Wochen haben wir uns deshalb in den Proben mit dem Thema Kreuzweg und verschiedenen Modellen, Bildern und Musik befaßt.

Eigentlich war der Plan, einen schon einige Zeit bestehenden Weimarer Kreuzweg wiederzubeleben. Es stellte sich aber heraus, daß er nicht für Kinder geschrieben, zu lang und mit seinem glorreichen orgelklangumstrahlten Ende in einer 15. Station „Auferstehung“ definitiv nichts für eine Andacht am Karfreitag war. Der Plan zur Wiederaufführung dieses Kreuzwegs wurde also in Abstimmung mit unserer neuen Gemeindereferentin, die das Projekt von der theologischen Seite her betreut, auf das kommende Jahr vertagt und mit der Deadline 30. März eigene Texte durch die Cäcilini verfaßt. Dazu haben sie neun aus den 14 Stationen ausgesucht und beschreiben für die Kinder, was in jedem Bild passiert, was Jesus wirklich niederdrückt und was das Schweißtuch der Veronika bedeutet. Dazwischen erklingt meditative Musik, um von Station zu Station zu gelangen.

Die Entscheidung für Musikrichtung und Instrumente haben wir vor dem Hintergrund des Schweigens der Orgel während des Triduum Sacrum skrupulös abgewogen. Nachdem wir verschiedene Priester in Nah und Fern nach der generellen Erlaubnis von Instrumenten zu Karfreitag befragt hatten, ist ein Zyklus thematisch verwandter, aber an die Geschehnisse der jeweiligen Station angepaßter kurzer Musikstücke für Altflöte, Tenorflöte und Cello entstanden. (Da unsere Personaldecke in puncto junger MusikerInnen derzeit in der Pfarrei sehr dünn ist, müssen die Flötenstimmen von Erwachsenen ausgeführt werden. Die Cellistin ist aber wenigstens eine Cäcilina. Übrigens: Wer Lust hat, ab und zu mit zu musizieren – bitte im Pfarrbüro melden oder einfach mal donnerstags in die Probe kommen!).

Die einzelnen Stationen werden durch Kerzen illuminiert, die Kinder können Fragen stellen und ein thematisch passender Gegenstand visualisiert das Geschehen noch einmal besonders kindgerecht – etwa durch eine von vorneherein schiefstehende Waage in der Ersten Station. Ein kurzes gemeinsam gesungenes Lied bringt jede Station zum Abschluß.

Wir würden uns über möglichst großen Zulauf sehr freuen!

Cornelie Becker-Lamers

 

PS: Einen Sündenablaß gibt es übrigens bis heute und er wird nach einer Kreuzwegandacht und dem zusätzlichen Beten eines Vaterunsers, eines Gegrüßet seist Du, Maria und eines Ehre sei dem Vater gewährt, wenn man zeitnah (am besten am selben Tage) zur Beichte geht und die Heilige Kommunion empfängt. Darüber redet man heute nicht mehr viel – es ist aber definitiv nichts, was nach Luther etwa abgeschafft worden wäre, vgl. übrigens hier.

Das Ladeverbot

Ein Sketchlet für zehn Personen

Wundersdorf, Oderbruch. In der Pfarrkirche Maria Hilf! ist der uns mittlerweile wohlbekannte Putztrupp (vgl. hier und hier ) bei der Arbeit.

Wie? Schon wieder? Klar! Ein Vierteljahr ist um – da sind sie mal wieder dran. Wie die Zeit vergeht!

Edith und Shammiram wischen also im Altarraum, während Richard und Ines gewissenhaft ihrer Spezialaufgabe, dem Bänkeverschieben, nachgehen. Kurti putzt die freiwerdenden Flächen jeweils durch. In der Kirche verstreut bewegen sich Nahamiyya und Sara, Reimer und Wenzel mit diversen Staubwedeln oder setzen die Kniebänke dezent unter Wasser. Mit dem Staubsauger rückt Helene den Fußmatten im Vorraum zu Leibe.

Es ist ein munteres Treiben, das mich jedesmal, wenn ich es sehe, an die Heinzelmännchen von Köln erinnert (die bekanntlich vermutlich gar nicht aus Köln stammen, sondern wie der Großteil der deutschen Kultur aus – Überraschung!!! – genau: Mitteldeutschland 🙂 , präziser: aus Eilenburg im nördlichen Sachsen. Aber das ist wieder eine andere Geschichte.

Hier auf PuLa wollen ja aber nicht nur gucken, sondern auch ein bißchen zuhören. Und da diese Putztruppe wie ganz Wundersdorf nur aus Sprache besteht, verschwindet sie ganz bestimmt dadurch auch nicht.

[Anm. der Redaktion: „nur aus Sprache“, wie, „nur“? 😉 ]

Wie beruhigend! 🙂

Also worum geht’s diesmal?

Kurti: Ich sag der Sara immer, du mußt es wissen, es ist dein Leben, aber paß auf! (Er zieht die Augenbrauen hoch und stützt sich wirkungsvoll auf seinen Schrubber.)

Ines (hebt mit Richard die Bank zurück): „Paß auf“! Das ist verdammt viel leichter gesagt als getan, wenn alles um dich herum nur auf die Bildschirme starrt!

Richard (geht eine Bank weiter): Ich denke auch, in Maßen muß man die Kinder auch zu ihrem Glück zwingen – sprich: selber aufpassen, Zeiten absprechen und das Ding dann auch mal einkassieren.

Kurti (wringt seinen Wischlappen aus): Dann sieh aber zu, daß es ausgeschaltet ist – sonst rufen die Spezialisten einfach ihr Smartphone an und futsch ist das schöne Versteck! (Alle lachen.)

Ines: Daran hab ich noch gar nicht gedacht!

Kurti: Tjaaaa … die Steppkes sind ja nicht blöd!

Richard: Und es ist wirklich nicht ungefährlich! Die Hirnforscher beobachten die Smartphone-Generation ja nun schon eine ganze Weile – und da zeigen sich die ersten Folgen! Organische Folgen!

Kurti: Ehrlich?

Richard: Ja – leider! Die Synapsen bilden sich anders. Die Konzentrationsfähigkeit sinkt – das kann man im Hirn sehen.

Ines (hört auf zu arbeiten): Da war doch jetzt dieses Interview im Deutschlandfunk mit diesem Psychiater …

Kurti: Stimmt!

Richard: Hab ich auch gehört – mal morgens .. wie hieß er noch gleich?

Ines: Keine Ahnung – ist ja auch nicht so wichtig … aber was er gesagt hat, das war schon ziemlich alarmierend!

Kurti: Das war eine volle Breitseite gegen die Smartphoneritis und Digitalisierung an unseren Schulen – und sogar schon in den Kindergärten!

Richard: Genau! Er meinte doch, das mathematische Verständnis geht über die Finger in den Kopf …

Ines: „Je mehr Fingerspiele sie im Kindergarten machen, desto besser sind sie mit 20 in Mathematik“ – irgendwie so hat er es formuliert.

Kurti: Und „wenn sie nur wischen als Kindergartenkind, endet ihre Karriere als Putzfachkraft.“ (Er blickt auf seinen Wischeimer).

Richard: Also lieber Mikado spielen und die Kirche putzen als zuhause rumhängen und am Smartphone knibbeln.

Kurti: So sieht’s aus!

Ines: Absolut!

Richard: Eigentlich komisch, daß unser Pfarrer nicht will, daß die Pfarrjugend auch mit die Kirche putzt.

Ines: Ich muß auch sagen: Mein Patenkind aus Dresden …

Bevor wir erfahren, was die Pfarrjugend in Dresden für Aufgaben erfüllt, wird der praxisorientierte Fachdiskurs der drei Elternteile durch ein plötzliches wieherndes Lachen unterbrochen, das im ganzen Kirchenraum widerhallt. Erschrocken blicken die drei sich nach der Quelle dieses Heiterkeitsausbruchs um und machen sie in Reimer und Wenzel aus, die sich in einer Ecke des nördlichen Seitenschiffs vor Lachen schier auf dem Boden kugeln. Shammiram und Edith sind bereits auf dem Weg zu den beiden Jungs, und auch Nahamiyya, Sara und Helene lassen alles stehen und liegen, um zu sehen, was da so lustig ist. Fast schon im Seitenschiff, kommen ihnen Edith und Shammiram lachend entgegen.

Edith (lacht): Das glaubst du nicht!

Richard: Was ist denn nur los? (Er folgt dem Zeigefinger Wenzels und bückt sich zu den Steckdosen in der Kirchenecke hinab. Wieder aufrecht, schlicht) Ja. Das Schild kenn ich. Ich putz hier ja schon eine ganze Weile.

Kurti, Helene und Ines, Sara und Nahamiyya drängeln sich vor der Steckdose.

Helene: Jaja – aber die Kinder haben recht: Wer kommt auf so eine Idee?

Kurti: Ob das noch aus den Zeiten stammt, wo unsere „Gemeindeleitung“ alles für möglich hielt, weil sie sich selber alles herausnahm? – Ich meine: Da kommt doch wirklich keiner drauf!

Ines (liest das Schild vor): „Während der Messe bitte keine Mobiltelefone aufladen“! (Sie faßt sich an die Stirn.)

Tatsächlich klebt über der Steckdose im Seitenschiff ein computergetipptes Schild:

Kirchen-Steckdosen (eigenes Bild)

Sara (zückt ihr Smartphone und das Ladekabel): Das heißt ja nichts anderes, als daß ich es jetzt aufladen darf. (In die Runde) Ist hier schon gewischt? (Sie bugsiert das Ladekabel in die Steckdose und legt ihr Smartphone davor auf den Boden.)

Kurti: Laß den Quatsch! Zieh sofort den Stecker wieder raus!

Sara (trotzig): Du sagst immer, es ist mein Leben!

Kurti: Ja! Aber nicht dein Strom! (Er zieht den Stecker).

Sara: Das machen heute alle! In der Schule auch – was glaubst du denn?

Kurti: Ja! Und dann jammern sie über die Stromtrassen durch die schöne Landschaft! 90% der Sachen, die du über das Ding da erledigst, könntest du auch anders regeln.

Sara (packt ihr Smartphone wieder ein): Du hast ja keine Ahnung! (Sie trollt sich.)

Ines (in die Runde): Tja! Das paßte ja jetzt echt zum Thema!

Edith: Wovon redet ihr überhaupt? Zu was für einem Thema paßte das jetzt?

Ines: Ach – wir hatten’s gerade von Digitalisierung in den Schulen. So ein Interview im Deutschlandfunk …

Edith (überlegt kurz): Ah! Ja! Ich glaub, ich weiß! – Aber sagt mal was ganz anderes: Ist die Steckdose überhaupt freigeschaltet? Hier hat doch so ungefähr jede Birne ihre eigene Sicherung (sie blickt Helene fragend an).

Helene: Du hast recht – ich hab den Strom nur für den Vorraum angemacht. Die Steckdose hier vorne ist vermutlich tot.

Kurti: Na, dann sind wir ja auf der sicheren Seite!

Shammiram: Aber was überhaupt? Geht um Stromklau – oder um heilige Handlung? Ich verstehe nicht!

Die anderen schauen sich verblüfft an und beginnen zu lachen.

Edith: Wenn das Schild älter als zweieinhalb Jahre ist – um den Stromklau.

Richard: Wenn es jünger ist, vermutlich um die heilige Handlung.

Ines: Auf jeden Fall ist es seltsam!

Kurti: Wie gesagt: Wer kommt auf so eine Idee?

Richard: Wie auch immer … Laßt uns weitermachen! Denn was haben wir gesagt? Mikado spielen und Kirche putzen – wir sind noch nicht fertig. Also los! (Er winkt dem Rest der Truppe und geht zurück ins Mittelschiff.)

Shammiram (fotografiert das Schild mit ihrem Smartphone): Ich schicke an meine Familie in Erbil (sie lächelt, schreibt eine kurze Nachricht und sendet das Bild).

Helene: Ja! Für dich ist so ein Smartphone wirklich sinnvoll!

ENDE

 

Ja, so geht’s zu in Wundersdorf. Aber nicht nur dort. An einer weiterführenden Schule Weimars wird gerade von den Schülersprechern mit einem Maximalaufwand an Argumentation und Formulierungskunst die Änderung der Hausordnung in Richtung Zulassung der Smartphones beantragt. Aber zum Glück sind wir in Deutschland, und so schnell schießen die Preußen nicht. Jetzt gibt es erstmal eine Elternsprecherversammlung Ende April, wo das Papier diskutiert wird. Und dann sehen wir mal weiter. Schließlich machen die Burschen im Mai Abitur. Also immer mit der Ruhe!

In der Zwischenzeit habe ich schon mal ein paar Zitate herumgeschickt, die aus genau dem Interview stammen könnten, über das Ines, Richard und Kurti sich ausgetauscht haben. Es war jedenfalls im Deutschlandfunk, dieser Tage, und mit dem Psychiater (ich denke mal: Professor Doktor oder so was) Manfred Spitzer, hier: Herr Spitzer weiß:

Wenn man die Studienlage dazu mal ganz ernsthaft sich anschaut, hat Herr Macron schlichtweg recht, wenn er sagt, wir verbieten die Smartphones an französischen Schulen ab Herbst 2018. Denn es gibt große Untersuchungen, die zeigen, dass wenn Sie das tun, werden die Schüler besser.

Cool, was? Macron hat’s einfach drauf! Aber er ist halt auch einfach mal 25 Jahre jünger als Angela Merkel. Sie könnte ja locker seine Ehefrau sein. Da denkt er natürlich auch ein wenig frischer.

Das mit den Fingerspielen kommt in diesem Text natürlich auch vor. Wobei eine schlechte Note in Mathematik leider ein multikausales Geschehen sein muß. Meine Tochter hat seit ihrem fünften Lebensjahr einen Klassiker an feinmotorischer Schulung genossen, nämlich Geigenunterricht – und hat trotzdem nie ein freundschaftliches Verhältnis zu Zahlen entwickelt. Dennoch ist das gesamte Interview unbedingt lesenswert!!!

Also ich sage ja immer: Handarbeiten! Dazu konnte ich meine Kinder leider nie begeistern und in der Schule ist der entsprechende Unterricht zu meinem nachhaltigen Entsetzen abgeschafft worden. Und da sitze ich doch neulich in einem Wartezimmer, zwei Stricknadeln vor dem Bauch, und fange den zweiten Ärmel eines Pullovers an. Sagt die Mutti neben mir zu ihrem hustenden Knirps: „Guck mal, die Tante häkelt“. Häkelt! Die jungen Mütter können heutzutage nicht mal mehr eine Strick- von einer Häkelnadel unterscheiden!!! Da fällt mir doch der alte Witz ein, den mein in Berlin aufgewachsener Vater gerne zitierte: Kommt ein Berliner mit seinem Sohn aufs Land und sieht einen Bauern am Weidezaun lehnen. Fragt der Vater den Bauern: „Darf der Junge ma die Ferde sehn?“ Sagt der Bauer: „Det sind doch Kühe!“

Der Witz stammt spätestens aus den 1950er Jahren (danach haben meine Eltern Ostberlin nämlich in Richtung Bundesrepublik verlassen). Aber so ist es: Erst verlieren wir das Verhältnis zu den Tieren, dann zum Handwerk – und dann schaffen wir uns selber ab, durch mitfühlende (besser gesagt: emotionale Äußerungen zitierende) Pflegeroboter. Aber vorher schlagen wir erst noch die Stromtrasse durch den Thüringer Wald, damit alle Kinder für ihre Hausaufgaben das Wort „Pferd“ googeln können …

Cornelie Becker-Lamers

Klar gibt’s das auch dieses Jahr wieder‭ – ‬aber halt‭ ‬nicht im Pfarrhaus

Ein weiterer,‭ ‬diesmal recht weiter Rückblick über einen gelungenen Auftakt

Eine weitere Rezension,‭ ‬eine echte Mitmach-Konzert-Rezension steht schon viel länger aus als bloß seit dem‭ ‬25.‭ ‬Februar‭ – ‬nämlich seit genau zwei Jahren‭! ‬Sie ist ganz authentisch,‭ ‬damals sofort verfaßt,‭ ‬aufgrund ihres Aufhängers aber nicht veröffentlicht worden‭ – ‬der Aufhänger paßte nicht zur unvorhersehbaren Tagespolitik‭ (‬wenn Sie recherchieren,‭ ‬was am‭ ‬22.‭ ‬März‭ ‬2016‭ ‬die Schlagzeilen dominierte,‭ ‬werden Sie verstehen,‭ ‬was ich meine‭)‬.

Das ist aber sehr schade drum,‭ ‬denn es war ein schöner Auftakt,‭ ‬am dem unbedingt weitermusiziert werden sollte.‭ ‬Es geht um die Idee des‭ „‬Bach in the subways‭“‭,‭ ‬also um den Gedanken,‭ ‬Johann Sebastian Bach und andere Musik zu Bachs Geburtstag ‭ ‬an Alltagsorten und‭ –‬nichtorten zu Gehör zu bringen.

Wie war‭ „‬Bach in the subways‭“ ‬zu‭ „‬Bach in the stairways‭“ ‬geworden und in unser Pfarrhaus gelangt‭? ‬Nun,‭ ‬die Initiative ging von unserem damals noch recht frisch hier angekommenen Pfarrer aus.‭ ‬Er hatte wohl irgendwie gehört,‭ ‬daß wir jahrelang bei der Langen Nacht der Hausmusik der Thüringer Bachwochen zum Teil recht umfang-‭ ‬und besucherreiche Hauskonzerte auf die Beine gestellt hatten und sprach uns an,‭ ‬ob man zu dieser Langen Nacht der Hausmusik nicht auch im Pfarrhaus einen Beitrag leisten könnte.‭ ‬Mir war bewußt,‭ ‬daß sich diese Veranstaltung,‭ ‬weil sie immer auf dem Freitag vor Palmsonntag liegt,‭ ‬immer mit dem Ökumenischen Jugendkreuzweg überschneiden wird,‭ ‬der auch immer auf dem Freitag vor Palmsonntag liegt.‭ ‬Ich erwähnte das Dilemma und wir verwarfen wegen der Überschneidung die Idee mit der Langen Nacht.

Als ich Tage oder wenige Wochen später die Einladung zu‭ „‬Bach in the subways‭“ ‬im Emailpostfach hatte,‭ ‬schlug ich dem Pfarrer diese Reihe als Ersatz für die Lange Nacht der Hausmusik vor‭ – ‬und er sagte gerne zu.‭ ‬Und natürlich hatte ich die Organisation an der Backe.‭ ‬Aber das ist man ja gewohnt… 😉

Es ging noch drum:‭ ‬Welches Treppenhaus‭? ‬Im Gemeindehaus ist auch eine geniale Akustik‭ – ‬aber gemütlicher sind die Holztreppen im Pfarrhaus‭ – ‬also dort.‭ ‬Ich sprach mit etlichen Musikern,‭ ‬auch den Studentinnen des sich damals gerade etablierenden Taizé-Kreises‭ – ‬alle fanden die Idee schön,‭ ‬aber nicht alle konnten‭ (‬Semesterferien‭ …)‬.‭ ‬Aber der Jugendchor,‭ ‬die Cäcilini natürlich und einige EinzelmusikerInnen sprachen sich ab und waren zur Stelle.‭ ‬Tatkräftig und eigeninitiativ unterstützt durch unseren Pfarrsekretär ging jede Menge Werbung über jede Menge Kanäle raus‭ – ‬schließlich galt es,‭ ‬die Konkurrenz mit dem traditionellen Konzert im Gentzschen Treppenhaus zu bestehen‭ – ‬und etliche folgten unserer Einladung.‭ ‬Und so ging etwas über die Bühne,‭ ‬von dem ich gerne sagen würde:‭ ‬Ein Anfang war gemacht.‭ ‬Aber das kann man halt nur,‭ ‬wenn es auch irgendwann mal irgendwie weitergeht.‭ ‬Sonst bleibt es eine einmalige Veranstaltung.

Aber ob als Anfang,‭ ‬für dessen Fortführung dann jetzt noch einmal geworben würde,‭ ‬oder als einmaliges Mitmach-‭ ‬und Kommunikationskonzert‭ – ‬die Rezension,‭ ‬die ja ohnehin seit zwei Jahren fertig ist,‭ ‬sollte die Erinnerung an den Nachmittag ruhig wachhalten und sie auf PuLa gut aufgehoben sein lassen.

Welcher besondere Gast mit seiner Ehefrau an diesem Nachmittag das Pfarrhaus besucht hatte,‭ ‬warum wir ihn damals gar nicht als besonders erkannt haben,‭ ‬weil er es erst anderthalb Jahre später für uns wurde,‭ ‬man ihn hier aber trotzdem schon auf Gereons Fotos sieht‭ – ‬das erfahren Sie in der nächsten Rezension‭ (‬die seit Ende August aussteht‭ …)‬.‭ ‬Aber jetzt folgt erst einmal:

 

Wer nur den lieben Gott läßt walten (März 2016)

Natürlich kann man schlecht sagen,‭ ‬das Experiment sei ein Bombenerfolg gewesen.‭ ‬Das könnte bei chemiebegeisterten Menschen zu den falschen Assoziationen führen.‭ ‬Aber wir können fürs Archiv getrost festhalten,‭ ‬daß sich der Mut unseres Pfarrers,‭ ‬sein Haus für Musik und Begegnung zu öffnen,‭ ‬absolut ausgezahlt hat.‭ ‬Das Treppenhauskonzert,‭ ‬das gestern im Rahmen von‭ „‬Bach in the subways‭“ ‬im katholischen Pfarrhaus Herz Jesu Weimar stattgefunden hat,‭ ‬war gut besucht,‭ ‬bot zum Zuhören und Mitsingen jede Menge schöner Musik und endete‭ – ‬trotz ungeahnter Überraschungen,‭ ‬die das Programm ganz unverhofft bereicherten‭ – ‬so pünktlich zum Angelusläuten um‭ ‬18‭ ‬Uhr,‭ ‬daß alle nach dem gemeinsamen Mariengebet gestärkt,‭ ‬beglückt und behütet den Heimweg antraten.

Auch die letzten Meter wollen gefunden sein! (eigenes Bild)

Am meisten muß man wohl die Kinder und Jugendlichen bewundern,‭ ‬die gestern,‭ ‬nach sechs oder sieben Stunden Schule,‭ ‬nach Hause gedüst,‭ ‬schnell etwas gegessen und sich wieder auf die Fahrräder geschwungen hatten,‭ ‬um durch recht unfreundliches Geburtstagswetter zu Musik und Begegnung im Pfarrhaus zu fahren.‭ ‬Entsprechend bald stürmten denn auch die meisten von ihnen nach ihren jeweiligen Auftritten wieder davon,‭ ‬um Hausaufgaben zu machen,‭ ‬für eine Klassenarbeit zu lernen oder eine Fahrstunde zu absolvieren.‭ ‬Was man als Kind und Jugendliche so alles zu tun hat‭!

Plakat, leider mit Blitz… (eigenes Bild)

Aber‭ – ‬lief gut‭! ‬Pfarrer Gothe hatte sein Klavier auf den Treppenabsatz vor seiner Wohnungstür gerollt und jede Menge Sitzgelegenheiten geschaffen.‭ ‬Als die Stühle dennoch nicht reichten,‭ ‬wurden schon zu Beginn der Veranstaltung zünftig die Treppenstufen besetzt‭ – ‬wie sich das für ein Treppenhauskonzert gehört.

Gutgelaunter Pfarrer am Kopf der Treppe (eigenes Bild)

Warum wir eigentlich nicht im Elisabethsaal oder sonst einer Guten Stube der Pfarrei waren‭? ‬Haben wir gestern vormittag noch kurz überlegt.‭ ‬Aber ich glaube,‭ ‬es war gut so,‭ ‬im Treppenhaus,‭ ‬und sollte sich genau so einbürgern.‭ ‬Kleine musikalische Einheiten,‭ ‬aber eben nicht in der Konzertatmosphäre eines vollbestuhlten Saales,‭ ‬sondern in einem Nicht-Ort,‭ ‬einer Durchgangsstation,‭ ‬einem Provisorium,‭ ‬was Aufführungen anbelangt.‭ ‬Der Ort trug wesentlich zur lockeren Stimmung,‭ ‬zum später Kommen und früher Gehen,‭ ‬zu den Gesprächen und dem zwischenzeitlichen Tee-‭ ‬und Keksgenuß bei.‭ ‬Alles gut‭!

In Aktion (eigenes Bild)

Planmäßig hatte der Pfarrer mit einer kleinen Ansprache begonnen und dabei das Pfarrhaus als Ort der Begegnung apostrophiert.‭ ‬Zur Eröffnung sang der Jugendchor,‭ ‬begleitet von einer frischgebackenen Jugend-musiziert-Preisträgerin,‭ ‬Bachchoräle und ein Chorarrangement des berühmten‭ „‬Air‭“ ‬aus Bachs dritter Orchestersuite.‭ ‬Es klang sauber und voll.‭ ‬Ein Treppenhaus klingt halt auch einfach gut.‭ ‬Christiane Weber von unserer Lokalzeitung hat es auch gehört und darüber berichtet. ‭ ‬Solistische Stücke folgten,‭ ‬bevor die Cäcilini ihr Programm aus Gebetsvertonung,‭ ‬Mariä Verkündigung und Stabat mater sangen.‭ ‬Eigentlich wollten wir dann die Mitsingerunde einläuten,‭ ‬als eine koreanische Musikstudentin auf der Bildfläche erschien,‭ ‬die sich letzten Freitag anläßlich des Jugendkreuzweges mit Pfarrer Gothe bekannt gemacht hatte.‭ ‬Wie sich herausstellte,‭ ‬hatte sie nicht nur Busonis Klavierbearbeitung der Chaconne aus Bachs d-moll-Partita für Solovioline parat,‭ ‬sondern war auch durchaus willig,‭ ‬sie uns vorzuspielen‭ – ‬so daß die nächste Viertelstunde mit professionellem Klavierspiel gefüllt wurde.

Nach einer Runde Tee trinken und sich austauschen hatten wir dann doch noch Zeit für ein vierstimmiges‭ „‬O Haupt voll Blut und Wunden‭“ ‬mit allen Anwesenden,‭ ‬und etliche Taizé-Gesänge gingen auch mehrstimmig vom Blatt.‭ ‬Daß es nach zwei Flötenduetten dann gerade zum Angelus läutete,‭ ‬habe ich ja schon erwähnt.‭ ‬Es war ein rundum gelungener und schöner Nachmittag und dürfte sich in dieser Form‭ – ‬natürlich mit weiteren Beitragenden‭ – ‬gerne einbürgern.

Cornelie Becker-Lamers,‭ ‬Weimar

 

 

 

 

Beisammensein I (eigenes Bild)

Beisammensein II (eigenes Bild)

 

 

 

 

 

Mira heißt wunderbar

Abendmesse mit studentischem Chor oder Wenn wir die Hochschule nicht hätten …

 

Wir haben sie aber! Und die Studierenden der Kirchenmusik bescheren den Gottesdienstbesuchern mit ihren Abschlußarbeiten immer wieder wunderschöne Erlebnisse. So am 25. Februar 2018 in der Abendmesse mit dem Zelebranten Dr. Pittner und Jakob Dietz an der Orgel. (Daß unsere Rezension so spät kommt, hat mit zuviel Arbeit und der Grippewelle zu tun 🙁 )

Die Absolventin Mirosława Cieślak hatte aus Kommilitoninnen und Kommilitonen sowie einzelnen Noch-Nicht-Studierenden, die sie beim Gemeindegesang mit sicherem Gehör aus der Bank gefischt hatte 😉 , einen Projektchor zusammengestellt, der nach drei Proben die Messe mit gut einer halben Stunde Musik bereicherte.

Neben Eingangs- und Danklied (Aus tiefer Not, GL 277 bzw. O, Mensch bewein, GL 267), die der Chor mit der Gemeinde im strophischen Wechsel sang, hörten wir das Kyrie, das Sanctus/Benedictus und das Agnus Dei aus Antonio Lottis (1666-1740) Missa brevis (ab Minute 2:00):

Die Tempi in Frau Cieślaks Chor waren zum einen getragener, zum andern im Benedictus spritziger (und übrigens war alles einen Halbton höher angestimmt) – insgesamt schöner als Sie es hier vom Kammerchor der Interlochen Arts Academy hören können, aber durch das YouTube-Video erhalten Sie immerhin eine Vorstellung von der Musik. Die Besetzung war identisch, auch in Weimar standen pro Stimme fünf Sängerinnen bzw. Sänger zur Verfügung, aus deren Reihen sich während des Wortgottesdienstes Elisabeth Maruschke zum Kantorieren löste.

Zur Gabenbereitung erklang das Parce Domine von Feliks Nowowiejski (1877-1946):

Nach dem Schlußsegen schwang der Chor sich, dann vor den Altarstufen postiert, sogar zu Henryk Góreckis (1933-2010) fast 10-minütigem Marienlob Totus Tuus auf.

Da die Vermeldungen den Chor aus Versehen nicht angekündigt hatten (oder, wahrscheinlicher, der nötige Input fehlte) und auch ich vergessen hatte, in der Kirchenchorprobe dafür Werbung zu machen (Asche auf mein Haupt), war die Kirche spärlicher besetzt, als es für gewöhnlich zu solchen Gelegenheiten der Fall ist. Was unserem Genuß keinen Abbruch tat, aber für alle schade ist, die es verpaßt haben, weil sie den Termin einfach nicht wußten. Aber hier in der Rezension ist er nun wenigstens aufgehoben und wir schließen mit der Vorfreude auf die nächste vergleichbare Messe.

 

Cornelie Becker-Lamers

Zwei Beiträge …

… und 99 Abonnenten. So sieht der Instagram-Account unseres ausgesprochen beliebten, weil herzlichen, klugen und frommen indischen Gastpriesters aus. Ich weiß gar nicht mehr genau, wann er in unsere Pfarrei gekommen ist – war es Sommer oder Herbst 2015, als unser damaliger Kaplan gerade seine erste Pfarrstelle angetreten hatte? So ungefähr jedenfalls. Er – der Gastpriester – lernte in Windeseile, hervorragend deutsch zu sprechen. Er erlernte die Art der hiesigen liturgischen Gesänge, der Melodieführung und der Tongebung. Das muß unglaublich schwer gewesen sein. Aber er hat es geschafft. Und er bestach von Anfang an durch die klare Gliederung seiner Predigten. Aus der Sicht unserer Pfarrei also muß man sagen: leider – leider hat er vor einigen Wochen verkündet, daß er seine Doktorarbeit im Fach Dogmatik der katholischen theologischen Fakultät Erfurt fertiggestellt und eingereicht hat und nun auf das Rigorosum wartet. Dann – das hatte er aber von Anfang an angekündigt – wird er uns im Mai 2018 verlassen, um in seiner Heimat Theologie zu lehren.

Schnief! 😥

Aber er wird mit den vielen Jugendlichen, die ihm jetzt schon auf Instagram folgen, in Kontakt bleiben können. Er wird Bilder versenden können und Situationen charakterisieren. Er wird, wenn er möchte, den Hiergebliebenen Eindrücke seines neuen alten Lebens schildern können. Und er wird Kontakte unter seinen Abonnenten herstellen. Insta ist ein Schneeballsystem im positiven Sinne.

Wenn unser Kirchortrat – was er tut – nun überlegt, wie er die zum Wintersemester 2017/18 über 80 neu in unserer Pfarrei angemeldeten studentischen Gemeindemitglieder ansprechen, kennenlernen und für die engagierte Mitarbeit in Chören oder wo auch immer (Wiederaufbau einer KSG, Ausbau der ÖSG …) gewinnen könnte, dann könnte ein Instragram-Account – natürlich geplant und unterhalten von der Generation, deren Medium es ist – der Überlegung wert sein. Ich weiß, daß die Pläne schon im Herbst in verschiedene Richtungen gingen – und jeweils verworfen wurden. Aushang – „vergiß es – hängt sofort was drüber“. Postings auf der Uni-Pinnwand – „rutscht so schnell weg“.

Letzteres ist auch bei Twitter ein längst erkanntes Problem. Und dennoch setzen kluge Bischöfe wie Schick, Oster oder Burger sowie die Politprominenz bekanntlich auf diesen Nachrichtendienst, um kurze Statements abzugeben und auf längere Texte zu verlinken. Aktuell etwa die Predigt Bischof Osters auf der Frühjahrsvollversammlung der Bischöfe, die Stellung der Menschen zu den Sakramenten, eine Positionierung zur Segnung homosexueller Partnerschaften oder die Diskussion um die Übersetzung der sechsten Vater-Unser-Bitte (vgl. hier).

Für längere Texte und ausführlichere Beiträge halte ich nach wie vor das Weblog – kurz Blog – für unschlagbar. PuLa ist mittlerweile ein unersetzbares und für uns unschätzbares Archiv an theologischen Texten, authentischen Stimmungsbildern und guter Literatur, auf das wir immer wieder angewiesen sind und in dem wir immer wieder gerne „nachschlagen“. Ein Blog in einer Pfarrei ist einfach gut und vermutlich das Beste. Das haben viele bereits erkannt, und so kommt es, daß auch, seit nach dem Rücktritt Benedikts XVI. ein Teil der papsttreuen Bloggerszene vielleicht ein bißchen weniger aktiv ist, auch im katholischen Bereich immer wieder neue Blogs entstehen. So machte uns letzten Monat eine Bekannte hier aus der Nähe auf ihren brandneuen Blog aufmerksam, dessen Fokus auf den Themen Krankheit und Glauben liegt, hier. Und selbst Wissenschaftler, die als Priester, Professoren und Buchautoren eigentlich genügend Publikationsmöglichkeiten haben, stellen neue Blogs online und nutzen dieses Medium. Sehr zu empfehlen etwa der von Professor Wollbold, früher Erfurt, seit knapp 15 Jahren LMU München, der vor ziemlich genau einem Jahr begonnen wurde, hier.

Für die schnelle Kurzinformation und das berühmte Bild, das mehr als 1000 Worte sagt, scheint aber ein Instagram-Account ein hervorragend gangbarer Weg zu sein. Eine Freundin von mir, die mit ihrem Mann gemeinsam seit einigen Jahren die Weimarer Szene-Bäckerei betreibt, hat mir das einmal beschrieben: „Das ist so irre – wenn wir ein Brot posten, stehen 10 Minuten später ein paar Leute im Laden und sagen, sie möchten es kaufen.“ Instagram behält man im Blick, und die Postings bleiben stehen (wie ja auch Tweets, wenn man ein entsprechendes Profil aufruft, alle auf einen Blick erscheinen).

Und es scheint nicht sonderlich aufwendig zu sein. Wie gesagt: Mit zwei Beiträgen hat unser Gastpriester 99 Abonnenten menschengefischt, die sich untereinander kennen oder sogar hierüber kennenlernen und sich gegenseitig zu folgen beginnen. Man muß nicht ständig posten, es herrscht kein Druck – aber was man sendet, wird wahrgenommen. Instragram ist – die Zukunft? Das will ich nicht beschwören. Aber, wie meine 14jährige Tochter (9 Beiträge und 135 Abonnenten) sagt: Es ist die Gegenwart. Und das wäre ja schon was.

Cornelie Becker-Lamers

Die Redaktion ergänzt: Suchen Sie unseren so überaus geschätzten und gemochten Gastpriester und Promovenden auf Instagram (und übrigens auch auf Facebook) unter Jj Nirma und wer mag, schaut sich auch einmal die Homepage seines Heimatbistums Salem im indischen Bundesstaat Tamil Nadu an, hier! (vielleicht verstehen Sie jetzt auch eine Zeile in einem unlängst geposteten Lied besser? Wer nochmal nachhören will [ab ca. 1.00 Min.], hier entlang 😉 )

 

Lent-Size

Pünktlich zur Fastenzeit bringt das Unternehmen Mars Mammutpackungen der Schokoriegel Mars und Twix in die Läden: Nicht mehr nur 5 oder 6+1, sondern 11+1. Also einen mehr und noch einen mehr, früher hätte man “Dutzend” gesagt.

Schokoriegel im Weimarer Einzelhandel 1 (eigenes Bild)

Schokoriegel im Weimarer Einzelhandel 2 (eigenes Bild)

Allen, die nicht Schokolade fasten, wünscht PuLa einen guten Appetit.

 

Cornelie Becker-Lamers

‚Unzeitgemäße‘ Betrachtungen…

… zur „Liturgischen Zeit„.

Im vorangegangenen Beitrag (4. Februar) hatte ich mich anhand eines Zeitungsartikels (erneut) mit „Mariä Lichtmeß“ als Punkt im Kirchenjahr befaßt.
Der Kommentar des Kollegen „Vincentius Lerinensis“ ist so gehaltvoll und dazu angetan, die Sache weiterzubringen, daß ich mich in altbewährter Weise entschlossen habe, ihn nicht nur im Kommentarbereich, sondern zusammen mit meiner vorläufigen Antwort „hier oben“ zu veröffentlichen!
Lesen Sie also, wenn Sie ihn u.U. nicht mehr so ganz präsent haben sollten, den Ursprungsbeitrag, um dann mit dem Kommentar einzusetzen!

Es mag in der Zeitung stehen, es ist aber trotzdem falsch — und war es schon immer. Die Kalenderreform hat die Weihnachtszeit nicht verkürzt, sondern um ein paar Tage verlängert. Sie endet jetzt mit dem Fest Taufe des Herrn, früher endete sie mit Epiphanie (auch wenn der erste Sonntag nach Epiphanie von einem Fest, nur einem anderen, WIMRE [Anm. der Redaktion: Im Internet geläufige Abkürzung für: „Wenn ich mich recht erinnere“, vgl. IIRC] dem der Heiligen Familie, verdrängt wurde).

Die Sonntage nach Epiphanie zählten aber mitnichten zur Weihnachtszeit, vielmehr wurden sie genauso in grün gefeiert wie die Sonntage im Jahreskreis.

Auch ist Lichtmeß niemals das Ende der Weihnachtszeit gewesen. Vielmehr konnte Lichtmeß bereits mitten in die Vorfastenzeit fallen (tut es, glaube ich, dieses Jahr sogar), die allerdings auch noch nicht so richtig zum Osterfestkreis gehört(e), da ihre liturgische Farbe ebenfalls grün ist.

Natürlich ist Lichtmeß von Weihnachten abhängig (40. Tag), aber Dreifaltigkeitssonntag, Fronleichnam und Herz Jesu sind auch von Ostern abhängig, ohne daß die Osterzeit erst mit dem Herz Jesu-Fest endete.

Durch die Liturgiereform ist das nur deutlicher geworden, da zuvor die Festzeiten offener in die Nicht-Festzeiten übergingen, die einfach nach dem letzten Fest des jeweiligen Festkreises gezählt wurden (Sonntage nach Epiphanie, nach Pfingsten).

Natürlich dürfen die Weihnachtsbäume und Krippen bis Lichtmeß stehen bleiben. Die sind ja auch kein Bestandteil der Liturgie und ihrer Vorschriften (und es auch m.W. nie gewesen). In manchen Gegenden stehen die Krippen wohl das ganze Jahr über. Das gehört alles in den guten Bereich der Volksfrömmigkeit.

Nur sollte man zwischen Liturgie und Volksfrömmigkeit klar unterscheiden, sonst kommt zur historisch falschen Unterstellung, daß die Kalenderreform die Weihnachtszeit verkürzt hätte. Hat sie nicht, und die Volksfrömmigkeit darf gerne weiter bis zum Aschermittwoch Weihnachten feiern, das hört ja genauso wenig jemals auf wie Ostern oder Pfingsten.

 

Lieber Kollege!

vor allem anderen, selbst vor dem Dank, die herzliche Bitte um Entschuldigung, daß ich diesen wertvollen Kommentar derart lange in der Warteschlange gelassen habe! Es war gewiß keine Absicht, ich komme nur gerade nicht rum und daher nur sehr unregelmäßig zum Bloggen!

Dann also: Danke! Der Inhalt Deines Kommentars gehört nämlich genau zu dem, was ich meinte, als ich über das schrieb, was ich alles gerade nicht schaffen würde (s.o…. 🙁 ) Und ich will gerne zugeben, daß ich den Eindruck, eine Verkürzung der Dauer der Weihnachtszeit gehöre mit zu den Änderungen in liturgischen Kalender nach dem zweiten Vatikanum durchaus bewußt nicht vermieden habe, obwohl ich schon so eine Ahnung hatte, es könne so sein wie Du sagst… 😉

Nur, ist damit schon alles gesagt? Ich glaube, nein! Denn der Eindruck, der entstanden ist, da hätte sich etwas in der „Einteilung“ der ‚kirchlichen Zeit‘ (was für den einfachen Gläubigen ja nicht notwendigerweise identisch ist mit der ‚liturgischen Zeit‘ im sozusagen fachlich-korrekten Sinne), der ist eben einfach da, und der ist es ja auch, der sich in dem zitierten Zeitungsartikel spiegelt!
Ein Artikel, den ich natürlich von vornherein nicht als Beitrag einer Fachjournalistin gewertet habe (Frau Tismer ist eher eine Fachfrau i.S. alter Autos und Bergrennen, ja, wirklich!), sondern als Ausdruck des mit diesem Eindruck verbundenen Unbehagens. Und daß das (Pseudo-) Argument: „Das Konzil hat es aber so gewollt“, das ja allzuoft als sprichwörtliche ‚Schere im Kopf‘ funktioniert, im Jahr 2018 diese Wirkung nicht mehr unbedingt entfaltet, das finde ich immer noch ebenso bemerkenswert, wie die schiere Tatsache, daß 50 Jahre seit den schrecklichen 60er Jahren ins Land gegangen sind, und ‚die Leute‘ empfinden immer noch so!

Den Gründen dafür nachzuspüren, will ich irgendwann versuchen, denn es muß ja irgendwoher kommen, das „Gefühl“, sich an irgendwelchen konkreten tatsächlichen Veränderungen festmachen lassen, auch wenn diese jedenfalls nicht im direkten Sinne das Ende der Weihnachtszeit im liturgischen Kalender betroffen haben.

Herzlichen Gruß

Gereon

PS: Du hast ganz recht: Als Du den Kommentar schriebst war der Sonntag Septuagesima, der den Beginn der Vorfastenzeit markiert(e), schon vorüber (28. Januar). Zur Vorfastenzeit habe ich übrigens hier schon mal was geschrieben (und finde es nach über vier Jahren nicht revisonsbedürftig.. 😉 )

„Vatikanisches Konzil hin oder her“

Vor Jahr und Tag, ok, vor Jahr und zwei Tagen, also zu Mariä Lichtmeß 2017 schrieb ich in diesen Zeilen über das „wirkliche Ende der Weihnachtszeit“ und endete nach einigen Betrachtungen über die Art und Weise, wie früher und wie gerade aktuell die liturgischen Zeiten heißen mit dem Satz: „[…] so ist jeder Baum und jede Krippe, die bis Lichtmeß stehen, auch in dieser Beziehung ein Hoffnungszeichen und ein Zeichen des Widerstands, den der Glaubenssinn vor Ort nun schon seit Jahrzehnten leistet – ist ja nicht das erste Mal in der Kirchengeschichte.“

Gestern nun durfte ich lesen:

„Weihnachten endete gestern. Und keinen Tag früher“,

worauf einige Bemerkungen über das zweite vatikanische Konzil, „seine“ Liturgiereform und die damit verbundene Festlegung des „Ende[s] der Weihnachtszeit“, vor allem aber über das Festhalten der Menschen an „jahrhundertelangen Traditionen“ folgten, Bemerkungen, die in dem Satz gipfelten, der die Überschrift dieses kleinen Beitrags bildet.

Ja, Sie hatten doch nicht etwa gedacht, ich würde so flapsig über das 21. Ökumenische Konzil schreiben, oder? Käme mir gar nicht in den Sinn! 😉
Wer dann so geschrieben hat? Silvana Tismer, die Lokalchefin der Blätter der Funke-Mediengruppe in Heiligenstadt und so sprang mir der kleine Text, der seinerseits die Überschrift hat: „Es geht auf Ostern zu“ (und auch damit meinen Bemerkungen aus dem vergangenen Jahr ähnelte!) eben gestern in der samstäglichen Kolumne ‚Guten Morgen‘ ins Auge.

Gerade-so-nach-Weihnachtszeitliche Zeitungslektüre (eigenes Bild)

Das ist doch wirklich sehr bemerkenswert: Da stehen Sachen in der Zeitung, mitten hier in der mitteldeutschen Diaspora (wenn auch aus dem Eichsfeld geschrieben), die man so ohne weiteres nicht erwartet hätte. Wie schön, wenn sich jemand traut, seine empirischen Beobachtungen und daran geknüpften Betrachtungen ohne falsche Rücksichtnahmen aufs (Druck-) Papier zu bringen! Ganz so, wie man das von Journalistinnen und Journalisten erwartet!

Tatsächlich: Gerade eben in der 18.00 Uhr Messe hier in Herz-Jesu Weimar war zwar die Krippe abgeschmückt, aber sie stand noch, ebenso wie der Baum, noch mit seinen Strohsternen und – niemand fand es seltsam! (Wiewohl der Gesamtcharakter des Gottesdienstes schon eher zur Vorfastenzeit [die es aber ja im novus ordo gar nicht mehr gibt!] paßte, als zum „5. Sonntag im Jahreskreis“, aber das ist ein anderes Thema…)

Nun scheint mir, gerade in diesem Jahr gibt es eine ganze Menge von Beiträgen über „Lichtmeß“, Bedeutung und Herkommen, auch in katholischen Medien, aber das mag auch bloß mein Eindruck sein. Nicht nur subjektiv ist aber die Beobachtung, daß etliches in diesen Beiträgen nicht recht zusammenpassen will und das betrifft gleich mehrere Ebenen.
Und eine dieser Ebenen spricht Frau Tismer sozusagen unerschrocken an: Wie war es vor der Zeit, die von den Entwicklungen geprägt ist, die das Zweite Vatikanum ausgelöst hat? Ob das wirklich „seine“ (des Konzils) Liturgiereform war, was dann über uns gekommen ist, ist bekanntlich umstritten, aber daß sich der liturgische Kalender verändert hat, steht ja fest.
In einer Zeit, in der auch in unserem Bistum immer mehr Menschen Fragen stellen, wie das „früher“ denn war, mit der Liturgie und neugierig sind auf „Tradition“, ja, spüren, es ist ihre Tradition, da tut die Beantwortung dieser Fragen not.

Leider habe ich im Augenblick nicht die Kraft/Zeit, das in der Qualität anzugehen, die Sie zu recht von PuLa erwarten (vgl. hier z.B.) aber, es geht nichts verloren und, deo volente, nobis viventibus, wird sich noch Gelegenheit ergeben! 🙂

Das ist Kunst!

Das ist Kunst!

Ein lustiges Gedicht aus traurigem Anlaß

 

Hier steht Kunst in Pfarrers Garten.

Doch nicht Werke aller Sparten:

Chainsaw-Carving mag er sehr,

drum steht das hier mehr und mehr.

Der Orkan, der Friederiker,

hatt‘ die Fichte auf dem Kieker –

wie ein Streichholz umgehaun

inklusive Gartenzaun!

Schnell beräumt die Stadt den Schaden,

rot-weiß abgesperrt der Ort,

und zersägt der Baum sofort,

Teile gleich schon aufgeladen.

 

Freitag schon ist kaum noch sichtbar,

was am Tag zuvor geschah,

und die Teile, licht und lichtar,

liegen still und friedlich da.

 

Wenn die Kunst jetzt mit verschwände –

denkt euch nur! O welch ein Schreck!

PuLa stellt drum klar behende:

Das ist Kunst

und das kann weg!

Cornelie Becker-Lamers

(Alles eigene Bilder)

Und führe uns nicht in Versuchung …

… zu viel zu schreiben

Einige unserer Leserinnen und Leser haben PuLa um einen Kommentar zum derzeitigen Übersetzungsstreit hinsichtlich der sechsten Vater-unser-Bitte gebeten. Aber die Aufgabe von PuLa ist eine andere und wir fühlen uns nicht kompetent.

Außerdem scheint es ganz offensichtlich nicht nötig zu sein. Von Altbischof Kähler, der sich schon vor Wochen in unserer Lokalzeitung ganz eindeutig zur Korrektheit der gebräuchlichen Übersetzung positioniert hat (vgl. auch hier) bis zum Theologieprofessor Michael Seewald, der in der aktuellen Nr. 2 vom 14. Januar 2018 des Tag des Herrn eine Doppelseite zum Vaterunser füllt, sind sich die Fachleute einig: „Vordergründig lautet die korrekte Übersetzung: ‚Und nicht führe uns in Versuchung‘ (Mt 6,13)“, so Seewald auf S. 5 der erwähnten Zeitungsausgabe. Er weiß es genau, denn er versucht eine nähere Erläuterung auf Grundlage des aramäischen Kausativ, der, wie er erklärt, eine Handlungsmotivation formuliert: „Wenn zum Beispiel davon die Rede ist, daß der Bauer das Vieh ‚tränkt‘, heißt das: Der Bauer tut etwas, das das Vieh veranlaßt zu trinken.“ (ebd.) Der aramäische Kausativ. Donnerwetter. Man lernt nicht aus.

Leider folgt nun ein klassischer Fall von „Si tacuisses“. Hätte Professor Seewald es mit diesem Hinweis auf die möglichen (Anm. der Redaktion: Notabene: Die “möglichen”!!) aramäischen Denkfiguren hinter dem griechischen Text belassen, wir hätten alle gestaunt. Aber er wollte noch ein bißchen weiterschreiben: „Gott führt demnach den Menschen nicht in Versuchung, genauso wenig wie der tränkende Bauer selbst trinkt.“ (ebd.)

Warum schreibt er das? Er muß gemerkt haben, daß der Vergleich hinkt wie Israel am Jabbok, denn die Parallele zum Trinken wäre ja das In-Versuchung-Geraten Gottes selbst. Denkt Herr Seewald, das ist egal und für die Leser des Tag des Herrn allemal gut genug – merkt sowieso keiner? Ich begreife es nicht.

Wie auch immer – hätte es Professor Seewald, der an der Westfälischen Wilhelms-Universität Münster Dogmatik unterrichtet, bloß bei diesen Ausführungen zur Übersetzung der Vater-unser-Bitte belassen. Aber er wollte noch ein bißchen weiterschreiben. Und so kommt es, nachdem wir erfahren haben, daß Jesus das alles sowieso nie gesagt hat, richtig fett. „Jeder, der schon einmal eine katholische Messe besucht hat, weiß, daß man das, was dort gesagt wird, nicht so heiß essen darf, wie es gekocht wird.“ (ebd.)

Wie bitte? Na dann Prost Mahlzeit zum nächsten lauwarmen Gottesdienst. Wer sich je gefragt hatte, ob einige Probleme in den Pfarreien schlicht damit zusammenhängen könnten, daß die Priester einfach selber nicht mehr glauben, was sie da erzählen, der bekommt hier völlig unerwartet aber deutlich die Bestätigung geliefert von einem, der es wissen muß. Und mehr noch: Der Autor, der uns da so beruhigend zuspricht, ist Jahrgang 1987 – wird also aller Wahrscheinlichkeit nach in den nächsten 35-40 Jahren Priester ausbilden. Na dann – Prost … aber das hatte ich ja schon gesagt.

„Das Meßbuch“, so Professor Seewald im Tag des Herrn weiter, „ist voll von anstößigen Texten [ah – okääääi – war mir gar nicht bewußt!], das Gottlob [sic] voll von merkwürdigen Liedern.“ Und Strichzeichnungen, möchte man ergänzen und ist versucht, die Aussage über die merkwürdigen Lieder denn doch sofort zu unterschreiben – stiege nicht der Verdacht in einem auf, Herr Seewald meine andere Lieder als man selbst. Vielleicht dachte er beim Schreiben ja gar nicht an Huub Osterhuis oder die 777, sondern an „Wunderschön prächtige“ (eeeeewig nicht gesungen) oder den „Taufbund“ (auch ewig nicht gesungen, obwohl paar Taufen erlebt in letzter Zeit …)?

Die rituellen Gebete läßt der 2013 zum Priester geweihte Münsteraner Professor jedenfalls nur wegen ihrer Kuscheligkeit gelten: „Rituelle Gebete schaffen Vertrautheit und prägen sich ein, bleiben aber bei näherem Hinsehen oft schwer verständlich, weil sie einer anderen Zeit entstammen.“

Warum schreibt er das? Spricht er, was kaum zu glauben wäre, von sich selber oder vermutet er ein solches Unverständnis bei der Leserschaft des Tag des Herrn, der er ja drei Absätze zuvor auch schon seine Scheinparallele mit dem nicht-trinkenden Bauern untergejubelt hat? „Diese Antiquiertheit“, hält Professor Seewald fest, „verleiht ihnen [den rituellen Gebeten] Stabilität und macht sie nur schwer austauschbar.“ Nach einer letzten Abwertung der Meßtexte als „antiquiert“ kriegt der Autor die Kurve und streicht die kulturelle Verankerung der gängigen Vater-unser-Übersetzung heraus: „An die Stelle der alten Fassung würde keine neue, sondern eine Lücke treten.“ (ebd.) Wo er recht hat, hat er recht. Aber: Müßte man die Übersetzung, wäre sie falsch, nicht trotz alledem ersetzen?

Professor Seewald ist, wie erwähnt, Jahrgang 1987. Was nicht ist, kann also noch werden. Ich wünsche ihm von Herzen, daß ihm der eine oder andere Sinn aufgeht, so wie man plötzlich Gedichte versteht, die man seit langem kennt und als Schülerin nicht durchdrungen hat. Fest steht jedenfalls: Ein solches Verständnis kommt wenn, dann nur bei Texten, die man in feststehender und immer gleicher Form wiederholt.

Cornelie Becker-Lamers, Weimar

Und jetzt wissen Sie auch, warum ich mir regelmäßig die Lektüre des “Tag des Herrn” gar nicht mehr antue/antun kann; das Wochenende ist einfach zu kostbar, beinhaltet es doch eben, ja, den “Tag des Herren”, den Sonntag, den man sich durch die Lektüre irr- oder gar ungläubiger Texte nicht beeinträchtigen lassen möchte.
Zu hart? Das glaube ich nicht. Denn es wird nicht differenziert, hinsichtlich dessen, “was in der Messe gesagt wird”, es beinhaltet ergo auch die Wandlungsworte. Wer “das ist mein Leib” “nicht so heiß essen” will (übrigens merkt man hier auch, welch bemerkenswert schlechten Geschmack das Sprachbild unter Beweis stellt, neben allem anderen), der befindet sich nicht mehr auf dem Boden der Lehre der Kirche, Punkt.

Gereon Lamers