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Der Adventskalender mit Fortunatianus von Aquileia, Tag 10

Was dünket euch? Wenn einer hundert Schafe hat, und eines von ihnen sich verlieret: läßt er nicht die neunundneunzig auf den Bergen und gehet hin, das verirrte Schaf zu suchen?
Und wenn es sich zuträgt, daß er es findet, wahrlich, sag‘ ich euch, er freuet sich mehr über daßelbe, als über die neunundneunzig, welche nicht irre gegangen sind.
Also ist es nicht der Wille euers Vaters, der im Himmel ist, daß eines von diesen Kleinen verloren gehe.
(Mt 18, 12 – 14)

‚Was denkt ihr, wenn jemand hundert Schafe besaß und eines von ihnen in die Irre ging?‘ Das Schaf, das in die Irre ging, das Hundertste, ist ein Bild für alle Völker, die durch die Berge wandern, was bedeutet, daß sie in verschiedenen Formen des Götzendienstes irren. Deshalb sucht der Hirte nach diesem, nachdem er die neunundneunzig zurückgelassen hat, welche die Juden bedeuten. Denn Abraham als ein Zeichen dafür und ein Symbol der Juden, wird beschnitten, als er neunundneunzig Jahre alt ist. Der Hirte kommt und sucht nach dem Schaf. Wenn er es gefunden hat, ruft er es zurück und freut sich darüber. Die volle Summe beginnt in seiner rechten Hand zu sein, die hundert, die die Kirche sind, und die neunundneunzig in der linken Hand; der linke Teil ist offenkundig die Synagoge. (Diese Bemerkungen beziehen sich auf das römische System des Zählens mit den Fingern, in dem 100 mit der rechten, 99 aber mit der linken Hand gezeigt wurde) Als Abraham also hundert Jahre alt war, zeugte er einen Sohn, Isaak. Das zeigt, daß wenn jemand zum Glauben kommt, ob von den Juden oder von den Heiden, er auf der rechten Seite gehalten [zur rechten Seite „gerechnet“] wird und [damit] Kirche ist [zur Kirche gehört], die zum Rang der rechten Seite zugeteilt wurde. Jesus sagt, daß er sich mehr über diesen freut als über diejenigen, die nicht Buße getan haben. […]
M. LXXXVII.

Klosterbibliothek Admont, Kuppel ‚Rechtswissenschaften‘ (Nordflügel): Die Belohung der guten Taten: Almosengeben, Fasten, Gebet (eigenes Bild)

Der Adventskalender mit Fortunatianus von Aquileia, Tag 9

Und er stieg in das Schifflein, fuhr über und kam in seine Stadt.
Und sieh, sie brachten zu ihm einen Gichtbrüchigen, der auf einem Bette lag. Da nun Jesus ihren Glauben sah sprach er zu dem Gichtbrüchigen: Sey getrost, mein Sohn, deine Sünden sind dir vergeben!
Und siehe, einige von den Schriftgelehrten sprachen bei sich selbst: Dieser lästert Gott!
Und da Jesus ihre Gedanken sah, sprach er: Warum denket ihr Böses in euren Herzen?
Was ist leichter zu sagen: Deine Sünden sind dir vergeben, oder zu sagen: Steh auf und wandle herum?
Damit ihr aber wisset, daß des Menschen Sohn Macht habe, die Sünden zu vergeben auf Erde; – da sprach er zu dem Gichtbrüchigen: Steh auf, nimm dein Bett und geh in dein Haus!
Und er stand auf und ging in sein Haus.
Da aber das Volk dieses sah, fürchtete es sich und pries Gott, der solche Macht den Menschen gegeben hat.
(Mt 9, 1 – 8)

[Die Leseordnung sieht heute die Parallelstelle Lk 5, 17 – 26 vor]

‚Siehe, sie brachten einen gelähmten Mann auf einem Bett‘. […]
Und wie oben gesagt: ‚In seine eigene Stadt‘, doch es gab niemanden, der heilen konnte, weil das Gesetz nur ein Vorausbild ist und keine Wirkung hat. Deshalb kam der, den das Gesetz vorhergesagt hatte, und vollendete alles, was von den Propheten vorhergesagt wurde, daß er ihre Schwächen heilte und selbst ihre Leiden trug. (Jes 53, 4; Math 8,17) ​​Außerdem sah er den Glauben derer, die beteten. Wo also ein einmütiges Gebet gesprochen wird, kann <alles> erlangt werden, auch wenn derjenige, für den es erbeten wird, es nicht verdient. Nachdem er ihren Glauben gesehen hatte, sagte er zu dem Gelähmten: Deine Sünden sind vergeben. Wir wissen, daß Lähmung Sünden ohne Ende bedeutet, die einen Menschen verkrüppeln und in schwach allen seinen Gliedmaßen. Aber Jesus tat dies, damit sie dadurch wussten, daß er der Sohn Gottes ist, denn niemand anders vergibt Sünden außer Gott. Als sie ihn als einen Menschen sahen, lehnten sie die Göttlichkeit in ihm ab. Als er ihre Pläne sah – denn sie begannen zu sich zu sagen: Er lästert – sagte er zu ihnen: Was für eine Bosheit planst ihr in euren Herzen? Und er fügte noch mehr hinzu, weil sie nicht glaubten: Was ist leichter, zu sagen: ‚Deine Sünden sind vergeben‘ oder zu sagen: ‚Steh auf und geh‘? So zeigte er offensichtlich, wer er war. Er sagte: Aber damit ihr wisst, daß der Menschensohn die Vollmacht hat, auf der Erde Sünden zu vergeben. Dann sagt er zu dem Gelähmten: Steh auf, nimm deine Bahre und geh zu deinem Haus. So zeigt er die Stärke seiner Göttlichkeit auf verschiedene Weise: erstens durch den Glauben derer, die darum bitten, daß ihre Sünden vergeben werden; dann, gegenüber denen, die darüber erstaunt sind, fügt er hinzu: ‚Steh auf und geh‘; drittens sagt er: Steh auf, nimm deine Bahre und geh zu deinem Haus. […]
Das Bett wird als Schwäche oder als Gelegenheit zur Ruhe aufgefaßt. Aber weil hier von einem gelähmten Mann erzählt wird, zeigt es die Schwäche […] Diese Schwäche besteht aus Sünden, die dem vergeben werden, der glaubt. Nach der Vergebung der Sünden ist auch der Heilige Geist gegeben: das ist die Bedeutung von „Steh auf und geh!‘. Drittens heißt es: Nimm deine Bahre und geh nach Hause. Nun, derjenige, der im Namen Christi getauft wurde, hat die Kirche als seine Heimstatt und derjenige, der auf der Bahre lag, d.h. in der Schwäche, wurde durch die Kraft des Heiligen Geistes so stark gemacht, daß kraftvoll und aktiv, eben dieses Bett herumtrug: das bedeutet, daß er Auskunft über die Schwächen anderer gab und auf welche Weise sie geheilt werden sollen.
(M. XLI. )

Als aber die Menge dies sah, fürchtete sie sich, angesichts dessen, was geschehen war. Und sie gaben Gott die Ehre (was heißt, sie glaubten), der den Menschen solche Vollmacht gegeben hatte. Vollmacht bedeutet, daß man etwas tun kann, wenn man nur ganz und gar glaubt. Wie es gesagt wurde: Wenn du Glauben wie ein Senfkorn hast, wirst du zu diesem Berg sagen: Geh weg, und er wird weggehen. (Mt 17, 19)
( M. XLII. )

Klosterbibliothek Admont, Kuppel ‚Rechtswissenschaften‘ (Nordflügel): Die Strafen der Fesselung (eigenes Bild)

Der Putztrupp

Der Putztrupp 

Ein Sketchlet zum Zweiten Advent für zehn Personen 

 

Wundersdorf/ Oderbruch. Freitag. Spätnachmittag. Während die Schafe draußen vor den Toren der Stadt im dichten Schneetreiben über ihren Sonderurlaub diskutieren, huscht Edith durch die anbrechende Dunkelheit zur Pfarrkirche Maria hilf! 

Was in aller Welt …? Sie trägt einen Wischeimer in der Hand und hat ihren heimischen Schrubber geschultert. Jetzt steigt sie die Treppen zur Sakristei empor und sperrt auf. Das wird ja immer bunter! Heimlich in die dunkle Kirche? Sie tritt ein, bekreuzigt sich mit Weihwasser und schaltet das Licht ein. Jetzt steckt sie den Heiß-Wasser-Boiler über dem kleinen Spülbecken in die Steckdose (nein – nicht den ganzen Boiler. Nur den Stecker.) 

Ah! Jetzt sehen wir klarer. Denn das kann nur eines bedeuten: Man gibt sich ans Putzen. Na – dann sind wir ja gespannt, wer heute abend noch so alles auftauchen wird. Jetzt betritt Edith den Kirchenraum, macht eine Kniebeuge vor dem Tabernakel und begrüßt die Muttergottes an ihrem neuen Ort. (Die Muttergottes ist nämlich umgezogen. Aber das ist eine andere Geschichte!) 

In den Bänken haben Shammiram und ihr Sohn Nahamiyya schon auf Edith und die anderen gewartet. Sie begrüßen sich, und da rücken auch schon Richard (direkt vom S-Bahnhof), Helene und zugleich auch Ines mit ihren beiden Jungs, Reimer und Wenzel, ein. Wenig später werden noch Kurti und vielleicht auch seine Kinder hinzustoßen. Man bewaffnet sich mit Besen und Kehrschaufeln und alle legen erstmal trocken los. Das heißt: Fast alle. 

Reimer (vor den Putzschränken in der Sakristei): Kann ich nicht wischen? 

Edith (schaltet alle notwendigen restlichen Lichter in Kirche und Vorraum an): Wir müssen erst kehren, sonst hast Du die ganzen Flusen im Aufnehmer. Was glaubst du, wie eklig das ist! 

Wenzel: Wir könnten doch schon mal die Bänke abwischen? (Er prüft einen Schrubber auf seine Standfestigkeit.) 

Ines: Gute Idee! Macht das ruhig! 

Shammiram (hat am Waschbecken schon mal das heiße Wasser aufgedreht und vorsichtig einen Finger drunter gehalten, dann, sehr ausdrucksvoll, zu den Jungs): Ist schon warm! Könnt ihr Wasser nehmen! (Sie dreht den Regler auf eine mittlere Position.) 

Reimer und Wenzel machen sich einen Eimer zurecht und schnappen sich die besten Wischmobs, die sie finden können. Edith und Helene beginnen, im Altarraum und in der Vierung zu kehren und zu wischen. Shammiram, Ines und Richard kehren zwischen den Bänken, als Kurti und seine Tochter Sara noch eintreffen. Alle begrüßen sich und Kurti schnappt sich den Staubsauger. Aber er kommt nicht weit, denn gerade hat sich zwischen Richard und Ines eine Diskussion entwickelt. Es könnte um das Prinzip der ehrenamtlichen Putzerei gehen. Wir hören mal rein.  

Ines: Ich finde: Vier-fünfmal im Jahr eine Stunde investieren – das fällt vom Zeitkonto her so wenig ins Gewicht – das kann man machen oder nicht machen, das ist eigentlich wurscht! 

Kurti (nickt): Die Zeit vertut man übers Jahr vor der Glotze aber locker! 

Shammiram: Ich habe in Mossul immer die Kirche schön gemacht – putzen und Blumenschmuck – schööön! (Sie gestikuliert.) Das ist mein Zuhause! 

Edith (lächelt): Ja, es ist wirklich eine schöne Aufgabe. Die Identifikation mit dem Raum nimmt einfach zu. 

Richard (nickt): Manche sagen allerdings, wir nehmen jemandem seinen 400-Euro-Job weg. 

Ines: Das ist freilich eine Überlegung wert! 

Kurti: Ich habs mit dem neuen Pfarrer mal angesprochen – ich glaube, ihm geht es ums Prinzip – die Kirche wird eben von Gemeindemitgliedern geputzt – fertig. Ich denke, das kennt er so von Zuhause. 

Alle gehen in Deckung, weil Reimer, den Schrubber im Anschlag, im Laufschritt über die Kniebänke wischt. Schon ist er in den gegenüberliegenden Reihen verschwunden. 

Nahamiyya (kommt mit Sara aus der Sakristei): Sind das hier die Staubwedel? (Er zeigt seiner Mutter zwei langstielige Federbüsche.) 

Shammiram (bewegt die Federbüsche prüfend zwischen den Fingern und nickt): Ja! Könnt ihr nehmen! 

Nahamiyya und Sara hirschen zu den freistehenden Statuen und beginnen behutsam, auf den Schultern Staub zu wischen. Edith und Helene kommen aus der Vierung und gesellen sich den anderen Erwachsenen zu. 

Edith: Wart ihr schon in den Seitenschiffen? 

Shammiram (nickt): Seitenschiff rechts ist fertig. 

Richard: Links muß glaub ich noch. 

Kurti: Wo ist eigentlich Ines? 

Helene: Dort hinten – aber was tut sie? 

Ines (gesellt sich von den hinteren Bänken wieder zum Rest der Truppe hinzu. Unterwegs weicht sie Wenzel aus, der ebenfalls im Laufschritt seinen Schrubber auf den Kniebänken durch die Bankreihen schiebt. Er ist unglaublich effektiv und scheint sich köstlich zu amüsieren.) 

Ines: Ich finde, dieses mit den Besen zwischen den Bänken Herumkehren ist schon eine ziemlich doofe Arbeit. Ich hab jetzt mal da hinten eine Bank verschoben – geht eigentlich. Wenn man das zu zweit machen würde, und einer putzt, das wäre viel besser. 

Richard (begeistert): Genau das hab ich auch schon immer gedacht! Man bräuchte einen Wagenheber wie in den Formel-Eins-Boxen, wenn sie die Reifen wechseln (er gestikuliert). Man bockt die Bank auf – wischt – fertig. 

Edith: Dann käme man auch endlich mal nah genug an die Füße ran! (Sie zeigt auf die dicken Wollflusen, die sich um die Füße der Bänke gewickelt haben.) Da ist sonst nichts zu wollen. 

Helene (nickt): Kannst du nur drumrum putzen. 

Ines (zu Richard): Also los! Ich geh rüber – du hier – und einer von euch wischt. 

Edith: Ich hol nur eben frisches Wasser. (Sie spurt in die Sakristei.) 

Helene: Ich geh ins linke Seitenschiff. 

Kurti: Ich saug dann mal. (Er schmeißt den Staubsauger an und beginnt, die große Matte am Seiteneingang zu bearbeiten.) 

Edith (kommt mit frischem Wasser zurück und wringt den Wischlappen aus): Kann losgehen. 

Richard und Ines verschieben die Bänke, Edith wischt die freie Fläche, zwischendurch kommt Reimer mit seinem Schrubber des Weges – es ist ein munteres Treiben. 

Richard: Mit diesen Bänken müßte sowieso mal was passieren. Die schieben sich immer weiter nach vorne zusammen. In den ersten Bankreihen kommst du kaum noch mit dem Fuß ‘zwischen! (Er hebt mit Ines die nächste Bank einen halben Meter nach vorne.) 

Ines: Is wirklich so – wenn du dann noch auf einen Stock angewiesen bist … ich schau mal, ob mir was einfällt – ich hab da schon eine Idee … 

Edith (blickt von ihrem Schrubber auf): Das klingt ja vielversprechend (Sie grinst.) 

Richard: Erinner mich bloß nicht an die Aktion von vor sechs Jahren! Ich hab Blut und Wasser geschwitzt! (Er hebt mit Ines die Bank wieder an Ort und Stelle.) 

Ines (grinst): Naja – ein bißchen was muß man schon investieren, wenn man etwas grundsätzlich verbessern will – laßt euch überraschen! 

Helene (kommt aus dem Seitenschiff): Die Bänke vorne sind viel zu dicht zusammen! Wenn ihr sowieso … 

Ines: Wir sind schon dabei, wir gleichen das aus, hier beim Schieben (sie hebt eine Bank zurück.) 

Helene (stemmt die Fäuste in die Hüften): Das ist ja eigentlich Männerarbeit! 

Ines (jovial): Och! Warum? Ich find das chillig! (Sie hebt mit Richard die nächste Bank.) 

Kurti (zieht den Staubsauger hinter sich her): So. Ich bin jetzt mit den Matten fertig. Was fehlt noch? 

Shammiram (kommt aus dem Seitenschiff): Linkes Seitenschiff ist auch fertig. Wie weit seid ihr? 

Richard: Eigentlich fast durch. Nur noch die drei Bankreihen hier. 

Die anderen gehen in Richtung Sakristei, um das Werkzeug zu reinigen und aufzuräumen. Sara sitzt in der ersten Bank und surft auf ihrem Smartphone. Reimer und Wenzel sitzen in der letzten Bank und giggeln herum. 

Edith: So! Das hätten wir! Ordentlich sieht’s aus. Aber ist immer Maßarbeit, um die Säulen rum! 

Richard, Edith und Ines betrachten abschließend ihr Werk und machen sich zufrieden auf den Weg in die Sakristei. Als alles aufgeräumt und ausgespült ist: 

Richard: So! Jetzt haben wir uns unseren Absacker im Bacchos aber auch redlich verdient! 

Edith (zu Ines): Kommt Abi dazu? 

Ines: Er guckt, wie er’s schafft. 

Shammiram (schaut in den Kirchenraum): Nahamiyya? Kommst du? 

Nahamiyya (staubt mit Hingabe mittlerweile die Fenster ab): Ja! Ich komm gleich! Ich will nur noch hier (er renkt sich aus). 

Shammiram: Ist gut, Nahamiyya! Hast du gut gemacht! (Sie lächelt.) 

Auch die andern stecken jetzt den Kopf noch einmal aus der Sakristei. 

Kurti: Scheint nicht zu bremsen, der Gute! 

Helene: Wenn man die richtige Truppe beisammen hat, ist es ein Kinderspiel! 

 

ENDE 

 

Cornelie Becker-Lamers, Weimar 

 

Tja, so geht’s zu in Wundersdorf. Was Ines da wohl wieder ausheckt, um die Bankreihen akkurat auf Abstand zu bringen? Wir kennen sie ja als sehr erfindungsreich … 

Der Adventskalender mit Fortunatianus von Aquileia, Tag 8

In denselben Tagen aber kam Joannes, der Täufer; und predigte in der Wüste des Judenlandes
und sprach: Thut Buße, denn das Himmelreich ist nahe!
Dieser ist es, von dem der Prophet Isaias geweissagt hat, wenn er spricht: Die Stimme eines Rufenden in der Wüste: Bereitet den Weg des Herrn; machet gerade seine Pfade!
Joannes aber trug ein Kleid von Kamelhaaren und einen ledernen Gürtel um seine Lenden und seine Nahrung waren Heuschrecken und wilder Honig.
Da ging Jerusalem zu ihm hinaus und ganz Judenland und die ganze Gegend am Jordan
und sie ließen sich von ihm taufen im Jordan und bekannten ihre Sünden.
[…]
Ich taufe euch zwar im Wasser zur Buße, der aber nach mir kommt ist stärker als ich und ich bin nicht würdig, seine Schuhe zu tragen; dieser wird euch mit heiligem Geiste und mit Feuer taufen.
(Mt 3, 1 – 6; 11)

‚In jenen Tagen kam Johannes der Täufer in die Wüste.‘ Es heißt „in die Wüste“, weil es zuvor im Land Judäa bereits geschehen war, daß sie, indem sie die Propheten nicht aufnahmen, vom Heiligen Geist verlassen [„in der Wüste gelassen“] wurden. Johannes ruft in der Wüste, was meint unter den Juden, daß sie den Weg für den Herrn vorbereiten sollen, offenkundig die Ankunft Christi. Er sagt, daß sie die Wege gerade machen sollen, um ihr ganz schreckliches und verdrehtes Verhalten zu ändern und stattdessen den Geboten Gottes zu folgen, was der Weg ist. Er trug Kleidung aus den Haaren eines Kamels und einen Gürtel aus Häuten um seine Hüfte. Dies zeigt seine Selbstbeherrschung und Rechtschaffenheit; Es besteht kein Zweifel, daß es die Völker [der Heiden] sind, die als die Tunika aus den Haaren eines Kamels verstanden werden. Es bedeutet , daß diese Nationen, die wegen ihrer Verdrehtheit das Aussehen eines Kamels haben, eher zur Gerechtigkeit kommen würden als die Juden. Tatsächlich weist darauf auch seine Nahrung: Heuschrecken und wilder Honig, Nahrungsmittel, die ein Bild der Heidenvölker sind. Heuschrecken sind ohne König, wie Salomo sagt. (Spr 30, 27) Wilder Honig ist eine Allegorie dieser Nationen: Diejenigen aus den Völkern, die zum Glauben gekommen sind, wurden vor Gott süß gemacht, haben gar jene größere Süße erreicht, die Heiligkeit, so daß sie sogar das Martyrium erlitten haben, gemäß dem Wort Davids: Das Gesetz des Herrn ist ohne Vorwurf und wandelt die Seelen; die Anweisung des Herrn ist klar, sie gibt den Augen Licht und ist süßer als Honig und Honigwabe. (Ps 19, 7f. 10f.)
M. VIIII.

(Heute, am 2. Adventssonntag, wird die Parallestelle Mk 1, 1 – 8 gelesen. Der heutige Abschnitt zeigt leider auch, wie Fortunatian immer wieder einen für diese unvorteilhaften Kontrast zu ‚den Juden‘ hervorhebt, den ich normalerweise auslasse. Aber man sollte es eben auch nicht gänzlich verschweigen, berührt uns doch diese Thematik bis heute schmerzvoll. Die Experten wissen auch nicht, warum dies so geschrieben wurde, in einer Umgebung, in der vermutlich nicht viele Juden anzutreffen waren und in einer Zeit, in der die innerchristlichen Auseinandersetzungen, um es vorsichtig zu formulieren, doch gerade hinreichend waren)

Klosterbibliothek Admont, Kuppel ‚Rechtswissenschaften‘ (Nordflügel): Der Bannstrahl gegen Unzucht und Ungerechtigkeit (eigenes Bild)

Der Adventskalender mit Fortunatianus von Aquileia, Tag 7

Und Jesus zog umher durch alle Städte und Dörfer, lehrte in ihren Synagogen, predigte das Evangelium vom Reiche und heilte alle Krankheiten und Schwachheiten.
Als er aber das Volk sah, bemitleidete er es, denn es war geplagt und lag zerstreut wie Schafe, die keinen Hirten haben.
Dann sprach er zu seinen Jüngern: Die Ernte ist zwar groß, aber der Arbeiter sind wenige.
Bittet daher den Herrn der Ernte, daß er Arbeiter in seine Ernte sende.
Und er rief seine zwölf Jünger zusammen und gab ihnen Gewalt über die unreinen Geister, sie auszutreiben und alle Krankheiten und Schwachheiten zu heilen.
[Die Verse 2 – 4 zählen die Namen der Apostel auf]
Diese Zwölf sandte Jesus aus, gebot ihnen und sprach: Gehet nicht den Weg zu den Heiden und ziehet nicht in die Städte der Samariter, [Vers 5 ist nicht Teil der Leseordnung]
sondern gehet vielmehr zu den verlorenen Schafen des Hauses Israel.
Geht aber hin, prediget und saget: Das Himmelreich ist nahe!
Heilet die Kranken, erweckt die Todten, reiniget die Aussätzigen, treibet die Teufel aus; umsonst habt ihr es empfangen, umsonst gebet es hin.
(Mt 9, 35 – 38; 10, 1. 5 – 8)

‚Und nachdem er seine zwölf Jünger herbeigerufen hatte, gab er ihnen die Vollmacht, unreine Geister auszutreiben und alle Übel und alle Schwächen zu heilen.‘
Die Evangelien bestätigen, daß die Jünger vom Herrn die Vollmacht erhielten, diejenigen zu befreien, die in den Händen von Dämonen waren, und verschiedene Krankheiten zu heilen. So gab der Herr seinen Jüngern Vollmacht, offenkundig weil er Mose schon lange zuvor die Vollmacht gegeben hatte, durch seinen Stab Zeichen und Wunder in Ägypten zu wirken, und das aus der Hand des Pharao entrissene Volk in das verheißene Land zu führen. (Ex 4, 17) Er gab auch den Aposteln die Autorität in ‚Ägypten‘ Zeichen und Wunder vollbringen, was heißt ‚in der Welt‘, und alle Nationen ‚aus der Hand des Pharao‘, also aus der Gewalt des Teufels, zu befreien und die Gläubigen in das verheißene Land zu führen, das heißt zu unserem Herrn und Erlöser selbst. […]
[M. L.]

‚Aber die Namen der zwölf Jünger sind diese.‘
Wir stellen fest, daß die zwölf Apostel an vielen Stellen im Alten Testament als Bild [allegorisch] dargestellt wurden. Ein Beispiel sind die zwölf Quellen, mit denen die Menschen den Durst, mit dem sie in der Wüste kämpften, (Ex 15, 23 – 27) löschten, so wie wir, getränkt von der Lehre der Apostel, deren Bild wir zuvor in den ‚Quellen‘ sahen, durch das Wasser der Taufe den Durst, den wir durch die Hitze der Sünde ertragen mußten, gelöscht haben. Die gleichen Apostel sind auch in den zwölf Broten angedeutet, die am Sabbat warm auf den Tisch der Stiftshütte gestellt werden. (Ex 25, 30; 2 Chron 4, 19) „Warm“ zeigt an, daß die Apostel mit heiligem Geist glühten; In der Stiftshütte, das heißt in der Kirche, erfüllen sie uns täglich mit himmlischer Nahrung.
In gleicher Weise sind sie auch in den zwölf Steinklingen aus dem Felsen, mit denen Gott das Volk ein zweites Mal beschneiden ließ, zu erkennen. (Jos 5,2)
Der Apostel sagt, der Felsen bedeute Christus, unseren Herrn, (1 Kor 10, 4) woraus hervorgeht, die zwölf Klingen (d.h. die zwölf Apostel) würden kommen, um uns mit der Schärfe des Glaubens von allen Übeln zu beschneiden, indem sie durch die Gnade der Taufe alle Fehler und Irrtümer von unseren Herzen nehmen.
Die zwölf Kälber, die unter dem bronzenen Meer in dem Tempel errichtet wurden, den Salomo gebaut hat, sind auch ein Bild der Apostel. (1 Kön 7, 23 – 25) Diese in vier Gruppen geteilten Kälber weisen auf die vierfache Verkündigung der Evangelien hin; drei in jeder Gruppe, sie zeigen das vollkommene Ganze der Dreieinigkeit. Sie haben den Rücken zum Tempel und ihre Gesichter zu den vier Vierteln der Erde. Dies macht deutlich, daß die Apostel ihre Gesichter (d.h. ihre Predigt) vom jüdischen Volk zu allen Nationen hin wegwandten und sich an allen vier Enden der Erde niederließen […].
Auch David hatte von ihnen gesprochen, daß ihr Klang in jedes Land und ihre Worte bis an die Enden des Globus gehen würde. (Ps 18, 4) Es war also notwendig, daß die Apostel vom Herrn gemäß den vorgenannten Zahlen gesandt wurden.
Sie werden angewiesen, nicht zu den Heiden zu gehen, damit sie nicht in heidnischer Weise leben und nicht in die Städte der Samariter einzutreten, damit sie nicht wie die Samariter die Auferstehung leugnen, sondern sie sollten vielmehr zu den verlorenen Schafen des Hauses Israel gehen, für das er besonders gekommen war.
Denn er hatte durch den Propheten verheißen, daß er die bösen Hirten von ihnen nehmen würde, die Ältesten des Volkes, die sie durch falsches Lehren vom rechten Weg abbringen, und ihnen an ihrer Stelle andere Hirten geben würde. (Jer 23, 2 – 4)
[…]
Das sind die Apostel, die ihnen den Weg der Wahrheit zeigen und predigen, daß das Königreich der Himmel nahe gekommen sei, was bedeutet, daß der Sohn Gottes erschienen sei: Er ist selbst das Königreich der Himmel, weil wir durch ihn und in ihm herrschen werden. Sie würden die Schwachen heilen, die Toten auferstehen lassen und alles, was folgt. Wir lesen in der Apostelgeschichte, daß die Apostel alle diese Vollmachten ausübten.
Aber das kann auch geistig verstanden werden, daß wir, die durch die Krankheit der Sünde schwach waren, Heilung durch die Güte des Sohnes Gottes erhalten haben. Diejenigen aber, die durch ihre Verbrechen in den Augen Gottes als tot betrachtet wurden, wie der Apostel sagt, ‚Und ihr, die ihr in euren Verbrechen und Sünden tot wart‘ (Eph 2,1), glaubten und kamen wieder zum Leben, nachdem sie den Heiligen Geist empfangen hatten.
[M. LI.]

Klosterbibliothek Admont; Kuppel ‚Rechtswissenschaften‘ (Nordflügel): Die Vertreibung von Betrug und Eitelkeit

Klassiks Blog und Seemanns Beitrag

Klassiks Blog und Seemanns Beitrag

Vom traurigen Schicksal eines lustigen Textes

 

Die gute Nachricht zuerst: Die TLZ liest die Weimarer Blogs.

Hallo, TLZ! 🙂

Die schlechte Nachricht: Sie petzt. Wie ihrer halbseitigen einseitigen Rezension der gestern von uns apostrophierten Glosse des Stiftungspräsidenten zu entnehmen ist, war es nämlich unser Lokalblatt, das einen mittels seiner eigenen Zitate aufs Korn genommenen Stadtteilbürgermeister überhaupt erst auf den geistreichen Text aufmerksam gemacht hatte.

(Vermutlich rufen sie auch bei der Polizei an, wenn man unter den Fenstern der Redaktion im eingeschränkten Halteverbot steht und sein Kind samt Cello in der Musikschule gegenüber abgibt – ich habe mich immer schon gefragt, warum ich da an einem ganz normalen Montag Nachmittag im November 2015 mitten in Deutschland ein Knöllchen bekommen habe … Spaß! 😉 )

Wie auch immer – der Funke, den die Redakteure da ins Ettersburger Rathaus geworfen hatten (die TLZ gehört zur „Funke-Mediengruppe“) ließ den Bürgermeister explodieren und brachte Klassiks Blog und Seemanns Beitrag offenbar derart ins Kreuzfeuer der Kritik (bis 10 Uhr vormittags waren freilich nur zwei Kommentare freigeschaltet – die von Gereon und mir, und die waren des Lobes voll. Aber wer weiß, was da so alles auf dem Server verbal mit den Hufen scharrte … PuLa hat da die eine oder andere Erfahrung … Sie machen sich keine Vorstellung, wie brutal humorlose Menschen auf geistreiche Texte reagieren können!), daß die Klassikstiftung den Beitrag heute früh schon unsichtbar gemacht hatte.

Was sagen Sie? Über unseren Link (hier nochmal) kommen Sie noch auf den Text? Mitsamt Kommentaren? Na sowas!

 

Cornelie Becker-Lamers, Weimar

Der Adventskalender mit Fortunatianus von Aquileia, Tag 6

Im sechsten Monate aber ward der Engel Gabriel von Gott gesandt in eine Stadt in Galiläa mit Namen Nazareth
zu einer Jungfrau, die mit einem Manne vom Hause Davids verlobt war, welcher Joseph hieß; und der Name der Jungfrau war Maria.
(Lk 1, 26f.)

Weil die Menschwerdung Christi entweder im sechsten Weltalter erfolgte, oder weil sie zur Erfüllung des Gesetzes diente, verkündet der zu Maria gesandte Engel zurecht im sechsten Monat nach der Empfängnis des Johannes die Geburt des Erlösers. Daher heißt es: Im sechsten Monat. Unter dem sechsten Monat hat man den März zu verstehen; am 25. März wurde unser Erlöser der Überlieferung nach empfangen und am 25. hat er gelitten, wie er auch am 25. Dezember geboren wurde. Nun ist, wie einige meinen, an dem einen Tag die Frühlingsnachtgleiche, und am anderen die Wintersonnenwende; es ist angemessen, dass der, der in die Welt kam, um alle Menschen zu erleuchten (Joh 1,9), mit dem Wachstum des Lichtes empfangen und geboren wurde. Wenn aber jemand sagt, dass vor der Zeit der Geburt oder der Empfängnis das Licht wachse und die Finsternis überwinde, so behaupten auch wir es, weil Johannes vor seiner Ankunft des Himmelreich verkündete.
Passend ist der Beginn der Wiederherstellung des Menschengeschlechts: dass ein Engel gesandt wurde, um die Jungfrau mit der göttlichen Geburt zu heiligen; denn der erste Grund des menschlichen Verderbens war, dass die Schlange vom Teufel zur Frau geschickt wurde, um sie mit dem Geist des Hochmuts zu täuschen. Daher folgt: Zu einer Jungfrau.
Maria heißt im Hebräischen Meeresstern, im Syrischen aber Herrin, und mit Recht, weil sie den Herrn der ganzen Welt und das ewige Licht den Weltzeiten zu gebären durfte.
(Beda Venerabilis)

Ausgerechnet heute haben wir leider erneut keinen Text von Fortunatian 🙁 ; das wird jetzt bald zwar besser, aber es stehen doch noch einige solcher Tage bevor. Doch der Hl. Beda Venerabilis hat ja seinen Beinamen: „Der Verehrungswürdige“ nicht umsonst!

Und unser heutiges Bild paßt doch wunderbar zur Muttergottes, oder? 🙂

Klosterbibliothek Admont, Kuppel ‚Theologie‘ (Südflügel): Weisheit, Gottesfurcht und Stärke (eigenes Bild)

Ach, und natürlich haben die Cäcilini Weimar, der ‚unkaputtbare‘ Kinderchor von Herz-Jesu-Weimar, ein Lied zum Evangeliumstext; Enjoy!  🙂

Knecht Ruprecht und Sankt Nikolaus

Eine Literaturempfehlung in fast eigener Sache

Ja – sie sind nicht klein zu kriegen, diese beiden Gestalten: dieser Nikolaus und sein ruppiger Begleiter. Wie wir gestern von Fixi und Huf wieder gehört haben, kam der Herr Sente Klas denn auch, kaum daß die Reformatoren ihn vorne zur Tür hinaus geworfen hatten, durch die Hintertür wieder auf die Marktplätze spaziert – und dafür umso lauter.

Auch hier bei uns gaben die beiden Gestalten gestern die Folie zu einer ganz wunderbaren Glosse des Präsidenten der Klassik Stiftung Weimar und Mitglieds unserer Gemeinde, Herrn Hellmut Seemann, ab, deren Lektüre hiermit empfohlen wird (sie ging sogar schon durch die Printmedien), hier!

Ach – so mutig müßte man Klartext schreiben! Wir sind ja immer viel zu nett.

Lieber Herr Seemann, könnten wir bei Ihnen nicht eine kleine Glosse bestellen, so ganz im Stil Ihres „Schreck laß nach“? Wir haben hier nämlich einen ziemlich frischen Parallelfall!
Es ginge darum, wie ein gremialer ‚Knecht Ruprecht‘ „in Eigenverantwortung“  einen [die Redaktion konnte unter Aufbietung aller ihr zur Verfügung stehenden Friedfertigkeit davon abgehalten werden, hier beschreibende Adjektive hinzuzufügen] Brief herumschickt, um harmlose Ehrenamtlerinnen von der Planung vielversprechender musikalischer Projekte mit den Kindern der Pfarrei abzuhalten, nein, abzu-schrecken. Die Überschrift für die Glosse könnten Sie eigentlich direkt aus Ihrem gestrigen Text übernehmen.

Wir wären Ihnen außerordentlich verbunden!

Ihre

Cornelie Becker-Lamers

Der Adventskalender mit Fortunatianus von Aquileia, Tag 5

Nicht ein jeder, der zu mir sagt: Herr, Herr! wird in das Himmelreich eingehen, sondern, wer den Willen meines Vaters thut, der im Himmel ist, der wird in das Himmelreich eingehen.
[…]

Ein jeder also, der diese meine Worte hört und sie thut, ist mit einem weisen Manne zu vergleichen, der sein Haus auf einen Felsen gebaut hat.
Da fiel ein Platzregen, es kamen Wassergüsse, es bliesen die Winde und stießen an jenes Haus, aber es fiel nicht zusammen, denn es war auf einen Felsen gegründet.
Und jeder, der diese meine Worte hört, und sie nicht thut, der wird einem thörichten Manne gleich seyn, der sein Haus auf den Sand gebaut hat.
Da fiel ein Platzregen, es kamen Wassergüsse, es bliesen die Winde und stießen an jenes Haus und es stürzte ein und sein Fall war groß.
(Mt 7, 21. 24-27)

Jeder, der meine Worte hört und sie ausführt.“ Das sagt, daß jemand, der diese Worte hört und ausführt, wie ein weiser Mann ist, der ein Haus auf Felsen baut. Insofern sich dies auf die Eigenschaften der Vorfahren bezieht, werden die ‚Weisen‘ als Abel, als Noah, Abraham, Isaak, Jakob, Moses selbst verstanden; Auch der Apostel Paulus soll das Fundament wie ein weiser Erbauer gelegt haben. (1 Kor 3, 10 ) Aus dem besonderen Charakter der Apostel geht dies dann auf das christliche Volk der Kirche über, das die Grundlage ihres Hauses, der Kirche, auf dem Apostolischen Felsen, also auf Christus selbst, errichtet. Da sich nun herausstellt, daß die Kirche auf Christus als der stärksten Grundlage (d.h. mit der des Glaubens) aufgebaut ist, kann sie nicht durch Stürme aus der Wahrheit des Glaubens herausgerissen werden. „Denn als der Regen niederging“: Dies ist dies das Gebot der Ungerechtigkeit. Und vom übermäßigen Regen steigen die Flüsse auf, die manchmal von den Propheten her als Könige verstanden werden. So werden hier die Flüsse als die ‚Könige‘ [die Anführer] der Verfolger [der Kirche] und Übeltäter verstanden. [teilweise korruptes Textzeugnis] Die Winde wehten, das ist offensichtlich die böse Ordnung, die sich durch die Richter zieht. Es bedeutet, daß die Winde diejenigen sind, die einer bösen Ordnung gehorchen, was heißt: die Richter. Sie stießen gegen das Haus: zu stoßen ist zu schlagen, das heißt zu attackieren. Denn wann immer es eine Zeit der Verfolgung gibt, greift jeder die Kirche an, um sie zu zerstören. Aber wenn der Glaube gegenwärtig ist, kann das Haus (das heißt eine Person), das auf dem Felsen (offenkundig: auf Christus) gegründet ist, durch keinerlei Kraft von seinem Fundament losgerissen werden. Denn wenn jemand für den Namen Christi getötet wird, bleiben sie noch fester und fester an den Fundamenten aus Fels befestigt.
M. XXX.
Und alle, die meine Worte hören und sie nicht ausführen.“ Er vergleicht alle, die die Worte hören und nicht ausführen mit einem dummen Mann. Wenn also auch heutzutage jemand unklug sein sollte und in weltliches Planen verstrickt, legt er den Grundstein für das Haus auf Sand. Wenn aber Regen und Flüsse und Winde, wie sie oben erklärt wurden, kommen, bricht dieses Haus notwendig zusammen und wird zur Ruine. So können tatsächlich Menschen, die sich mit Reichtümern beschäftigen, nach Ehrungen streben oder in verschiedene Begierden verstrickt sind, zur Zeit einer Verfolgung leicht zur Verehrung von Götzen zurückkehren und eine große Verheerung anrichten. So gewiß auch die Häretiker, die das Fundament ihres Hauses nicht richtig legen, obwohl sie denken, daß sie ihre Fundamente auf Fels gelegt hätten; in einer Zeit der Verfolgung findet man sie ‚auf dem Sand‘, weil sie sich weigern, für Seinen Namen zu leiden, und sie kehren wie Menschen der Erde zur Erde zurück.
M. XXXI.

O, wie hatte ich mich darauf gefreut: Fortunatianus erwähnt die Häretiker!
Nun, damit hatte man recht zuversichtlich rechnen können, aber jetzt passiert es gleich in der ersten Woche… 🙂

Denn zum „Sturz der Irrlehrer“ gibt es ein ganz wundervolles Bild aus Stift Admont; schauen Sie nur:

Klosterbibliothek Admont, Zentralkuppel ‚Göttliche Offenbarung‘: Sturz der Irrlehrer (eigenes Bild)

Weniger erfreulich finde ich, daß in dem ansonsten ganz hervorragend gelungenen Heftchen über „Die Deckenfresken der Stiftsbibliothek Admont“ ausschließlich diese, Die ‚Irrlehrer‘, in Anführungszeichen auftauchen!, so, als wolle man sich von diesem „harten“ Begriff ein wenig distanzieren. Dabei ist es doch gar keine Frage, daß es das gab und gibt: Lehren, die das gläubige Volk drohen, in die Irre zu führen. Damals wußten die Benediktiner als Auftraggeber von der Bedeutung des Phänomens, was einem, wenn man nur ein wenig aufmerksam auf das Bildprogramm schaut, auch sofort klar wird. Dieser „Sturz“, der ein Hoffnungszeichen ist!, er findet sich nicht in einem Seitenflügel etwa in der Kuppel ‚Theologie‘ im Südflügel, nein, er ist Teil des Zentrums, in der großen Mittelkuppel, wie schön!

Der Herrschekloes

Der Herrschekloes

Ein Sketchlet zum St.-Nikolaustag für sechs Schafe, zwei Lämmchen und beliebig viele Schafstatisten

Wundersdorf/ Oderbruch, Schafweide. Eine Gruppe umringt Kohle, dem es überhaupt nicht gut zu gehen scheint. Was ist bloß los?

Blütenweiß: Das ist ja schrecklich!

Wolle: Wenn man sich so machtlos fühlt …

Grauchen: Und wie oft hast du das schon geträumt?

Kohle: Ich weiß nicht … immer wieder … bestimmt schon über ein Jahr …

Flocke und Curly (sind gerade erst hinzugetreten): Was träumt Kohle immer wieder?

Wolle: Der Hirte macht so eine Art Almabtrieb mit einer Herde … es ist unsere Herde … im Tal liegt eine liebliche, sonnendurchflutete Au …

Grauchen: Auf dem Gipfel, wo die Schafe herkommen, ist es das ganz Jahr über vereist.

Blütenweiß: Und der Hirte führt die Herde ins Tal.

Curly: Toll!

Kohle: Ja, schon! Aber ich träume dann immer, daß ich selber hinter dem Hirten herlaufe und rufe: Nicht! Es liegen noch welche verletzt auf der Hütte! Wir müssen sie mitnehmen!

Flocke: Ach Gott!

Curly: Aber dann machst du doch alles richtig, Kohle – wo ist das Problem?

Kohle: Das Problem ist, daß der Hirte mich irgendwie nicht hört. Ich kann mich ihm nicht verständlich machen. Er läuft einfach weiter ohne zu reagieren. Ich wusele um seine Füße, aber er steigt über mich drüber.

Blütenweiß: Das ist schlimm!

Wolle: Furchtbar!

Grauchen: Was hat das zu bedeuten?

(Ein lautes Hupen und das vertraute Tuckern des neuen Pritschenwagens – er klingt schon wie der alte! – schreckt die Schafe aus ihren Grübeleien auf.)

Flocke: Da! Der Pritschenwagen!

Wolle: Fixi und Huf kommen aus der Bibliothek zurück!

Blütenweiß: Ah! Die guten Lämmchen!

Grauchen: Welch willkommene Abwechslung!

Fixi und Huf springen von der Ladefläche, laufen zu den andern und setzen ihre Rucksäcke ab.

Kohle (läßt sich gern auf andere Gedanken bringen): Na, Lämmchen – was habt ihr diesmal herausbekommen?

Wolle: Wie sieht der Zwarte Piet dieses Jahr aus?

Fixi: Unverändert – in den Dörfern traditionell, in den Großstädten ein bißchen modifiziert – und Demonstrationen gibt es auch wieder.

Huf: Deshalb haben wir mal ganz woanders geschaut …

Huf: … nämlich im Thüringer Wald und der Rhön.

Grauchen: Was für’n Ding?

Wolle: Das ist irgendwo im Süden, stimmt’s?

Fixi: Naja – so ungefähr. In Mitteldeutschland eben. Mit der Hörsel als nördlicher Grenze geht dort der Herrscheklas oder Herrschekloes um – mit einem eigens nach ihm benannten Weihnachtsmarkt in Schmalkalden.

Blütenweiß: Schmalkalden? Das mit dem Bund?

Huf: Richtig! Das mit dem Schmalkaldischen Bund, ohne den, wie man sagt, Martin Luther nur eine Fußnote der Geschichte geblieben wäre.

Curly: Ui!

Huf: Dort wollte man besonders eifrig sein, mit der Reformation, und hat deshalb versucht, das winterliche Geschenkfest vom Heiligen Nikolaus zu trennen und auf Weihnachten zu verlegen.

Fixi: Luther hat zwar selber seine Kinder noch zu Nikolaus beschenkt – von den Geschenken gibt es Rechnungen –

Flocke (zu Wolle): … vielleicht sollte ich doch meine Müller-Kassenzettel nicht immer alle gleich wegschmeißen …?

Huf (weist Flocke streng mit Blicken zurecht): aber eigentlich wollte er ja die ganze Aufmerksamkeit auf den Heiligen Christ lenken, den ein „Christkind“ symbolisierte …

Fixi: … beziehungsweise noch symbolisiert.

Wolle (leise zu Flocke): Jedenfalls ist mir gerade klar geworden, warum die alle gekaufte Ware darauf immer so präzise beschreiben.

Huf: Übrigens fangen jetzt, nachdem das Christkind als kleines blondes Mädchen oder inzwischen als dicker Weihnachtsmann die Heilige Nacht unter seinen Geschenken begräbt, die Protestanten dort unten auch an, sich wieder auf den Nikolaus zu besinnen.

Fixi: Aber das ist eine andere Geschichte. Wir wollten vom Herrschekloes erzählen.

Huf: Der Herrschekloes kommt nicht am 6. Dezember, sondern am Mittwoch nach dem Ersten Advent. (Er macht eine Kunstpause) Merkt ihr was?

(Die Schafe schauen sich ratlos an.)

Fixi und Huf (triumphierend): Heute ist der Mittwoch nach dem Ersten Advent!

Fixi: Das heißt, wenn Heiligabend auf den 24. Dezember … quatsch! … auf den Vierten Advent fällt, fallen die Erscheinung des Nikolaus und die des Herrschekloes zusammen.

Huf: Wir fanden, dies wäre ein gutes Jahr, um davon zu berichten.

Fixi: Außerdem gibt es ein brandneues Buch: „Das große Weihnachtsbuch Thüringen. Von Ingrid und Ulf Annel (hier).

Annel & Annel, Das große Weihnachtsbuch Thüringen, Köln 2017 (Bild: emons-Verlag)

(Fixi zieht ein dickes rotes Buch aus seinem Rucksack und präsentiert es den Schafen stolz.)

Huf: Hierin haben Ingrid und Ulf Annel so einiges zum Thüringer Advents- und Weihnachtsfest zusammengetragen, von der Geschichte einiger Bräuche bis hin zu Backrezepten.

Flocke: Zeig mal her! (Sie nimmt sich das Buch und sucht die Backrezepte. Curly steckt ihre Nase mit zwischen die Seiten.)

Huf: Also der Herrschekloes, der vor allem in Oberkatz bei Meiningen, in Gethles bei Schleusingen und in Empfertshausen in Stroh gepackt mit Peitschenknall sein Unwesen treibt, hat seinen Namen natürlich trotz allem …

Wolle: … vom Nikolaus?

Fixi: Vom Nikolaus! Genau! „Herrschekloes“ ist „Herr Sente Klos“ und geht seit Mitte des 16. Jahrhunderts im Thüringer Wald und der Rhön um.

Huf: Die Herkunft des Namens wurde aber derart gründlich dem Vergessen anheim gegeben, daß sich dem Herrschekloes vor allem im 19. Jahrhundert eine „Herrschedame“ an die Seite stellte – in Sonneberg auf die Gräfin Jutta von Henneberg zurückgeführt, die der Stadt am Vorabend des Nikolaustages im Jahre des Herrn 1349 das Stadtrecht verlieh.

Wolle: Na – immerhin haben sie sich für ihren neuen Brauch um eine altehrwürdige Geschichte bemüht!

Fixi: Die Herrschedame wurde als herrische, herrschende Dame verstanden – hat aber ihren Namen von … das glaubt ihr nicht!

Huf (platzt heraus): … dem Heiligen Thomas!

(Die Schafe staunen und raunen.)

Wolle: Thomas? Wie soll das denn gehen?

Blütenweiß: Was soll der denn da?

Grauchen (ungläubig): Das glaub ich erst, wenn ich die Buchseiten anfassen kann, auf denen ihr das gelesen habt!

Fixi: Nichts leichter als das, liebe Grauchen. Hier! (Sie kramt einige Kopien eines älteren Buches aus ihrem Papierstapel und sucht nach der richtigen Textstelle. Während sie blättert): Ingeborg Weber-Kellermann hat in ihrem Beitrag (sie liest) „Herrscheklas und Herrschedame. Zwei Bauchgestalten der Weihnachtszeit …

Huf: Brrrrauchgestalten … nicht: Bauchgestalten!

Fixi: Oh! Äh – ja! Zwei Brauchgestalten der Weihnachtszeit aus dem Thüringer Wald und ihre Geschichte“ in Band 6 des Deutschen Jahrbuchs für Volkskunde [Akademie-Verlag Berlin 1960, Teil 1, S. 91-104] das alles sehr ausführlich dargestellt. Mit schönen Orakelsprüchen, die den Wandel belegen können.

Kohle (bleibt skeptisch): Aber von Thomas zu Dame …

Blütenweiß (schüchtern): Vielleicht Vocativ? Sancte Thome?

Huf: Genau das haben wir uns auch gedacht. Und wenn man sich jetzt vorstellt, wie die Thüringer das T und das A aussprechen – dann klingen Thome und Dame eigentlich gleich.

Fixi: Wir sollten Schluß machen. Ich les noch einen frechen Kindervers vor. Da ist der Nikolaus im Grunde auch schon wieder mit dem Knecht Ruprecht verschmolzen …

Wolle: Ach ja! Den gab’s ja auch noch …

Fixi und Huf (im Chor): „Herrscheklas, Rupperich, wenn du kommst, dann zupf ich dich an deine lange Nös!“

 

ENDE

Cornelie Becker-Lamers, Weimar