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„Das ist Wunder genug“

Firmung in Herz Jesu Weimar

Am letzten Samstag war Firmung. Ungewöhnlicher Termin – aber soll jetzt wohl so beibehalten werden. Damit die Taizéfahrt im Sommer mitten im Firmkurs liegt. Immerhin hatten wir unglaubliches Glück mit dem Wetter! Es war richtig warm und sonnig.

Wie gesagt Firmung. Das möchte man ja als Prediger nutzen: daß man einmal noch etliche Jugendliche vor sich hat, die dann eventuell lange, lange nicht mehr in der Kirche zu sehen sein werden. (Aber vielleicht kriegen wir das ja auch anders hin – man soll nie die Flinte ins Korn werfen! ?) Und die vielen Gäste! Die vielleicht auch lange nicht in der Kirche waren – oder die nicht mal katholisch sind und mal sehen wollen, wie unser Bischof so ist. Es lohnt sich also die bestmögliche Vorbereitung.

Es wurden die Lesungen vom Tage genommen – nichts eigens herausgesucht. Als ich mir das Evangelium vom 30. Sonntag im Jahreskreis allerdings ansah, war es ein anderes. Ich war verwirrt, aber unsere nette und kompetente Gemeindereferentin half mir weiter: Es waren wirklich die Lesungen vom Tage, also vom Samstag. Zum Glück war es nicht das Evangelium um den Feigenbaum, über den Jesus selber sich ärgert und den er verflucht, weil er außerhalb der Saison keine Früchte trägt. Das ist schwer zu verstehen und schwer auszulegen. Unser Evangelium jetzt, also Lk 13, 1-9, erzählt im Gegensatz dazu von dem sehr schönen Gleichnis des Mannes, in dessen Weinberg ein Feigenbaum steht, der seit drei Jahren keine Frucht bringt. Der Mann will den Baum umhauen lassen, aber der Gärtner bittet um eine Frist, will den Baum nochmal düngen und den Boden auflockern und sehen, ob er dann nicht doch trage.

Nicht der Herr, der den Baum umhauen will, ist Jesus, sondern eher der Gärtner. Seit der Zeit der Kirchenväter wird diese Textstelle sogar als Gegenüberstellung des strafenden Gottes des Alten Bundes mit Jesus, dem Christus des Neuen Bundes gelesen. So sagt Theophylactus:

Der Hausherr ist Gott, der Gärtner ist Christus, der nicht zulassen will, daß der Feigenbaum als unfruchtbar umgehauen wird. Er spricht gleichsam zum Vater: Wenn sie auch aufgrund von Gesetz und Propheten keine Früchte der Umkehr gebracht haben, so will ich sie jetzt mit dem Wasser meines Leidens und meiner Lehre tränken. Vielleicht werden sie Früchte des Gehorsams bringen.

Schön, gell?! Es geht nicht um sinnloses oder zweckloses Leben, sondern darum, ob es Früchte bringt. Das kann der einzelne Mensch, der sein Leben als sinn- oder zwecklos empfindet, alleine und in seiner Lebenszeit überhaupt nicht abschätzen.

Ganz so hat es der Bischof nicht dargestellt, und daher möchte ich die Gelegenheit nutzen, um mit der Wiedergabe eines Elementes der Firmpredigt aus dem Mai des vergangenen Jahres zu schließen. Davon wollte ich nämlich ohnehin immer schon mal berichten. Der Weihbischof war angereist und hielt (ich weiß nicht mehr, von welchem Evangelium aus) sehr lebenspraktische Worte für seine jugendlichen Zuhörer bereit. Er machte sie darauf aufmerksam, daß sie nun religionsmündig seien und für ihren Glauben auch in der Welt einstehen müßten. Und daß das nicht immer einfach sei.

Doch an dieser Stelle blieb er nicht – wie man das ja nur allzu häufig erlebt – gedanklich stehen und jammerte eben nicht einfach noch ein bißchen weiter. Sondern er rüstete die Firmlinge mit ganz praktischen schlagfertigen Antworten für eine solche Situation aus. Das ist wie gesagt recht selten und ich fand es großartig.

Es ging sinngemäß so:

„Ihr werdet nun vielleicht auf euren Glauben angesprochen, auch in der Schule. Die Klassenkameraden werden euch vielleicht provozieren und sagen: ‚Es gibt so viel Ungerechtigkeit in der Welt – warum tut dein Gott da nicht mal ein Wunder?‘ Und dann könnt ihr antworten: ‚Er hat dich geschaffen und mich geschaffen. Das ist Wunder genug. Und wir können nun etwas tun, um die Welt ein bißchen besser zu machen.“

PuLa wünscht allen Firmlingen des Jahres 2019 Gottes reichen Segen.

Cornelie Becker-Lamers

 

Theophylact v. Ohrid (Bild Wikimedia commons, User: MXK)

Alles klar?

Amöbe auf Augenhöhe

Die Amöbe ist in der vorgestern verlinkten Predigt von Hw. Dr. Kreier das Bild für uns „unsichtbare“ Christen, die wir, so Kreier im Jahr 2010, mit weitaus weniger „Ehrfurcht und Ernsthaftigkeit“ ihren Glauben leben als viele Muslime dies tun – vor allem, was das Bekenntnis in der Öffentlichkeit anbelangt (vgl. die Worte im Zusammenhang der Predigt ab Minute 8:55) Woher der Publizist, den Dr. Kreier hier zitiert, allerdings die Zahl von 90% Christen in Deutschland hat (Minute 9:09), ist mir schleierhaft … Man findet eigentlich die Zahl von unter 60% Christen, die bald von den knapp 40% Konfessionslosen eingeholt wird. Und wir in Weimar sind froh, wenn wir alle miteinander noch auf ein Viertel der Einwohnerschaft kommen.

Wie auch immer! Auch mit folgendem Text trage ich mich, wie mit so vielen PuLa-Texten, schon eine ganze Weile. Diesmal freilich erst ein gutes Jahr. 😉 Ausgangspunkt war ein vormittäglicher Bericht im Deutschlandfunk, den ich mir am 18. September 2018 (leider nicht mehr in der Mediathek verfügbar) während einer Autofahrt anhörte. Es ging über den Ersten Bundeskongreß der Räte der Religionen , der am 16. und 17. September 2018 in Frankfurt stattgefunden hatte. Ein Haufen O-Töne wurde eingespielt und ein Interviewpartner bedauerte die Abwesenheit eines solchen Rates in den ostdeutschen Ländern. Sinngemäß formulierte er, gerade ‚dort‘ (also ‚hier‘) habe man doch den interreligiösen Dialog so dringend nötig, siehe Chemnitz etc. Und ich dachte: ‚Halloooo? Running Dinner? Interreligiöser Dialog Weimar? Alles da! Recherche irgendjemand?‘ Vielleicht sollte man das Engagement des hiesigen Beauftragten für den interreligiösen Dialog, des evangelisch-lutherischen Pfarrers Herrn Ramón Seliger, bei der Liste „Organisationen in Deutschland, die auch interreligiöse Dialoge pflegen“ anmelden, damit sie beruhigt sind …

Flyer, „Interreligiöser Dialog“ Weimar (eigenes Bild)

Ich möchte nicht verheimlichen, daß ich persönlich vom Running Dinner nicht viel halte. Wir in Herz Jesu Weimar haben auf so vielen Feldern einen so dringenden Redebedarf innerhalb der eigenen Pfarrei, und immer fehlt die Zeit (oder was auch immer), sachbezogene Gesprächsrunden einzuberufen – da tut es mir um jeden Abend leid, der mit solchem Aktionismus drauf geht.

Nichtsdestotrotz begann ich vor einem Jahr meinerseits mit der Recherche zum Thema und stieß im Zuge dessen insbesondere auf die Internetpräsenz des Orient e.V. Weimar, der die hiesigen gläubigen Muslime organisatorisch betreut, der Ansprechpartner und Informationen bietet. Als ich jetzt wieder schaue, hat diese Internetpräsenz sich schon wieder vollständig verändert. Man tauscht sich nun eher auf einer entsprechenden facebook-Seite aus, wo man auch beispielsweise die Trauerbekundung zu den Anschlägen auf Sri Lanka diesen April teilt und öffentlich macht, aber auch TLZ-Artikel zum Tag der offenen Moschee etc.

Vor einem Jahr hielt die Homepage des Orient e.V. eine ganze Anzahl sehr aufregender Videos bereit: Aufwendig gedrehte Filme mit hochromantischer Musik, die die Schönheit der Schöpfung zeigten und beschrieben und dabei immer wieder den Bogen zu Aussagen in den Suren des Koran schlugen. Kürzere Predigten auch, die sich in deutscher Sprache an hier lebende Muslime wandten und zur Fastenpraxis, aber auch zur Verwendung des Smartphones und der Gefahr der Selfie-Sucht mahnend Stellung bezogen.

Und ich dachte: Man redet gern, häufig auch etwas gönnerhaft, von der „Augenhöhe“, auf der man sich mit den Vertretern anderer Religionen austauschen möchte. Diese ‚Augenhöhe‘ liegt aber offenbar knapp unter der Decke und wir Christen müssen uns gehörig nach ebendieser Decke strecken, um mit dem Missionseifer derer mithalten zu können, die da so glühend von ihrem Glauben durchdrungen sind. Mit anderen Worten: Ich hatte genau das Amöben-Gefühl, das Pfarrer Dr. Kreier in seiner Predigt beschreibt.

„Müssen sie uns erinnern“ (aus dem Januar 2015, mit freundl. Genehmigung von I. Cozacu, NEL-Cartoons)

Bis mir einfiel, daß auch wir, auch die Katholiken, auch hier in Weimar, mit einigen Mausklicks wunderbare, erheiternde und erhellende Videos zur Bibelauslegung und zum Leben aus dem katholischen/christlichen Glauben heraus auf unserer Homepage bekannt machen, empfehlen und zugänglich machen könnten. Aus dem Fundus der Youtube- oder Kathtube-Kanäle etwa Dr. Kreiers oder auch Pater Wallners, mit dessen Worten wir im März 2011 PuLa eröffnet haben. Als ich das Thema in der letzten Ehrenamtlichenrunde, also im November 2018, anschnitt, wurde das Gespräch mit dem Hinweis auf Finanzmittel beendet, bevor es begonnen hatte. Kann schon sein, das mit dem Geld. Das kann ich nicht beurteilen. Aber eine Verlinkung auf YouTube kostet ja gar nichts. Diese Filme wollen ja gefunden und verbreitet werden! Was es kostet, ist Zeit: Zeit, die Filme zu schauen, auszuwählen, vielleicht einen Satz dazu zu schreiben und sie eben einzubetten. Davon können wir ein Lied singen. Aber man wird auch nicht dümmer davon.

Zugegeben: Die Pfarrei verlinkt, seit es die neue Homepage gibt (also seit dem Kirchweihjubiläum 2016) immer mal die Gebetsmeinung des Papstes. Ok – besser als nichts. Aber der Papst ist halt doch immer sehr gesetzt … Eine Ergänzung würde da keinesfalls schaden!
Das Sekretariat, bei dem die Homepageredaktion liegt, kann das allein natürlich unmöglich leisten. Aber wie wäre es denn, wenn man versuchte, Jugendliche in diese Arbeit einzubeziehen? Jugendliche, die wir derzeit mit anderen Aktionen kaum erreichen, deren Mitwirkung unsere Pfarrei aber doch so dringend wieder braucht. Die Homepage, ein Twitteraccount, ein YouTube-Channel, Instagram – das wären Betätigungsfelder, auf denen die Jugendlichen ohnehin zuhause sind und privat Content produzieren, daß sich die (Lade)Balken biegen – und auf denen sie uns mit etwas Betreuung helfen könnten, die Ausstrahlung der Pfarrei wieder zu erhöhen. Zugleich trügen sie selber den größten Gewinn davon – wie immer, wenn man intensiv inhaltlich arbeitet. Eigene Predigttexte (auch von Theologinnen und Theologen, denen das Predigen im Rahmen der Heiligen Messe verwehrt ist), Verlinkung fremder Predigten wie denen von Dr. Kreier, Glaubensinhalte wie die Rosenkranzgesätze o.a., Informationen und Bilder aus der Pfarrei, zu den Kirchenfenstern, zum Kirchenbau, zur Pfarreigeschichte, ein paar korrekte Sätze zur Franz-Liszt-Gedächtnisorgel – es gibt jede Menge Möglichkeiten, die das Recht am eigenen Bild oder irgendwelche Datenschutzfälle nicht mal von Ferne berühren.

„Facebook ist tot“, sagen die Jugendlichen. „Man muß auf Insta sein.“ Ein Instagram-Account, von Jugendlichen befüllt, von Erwachsenen betreut – das würde auf dem Weg zur vielbeschworenen „Augenhöhe“ schon mal eine Leiter anlegen. Und uns so ganz nebenbei auch der Erfüllung unserer Aufgabe der „Neuevangelisierung“ in den ‚neuen Ländern‘ näher bringen als wenn wir immer nur denen predigen, die ohnehin bereits in der Messe sitzen. Also: Wie immer hätten wir selbst am meisten davon! Auf geht’s! Nehmen wir die erste Stufe!

Cornelie Becker-Lamers

„Ein glückliches Ringen“

Mit diesen Worten zitiert Hw. Pfr. Dr. Johannes J. Kreier zu Beginn seiner Predigt zum 29.Sonntag im Jahreskreis im Jahre 2010 den Sl. Guerric von Igny, einen der sog. „Vier Evangelisten“ des Zisterzienser-Ordens.
Das geschah damals noch in seiner Rolle als Hochschulpfarrer im „Kloster am Rande der Stadt“ in Saarbrücken. Treue PuLa-Leser kennen Pfr. Dr. Kreier aus den Beiträgen mit der Kennzeichnung (dem „Tag“) „Sommerkino“ aus dem Jahr 2014, in denen es um den Canon romanus, das „Erste Hochgebet“ ging.
Nun gehört mittlerweile das „Kloster am Rande der Stadt“ leider der Vergangenheit an, aber segensreicherweise gibt es offenbar eine treue Seele, die dabei ist, all die vielen hervorragenden Videos, die mit Hw. Dr. Kreier entstanden sind, erneut ins Netz zu heben.
Dafür an dieser Stelle von uns einen sehr herzlichen Dank! Denn heute ist uns anhand dieser Predigt zum 29. Sonntag im Jahreskreis, Lesejahr C erneut deutlich geworden, welche Schätze hier der Entdeckung harren!

Überzeugen Sie sich selbst:

Ich beeile mich hinzuzufügen, daß sich hier keineswegs eine versteckte Kritik an der Predigt verbirgt, die wir heuer in Weimar zu dieser schwierigen Perikope (Gleichnis vom ungerechten Richter) gehört haben!
Nein, ich möchte die Gelegenheit einfach nutzen, um erneut auf Dr. Kreier hinzuweisen und empfehle insoweit einfach das Abonnement dieses YouTube-Channels.

Die Beschäftigung, im Idealfall vorab, mit den Texten, die man am Sonntag in der Hl. Messe hört, ist ja dazu angetan, den geistlichen Gewinn sehr zu steigern – allerdings, im Falle weniger gelungener Predigten, auch den Ärger, aber dann hatte man sich ja immerhin selber schon einen Eindruck verschafft.
Auf die Gefahr hin, die sprichwörtlichen ‘Eulen nach Athen’ zu tragen zu diesem Zweck ganz kurz ein paar hilfreiche Links. Sinnvollerweise beginnt man mit der Tagesliturgie von der Erzabtei-Beuron (Suchwort: „Schott-Beuron“).
Damit hat man alle Texte handlich an einem Ort, auch wenn die Einführung und die Kolumne „Für den Tag und die Woche“ (an Sonntagen) häufig, sagen wir, „anstrengend“ sein können in ihrem „Neu-Kirchen-Sprech“.

Dort findet man auch den Link auf „perikopen.de“ eine Sammlung neuerer exegetischer Betrachtungen zu dem jeweiligen Evangelium. Diese Texte habe ich über mehrere Jahre und mehrere Lesejahrzyklen regelmäßig gelesen und ich bedauere die Lektüre insgesamt nicht. Allerdings muß ich hinzufügen, daß mir danach auch klar geworden war, woher die Kritik an den Hervorbringungen der „modernen“, gerne „historisch-kritisch“ genannten, Exegese rührt. Zum Teil ruft es wirklich Ärgernis hervor, was man dort vorgesetzt bekommt, ja, was das ein oder andere Machwerk angeht, mußte ich zum Schluß sagen, daß ich es lieber nicht zur Kenntnis genommen haben würde. Auf der anderen Seite gab es aber auch vieles wissenschaftlich wirklich interessante und sogar der ein oder andere auferbauende Text hat sich darunter verirrt, dies leider aber wirklich nur ausnahmsweise. Dennoch, für jeden, der verstehen will, wie (falsch) etliche Theologen und eben auch Geistliche so „ticken“ und reden/predigen, eine überaus hilfreiche Erkenntnisquelle.

Freilich, in aller Regel bedarf es nach der Lektüre eines Antidots, das aber nur einige Klicks entfernt ist! ? Sie finden den berühmtesten der bewährten „Kettenkommentare“ die Catena aurea des Hl. Thomas v. Aquin unter diesem Link.
Wir wollen ehrlich sein, auch hier ist nicht jeder Text eine ‘Offenbarung’ aber ein Ärgernis habe ich über die Jahre eben auch nicht gefunden, vielmehr oft und oft überaus hilfreiche und wohltuende Gedanken und Betrachtungen, die einem helfen, den Sinn der Schrift zu erschließen.
Was man dabei vielleicht nicht erwarten würde: Immer wieder fand ich diese Texte erheblich lebenspraktischer, als die viele Jahrhunderte später entstandenen, wozu die vielfach und zwar zu unrecht geschmähte allegorische Interpretation nicht etwa ein Hindernis, sondern eine Hilfestellung ist.
Und schließlich ist dies ja auch einfach die katholische Methode der Bibel-Lektüre: An der Hand Heiliger Väter! ? ?

Mit diesem Dreischritt: Schott, perikopen.de, catena aurea, hat sich mir jedenfalls das Kirchenjahr reicher erschlossen, als zuvor. Und wer dann noch ein Video von Pfr. Kreier anschaut, der hat, davon bin ich überzeugt, den Sonntag schon mal ein ganzes Stück gut und angemessen gewürdigt!

Voraussichtlich morgen möchten wir auf einen Aspekt der Predigt von 2010 noch näher eingehen.

Gereon Lamers

Botschafter der Pfarrei. Botschafter des Glaubens (2/2)

Gäste aus dem Münsterland auf den Spuren Johann Sebastian Bachs

Natürlich fahren wir nicht nur weg. Wir empfangen auch Gäste. Die folgende Geschichte beginnt ganz ähnlich wie die mit den Oberhauser Klosterspatzen, nur, daß auch noch eine ChorleiterInnenfortbildung des pueri-cantores-Verbandes eine Rolle spielt. Dort nämlich war ich im Frühjahr 2019 der Kantorin einer katholischen Pfarrei aus dem Münsterland als mögliche Weimarer Ansprechpartnerin genannt worden: Eine Reise auf den Spuren Johann Sebastian Bachs wollte für eine Gruppe aus Emsdetten geplant und durchgeführt sein. Im Rahmen einer solchen Reise darf natürlich auch Weimar als Geburtsort beispielsweise Wilhelm Friedemann (1710-84) und Carl Philipp Emanuel Bachs (1714-88) nicht fehlen.

Im Vordergrund die Straßenfront des 1989 abgerissenen Bachhauses; im Hintergrund die hübschere Fassade, an der darum auch die entsprechende Tafel angebracht ist (eigenes Bild)

Im März kam ein Treffen zwischen zwei Kolleginnen und mir zustande – vor allem aber stellte ich den Kontakt zum Ehepaar Mende her. Also zur Initiatorin unseres Blockflötenensembles Herz Jesu und deren Ehemann. Denn wenn sich ein Ehepaar mit dem Thema „Bach in Weimar“ auskennt, dann dieses (ok – vielleicht noch ein-zwei andere … 😉 ) Bernd Mende hat noch dazu zur Stadtgeschichte, den Glocken des Schloßturmes und dem Historischen Friedhof bereits jede Menge publiziert und ist da ein ausgewiesener Fachmann. Und so gab es denn für ‚unsere‘ Reisegruppe einiges an organisatorischer Hilfestellung (natürlich wollten einige der Gruppe auch, ungeachtet des Themas „Bach“, nach Buchenwald) und inhaltlicher Anregung.

Am 20. September trafen dann die Münsterländer in Weimar ein, erhielten in zwei Gruppen (denn sie waren insgesamt knapp 50 Personen) kompetente Stadtführungen zu den Bachorten – und um 12 Uhr mittags ein etwa halbstündiges Konzert unseres Blockflötenquartetts im Renaissanceraum des Palais Schardt . Es waren sehr nette und inspirierende Begegnungen für alle Beteiligten. Ich fand das über die Freude des Augenblicks hinaus gut, denn ich hatte das Gefühl, daß wir damit über den einzelnen persönlichen Kontakt hinaus menschlich etwas für die Verständigung zwischen ‚Ost‘ und ‚West‘ erreicht hatten. Die Landtagswahlen in Sachsen und Brandenburg lagen damals keine drei Wochen zurück – und die Diskussionsrunden und Berichterstattungen im Vorfeld waren mir entsprechend präsent. Und da war, in all den Reden darüber, daß „man die Menschen im Osten ja auch verstehen müsse“ vor allem eines mit Händen zu greifen gewesen: Die Distanz derer, die da sprachen zu dem (und denen), worüber sie sprachen.

Wir haben – und zwar ausgelöst und untrennbar von der Infrastruktur, die die Kirche mit ihren Pfarreien und Institutionen bietet – einer Gruppe von immerhin knapp 50 Herrschaften, die vielleicht wie so viele BewohnerInnen der eine Zeitlang mal sogenannten ‚alten Bundesländer‘ die ‚neuen Bundesländer‘ bisher nicht gar nicht besucht hatten, persönliche Kontakte und Eindrücke über anonyme Stadtführungen und Informationstafeln in den Kirchen und Museen hinaus ermöglicht. Ich bin sicher, die Mehrzahl der Reisenden kam nach Hause und dachte: ‚Toll ist es dort! Wunderschöne Städte – nette Menschen – kompetente Leute – toll! Hätte ich so nicht erwartet.‘

Wie gut, daß es die kirchlichen Strukturen (noch) gibt, die diese Begegnungen ermöglicht haben. Und wie gut, daß wir darin, in unseren einzelnen Gemeinden, nicht nur „unter uns“ sind.

Cornelie Becker-Lamers

 

„Alles mit Gott und nichts ohn‘ ihn“ (eigenes Bild)

Botschafter der Pfarrei. Botschafter des Glaubens (1/2)

Musikalische Gruppen der Pfarrei als Gäste und Gastgeber unterwegs

Morgen bricht der Kirchenchor der Herz-Jesu-Pfarrei Weimar in aller Herrgottsfrühe zu einer Reise in unsere Partnerstadt Blois auf. Es ist, wenn ich richtig sehe, die erste Reise seit Oktober 2011, als der Kirchenchor – damals noch unter anderer Leitung – sich an einer Chorfahrt nach Rom beteiligte und musikalisch an einer Messe im Vatikan mitwirken durfte. In Vorbereitung der nun bevorstehenden Reise, die nicht durch gemeindliche, sondern durch die private Initiative und Kontakte eines Chormitglieds zustande kam, gab der Kirchenchor am 28. September sein erstes öffentliches Konzert unter seiner jetzigen Leitung. Pünktlich zu diesen Aktivitäten über die heimischen Meßgestaltungen hinaus hat der Chor auch Chorkleidung angeschafft. Wie auf einer Fotografie in der Lokalzeitung zu sehen, treten die Damen jetzt in glatt schwarz, die Herren in schwarzem Anzug und weißem Hemd auf. Als Element des Corporate Design fungiert ein violetter Schal bei den Damen, eine Krawatte gleichen Farbtons bei den Herren. PuLa gratuliert von Herzen zu diesem Schritt und hofft, daß dieses Erscheinungsbild des Chores sich von nun an auch in den Messen wiederfinden wird.

Das Programm für Blois, als dessen „öffentliche Generalprobe“ die Lokalpresse das Konzert vom 28. September bezeichnete, ist umfangreich und klug zusammengestellt. Ein Kirchenchor ist ein Kirchenchor und kein Konzertchor – und so bietet das Programm denn auch eine Reise durchs Kirchenjahr: Angefangen bei Advents- und Weihnachtsgesängen lassen die liturgischen Werke den Ablauf des Kirchenjahres mit seinen wiederkehrenden Buß-, Jubel- und Trauerzeiten akustisch Revue passieren.
Wie gut das gehen kann, haben die Cäcilini im Sommer und Herbst des Jahres 2014 ja ebenfalls ausprobiert, als sie aus ihrer mittlerweile 25-teiligen Liedersammlung „Myra liegt am Mittelmeer. Eine Weltreise durchs Kirchenjahr“ aus sieben szenisch dargestellten Liedern ein Programm zusammenstellten, das als Konzert wie als Gottesdienstgestaltung funktioniert.

So wird auch unser Kirchenchor in Blois nicht nur ein Konzert, sondern auch zwei Messen, u.a. in Zusammenarbeit mit dem dortigen Chor, absolvieren. Und da Blois Bischofssitz ist, wird sogar Seine Exzellenz Monsieur l’Évêque Jean-Pierre Louis Roger Sylvain Batut sie begrüßen: Der Bischof von Blois, der es sich im Zuge der Planungen nicht nehmen ließ, auch unseren Pfarrer zur Chorreise mit ins liebliche Tal der Loire einzuladen.

Blois von der Loire aus (Bild Wikimedia Commons, User Diliff)

Was für ein Datum!

Bischofssitz ist Blois übrigens bereits seit dem 1. Juli 1697. Bischof Jean-Pierre Batut aber ist fast genau so lange im Amt, wie Bischof Dr. Ulrich Neymeyr dem Bistum Erfurt vorsteht. Mit dem Gedenktag der Heiligen Cäcilia, Patronin der Kirchenmusik, des Orgelbaus, der Singenden, Musizierenden und Dichtenden, also mit dem 22. November, verbinden sich beide Ernennungen: Wurde Bischof Ulrich am 19. September 2014 von Papst Franziskus ernannt und am 22. November 2014 in sein Amt eingeführt, so wurde Bischof Jean-Pierre an ebendiesem Tage, dem 22. November 2014, ernannt und hat am 11. Januar 2015 die dortige Kathedra bestiegen.

Wenn das kein gutes Omen für eine Kirchenchorreise nach Blois ist! Man sollte nicht mit der Information hinter dem Berge halten, daß unser Chor wie so viele katholische Kirchenchöre in den deutschsprachigen Diözesen nach der Heiligen Cäcilia benannt ist (woher natürlich auch der Name der Cäcilini stammt).

PuLa schließt sich dem Segenswunsch an, den unser Pfarrer nach der Abendmesse am vergangenen Sonntag für diese Reise aussprach und wünschen gute Fahrt, glückliche Wiederkehr, viele positive neue Eindrücke und Freude beim Musizieren!

Cornelie Becker-Lamers

Marmor-Relief der heiligen Cäcilia, orgelspielend mit zwei singenden Engeln von Balthasar Schmitt. 1892 (Bild Wikimedia Commons, User Titus 808)

Ja, EBEN!!!

Ein Nachtrag zum Thema Kantorennachwuchs

Wenn es um Stimmenbesetzungen im Kirchenchor geht (zum Beispiel: Tenöre, Tenöre, Tenöre … Wo um alles in der Welt gibt es genügend Tenöre?) gibt man dem Chorleiter gerne schon mal den gutgemeinten Rat, doch bei den Studierenden unserer Musikhochschule nachzufragen. Da hat er speziell ja kurze Wege. Von ihm aber erhält man die Antwort (sinngemäß): ‘Was soll mir das – die Studierenden sind zu den Hochfesten zuhause!’ Soll heißen: Sie können genau dann, wenn der Chor liefern muß, nicht mitsingen.

Stimmt. Das ist mißlich. Die Studis sind Weihnachten zuhause.
Was das Kantorieren anbelangt, kann man da allerdings nur sagen: Ja, EBEN!!! Denn das gilt ja auch für solche Studierende, die aus Weimar stammen und sich nun übers Semester in der ganzen Republik verteilen. Aber Weihnachten zuhause sind. ?

Das heißt, unter den Kantoren hat man gerade zu Weihnachten eine nicht alltägliche Auswahl und mögliche Unterstützung.
Da müssen dann halt die Verantwortlichen vorher ein bißchen kommunizieren.

Die Benachrichtigung, Symbolfoto (eigenes Bild)

Cornelie Becker-Lamers

Die Kantorenschule

Kein Sketch, aber für möglichst viele Personen

Als Mitte Mai ein Mitarbeiter des Bistums in unserer Pfarrei war, um das erforderliche Seminar zur Mißbrauchsprävention abzuhalten, eröffnete er die Sitzung mit einem Strichmännchen am Flipchart. „Worauf hat ein Kind ein Anrecht?“ war die Frage, und wir Teilnehmenden sollten die Figur damit zu beschriften helfen. Körperliche und seelische Unversehrtheit, Nahrung, Bildung, ein Zuhause etc. – das kam alles sehr schnell. Aber Kinder und Heranwachsende haben auch ein Recht darauf zu merken, daß sie gebraucht werden. Sie haben also ein Recht darauf, angefordert zu werden und Verantwortung übertragen zu bekommen.

Voilà! Da haben wir doch was für Euch! ?

Unsere Pfarrei braucht nämlich dringend neue Kantorinnen und Kantoren. Also Gemeindemitglieder, die während der Messe das Kyrie anstimmen, den Zwischengesang singen und vor dem Evangelium das Halleluja. Und weil kein Meister vom Himmel fällt, gibt es dafür jetzt einen Kurs.

Es ist nämlich doch gar nicht so einfach. Neue Kantorinnen und Kantoren zu finden, meine ich. Gerade unter Jugendlichen. Ich hatte mir das deutlich einfacher vorgestellt, als ich im Sommer begann, einzelne Jugendliche oder Elternteile anzusprechen. Aber offenbar sehen sich die entsprechenden Kandidatinnen und Kandidaten fünf Anforderungen ausgesetzt, die sie bereits mitbringen zu müssen glauben. Und irgendeine scheint dann immer zu fehlen: So sollten sie ja zumindest so regelmäßig in die Heilige Messe gehen, daß sie deren Abläufe im großen und ganzen kennen. Sie sollten fromm sein und wirklich was glauben, damit sich das Kyrie oder die Psalmtexte bei ihrem Vortrag mit Leben füllen. Sie sollten Töne treffen oder im Idealfall regelrecht singen können und sich auch trauen, es zu tun. Und sie sollten die Psalmtöne und Zwischengesänge soweit beherrschen, daß sie sie aus den nicht vollständig ausnotierten Noten heraus singen können.

Uff! ? Da les ich gar nicht erst weiter? Aber, aber! Alles halb so wild. Denn was nicht ist, kann ganz schnell werden:

Zum Kirchgang kann man sich jedes Wochenende frei entscheiden. Tun die Meßdienerinnen und Meßdiener zum Beispiel. Es gibt allein in Weimar jede Woche zwischen Samstag- und Sonntagabend fünf Heilige Messen (was glaubt ihr, wie viele Pfarreien gerade auch in den alten Bundesländern uns um diese dank unserer lieben Ruhestandspriester hier noch mögliche Frequenz beneiden!) Also steigt in die Schuhe und los geht’s! Je mehr von Euch in die Messe gehen – desto mehr sind drin und desto mehr Freundinnen und Freunde trifft man dort Woche für Woche. Eine gute Hilfe, um sich aufzuraffen, ist die Verabredung im Vorfeld.

Was das Glauben anbelangt, so muß man wissen, daß nicht nur gilt: Wer glaubt, beginnt zu beten. Sondern auch umgekehrt: Wer betet, beginnt zu glauben! Und wenn man das Gebet singt – sowieso! Glauben fällt nicht in jedem Fall vom Himmel. Geblendet vom Pferd zu fallen, wie es das sprichwörtlich gewordene Damaskuserlebnis erzählt, das den Saulus zum Paulus machte – das passiert nicht alle Tage. Glauben hängt durchaus auch mit Wissen und Einübung zusammen. Beides kann man erwerben. Also auf zu den Büchern!

Was das Tönetreffen anbelangt, bin ich sehr zuversichtlich. Der Morgenkreis in unserem Kindergarten hat da eigentlich für die nötigen Grundlagen gesorgt. Und wer sagt eigentlich, daß man als Kantorenanfänger/in sofort alleine vorne stehen muß? Man könnte ja auch erstmal zu zweit das Kyrie singen. Und schon ist das Lampenfieber nur halb so groß.

Und die Psalmtöne? Was ist das überhaupt? Diese römischen Ziffern da, in den Notenzeilen mit den dicken Noten drin, ohne Hals, dafür mit Sternchen? „Kann ich nicht!“?

Ihr habt Recht! Das kann man wirklich nicht einfach so! Das können nicht mal Musikwissenschaftler, ohne sich im Studium darauf spezialisiert zu haben. Es ist ein echtes Spezialwissen von Kirchenmusikern. Und unglaublich spannend! Laßt es euch nicht entgehen!

Was sagt ihr? Warum singen nicht die Organisten? Ihr habt recht – das dachte ich auch erst: Jetzt, wo wieder Studierende der Kirchenmusik orgeln – sollen sie doch gleich noch singen, sie lernen’s doch eh. Aber der Pfarrer sagt, sie haben genug zu tun mit dem Orgeln, und von der Gemeinde weg in die Orgel hinein zu singen, ist außerdem dem Textverständnis nicht wirklich förderlich.

Ach – und die Priester selber? Sollen die doch? Ja, das machen sie schon, in den Alltagsmessen, wenn sie im Altarraum alleine oder fast alleine stehen. Aber sie haben genug zu tun, vor dem Evangelium, mit Weihrauch und überhaupt. Sie möchten nicht auch noch kantorieren müssen. Sagt der Pfarrer.

Also werdet ihr wirklich gebraucht! Und weil ihr alles selber lernen könnt (regelmäßig die Messe besuchen, glauben, Tönetreffen – hier hilft übrigens auch ein regelmäßiger Besuch der Cäcilini-Proben) ?außer den Psalmtönen, gibt es sie demnächst: Die Kantorenschule. Und wirklich wie erhofft bereits jetzt, direkt nach den zweiwöchigen Herbstferien. Nach einigen Gesprächen hat Pfarrer Gothe Herrn Ekkehard Fellner mit fünf Unterrichtsstunden beauftragt, die der im Bistum bestens bekannte und beleumundete (das heißt: alle finden ihn gut!) Theologe, Kirchenmusiker und Chorleiter wöchentlich jeweils mittwochs abends ab 18.30 Uhr im Elisabethsaal abhalten wird. Es beginnt mit dem 23. Oktober. Der für die Teilnehmenden kostenlose Kurs wird mit den Schlagworten „Antiphonen, Psalmtöne, Hallelujaverse“ im Pfarrblatt beworben und richtet sich keineswegs nur an Anfänger.

Die Ankündigung im aktuellen Pfarrblatt (Screenshot, 6.10.2019)

Wer immer schon mal nach ausnotierten Melodien, nach Gefühl oder nach Schnellbesohlung in der Heimatpfarrei kantoriert hat und tiefer in die Geheimnisse der Psalmtöne, ihrer Regeln und ihrer Zusammenhänge mit den verschiedenen Hallelujaversen eintauchen will, ist ebenso herzlich eingeladen wie blutige Anfänger, die Zwischengesänge bisher nur passiv wiedererkennen.

Daß das Recht, angefordert zu werden und Verantwortung übertragen zu bekommen, mit dem Recht einhergeht, ein Feedback zu bekommen und für die eigenen Aktionen mit Werbung und Zuspruch unterstützt zu werden – das hat eine Firmbewerberin mit unserem Pfarrer im August in der Mittagessenschlange in Taizé schon geklärt. Jetzt ist also nur zu hoffen, daß die Termine auch in den mündlichen Vermeldungen erwähnt werden und tatsächlich ein bißchen Werbung gemacht wird. Nicht jeder liest das Pfarrblatt.
Und eine Bitte geht an alle Leiterinnen und Leiter von Gruppen mit Jugendlichen, ebenfalls Werbung für die Kantorenschule zu machen. Damit der Kurs voll wird, Herr Fellner sein Wissen an möglichst viele Interessierte weitergeben kann und die Gemeinde mutige junge Kantoren und Kantorinnen gewinnt.

Cornelie Becker-Lamers

Altar und Bühne II – Ein PuLa unterwegs für Giovanni Bernardone

Ich weiß, gestern hatten wir einen großen Festakt in Herz Jesu Weimar. Davon sollte ein ‚Weblog‘ – ein Netztagebuch – jetzt eigentlich direkt berichten. Schließlich war der Bischof da. Und hat eine Messe zelebriert. Weil die Schwestern vom Orden der Heiligen Elisabeth am 3. Oktober 1919 in Weimar Einzug hielten und ein 100-Jahre-Weimar-Jubiläum begangen haben. Einen Festakt gab es dann auch noch und ein Mittagessen und Begegnung. Wir werden es nicht vergessen.

Trotzdem ist heute der Gedenktag des Heiligen Franziskus und da hatte ich mir seit langem vorgenommen, wieder mal eine Biegepüppchen-Geschichte zu posten. Ein Nachbarort in der schon damals zusammengelegten Pfarrei, in der ich aufgewachsen bin, hat nämlich das Patrozinium St. Franziskus. Deshalb hatten die dortigen Frauen zum Patronatsfest vor drei Jahren eine sehr schöne Figurenstrecke in ihrer Kirche aufgebaut. Sie zeigt Stationen aus dem Leben des als Sohn des reichen Kaufmanns Pietro Bernardone geborenen Giovanni (Spitzname schon zu Jugendzeiten Francesco, der kleine Franzose. Denn seine Mutter stammte aus der Provence). Giovanni, der sich nach einer einjährigen Kriegsgefangenschaft im benachbarten Perugia von allem Reichtum abkehrte, seinem Vater die kostbare Kleidung vor die Füße warf und fürderhin barfuß und nur mit einer kratzigen Kutte bekleidet unterwegs war. (Gut – in Italien. Und das mittelalterliche Klimaoptimum dauerte damals ja schon gut 200 Jahre an. Man datiert diese Warmzeit zwischen 950 und 1250. Und der Heilige Franziskus hat von 1181 oder 82 bis 1226 gelebt. Also mittendrin. Trotzdem vorbildlich, die bescheidene Kleidung. Ein Bericht zum Thema Heilige Elisabeth wird da in den nächsten Tagen zwanglos anschließen können.)

Franziskus kümmerte sich um Aussätzige, gründete einen Orden, predigte den Tieren und Menschen und zähmte einen Wolf . Er schloß sich als Missionar einem Kreuzzug an, konnte den Sultan aber nicht bekehren und die Fortführung der Schlachten nicht verhindern. Zurück in Italien, baute er in Greccio die erste lebende Weihnachtskrippe mit Ochs und Esel, empfing zuletzt die Stigmata und starb im Alter von etwa 44 Jahren.

Das kommt jetzt nicht alles bei den Biegepüppchen vor, auf deren Fotostrecke wir oben schon verlinkt haben. Aber einige sehr schöne Szenen sind festgehalten:

Als der Heilige Franz von Assisi sich seiner Kleider entledigt hat, wird er vom Bischof eingehüllt ((Bild: Pfarrei St. Franziskus, Queidersbach [auch unter dem Link oben])

In seiner Kutte begibt sich der Heilige Franz auch unter die wilden Tiere (Bildnachweis s.o.)

Die Geschichte können Sie nachhören und nachlesen. In einem Lied, auf das wir schon einige Male verlinkt haben: Giovanni Bernardone. Enjoy: ?

Cornelie Becker-Lamers

Der Rundweg

Neues vom modernen Kirchenbau
Ein „PuLa unterwegs“

Vor gut zwei Wochen lud die Vereinigung der pueri cantores zu einer ChorleiterInnenfortbildung ein und ich nahm das großzügige, weil kostenlose und zugleich wirklich qualitätvolle Angebot wahr (die Pfarrei hat die Fahrtkosten übernommen – dafür auch öffentlich herzlichen Dank!) Wir waren etwa dreißig Teilnehmerinnen und Teilnehmer und haben etliches an Einsingübungen, Spiele für die Gruppen (es richtete sich ja an LeiterInnen von Kinder- und Jugendchören) und einige gefällige mehrstimmige Stücke kennengelernt, von denen zumindest eines auch für die kleine Gruppe der Cäcilini machbar sein sollte. (Raunte mir eine meiner Nachbarinnen doch an einer Stelle zu, sie habe nur 15 Chormitglieder, da brauche sie an Mehrstimmigkeit ja gar nicht zu denken … Ich habe mal lieber nichts gesagt, sondern mich auf ein verständnisvolles Nicken beschränkt. Sie wissen ja: Beim dreistimmigen „Maria, Mutter, Friedenshort

hatten wir zwei Proben und waren zu siebent. Naja – tapfere Cäcilini eben! „No retreat, baby, no surrender“. 🙂

Aber wegen der Fortbildung schreibe ich gar nicht. Ton- und Bildaufnahmen sind in Seminaren verboten – was soll das also auf einem Blog. Ich schreibe wegen des Veranstaltungsortes. Denn Stephan Rommelspacher (Leipzig) und Elisabeth Lehmann-Dronke (Erfurt), die beiden Verbandsvorsitzenden der pueri-cantores-Region Ost hatten zur Fortbildung nach Leipzig ins Gemeindehaus der Pfarrei St. Trinitatis eingeladen. Und ich nutzte meinen Aufenthalt unter anderem, um den auch im Weimarer Freundeskreis bereits vielbesprochenen Neubau dieser Kirche endlich einmal selbst in Augenschein zu nehmen.

Gut – mehr breit als quer und ein verdecktes Oberlicht im Altarraum – das gibt es ja alles seit 50 Jahren. Hier fehlen nun auch noch die Altarstufen. „Schwellenloser Altarraum für vielfältige Liturgieformen“, nennt man das auf der Homepage der stolzen Architekten und zeigt einen Pünktchenring um den Altar. Ok … schon gut … Stufengebet irgendjemand? Och nööööö … Zum Vater Unser kommen alle Kinder mal nach vorne und wir lassen den Embolismus weg.

„Transzendentes Raumerlebnis“? Leipzig, St. Trinitatis, Blick in den Kirchenraum und auf das Lichtspiel an der Altarraumrückwand (eigene Bilder)

Ok, das kennt man im Prinzip so alles. Wirklich bemerkenswert aber fand ich den „Kreuzweg“. Sie erinnern sich: Mit seiner Ahnung von Formen in Beton geht der an dieser Stelle unlängst vorgestellte Kreuzweg der Schopper Kirche  noch erkennbar vom Figürlichen aus und abstrahiert es. In Leipzig aber geht es nicht einmal mehr abstrakt zu. Die konkreten Formen der Stationen erinnern hier tatsächlich nur noch an die Stolpersteine, die in unseren Städten im Zweiten Weltkrieg deportierte jüdische Einwohner benennen. Eigentlich sollte man in St. Trinitatis Leipzig nicht von „Kreuzweg“ sprechen, sondern von „Rundweg“. Denn ein Rundweg ist es immerhin – und runde Stationen hat er auch. Denn sieht so sieht es da aus:

Ja – steht alles da. Mehr gibt es dazu nicht zu sagen. Rundwegstation VI in Leipzig St. Trinitatis (eigenes Bild)

Damit Sie nicht denken: „Da hat sie jetzt nur den Boden geknipst. Wer weiß, was an der Wand zu sehen ist“ hier die Station VI nochmal aus einiger Entfernung:

Allein im Raum hinter den Bankreihen. Plazierung der Rundwegstation VI in Leipzig St. Trinitatis (eigenes Bild)

So sieht es eine Station weiter aus:

Endstation Nirwana? Rundwegstation VII in Leipzig St. Trinitatis (eigenes Bild)

Puuuh! Ganz schön aseptisch und clean, das Ganze – finden Sie nicht auch? So völlig ohne ästhetisches Anschauungsmaterial fühle ich mich beim Kreuzweg-Beten definitiv allein gelassen. Da kann man sich dann ja wirklich alles denken – oder auch nichts. Sehr anspruchsvoll! Wie viele von uns schaffen es, sich hier 14 Stationen lang auf die Sache zu konzentrieren? Also ich persönlich hätte da ungeheure Schwierigkeiten.

In puncto religiösem Sachverstand und – sagen wir: – spirituellem Reflexionsniveau der Planer schießt allerdings die vierte Station den Vogel ab. „Jesus begegnet seiner Mutter“. Da wollte man offenbar ein bißchen Gefühl zeigen. „Auch“. Oder „zulassen, du“. Und hat die Station neben dem einzigen Kunstgegenstand versenkt, den man aus der ersten neogotischen St. Trinitatiskirche (Baujahr 1847) in den nunmehr dritten Kirchenbau dieser Pfarrei mitgenommen hat: Die Statue der Maria mit dem Jesusknaben. Die Schrift ist schräg auf die Figur hin ausgerichtet. Die Anordnung ist also wirklich Absicht.

Maria mit dem Kinde lieb. Die beiden hier müssen sich noch nicht begegnen, die sind noch eins; Rundwegstation IV vor Madonnenstatue in St. Trinitatis Leipzig (eigenes Bild)

Ist es möglich, daß niemandem aufgefallen ist, daß man vor einer solchen Statue etwas anderes zu beten hat (im affirmativen wie im normativen Sinne) als angesichts der vierten Kreuzwegstation? Kann doch eigentlich gar nicht sein?! Das ist schon kurios. Da verkommen Marienstatuen zum postmodernen Genrezitat, das im Stilgemisch der unterschiedlichen Entstehungszeiten ein bißchen Traditionsbewußtsein simulieren und nebenbei einen Kirchenraum als katholischen ausweisen kann. Gratuliere!

Aber wo bleibt der oder die Betende? Auf diesen Stolpersteinen? Vor diesen kahlen Wänden? Vor diesem irreführenden Bild?

Cornelie Becker-Lamers

PS: Da ist an einer Stelle die Rede von den „Planern“. Ich denke, es sollte klar sein, daß damit natürlich nicht mehr (nur) die (Innen-) Architekten gemeint sein können, oder?
Verantwortlich ist für jeden Bau letzten Endes wer? Die Auftraggeber selbstverständlich. Diese gebaute geistliche Bankrotterklärung geht auf das Konto geistlicher Würdenträger.
Traurig.

Gereon Lamers

Erntedank!

Vorzüglich vorgezogen

Eigentlich feiert man Erntedank ja am letzten Septemberwochenende. Oder sogar erst am ersten Oktoberwochenende. Sagte auch Pfarrer Riethmüller, der heute in Herz Jesu Weimar ein Hochamt zelebrierte, das ganz im Zeichen des Erntedankfestes für Kinder stand. Mit Erntetanz um die vollen Körbe in der Vierung. Mit großen Weltkarten und Fürbitten lesenden GrundschülerInnen. Und mit ein wenig besonderem Musikprogramm: Einem Satz für Violine, zwei Flöten, Horn und Orgel des inzwischen auch im Gotteslob angekommenen „Morning has broken“ – einem Satz, der immer wieder Touristen, die in Herz Jesu die Messe mitfeiern, aus der Reserve lockt und kleine Gespräche anregt. (Heute war dies z.B. ein Berliner Organist, im vergangenen Jahr Kantoren aus Stralsund, die sich sogar die Noten haben zusenden lassen und den Satz demnächst bei sich zuhause zu Gehör bringen werden.) Ein damals 13jähriger Schüler aus Erfurt, Lorenz Mittag, hat das Stück gesetzt und seine ehemalige Lehrerin, Frau Mende bringt dieses wie andere Lieder unermüdlich unter die Leute.

Das alles also haben wir heute ein bis zwei Wochen vorgezogen, denn am kommenden Wochenende feiert Herz Jesu Weimar Kirchweih – und dann sind schon Herbstferien und viele Kinder auf Reisen. Deshalb: Eins nach dem andern.

Wir möchten uns mit zwei Fotografien der vorgezogenen Feier anschließen und von einem Dörrautomaten erzählen, den mein Mann sich unlängst zugelegt hat. Heimisches Obst, insbesondere Äpfel, liest er grundsätzlich bei Spaziergängen auf oder pflückt am Wegesrand, was offenbar niemand haben will. Im Herbst ißt er die Äpfel frisch, im Winter getrocknet und im Frühjahr verzichtet er komplett, um sich um so mehr auf die neue Ernte und den ersten frischen Apfel im neuen Sommer zu freuen – eine klassische Fastenstrategie. Da er durch seine Sammlungen vor der Haustür der Überlegung enthoben ist, ob nun die hälbjährige Kühlhaus-Lagerung Südtiroler Erntegutes oder die Verschiffung Neuseeländischer Äpfel um die halbe Welt mehr CO2 verbraucht – und was folglich zu kaufen sei –, trägt er sich seit langem mit dem Gedanken, diese Trocknung der Früchte ein wenig zu professionalisieren. Durch einen Dörrautomaten nämlich.

Das ganze Ding ist schon rein ästhetisch eine Freude. Die entkernten, feingehobelten Apfelscheiben liegen etagenweise auf feinen Gittern sechs Stunden lang bei 60°C und schmecken nach der Trocknung so unglaublich viel süßer als das frische Stück. Es ist phänomenal! Wirklich vorzüglich! Eine Geschmacksprobe können wir Ihnen auf PuLa leider nicht liefern, aber zwei vorher – nachher Fotos habe ich gemacht:

Die Apfelringe im kleinen heimischen Dörrautomaten vor und nach ihrer Trocknung (eigene Bilder)

PuLa wünscht allen, die ihre Umzüge und Feierlichkeiten noch vor sich haben, frohe Erntedankfeste!

Cornelie Becker-Lamers

PS: Na, das ist ja so gerade nochmal gutgegangen, mit dem OCC (dem obligatory catholic content), bei diesem sehr typischen Blog-Posting im Sinne des Tagebuchs ? Ich weiß nicht, ob ich so ausführlich über das kleine Gerätchen, und das, was damit zusammen hängt, hier geschrieben hätte, aber es stimmt alles und macht wirklich Spaß!
Über das Stichwort „Tanz“ im Rahmen einer Hl. Messe will ich jetzt mal nichts gesagt haben ?, außer der Bemerkung, daß es sich mir nicht erschließt, warum man Kinder an etwas gewöhnen, bzw. sie auch nur gedanklich mit etwas vertraut machen sollte, das der christlichen Liturgie einfach fremd ist. Ich kann das nicht sinnvoll finden und rege an, auch Kindertänze künftig nicht mehr in diesem Rahmen stattfinden zu lassen!

Gereon Lamers