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Der Adventskalender mit Fortunatianus von Aquileia, Tag 4

Und als Jesus von da fort ging, kam er an das galiläische Meer; und er stieg auf den Berg und setzte sich daselbst nieder.
Da kam viel Volk zu ihm, das Stumme, Blinde, Lahme, Schwache und viele andere bei sich hatte; und sie legten sich zu seinen Füßen und er machte sie gesund.
So daß das Volk sich wunderte, da sie sahen, daß Stumme redeten, Lahme wandelten und Blinde sehend wurden und sie priesen den Gott Israels.
(Mt 15, 29 – 31)

Und als Jesus von dort herüberkam, kam er wieder an den See Genezareth und stieg auf einen Berg, und setzte sich dort nieder. Und die Scharen kamen zu ihm mit Leuten, die lahm, blind, verkrüppelt, stumm waren und viele andere, und sie warfen sich zu seinen Füßen und er heilte sie alle, so daß die Menge erstaunt war.
Der Evangelist berichtet, dass der Herr einen Berg hinauf ging und dort viele Menschen heilte, die verschiedene Krankheiten hatten. Denn der Prophet berichtet, dass solche Zeichen sich bei der Ankunft des Herrn ereignen würden, daß die Lahmen geheilt würden, die Blinden würden sehen, die Verkrüppelten würden die Gesundheit des Körpers wiedererlangen und die Stummen würden sprechen. (Jes 35, 4-6)
Wie wir sehen, daß diese auf einer buchstäblichen Ebene erfüllt wurden, haben sie doch auch eine spirituelle Bedeutung, denn der Berg, auf den der Herr ging und auf dem er saß, kann als die Kirche verstanden werden, in der derselbe Sohn Gottes seinen Sitz nimmt. Auch David bezeugt in einem Psalm diesen Berg: Wer steigt auf den Berg des Herrn, oder wer steht an seinem heiligen Ort?, das heißt in der Kirche. (Ps 23, 3)
Ein Berg wird in einem Vergleich mit der Kirche dargestellt, denn wie ein Berg hoch ist und über allem thront, so ist die Kirche erhaben, klopft an den Himmel und übertrifft alles mit ihrem himmlischen Verhalten. Die vielen Menschenmengen, die auf den Herrn zugingen, dies zeigt die Menge der Gläubigen, die zum Sohn Gottes in der Kirche kommen. Lahme sind dabei: offenbar diejenigen, die vom Weg der Wahrheit abgekommen sind; und Blinde gleichermaßen: diejenigen, die blind waren und nicht in der Lage waren, das Licht des Lebens zu sehen. (Joh 8, 12) Die Verkrüppelten bedeuten diejenigen, die durch schwere Sünde vom Feind verkrüppelt worden sind. Die Stummen, so wird es auch gezeigt, sind diejenigen, die entweder den Sohn Gottes nicht kannten oder Gott nicht dankten.
Es besteht jedoch kein Zweifel, daß diese alle vom Herrn geheilt werden, wenn sie zur Kirche kommen und so jeden Tag geheilt werden.
Weiter heißt es, sie hätten sich zu Füßen des Herrn geworfen und wären so geheilt worden:. Das soll zeigen, dass nach der Himmelfahrt alle, die durch die Verkündigung der Apostel zur Kirche kommen, durch die himmlische Medizin geheilt und von ihren Sünden befreit werden wie von einer Krankheit.
Die Füße des Herrn werden als die Apostel aufgefaßt, weil durch sie die Predigt durch die ganze Welt gelaufen ist. Dies ist besonders deshalb der Fall, weil sie nach Moses und den Propheten kamen, in der allerletzten Zeit, und deswegen als der letzte Teil des Körpers betrachtet werden, eben als die Füße.
[…]

Die Menge war erstaunt zu sehen, wie die Stummen sprachen: In Wahrheit ist es eine wunderbare Sache, daß solch große Gnade Gottes in Bezug auf sündige Menschen gezeigt wurde, so dass diejenigen, die vom Herrn für stumm gehalten wurden, weil sie zu Götzen beteten und Gott leugneten, später zum Glauben an die Kirche kommen würden und den Vater und den Sohn bekennen würden; diejenigen, die fern von den Wegen der Gerechtigkeit humpelten, wurden auf den Weg des Heils gesetzt und begannen aufrecht voranzugehen; diejenigen, die in ihren Gedanken geblendet waren, wurden vom Engel Raphael erleuchtet und haben dem Herrn die Augen ihres Herzens geöffnet, damit sie das wahre Licht sehen und erkennen können (eben das Licht Gottes). Und, so heißt es, sie verherrlichten den Herrn Israels: jeden Tag wird der Herr in uns verherrlicht, denn nachdem er die Heilung der ewigen Erlösung gegeben hat, hat er uns von großen Übeln befreit und uns Sünder gerecht gemacht, wenn wir nur mit fester Haltung an der Gerechtigkeit festhalten, die wir von ihm erhalten haben. M. LXXX.

Klosterbibliothek Admont, Kuppel ‚Geschichte‘ (Nordflügel): Fama und Historia (eigenes Bild)

Der Adventskalender mit Fortunatianus von Aquileia, Tag 3

In der selben Stunde frohlockte Jesus im heiligen Geiste und sprach: Ich preise dich, Vater, Herr des Himmels und der Erde! daß du dieses vor Weisen und Klugen verborgen, Kleinen aber geoffenbart hast. Ja, Vater! denn also ist es wohlgefällig gewesen vor dir.
Alles ist mir von meinem Vater übergeben; und niemand weiß, wer der Vater ist, als der Sohn und wem es der Sohn offenbaren will.
Und er wandte sich zu seinen Jüngern und sprach: Selig sind die Augen, welche sehen, was ihr sehet!
Denn ich sage euch, daß viele Propheten und Könige sehen wollten, was ihr sehet, und haben es nicht gesehen; und hören, was ihr höret, und haben es nicht gehöret.
(Lk 10,21-24)

Wie sich ein gütiger Vater freut, wenn er sieht, daß seine Söhne den rechten Weg gehen, so jubelt auch Christus, weil die Apostel so viel Gutes getan haben.
Man kann so unterscheiden: Es wird von Weisen gesprochen, d.h. von den Pharisäern und Schriftgelehrten, die das Gesetz auslegen, und von Klugen, d.h. von denen, die von den Schriftgelehrten unterrichtet worden sind; weise nämlich ist einer, der lehrt, klug aber, wer belehrt wird. Als „Kleine“ aber bezeichnet der Herr seine Jünger, die nicht Gesetzeslehrer sind, sondern Fischer, die er aus der Menge erwählte; er nennt sie „Kleine“, das heißt solche, die nichts Böses im Sinn haben.
Denen, die sich für weise halten, und es nicht sind, bleiben also die Geheimnisse verborgen: denn wären sie weise, dann wären sie ihnen offenbart worden.
Der Herr preist sie und alle selig, die in Einfachheit und mit Glauben auf ihn schauen. Denn die alten Propheten und Könige verlangten danach, Gott im Fleisch zu sehen und zu hören.
(Theophylact von Ochrid )

Ach ja, immer gut, wenn alle Schwierigkeiten gleich zu Beginn auftreten, oder? 😉 Jedenfalls gab es heute nicht einmal eine Parallelstelle bei Matthäus, die Fortunatian kommentiert hätte und damit gar nichts von ihm, was zu diesem Abschnitt aus dem Lukasevangelium gepaßt hätte…
So habe ich zur Catena Aurea des Hl. Thomas Zuflucht genommen (was, nebenbei bemerkt, beinahe jeden Sonntag nach der „pflichtgemäßen“ Lektüre der Hervorbringungen der liberal-skeptizistischen Exegese zum jeweiligen Sonntagsevangelium ein ebenso notwendiges wie probates Antidot darstellt; dicke Empfehlung: hier!) und dort Theophylact von Ohrid „gefunden“. Dieser byzantinische Gelehrte, Prinzenerzieher und Exeget des 11. Jahrhunderts wurde schließlich Erzbischof von Ohrid. Seine Werke werden nach wie vor studiert und genutzt; in weiten Teilen der Orthodoxie wird er als Heiliger verehrt (Gedenktag 31. Dezember)

Klosterbibliothek Admont, Kuppel ‚Theologie‘ (Südflügel): Rat, Verstand und Wissenschaft (eigenes Bild)

Der Adventskalender mit Fortunatianus von Aquileia, Tag 2

Da er aber in Capharnaum eingegangen war, trat ein Hauptmann zu ihm und bat ihn
und sprach: Herr! mein Knecht liegt zu Hause gichtbrüchig, und leidet große Qual
und Jesus sprach zu ihm: Ich will kommen und ihn gesund machen.
Und der Hauptmann antwortete, und sprach: Herr! ich bin nicht würdig, daß du eingehest unter mein Dach, sondern sprich nur ein Wort, so wird mein Knecht gesund.
Denn auch ich bin ein Mensch, der Obrigkeit unterworfen und habe Kriegsleute unter mir; und wenn ich zu einem sage: Geh!, so geht er; und zu dem andern: Komm her!, so kommt er; und zu meinem Knechte: Thu das!, so thut er‘s.
Da nun Jesus das hörte, wunderte er sich und sprach zu denen, die ihm folgten: Wahrlich ich sag‘ euch, solch großen Glauben habe ich in Israel nicht gefunden!
Aber ich sage euch, daß viele von Aufgang und Niedergang kommen und mit Abraham, Isaac und Jacob im Himmelreiche zu Tische sitzen werden.
(Mt 8, 5-11)

Aber nachdem er Capharnaum betreten hatte, kam ein gewisser Hauptmann  auf ihn zu. Es heißt, dass ein Zenturio kam und fragte den Herrn wegen eines Jungen, der gelähmt in seinem Haus lag. Jesus sagte zu ihm: Ich werde kommen und ihn heilen. Der Hauptmann antwortete: Herr, das bin ich nicht wert, daß du solltest unter mein Dach gehen. Der Hauptmann verstand, dass er ein Sünder war und nicht würdig, dass der Herr unter sein Dach eintritt. So ist der Hauptmann das Bild der Heiden, die in gewisser Weise einer Art Armee der Welt angehören. Das ist der Grund warum er sagt: Denn auch ich bin ein unter Autorität gesetzter Man. Außerdem zeigt er durch die himmlische Armee und durch die Regulierung der Dinge, was Gott tun kann: „Wenn es für mich zutrifft, da ich ein Mann unter Autorität bin und ich Soldaten unter mir habe und ich sage zu diesem „Geh“ und er geht, und zu diesem „Komm“ und er kommt, und zu meinem Sklaven „Tu dies“ und er tut es, dann ist es auch wahr von dir, da du Gott bist und alle Engel dir gehorchen, und sogar die ganze Schöpfung zu deinen Diensten ist; sprich nur das Wort und er wird geheilt werden.“
Er zeigt die göttliche Kraft, mit der dies geschehen kann. Sprich das Wort, denn es ist das Wort, durch das alle Dinge gemacht wurden. David sagte: Durch das Wort des Herrn wurden die Himmel fest und alle ihre Macht durch den Atem seines Mundes
[…] So lobt Jesus den Glauben des Hauptmanns und wertet ihn höher als den Glauben Israels und bekräftigt, dass er solchen Glauben bei niemandem gefunden hat. Offensichtlich zeigt dies, dass die Völker der ganzen Welt zum Glauben kommen werden: Sie werden sich in der Gesellschaft von Abraham, Isaak und Jakob im Königreich der Himmel versammeln und es wird Kinder des Königreichs aus allen Nationen geben, […]
M. XXXIII.

 

Klosterbibliothek Admont, Südflügel, Kuppel ‚Theologie‘, „Frömmigkeit“ und „Ethik“

Der Sonderurlaub

 Der Sonderurlaub

Ein Sketchlet zum Ersten Advent für zehn Schafe, ein Lämmchen
und jede Menge  Schafstatisten

 

Wundersdorf, Oderbruch. Schafweide. Große weiche Flocken fallen auf die Tanne, das frisch gepflanzte Gingkobäumchen, den Zaun, die Weide und den Unterstand und verpassen allen Dingen ein dickes weißes Häubchen. Die meisten Schafe haben sich bei den lausigen Temperaturen irgendwohin verkrochen oder eng zusammengekuschelt. Kohle steuert denn auch, von einem Kontrollgang zurückgekehrt, zielstrebig den Unterstand an, aus dem allerlei Gemurmel und Geklapper zu hören ist.

Blick aus dem Unterstand auf die Tanne (Bild: Kohle Schaf)

Kohle (stupst die Tür zum Unterstand auf): Hallo allerseits!

Die Schafe (durcheinander): Hallo Kohle – Grüß dich! – Was bringst du denn für ein Wetter mit? – Mach bloß schnell wieder zu! – Kohle! Es zieht!

Kohle (schnattert): Brrrrr! Ich kann euch sagen! Schafskälte ist gar kein Ausdruck!

Huf: In Island nennt man diese Wetterlage „hundslappadrífa“.

Kohle (muß lachen): Wo hast du denn das schon wieder her?

Huf (leichthin): Irgendwo gelesen …

Wolle (in der hinteren Ecke des Unterstands zu Flocke): Ich wäre lieber vorsichtig! Es wird kalt!

(Kohle arbeitet sich durch den vollen Unterstand bis zu den beiden durch und prallt zurück: Wolle und Flocke stehen vor gepackten Koffern!)

Kohle: Was um alles in der Welt soll denn das bedeuten? Ihr wollt doch nicht abhauen?

Wolle (geheimnisvoll): Der Maestro hat gesagt, wenn wir in Takt 128 die leere Quinte sauber kriegen, gibt’s einen Tag Sonderurlaub!

Flocke (lustig): Und da wir immer alles sauber kriegen, packen wir schon mal.

Kohle (konsterniert): Ich versteh überhaupt nichts!

Grauchen (mischt sich ein): Cho-or! Christmette! Uraufführung! Proben!

Kohle (vermufft): Uraufführung?! Klingt bedrohlich!

Flocke (lacht): Alles völlig harmlos! Kann man sehr schön anhören!

Wolle: Und gut mitsingen.

Blütenweiß: Apropos mitsingen! Soweit ich weiß …

Flocke (unterbricht sie): Pschschscht!

Flocke, Wolle, Blütenweiß und Grauchen (setzen ein Garfield-Grinsen auf): Alles gut!

Kohle (mißtrauisch): Sagt mal – ihr nehmt mich doch nicht auf den Arm?

Die Schafe (durcheinander): Aber Kohle! – Dich doch nicht! – Wir doch nicht! – Wo denkst du hin?!

Kohle: Na schön – vielleicht verratet ihr mir ja zumindest, wo’s hingehen soll, in eurem „Sonderurlaub“?

Wolle: Na, ich denke mal …

Grauchen: Pschschscht! Das Ziel würde schon viel zu viel verraten!

Blütenweiß: Es soll doch eine Überraschung bleiben, was für eine Messe wir singen. Komm Heilig Abend einfach in die Kirche – dann weißt du mehr!

(Von draußen ist ein ohrenbetäubendes Tuten zu hören.)

Kohle (mit gesträubtem Fell): Was war das denn?

Ein Schaf: Eine neue Wolfsschutzmaßnahme?

Ein zweites Schaf (freudig): Die Esel kommen doch noch, um uns zu beschützen!

Ein drittes Schaf: Quatsch! So klingt doch kein Esel!

Blütenweiß: Vielleicht die Hupe vom neuen Pritschenwagen? (jubelnd) Wir werden schon abgeholt!

Flocke: Ich denke eher, die Instrumentalisten haben sich zum Proben verabredet.

(Draußen hört man, wie mehr und mehr Schafe neugierig dem Klang folgen.)

Wolle (schaut aus dem Fenster auf die Herde, befriedigt): Jedenfalls entfaltet es schon die gewünschte Wirkung!

 

ENDE

 

Cornelie Becker-Lamers, Weimar

 

Ja, so geht’s zu in Wundersdorf! Mal sehen, warum Flocke und Wolle wirklich ihre Koffer gepackt haben … Zu allen Fragen rund um irgendwelche Uraufführungen in der Wundersdorfer Christmette wissen wir natürlich ebensowenig wie Sie, liebe Leser! Da müssen wir uns wohl alle noch drei Wochen gedulden.

Der Adventskalender mit Fortunatianus von Aquileia, Tag 1

Denn es wird da gehen, wie mit einem Menschen, der in die Fremde zog seine Knechte berief, und ihnen seine Güter übergab.
Einem gab er fünf Talente, dem andern zwei, dem dritten aber eines, einem jeden nach seiner Fähigkeit, und reiste alsbald fort.
Darum wachet! denn ihr wisset nicht, zu welcher Stunde euer Herr kommen wird.
(Mt. 25, 14f.; 24,42)

 

Denn genau wie ein Mann, der sich ins Ausland aufmacht und seinen Reichtum verteilt er an seine Sklaven: an einen gibt er fünf Talente, an einen anderen, zwei und an einen Dritten, eines, jedem nach seiner persönlichen Fähigkeit, und er machte sich auf den Weg. Und wenn er zurückkommt, bringen ihm die Sklaven, was sie verdient haben.
Denn er hatte ausgegeben acht Talente, die wir als die fünf Bücher Moses verstehen können, ein Buch von allen Propheten (an sechster Stelle), während an siebter Stelle Ruhe kommt (was ist der Sabbat, auf den unser Herr Jesus Christus kam), und nach seinem Leiden wird an achter Stelle, die Kirche errichtet durch die Predigt der Apostel, sie wurden gesandt, den Heiden zu predigen, aus denen sie die Kirche bildeten. So haben die Apostel die Talente vermehrt  (d.h. sie predigten) und, nach ihnen tun ihre Nachfolger, die Bischöfe, genau dasselbe. Aber nach langer Zeit, also am Tag des Gerichts, wenn wir vom Leibe scheiden, präsentieren wir einen Bericht über unsere Taten, genau wie in der Geschichte von dem reichen Mann, der zu Abraham schrie, als er bestraft wurde als er Lazarus sah , der im Schoß Abrahams ruhte.
M. CXVII.
Gib acht, denn du weißt es nicht, an welchem Tag oder zu welcher Stunde dein Herr kommen wird.
Er lehrt uns, auf die Zeichen zu achten, die vorausgesagt wurden, damit unsere Gedanken immer auf der Hut sein sollten.
Wenn wir sehen werden, was vorausgesagt wurde, dann nahen auch die Zeiten des Antichrist, aber man darf auch hoffen auf das Kommen des Sohnes Gottes. Jesus bot auch einen Vergleich an: Wenn das Haupt des Hauses wüßte, zu welcher Stunde der Dieb kommt, würden sie Wache halten und nicht zulassen, daß man in ihr Haus einbricht. Das Haus wird als ein  Mensch verstanden, während der Dieb niemand anderes ist als Satan, der unaufhörlich das Haus schlägt und versucht, es umzustürzen. Antichrist ist ein Dieb und ein Räuber. Beide Namen passen gut zu ihm, weil der Apostel  tatsächlich sagt, daß er, dessen Ankunft geschieht gemäß der Wirkung des Satans, [2 Tess 2, 9] der  gleiche ist wie Satan selbst. […]
Dies sind die Taten eines Räubers, durch Raub einzubrechen und zu verderben. Aber die Werke Satans sind jene, durch die er Menschen davon überzeugt, von der wahren Religion abzuweichen und dem wahren Gott, dem Sohn Gottes, und sich an den Antichristen zu klammern, von dem man sagt, daß er sich in den Tempel Gottes setzt und sich für Gott ausgibt [2 Tess 2,4]. Es ist auch das Werk Satans, verschiedene Begierden zu senden und Menschen vom Glauben zu trennen, wie ein verborgener Dieb in der Nacht. Wenn das gläubige Gemüt ihn erkennt, wacht es und betet und treibt den schattenhaften Dieb von sich weg. Also sagt Jesus : Gib acht, denn du weißt nicht, zu welcher Stunde der Sohn des Menschen kommen wird.
M. CXIIII.

 

Das war ja zu erwarten: Gleich am ersten Tag gab es zum Evangelium des Tages (Mk 13, 33-37) keinen Kommentar von Fortunatian, sondern wir mußten auf Parallelstellen im Evangelium des Hl. Matthäus ausweichen…, naja. 😉

Die Illustration, die ich mir für diesen Adventskalender ausgedacht habe, ist zugegebenermaßen tüchtig anachronistisch, sie entstand in den Jahren 1774-76 zur Ausstattung der flächenmäßig größten Klosterbibliothek Europas in Stift Admont. Wir besuchen sie seit vielen Jahren jeden Sommer aus der „Sommerfrische“ im Ausseer Land und niemals, wirklich niemals verfehlt dieser zauberhaft heitere Raum, uns zu beeindrucken. In den kommenden Tagen werden wir Ausschnitte aus den Fresken von Bartolomeo Altomonte (1694-1783) sehen, die das Glanzlicht dieses Raums ausmachen.

Admont Klosterbibliothek, Blick in Richtung Norden (eigenes Bild)

 

 

 

Adventskalender Flashback: St. Hilary‘s Church 2

Eine „typisch englische Kirche“ habe ich gestern geschrieben. Und das hat mich darauf gebracht, für die Leser außerhalb Weimars, bevor wir heute nach St. Hilary in Cornwall zurückkehren (man kann das so verkürzt sagen, denn auch die politische Gemeinde heißt so!), auf etwas hinzuweisen: Wir haben hier bei uns auch eine „englische Kirche“! Ja, wenige hundert Meter von dem Ort, an dem ich dies schreibe, entfernt steht die heutige „Kreuzkirche“ (in der die Cäcilini schon mehr als einmal aufgetreten sind, während und nach der Phase ihres erzwungenen „Exils“…), die ursprünglich im Jahr 1899 als Kirche für Weimars damals hinreichend große anglikanische Gemeinde gebaut wurde, um dann leider Gottes schon 1914 wegen des Ersten Weltkrieges wieder geschlossen zu werden. Nach einigen Jahren des Leerstands wurde dann aus „St. Michael and All Angels“ die evangelische Kreuzkirche. Ja, wir haben (fast) alles hier, in unserem Weltkulturdorf, oder hatten es zumindest; inwiefern wir immer in der Lage sind, mit derartigem Erbe angemessen umzugehen, ist allerdings mindestens so ungewiß, wie es der zeitgenössische Umgang mit der je vorfindlichen Kultur und ihren „Produzenten“ ist – aber das ist ein anderes, leider immer noch und wieder aktuelles Thema…

Kreuzkirche Weimar, Gesamtansicht aus Richtung Shakespearestraße
(Bild: Wikimedia Commons, Ghostwriter123)

Jedenfalls wollten wir ja heute auf die Inneneinrichtung von St. Hilary in Cornwall schauen, wobei ich bei den folgenden Bildern zu berücksichtigen bitte, daß meine Tochter leider nur ihr (ziemlich altes) Handy zur Verfügung hatte, was bei wenig Licht halt keine besseren Ergebnisse ermöglicht hat, bitte sehen Sie uns das nach.

St. Hilary, Innenraum (Bild: Franziska Lamers)

 

St. Hilary, Mittelgang (Bild: Franziska Lamers)

Sie sehen schon hier: Der recht niedrige Kirchenraum verfügt über mehrere Altäre, allerlei Ausstattung und – eine Kinderecke… 🙂

St. Hilary, Kinderecke (Bild: Franziska Lamers)

Kunsthistorisch besonders relevant sind aber die Gemälde im Stil der sog. Newlyn-School einem cornischen Teil der ‚plein air‘ Bewegung in der Malerei des frühen 20. Jahrhunderts.

St. Hilary, Monument (Bild: Franziska Lamers)

 

St. Hilary, Bemaltes Chorgestühl (Bild: Franziska Lamers)

Diese besondere Ausstattung geht auf die Ehefrau von Bernard Walke, des langjährigen Geistlichen (ab 1913) an St. Hilary zurück: Annie Walke, die zusammen mit anderen Mitgliedern der „Lamorna Group“ hier tätig war.

St. Hilary, Kruzifix (Bild: Franziska Lamers)

 

St. Hilary, Madonnenschrein (Bild: Franziska Lamers)

Und just mit dem Wirken der Walkes in und um St. Hilary hängt auch die „unglaubliche Geschichte“ zusammen, die ich Ihnen gestern versprochen habe. Anfang der 1930er Jahre wurde nämlich offenbar so mancher und manchem das alles ‚ein wenig viel‘, was da bei ihnen in der Provinz geschah: Künstler, die für die Kirche arbeiten (die seit dem Neubau 1853 -55 eben relativ „leer“ geblieben war), ein Pfarrer, dessen geistliche Theaterstücke als erste ihrer Art von der BBC gesendet wurden, das war vermutlich schon genug, aber als B. Walke dann wohl auch noch mit einer Art Eucharistischer Anbetung begann (vgl. hier) war der Vorwand gefunden, handgreiflich zu werden.
Und so kam es am 8. August 1932 zum Überfall radikal-protestantischer Bilderstürmer unter Führung einer gewissen Anna Maria King auf St. Hilary, dem etliche Kunstwerke zum Opfer fielen.
Ja, 1932, nicht 1532.
Man faßt es nur schwer, aber das ist das historische Faktum. Die Gerichtsakten des „St. Hilary case“ gibt es noch, aber sie harren wohl noch der historischen Bearbeitung.

Übrigens gibt es hier keinen Grund zu katholischer Selbstgefälligkeit: „Unser“ letzter Bildersturm, die Verwüstung etlicher Kirchen in Folge absichtsvoll einseitig interpretierter Beschlüsse des 21. Ökumenischen Konzils ist nochmal etwa 30 Jahre jünger und seine Folgen, auch in unserer Pfarrkirche, sind noch lange nicht beseitigt…

Nun, wollen wir uns vorläufig damit beruhigen, daß in St. Hilary in Cornwall:

More recently, some of these [works of art] have been restored, and the devotional Anglo-Catholic atmosphere has been reinstated.

St. Hilary, Madonna (Bild: Lyn McLachlan)

Hoffen wir darauf, daß bald überall, wo das nötig ist, eine „andachtsvolle katholische Atmosphäre“ wieder hergestellt werden kann, verabschieden uns (vorläufig) von St. Hilary und begeben uns ab morgen endlich in die Schreibwerkstatt des Bischofs von Aquileia Mitte des 4. Jahrhunderts!

St. Hilary, Vermeldungen (Bild: Franziska Lamers)

Adventskalender Flashback: St. Hilary‘s Church 1

Wie gestern angekündigt beginnen wir heute und morgen noch nicht mit Texten aus der ‚Regula‘ des Fortunatianus, sondern erst zum ersten Adventssonntag am kommenden 3. Dezember.

Wir werfen stattdessen einen besonderen Blick zurück auf den Adventskalender des vergangenen Jahres mit dem Hl. Hilarius von Poitiers. Denn über Ostern 2017 hatte meine große Tochter Gelegenheit, anläßlich eines Besuchs bei ihrer Tante in Cornwall den gleichnamigen Ort und darin eine bezaubernde kleine Kirche zu besuchen, die dieses Patrozinium trägt. Und diese Kirche ist einfach soowas von typisch englisch! Aber schauen Sie selbst:

St. Hilary, Cornwall (Bild: Franziska Lamers)

St. Hilary, Cornwall (Bild: Franziska Lamers)

Ältester noch erhaltener Teil des ursprünglichen Bauwerks, das rechtlich ursprünglich zur Abtei auf dem berühmten St. Michael‘s Mount gehörte, ist der Turm, das Kirchenschiff fiel im Jahre 1853 einem Brand zum Opfer, wurde aber, wie man sieht, sehr stimmungsvoll und eben typisch wieder aufgebaut.

St. Hilary, Cornwall (Bild: Franziska Lamers)

St. Hilary, Cornwall (Bild: Franziska Lamers)

Morgen schauen wir verstärkt auf die interessante Innenausstattung, zu der es eine abenteuerliche Geschichte gibt!

Aber heute können wir uns, mitten im Winter-Grau an einer Frühlingsreminiszenz laben; vielleicht paßt es aber ja ganz gut in diese Zeit, daß sie vom Kirchhof stammt…

St. Hilary, Cornwall, Kirchhof (Bild: Franziska Lamers)

Der Adventskalender mit Fortunatianus von Aquileia, Vorabend

Wieder einmal wechselten im Laufe des sich nun neigenden Jahres die Ideen für den Adventskalender 2017 gleich mehrfach – schon das ist immer wieder so etwas wie ein Abenteuer… 😉

Nun, zum (hoffentlich!) guten Ende bin ich erneut bei einem Autor der Spätantike „hängen geblieben“: Fortunatianus von Aquileia.

Viel ist es nicht, was man von diesem frühen Bischof der damals so fast unvorstellbar viel wichtigeren Stadt Aquileia ganz im Norden von Italien, im heutigen Friaul-Julisch-Venetien, weiß, außer daß er wohl afrikanischen Ursprungs war, um 300 geboren sein dürfte und nach 358 (letzte Erwähnung) gestorben ist.
Der Hl. Hieronymus erwähnt ihn dreimal, anders als dieser hat er es aber nicht zum Status eines heiligen Kirchenlehrers gebracht, obwohl man mittlerweile davon ausgeht, daß der ebenfalls bei Hieronymus erwähnte Verdacht der arianischen Häresie mindestens nicht durchgängig zutrifft (andernfalls hätte ich ihn ja auch auf PuLa gar nicht vorkommen lassen!).

Fortunatianus‘ Bedeutung liegt in dem Werk beschlossen, daß er uns hinterlassen hat, der „Regula evangeliorum quattuor“.

„Codex 17“, Titel (Bild: CEEC [Codices Electronici Ecclesiae Coloniensis])

Und dabei handelt es sich um nichts weniger als den frühesten lateinischen Evangelienkommentar, den wir besitzen! Mindestens ein früherer Autor ist bekannt (der Hl. Victorinus von Poetovio, den Fortunatian wohl auch benutzt hat), aber sein Evangelienkommentar ist nicht auf uns gekommen. Und so hat Fortunatianus, der wohl selbst nicht allzugut Griechisch konnte, eine besondere Bedeutung als Bindeglied zwischen der großen und bedeutenden griechischen Auslegungstradition (Origenes, Hippolyt) und der beginnenden westlichen Tradition.

Einige Zeit wurde sein Werk vor allem im räumlichem Umfeld seiner Entstehung genutzt, um dann weitgehend in Vergessenheit zu geraten, die letzte Erwähnung (aber ohne daß das Werk vorlag!) stammt aus der zweiten Hälfte des 9. Jahrhunderts.
Und obwohl im Verlauf des 20. Jahrhunderts einige Fragmente publiziert werden konnten blieb das auch weitestgehend so, bis 2012 der Evangelienkommentar wieder entdeckt wurde.
Dabei war er zu diesem Zeitpunkt schon 10 Jahre veröffentlicht.
Wie das, fragen Sie sich? Das ist ein Resultat der elektronischen Veröffentlichungspraxis der Universitätsbibliothek Köln. Diese hatte nämlich den „Codex 17″ aus der Bibliothek des Kölner Doms zu diesem Zeitpunkt bereits digitalisiert und im Netz verfügbar gemacht.
Aber erst im Jahr 2012 wurde er von Lukas Dorfbauer als das erkannt, was er ist! Mittlerweile liegt eine Kritische Ausgabe vor und, was für uns besonders wichtig ist, eine frei zugängliche englische Übersetzung, die wir Hugh Houghton von der Universität Birmingham verdanken, und die dem folgenden zugrunde liegt.

Ich finde, das sind die schönsten Geschichten, die Wissenschaft so schreibt. Und wer würde im Thüringer Umfeld nicht an die Wiederentdeckung von Predigten des Hl. Augustinus denken, die 2007/8 in der Erfurter „Amploniana“ gefunden wurden?!

Regula „Incipit“ (Bild: CEEC)

Und nun fügt es sich gut, daß der Kommentar des Fortunatian zwar unvollständig (und auch unvollständig erhalten) ist, zum größten Teil aber das Evangelium nach Matthäus behandelt, aus dem wiederum die Mehrheit der Evangelientexte in der Leseordnung des Advent entnommen sind. Es bleiben allerdings manche Lücken, obwohl Fortunatianus auch Abschnitte des Lukasevangeliums behandelt hat.
Wie ich einige dieser Lücken schließe weiß ich schon – von anderen weiß ich es noch nicht, während ich dies schreibe.
Ich glaube, dies ist der Zeitpunkt, zu „gestehen“, daß die Adventskalender auf PuLa durchaus nicht etwa fertig sind, bevor die Veröffentlichung beginnt, hüstel!
Nein, wenn ich in den Vorjahren gelegentlich geschrieben habe: „…mal sehen, wohin uns das führt“, dann war das die volle Wahrheit, ich wußte es selbst noch nicht so genau, und so ist es heuer auch!
Wer weiß, wenn ich, deo volente, mal in Pension sein sollte, dann ändert sich diese Herangehensweise vielleicht, vielleicht aber auch nicht. 🙂 Jedenfalls habe ich dann, für die Experten sei es gesagt, vielleicht auch die Zeit, die Bibelstellen in der Form der vetus latina zu präsentieren, denn Fortunatian hatte noch nicht die Vulgata zur Verfügung, im Jahr 2017 geht das aber nicht, da soll in bewährter Weise wieder die echte (!) Allioli-Übersetzung einen Hauch der Nähe zum Latein bringen und die Kommentartexte werde ich mich bemühen, aus dem Englischen zu übertragen.

Kleiner Vorgeschmack gefällig (Evangelium zum 30.11.2017)?

Als aber Jesus am galiläischen Meere wandelte, sah er zwei Brüder, Simon, der da Petrus genannt wird, und Andreas, seinen Bruder, wie sie ihr Netz in‘s Meer warfen; denn sie waren Fischer.
Und er sprach zu ihnen: Folget mir nach, so will ich euch zu Menschenfischern machen!
Sie aber verließen alsbald ihre Netze, und folgten ihm nach.
Und als er von da wegging, sah er zwei andere Brüder, Jacobus, den Sohn des Zebedäus und Joannes, seinen Bruder, in dem Schiffe mit Zebedäus, ihrem Vater, welche ihre Netze ausbesserten; und er rief sie
Sie aber verließen alsogleich die Netze und ihren Vater, und folgten ihm nach.
[Mt 4,18-21]

Als er aber an dem See Genezareth vorüberging, sah er zwei Brüder. Er ruft Petrus und Andreas herbei, damit diejenigen, die Fische fangen, zu Menschenfängern werden. Denn so wie Fische durch ein Netz aus der Tiefe gehoben werden, so werden die Menschen durch die Unterweisung Gottes und durch ihre Verkündigung aus den tiefen Irrtümern der Welt herausgehoben, das heißt, sie werden ans Licht gebracht.
Ähnlich sah er zwei andere Brüder, Jakobus und Johannes. Diese zwei Brüder, noch ehe sie die Worte hörten, „Wer immer Vater oder ihre Mutter mir vorzieht, ist meiner nicht würdig“ (Mt 10,34) erfüllten diese Worte: Tatsächlich verlassen sie ihren Vater und das Netz und sie folgen Jesus.
M. XVI.

Am Ende der Texte zum ‚Vorabend‘ steht sonst ja regelmäßig der Satz: „Morgen geht‘s los“. Tut es aber nicht. Denn in diesem Jahr ist der Beginn des Advent kalendarisch ja ein wenig eigentümlich. Wir beginnen also am 3. Dezember, dem ersten Adventssonntag (und dann ‚verrate‘ ich Ihnen auch, was ich mir dieses Jahr zur Illustration ausgedacht habe! 🙂 )
Vorher, also morgen und übermorgen gibt es – etwas anderes! 😉

Gereon Lamers

 

Wie – ausgefallen? Martinsspiel 2017 in Herz Jesu Weimar

Wie – ausgefallen?

Martinsspiel 2017 in Herz Jesu Weimar

Das Martinsspiel, das zum diesjährigen Geburtstag Martin Luthers am 10. November in Weimar den ökumenischen Umzug eröffnete, heißt „Das ausgefallene Martinsspiel“ und handelt von der Vorbereitung eines Martinsspiels, die nicht stattfinden kann: Bis auf die Verkörperung des Titelhelden erscheint kein Mitspieler zur Probe, weil alle stattdessen lauter gute Werke tun. Fazit: Das Martinsspiel hat gerade deshalb stattgefunden, denn der Bettler lebt auch heute und „hat viele Gesichter“. Ein also gar nicht so ausgefallenes, sondern vielmehr typisch intellektualisiertes Spiel, wie es derzeit üblich ist. Es bietet zwar weniger fürs Auge, weil der rote Mantel nur auf dem Bügel hängt, dafür die Moral von der Geschicht umso expliziter. In der Fotostrecke unserer Lokalzeitung kann man einen kleinen Eindruck der Aufführung gewinnen, hier.

Und dann ging der Umzug los. Man hatte Alexander Voynov angeheuert, einen von Galeriefesten und privaten Feierlichkeiten her stadtbekannten Akkordeonisten und – wie er sich selber nennt – Alleinunterhalter. Wie man ebenfalls auf der Fotostrecke sieht, hat sich der wackere Musikus sein Brot auch an jenem frühen Abend des 10. November 2017 redlich verdient und unverdrossen aufgespielt (besonders schön zu sehen auf den Fotos 14 und 15, aber auch 16 und etwas versteckter auf Bild 20).

Ich weiß allerdings nicht, was. Ich kenne Herrn Voynov schon fast so lange, wie er in Weimar lebt und habe ihn einige Male spielen und singen hören. Martinslieder waren umständehalber bisher nicht dabei – aber da der Künstler, wie er schreibt, sein jeweiliges Programm „ganz nach den individuellen Wünschen des Veranstalters“ gestaltet müßte er ja diesmal welche gespielt haben.

Gesungen hat allerdings niemand. Das sieht man ebenfalls auf den Fotos – und das habe ich live gehört, denn ich habe erstmals einen Martinsumzug als Zuschauerin erlebt – auf meinem Weg zur Liszt-Apotheke in der Steubenstraße nahe der katholischen Kirche, und aus der Apotheke heraus, in der die Mitarbeiterinnen bei offener Tür ratlos den nahezu lautlosen Zug betrachteten.

Nun weiß ich natürlich nicht, seit wieviel Jahren der Martinsumzug in Weimar schon weitgehend stumm vonstatten geht. Denn wenn ich mitgegangen bin, war ich ja immer in einer Traube singender Kindergartenkinder oder Cäcilini und sang selber mit gut vorbereiteten Erzieherinnen oder singenden Müttern singender Cäcilini im einstimmigen Chor. War es 50 Meter hinter uns auch damals schon stumm? Ich habe mich das in diesem Jahr erstmals gefragt. Die Tatsache, daß die Apothekerinnen das Nicht-Singen der kleinen Laternenkinder und ihrer Eltern und Betreuer eigens kommentierten, spricht eher dagegen. Aber sicher kann ich es nicht sagen.

Was ich hingegen sicher weiß, ist, daß es sich nicht wiederholen darf. Und daß ein achselzuckender Hinweis auf „Diaspora halt“ eine Ausrede ist, mit der man sich in sehr schlechte Gesellschaft begibt. Denn der Zug war ja lang und es waren viele Menschen dabei. Sie sangen nur eben nicht.

Wenn sich also das Singen im Laternenumzug zu Sankt Martin nicht (mehr) von selber ergibt – und offenbar kann man sich darauf nicht (mehr) verlassen – dann muß es organisiert werden ähnlich dem Gesang unserer Fronleichnamsprozession. Die Anforderungen liegen für den Martinsumzug etwas anders, sind aber zu bewältigen. Man braucht nur genügend Leute, die in einem abgesprochenen Abstand voneinander mit dem Zug mitlaufen und in kleinen Gruppen singen, damit andere sich dranhängen können: Kinder und (Wo)manpower eben. Das läßt sich organisieren, wenn man nicht, wie es natürlich in unserer Pfarrei seitens hochwohllöblicher “Beauftragter” sofort schon wieder geschieht, von vorneherein die Flinte ins Korn wirft.

Man sollte sich vor Augen führen, worum es geht. Im Rheinland ist man gerade dabei, den Martinsumzug als immaterielles Weltkulturerbe von der Unesco anerkennen zu lassen. Vor sechseinhalb Wochen, am 16. Oktober 2017, wurde der entsprechende Antrag eingereicht. Man argumentiert mit dem Gesamtpaket kultureller Rituale, die sich um das Martinsfest ranken und alle Lebensbereiche einbeziehen: Von der spielerischen Aktualisierung der im Prinzip feststehenden, wie auch immer modifizierten Martinslegende über die Inszenierung eines Lichterfestes im Martinsfeuer oder zumindest im Umhertragen selbstgebastelter Laternen und die Zubereitung und Verteilung speziellen Gebäcks bis hin natürlich zu einer ganzen Reihe von Liedern, die das ganze Spektakel begleiten und die Inhalte von Legende und eigenem Tun in der Widerspiegelung noch einmal verdoppeln: „Ich geh mit meiner Laterne“.

Interessant fand ich, in dem oben verlinkten Beitrag des WDR zu erfahren, daß ein vor über 30 Jahren aus Sri Lanka eingewanderter Elekromeister eine treibende Kraft bei der Idee zur Beantragung der Anerkennung des Martinsfestkomplexes als immaterielles Weltkulturerbe war und ist (vgl. den Radiobeitrag zwischen Minute 0:55 und 1:35). Den Vater dreier Kinder beeindruckte die Stimmigkeit des Festes und als zunächst Außenstehender erkannte er es – so muß man vermuten – besser als wir selber in seiner Besonderheit. In bewußter Abgrenzung zum vor rund zwei Jahrzehnten in Europa bekanntlich von der Verkleidungsindustrie implantierten Halloween erkannte der Einwanderer im Martinsfest einen besonderen Schatz seiner Wahlheimat.

Wir sollten ihm darin nicht nachstehen.

Cornelie Becker-Lamers, Weimar

Im Westen was Neues: X 451

Was es doch für angenehme Überraschungen gibt! Da flattern einem, von einer netten Mail angekündigt, einige Exemplare einer ganz außergewöhnlich erfreulichen neuen Publikation ins Haus, einer katholischen Publikation, versteht sich:

Ein Tee mit guter Lektüre (eigenes Bild)

Es handelt sich um „X 451, Fanzine des katholischen Glaubens“ und es wird herausgegeben von dem sehr geschätzten Kollegen Sebastian Berndt (Dr. theol. S. Berndt, notabene), dessen Blog „Metal und Christentum“ hier auch schon zitiert wurde.
Das „X“, Kenner haben es natürlich sofort bemerkt, ist eigentlich ein Chi und damit der erste griechische Buchstabe in ‚Christus‘; 451 aber meint das Jahr 451, in dem das Konzil von Chalkedon die Lehre von Jesu einer Person in zwei vollständigen Naturen, einer menschlichen und einer göttlichen festgelegt hat.

X 451, Oktober 2017 (eigenes Bild)

Der Inhalt bestätigt vollauf den positiven Eindruck, den man von diesem genial gewählten Titel gewinnt, nicht zuletzt aufgrund des „marianischen roten Fadens“, der sich vielseitig und abwechslungsreich durch die Publikation zieht! Mir hat der sehr persönliche Beitrag des Herausgebers: „Wie ich lernte den Rosenkranz zu lieben“ (S. 10) ganz besonders gut gefallen, sicher auch, weil ich die darin geschilderten Erfahrungen in weiten Teilen so gut nachvollziehen kann (vgl. hier).

In Weimar werden Sie das Heft vielleicht bald wiedersehen, denn Hw. Pfr. Gothe hat auch einige Exemplare erhalten.
Auf jeden Fall rate ich dazu, sich ein Heft zuzulegen (oder auch mehrere, wenn Sie wissen, wen es sonst noch freuen könnte, wir haben mit der Verteilung bereits begonnen!). Es ist nämlich, neben dem schönen Gehalt, auch wirklich wunderbar gestaltet und analoges Lesen liegt ohnehinvoll im Trend… 😉
Bitte wenden Sie sich dazu unter folgender E-Mail-Adresse an den Herausgeber: fanzine@X451.de

Wir sagen jedenfalls einen herzlichen Dank und freuen uns schon auf die nächsten Nummern!

Hinterlegt ein Fenster aus dem Heiligtum von Fatima (eigenes Bild)

Gereon Lamers