Evangelium: Johannes sendet zu Christo [Mt 11, 3; 10]
»Bist du der kommen soll? oder sollen wir auf einen andern warten?« – »Siehe, ich sende meinen Engel vor deinem Angesichte her, der deinen Weg bereiten soll.«
Auf keinen andern wart‘ ich mehr,
Wer soll noch Liebres kommen mir?
Wer soll so mild und doch so hehr
Mir treten an des Herzens Tür?
Wer durch des Fiebers Qual und Brennen
So liebreich meinen Namen nennen,
Ein Balsamträufeln für und für?
Du wußtest es von Ewigkeit,
Daß der Gedanken Übermaß,
Dem Sinn entzogne Herrlichkeit,
Zersprengen müßt‘ mein Hirn wie Glas;
So kamst du niedrig unsersgleichen,
Wie zu der Armut Fromme schleichen,
Sich setzend wo der Bettler saß.
Wenn fast zum Schwindeln mich gebracht
Der wirbelnden Betrachtung Kreis,
Dann trittst du aus der Dünste Nacht
Und deine Stimme flüstert leis:
Hier bin ich, bin ich, woll‘ mich fassen,
Dann magst du alles andre lassen;
Auf meinem Kreuze hegt der Preis.
O Stimme, immer mir bekannt,
O Wort, das stets verständlich mir,
Du legst mir auf der Liebe Band
Und meine Schritte folgen dir!
In Liebe glaub‘ ich, liebewund
Schieb‘ ich des Herzens Tür auf, und
Geschlossen ist des Grübelns Tür,
Gehemmt die Jagd, durch scharfen Stein
Und Dornen hetzend meinen Fuß;
Ich ruh‘ in deinem kühlen Hain
Und lausche deinem sanften Gruß.
Die Blinden sehn, die Kalten glühen
Und aus des Irren Haupte ziehen
Der dumpfen Schatten Menge muß.
Ich folge dir zu Berges Höhn,
Wo Leben von den Lippen fließt,
Und deine Tränen darf ich sehn,
O tausendmal mit Heil gegrüßt,
Muß in Gethsemane erzittern,
Daß Schrecken Gottes Leib erschüttern,
Blutschweiße Gottes Stirn vergießt.
Er hat gehorsam bis zum Tod,
Ja zu des Todes eitlem Graus,
Gekostet jede Menschennot
Und trank den vollen Becher aus.
So richte dich aus Dorn und Höhle,
Du meine angstgeknickte Seele,
Auch du nur trägst ein irdisch Haus.
Laß wanken denn die Trümmer grau
Und mische deine Tränen nur
Mit deines Heilands blut’gem Tau,
Gequälter Sklave der Natur!
O, dessen Schweiß den Grund gerötet,
Er weiß es, wie ein Seufzer betet,
Mein Jesu, meine Hoffnungsau!
Und sieh! es war ein wassersüchtiger Mensch vor ihm; da antwortete Jesus, und sagte zu den Gesetzkundigen und Pharisäern: »Ist es erlaubt am Sabbat gesund zu machen?« Sie aber schwiegen; er aber griff ihn an, machte ihn gesund, und ließ ihn gehen. – Wer sich erhöhet, der wird erniedriget, und wer sich erniedriget, der wird erhöhet werden.
Sechs Tage sollst du tun
Dein Werk mit aller Treue;
Und sollst am siebten ruhn,
Er trägt des Herren Weihe.
So ward es uns gesetzet
Und also folgen wir,
Recht wie den Schnabel wetzet
Das lüstern stumpfe Tier.
Der feiert bei dem Spiel,
Und jener bei der Flasche,
Sinnt jeder lang und viel,
Wie er sich Lust erhasche.
Was nicht den Herrn mag loben,
Und was den Sinn betört,
Wem wird es aufgehoben?
Dem heil’gen Sonntag wert.
Ja, wenn man häufen mag
Der ganzen Woche Sünden
Gen was an diesem Tag
Muß seine Ernte finden,
So wird, o Schmach! es zollen
Wie gen gehäuftes Maß,
Von dem die Körner rollen,
Zwei Ähren, so man las.
Stehn denn die Kirchen leer,
Flieht seinen Herrn der Sünder?
O wenn dem also wär‘!
Der Frevel drückte minder,
Doch aus dem Weihrauchwallen,
Das unsern Gott umfließt,
Zu des Verderbens Hallen
Man wie ein Geier schießt.
In alten Bundes Pflicht,
Als keimend noch die Gnade
Und dämmernd nur das Licht
Fiel auf der Menschen Pfade:
Da trug der Sünde Flecken
Noch nicht der Sabbat, doch
Mußt‘ er den Gläub’gen schrecken,
Ach, wie ein eisern Joch.
Wohl mag es töricht sein,
Dem höchsten Gott zu Ehren
Zu liegen wie ein Stein,
Und jeder Regung wehren;
Doch eitlen Lüsten fügen
Der Sinne kirren Bund –
O besser zehnfach liegen
Wie eine Scholl‘ am Grund.
So hat der Heiland nicht
Den alten Bund gehoben:
Durch Taten wie das Licht
Sollst du den Höchsten loben!
Sei mit der milden Spende
Der Arme dir gegrüßt:
Nicht unrein sind die Hände,
Aus denen Segen fließt.
Und wer gering und klein
Im Schmerzenslager rücket,
Wo schlimmer als die Pein
Verlassenheit ihn drücket,
Verbinde dessen Wunden
Und lächle ihm dazu;
Dann hast du sie gefunden
Die echte Sabbatsruh!
Auch in diesem Jahr wird um 18.00 Uhr in unserer Pfarrkirche eine Andacht („Lichterfeier“) zum Gedenken der Hl. Luzia abgehalten.
Wie empfehlen Ihnen diese Feier aus guter Erfahrung und verweisen zur Einstimmung auf unseren letztjährigen Beitrag, hier. Das Stoßgebet um bessere Bedingungen für die musikalische Arbeit mit Kindern und Jugendlichen, mit dem der Beitrag endet ist allerdings nach wie vor ebenso aktuell wie mein damaliges „PS“.
Evangelium: Vom Greuel der Verwüstung [Mt 29, 15; 22]
»Wenn ihr sehen werdet den Greuel der Verwüstung, von welchem gesagt ist durch den Propheten Daniel, daß er stehe an der heiligen Stätte – aber um der Auserwählten willen werden diese Tage abgekürzet werden.«
Steht nicht der Greuel der Verwüstung da
An heil’ger Stätte?
Was träumen wir von Dingen, die uns nah,
Als schliefen sie wie Feuerstoff im Bette
Des Kohlenschachts? Blickt auf und schaut umher,
O, die Verödung, wie sie dumpf und schwer
Traf Herz an Herz wie mit galvan’scher Kette!
Gibt’s eine Stätte denn, die heiliger
Als Menschenherzen?
Gibt es Verwüstung, die entsetzlicher,
Als wenn das Höchste stirbt an matten Scherzen?
O Glaube, Glaube, wem du kalt und schwach,
Der schleppt den Grabstein an der Ferse nach:
Und dennoch Heil ihm, schleppt er ihn mit Schmerzen!
Doch wer sein Kleinod als ein Spielgerät
Sieht lächelnd brechen,
Und wie aus Gnad‘ und milder Majestät
Ein Mitleidswort will ob dem Toren sprechen,
Dem Toren, der beweint sein Steckenpferd:
Ja, dem erlosch die Flamm‘ am heil’gen Herd
Und seine Nahrung steht in Sumpf und Bächen.
Kannst du ertragen, daß die Augen schaun,
Wem sie sich kehren:
Dorthin dann wende deinen Blick mit Graun,
Wo wie im Moderschlamm die Massen gären!
Verlaß den kleinen grünen Fleck, der nur
Durch Gottes Huld ward zu des Lebens Flur,
Und sieh, wie sie von deinem Busen zehren!
O hätt‘ ich nimmer meinen Fuß gewandt
Von deiner Erde!
Wie segn‘ ich dich mein reiches kleines Land,
Du frische Weide einer treuen Herde!
In dir sah ich die Schande nicht vergnügt,
Nicht hohen Geist an alle Schmach geschmiegt,
Noch tiefsten Wahnsinns üppige Gebärde.
Ich bin enttäuscht, und manche Narbe trug
Ich aus dem Streite.
Als auch an meine Brust Verwüstung schlug
Und forderte die halbverfallne Beute,
Ward ich entrissen ihr durch Gottes Huld:
Sein ist die Gnade, mein allein die Schuld;
Und dennoch eine Trümmer steh ich heute!
Ward ich nicht ganz der öden Stätte gleich,
Verfluchtem Grunde,
Wo Salz gestreut auf Stein und Schädel bleich,
Gibt hier und dort noch eine Säule Kunde
Vergangner Herrlichkeit: Dank dir mein Land!
Du hast zu früh gelegt ein frommes Band
Um meine Seele in der Kindheit Stunde.
So will ich harren denn, und tiefbedrängt
Will ich es tragen,
Daß immer wie zum Sturz die Mauer hängt:
Noch mögen einst erneut die Zinnen ragen.
Es gibt ja eine stark und milde Hand,
So aus dem Nichts entflammt den Sonnenbrand;
Sie hat auch diesen morschen Bau getragen
Bis heute, wo aus dieser kranken Brust
Die Seufzer drangen.
O du, dem Wurmes Zucken selbst bewußt,
Hilf mir und jenen auch, die todumfangen!
Sei gnädig, leg an ihr verknorpelt Herz
Des Leidens Moxa, daß es lebt in Schmerz;
Ach Herr, sie wußten nicht was sie begangen!
»Ich gehe zu dem, der mich gesandt hat.« [Joh 16, 5]
Nicht eine Gnadenflamme hehr
Vor deinem Volke soll ich gehn;
Nein ein versteinert Leben schwer,
Wie Sodoms Säule muß ich stehn, [Gen 19, 26]
Und um mich her
Die Irren träumend schwanken sehn.
Und ob auch Öde mich umgiebt,
Ob mich erstickt der Nebel fast,
Mir Wirbelsand die Augen trübt,
Doch weiß ich, daß mein Herz dich faßt,
Daß es dich liebt,
Und daß du mich gesendet hast.
Den Lebenshauch halt‘ ich von dir,
Unsterblich hast du mich gemacht;
Nicht Glut, nicht Dürre schadet mir.
Ich weiß, ich bin in deiner Wacht,
Und muß ich hier
Auch stehn wie ein Prophet der Nacht.
Ich hebe meine Stimme laut,
Ein Wüstenherold für die Not:
Wacht auf ihr Träumer, aufgeschaut!
Am Himmel steigt das Morgenrot.
Nur aufgeschaut!
Nur nicht zurück, dort steht der Tod!
Nur aufgeschaut, nur nicht zurück!
Laßt Menschenweisheit hinter euch!
Sie ist der Tod, ihr schnödes Glück
Ist übertünchtem Grabe gleich. [Mt 23, 27]
O hebt den Blick!
Der Himmel ist so mild und reich.
Könnt‘ ich mein Auge heben nur,
Mein steinern Auge zu dem Blau:
Wie sög‘ ich aus der Himmelsflur
So liebekrank den milden Tau!
Doch hat Natur
Und Schuld verschlossen mir die Brau‘.
Ob nimmer sich die Rinde hebt?
Ach einmal, einmal muß es sein!
Wenn Sodoms Säule sich belebt,
Dann bricht auch meine Stunde ein,
Wenn es durchbebt
Den armen blutberaubten Stein!
Dann soll ich wissen, was ich bin,
Warum so todesstarr und satt;
Dann weiß ich, was den klaren Sinn
Getrieben zu der öden Statt;
Dann knie ich hin
Vor dem, der mich gesendet hat.
Evangelium: Die Juden wollen Jesum steinigen [Joh 8, 48-59]
Die Propheten sind begraben!
Abraham ist tot!
Millionen, Greis‘ und Knaben,
Und der Mägdlein rot,
Viele, die mir Liebe gaben,
Denen ich sie bot,
Alle, alle sind begraben!
Alle sind sie tot!
Herr, du hast es mir verkündet,
Und dein Wort steht fest,
Daß nur der das Leben findet,
Der das Leben läßt.
Ach, in meiner Seele windet
Es sich dumpf gepreßt;
Doch, du hast es mir verkündet,
Und dein Wort steht fest!
Aber von mir selbst bereitet,
Leb‘ ich oft der Pein,
Alles scheint mir wohl geleitet,
Und der Mensch allein,
Der dein Ebenbild bedeutet,
Jammervoll zu sein:
Sieh, so hab‘ ich mir bereitet
Namenlose Pein.
Hab‘ ich grausend es empfunden,
Wie in der Natur
An ein Fäserchen gebunden,
Eine Nerve nur,
Oft dein Ebenbild verschwunden
Auf die letzte Spur:
Hab‘ ich keinen Geist gefunden,
Einen Körper nur!
Seh ich dann zu Staub zerfallen,
Was so warm gelebt,
Ohne daß die Muskeln wallen,
Eine Nerve bebt,
Da die Seele doch an allen
Innig fest geklebt,
Möcht‘ ich selbst zu Staub zerfallen,
Daß ich nie gelebt!
Schrecklich über alles Denken
Ist die dumpfe Nacht,
Drin sich kann ein Geist versenken,
Der allein gedacht,
Der sich nicht von dir ließ lenken,
Helle Glaubensmacht!
Ach, was mag der Finstre denken
Als die finstre Nacht!
Meine Lieder werden leben,
Wenn ich längst entschwand,
Mancher wird vor ihnen beben,
Der gleich mir empfand.
Ob ein andrer sie gegeben,
Oder meine Hand!
Sieh, die Lieder durften leben,
Aber ich entschwand!
Bruder mein, so laß uns sehen
Fest auf Gottes Wort,
Die Verwirrung wird vergehen,
Dies lebt ewig fort!
Weißt du wie sie mag entstehen
Im Gehirne dort?
Ob wir einst nicht lächelnd sehen
Der Verstörung Wort,
Wie es hing an einem Faden,
Der zu hart gespannt,
Mit entflammten Blut beladen
Sich der Stirn entwand?
Flehen wir zu Gottes Gnaden!
Flehn zu seiner Hand,
Die die Fädchen und die Faden
Liebreich ausgespannt.
Ein Sketch für einen Weihnachtsmann, fünf Schafe, zwei Lämmchen, einen Hütehund und jede Menge Schafstatisten
Wundersdorf, Schafweide. Die Schafe haben sich längst damit abgefunden, daß der Nikolaus in diesem Jahr offenbar ausbleibt und widmen sich ihrem Alltagsgeschäft: In der milden Witterung, die sich Mitte Dezember häufig einzustellen pflegt, grasen einige, einige spielen Fangen auf der Weide. Tatze, der Hütehund, übt einige Verteidigungsabläufe, die er in seiner inzwischen doch absolvierten Fortbildung zum Herdenschutzhund wegen der wachsenden Wolfsgefahr gelernt hat. Da plötzlich …
Huf (ruft am Gatter): Da ist er!!! (Er dreht sich um und treibt einige Schafe zum Zaun.) Er kommt doch noch!
Die Schafe (durcheinander): Wer? – Heeee! – Was machst du? – (weinerlich) Ich hatte gerade ein paar verstreute Gänseblümchen gefunden! Jetzt ißt sie jemand anders! – Man hat kein Privatleben auf der Weide! (Doch plötzlich, als sie vom Gatter aus den Weg entlangblicken): Da kommt ja der Nikolaus! – Oder der Weihnachtsmann! – Warum hast du uns das nicht gleich gesagt?! – Kommt alle her! – Hey, er kommt doch noch! – Wußt ich’s doch!
Huf: Na? Hatte ich Recht?!
Fixi (kommt angetrabt): Wer ist da?
Grauchen: Der Weihnachtsmann!
(Der Weihnachtsmann ist mittlerweile am Gatter angekommen und steigt über den Zaun.)
Kohle: Guten Morgen, Weihnachtsmann! Wir hatten fast schon nicht mehr mit dir gerechnet!
Der Weihnachtsmann: Ach! Hört bloß auf! Ich erzähle gleich. Laßt mich nur erstmal ankommen! (Er läßt sich auf einen abgehauenen Baumstumpf plumpsen.)
Fixi: Warum bist du nicht der Nikolaus?
Der Weihnachtsmann: Irgendwie bin ich das schon mal gefragt worden …
Flocke (besorgt): Den Kressesalat, den wir für dich vorbereitet hatten, haben wir mittlerweile selber gegessen … (sie errötet ein wenig.)
Der Weihnachtsmann: Laß gut sein, Flocke, es ist alles in Ordnung! Ich brauche nichts.
Wolle: Aber sag, warum kommst du erst heute?
Der Weihnachtsmann: Rudolph liegt wieder mal auf der Plauze … wie jedes Jahr vor Weihnachten!
Flocke: Führt er nicht wegen seiner Nase den Schlitten in der Nacht? (Sie macht große Augen.)
Der Weihnachtsmann: Ach, liebe Flocke! Da hat sich unsere Marketing-Abteilung irgendwann eine rührselige Geschichte ausgedacht, um zu vertuschen, daß Rudolph ständig zu Weihnachten krank ist … eine unglaublich dumme Geschichte! (Er schnaubt.)
Fixi: Warum dumm?
Der Weihnachtsmann: Weil niemals jemand integriert würde, den alle vorher gehänselt haben … nicht mal beim Weihnachtsmann! So was klappt einfach nicht. Dann bräuchten alle anderen ja die Einsicht, daß sie ungerecht gehandelt haben.
Huf (mit einem Kloß im Hals): Und so etwas gibt es nicht?
Der Weihnachtsmann: Nein, lieber Huf! (Er seufzt.) So etwas gibt es nicht. Das erzählt man heutzutage Kindern, damit sie nicht den Mut verlieren. Aber jemand, der besonders ist oder was Besonderes kann, wird niemals in einer Gruppe integriert …
Kohle: … es sei denn, alle in dieser Gruppe können etwas Besonderes – wie bei uns in Wundersdorf!
Der Weihnachtsmann: Da hast du Recht, Kohle! Das ist die einzige Möglichkeit. Aber wie gesagt: Die ganze Geschichte ist von vorne bis hinten erfunden – bis auf Rudolphs rote Erkältungsnase.
Fixi: Armer Rudolph – immer ausgerechnet zu Weihnachten krank!
Der Weihnachtsmann: Ich denke, er kommt zurecht. Er ist es gewöhnt und hat gute Pflege.
Flocke: Aber sag einmal – du bist doch sonst pünktlich gekommen – trotz aller Schwierigkeiten. Was war dieses Jahr los?
Der Weihnachtsmann (seufzt): Diese Greta Thunberg hat alle restlichen Rentiere abgezogen und läßt sich CO2-neutral in der Gegend herumfahren! Dasher und Dancer, Prancer und Vixen, Comet und Cupid, Donner und Blitzen – alle vier Paare!
Die Schafe (in heller Aufregung): Waaaaas? – Das gibt’s doch gar nicht! – Und so etwas läßt du zu? – Das bringt ja den Weltenlauf durcheinander! – Und wer denkt an die vielen Kinder?
Kohle: Du hattest dieses Jahr keine Rentiere zur Verfügung?
Der Weihnachtsmann: Nein. Keine.
Flocke: Dann bist du vom Nordkap … gelaufen?
Wolle: Dafür warst du schnell! Wir haben erst den 10ten.
Der Weihnachtsmann: Neinnein, ich hatte schon ein Gefährt … es steht an der Nikolauskapelle…
Grauchen (mit Betonung): Aaaaber …?
Der Weihnachtsmann: Donner und Blitzen, die bei uns für den Fuhrpark zuständig sind, stehen natürlich auf Windenergie und solche Dinge …
Blütenweiß: Ja. Und?
Der Weihnachtsmann: Und sie haben mir einen E-Schlitten besorgt! (Er birgt sein Gesicht in der rechten Hand, deren Ellbogen auf seinem rechten Knie aufruht, und gluckst.)
Kohle (der sich nicht sicher ist, ob der Weihnachtsmann lacht oder weint): Undundund … Und der E-Schlitten … (vorsichtig) hat immer so lange getankt …?
Der Weihnachtsmann (fährt abrupt hoch): LANGE IST ÜBERHAUPT KEIN AUSDRUCK!!! (Er beruhigt sich ein wenig.) Ich bin schon früher losgefahren. Ich sollte ja die Subventionen für die Batteriefabriken rechtzeitig in Deutschland abgeben. Aber in der ersten Etappe habe ich es nicht einmal bis Narvik geschafft. (Er schüttelt sich.) Ich mußte heimlich über Nacht bei einer alten Frau auf einem einsamen Hof in der Steckdose tanken. (Laut) Weißt du, wie lange man da braucht? Vierzehn Stunden! (Er vergräbt sein Gesicht in der Hand.)
Fixi: Wie bist du denn an die Steckdose rangekommen?
Huf: Lenk nicht ab!
Der Weihnachtsmann: Ist schon ok, Huf! Ich habe das Kabel mit durch den Kamin genommen, natürlich. Wenn ich durch den Kamin rausche, denkt sich ja niemand etwas Böses … Der alten Dame müssen wir im nächsten Jahre unbedingt eine Entschädigung zukommen lassen … mal sehen, was uns da einfällt.
Blütenweiß: Und dann?
Der Weihnachtsmann: Naja, in Trondheim ging es dann … fünf Stunden an einer Zapfsäule (Er verdreht die Augen.) Aber irgendeine erstzunehmende Tour zu planen mit dieser Karre – das kannst du vergessen!
Kohle: Würde man’s nur zugeben, daß man auf den Wasserstoff warten muß … die Menschen in den Lithiumminen-Gebieten würden es uns danken …
Grauchen: Und was macht unser Freund bis zur Marktreife von Wasserstoffschlitten? Das ist doch keine kurzfristige Lösung!
Blütenweiß: Ich weiß! Du brauchst da oben bei dir eine Rentierzucht!
Kohle: Das stimmt! Wer weiß, wie viele Rentiere sich die Klimaaktivisten (m/w/d) im nächsten Winter von euch beschaffen – jetzt, wo diese geniale Idee einmal in der Welt ist …
Flocke: Eine Rentierzucht! Das ist es!!! (Man sieht es ihr an der Schnauzenspitze an, daß sie schon nachzudenken beginnt.)
Wolle: Wenn ich denke, daß früher hier die Rentiere durchgezogen sind … Ortsnamen zeugen davon …
Fixi: Welche Ortsnamen?
Wolle: „Elxleben“ zum Beispiel.
Die Schafe (durcheinander): Eine neues Elxleben! – „Nova Vita-Alcium“ – eine Wundersdorfer Kolonie im hohen Norden! – In Norwegen, wo die Lebensqualität am höchsten ist – Na, ich weiß ja nicht … in der Polarnacht??? Ich kann verzichten! – Rentierzucht! – Das wäre was – TATZE!!! Wir brechen auf! – Wo ist der Pritschenwagen? Wer hat den Pritschenwagen schon wieder weggeschickt? – Immer langsam!
ENDE
Cornelie Becker-Lamers
Tja, so geht’s zu in Wundersdorf. Diese Schafe! Immer hilfsbereit – und immer voller Ideen! Bloß gut, daß in den Weimarer Kindergärten der echte Nikolaus pünktlich am 6. Dezember zur Stelle war!
PS: Oweia! Ob das wirklich so schlimm ist, mit dem armen Rudolph? Oder ob es der Weihnachtsmann (der eben nicht der Hl. Nikolaus ist, der es bestimmt gutmachen könnte) in seiner aktuellen Erschöpfung und seinem frischen Ärger zu drastisch darstellt? Wer weiß!
Vielleicht kann es ihn ja trösten, daß schon seit hunderten von Jahren das Rudolf-Lied gesungen wird. Glauben Sie nicht? Ist aber so! 😉
Die Pharisäer und Schriftgelehrten murrten und sprachen: »Dieser nimmt Sünder und Zöllner auf, und ißt mit ihnen.« – »Wahrlich sage ich euch, im Himmel wird mehr Freude sein über einen Sünder, der Buße tut, als über neunundneunzig Gerechte.«
So ist aus deines heil’gen Buches Schein Gefallen denn ein Strahl in meine Nacht, In meines Herzens modergrauen Schacht. Du gabst ihn Herr, du hast mir selbst gebracht Was ewig meiner Hoffnung Edelstein. Es ist zuviel, zuviel; ich faß es kaum: Um meine ganz versunkne Seele, weh, So öd und aschig wie Gomorrhas See, Um sie soll Freude sein in deiner Höh‘! Es ist zuviel, weh mir! es ist ein Traum! Kann wachsen denn, wie des Polypen Arm, Aus Tränen die verlorne Eigenschaft? Zieht mit der Reue wieder ein die Kraft? Ist es genug, wenn tot die Leidenschaft Zerfressen liegt wie von Insektenschwarm? Ist es genug vor deiner Gnad‘ und Lieb‘, Wenn über das Gebäude ausgebrannt Sich sehnsuchtsvoll und betend streckt die Hand, Die Hand, so alle Übel ausgesandt, Die Hand, der, ach, das brand’ge Zeichen blieb? Und doch hast du ein heilig Wort gesandt Uns bindend mit gewalt’ger Gnadenpflicht, Zu glauben gegen eigenes Gericht, Was stöhnend aus des Herzens Kammern bricht Und selber die Verwerfung sich erkannt. Zu glauben ach wie süß und ach wie schwer! Weh! nicht auf meine Sünden darf ich schaun, Soll nicht in ihrem Schlamme das Vertraun Ersticken, wie ein Wild in Sumpfes Graun, Wie ein Gevögel ob dem Toten Meer. Was du gesprochen, Herr, wer meistert’s kühn, Bist gnäd’ger du als Menschensinn ermißt? So bist du Herr der Heiland und der Christ; Und ich, die nur ein armer Schatten ist, Was darf ich anders tun als glaubend knien!
Ja, seine Macht hat keine Grenzen, Bei Gott unmöglich ist kein Ding! Das soll mir wie mein Nordlicht glänzen, Da meine Sonne unterging. Und wie auf blauen Eises Küsten Steh ich zu starrer Winterzeit, Wie soll ich noch das Leben fristen! Ach, keine Flamme weit und breit! Doch sieh! wer winkt‘ dem milden Lenzen? Daß er die tote Erd‘ umfing. Ja seine Macht ist ohne Grenzen! Bei Gott unmöglich ist kein Ding! O sehet, wie von warmen Zähren Der Erde hartes Herz zerquillt, Wie sie, die Blumen sein zu nähren, Mit Tau die grauen Wimper füllt! Auch in die längsterstorbnen Äste Gießt sich ein Leben wunderbar, Und alle harren seiner Gäste, Der Blätter lebensfroher Schar. Was soll ich denn der Hoffnung wehren? Daß meiner Zähren Flehn gestillt! Da ja sogar von warmen Zähren Der Erde hartes Herz zerquillt! Kannst du die Millionen Blätter Aus diesen toten Ästen ziehn, Und aus dem ausgebrannten Wetter Der Lavafelsen frisches Grün: Was soll mein Herz zu hart dir scheinen? Wo doch der gute Wille brennt, Das sich dir glühend möchte einen! Wenn es sich starrend von dir trennt. Und soll nicht, mein allmächt’ger Retter, Auch mir ein farblos Kraut entblühn! Da du die Millionen Blätter Kannst aus den toten Ästen ziehn. O, möchte nur die Demut keimen! Vertrocknet ist die Herrlichkeit, Wohl durft‘ ich sonst mir andres träumen, Doch wie ein Blitz ist jene Zeit. Zwar kann ich mich in Reue sehnen, Ich kann verwerfen meine Tat, Doch nicht erfrischen meine Tränen, Sie fallen sengend auf die Saat, Und Frost und Hitze muß sich reimen, Daß keine Blume mir gedeiht: O möchte nur die Demut keimen, Vertrocknet ist die Herrlichkeit! So ist doch von den Blumen allen Marienblümlein milder Art; Die Blätter erst, die Flocken fallen, Doch freudig blüht es fort und zart. Wenn sich des Winters Stürme brechen, Gleich blickt es freundlich durch den Schnee, Und naht der Lenz in Regenbächen, Da steht es in dem kalten See. O könnt‘ ich gläubig niederfallen! Bis mir das Blümlein offenbart, Es ist ja von den Blumen allen Marienblümlein milder Art. Doch wie das Volk einst vor den Schranken Um Horebs gottgeweihte Höhn, So fliehen bebend die Gedanken, Da sie dies reine Bild erspähn. Was seh ich nur die Feuersäule? Und nicht die Gnade Gottes drin! Daß unermeßlich scheint die Steile, Und wie ein Abgrund, wo ich bin. O Jesus, laß aus diesem Schwanken Nur nicht das goldne Kalb entstehn! Wie jenem Volke vor den Schranken Um Horebs gottgeweihte Höhn. Und kann ich denn kein Leben bluten, So blut‘ ich Funken wie ein Stein! Ich weiß es, wo sie stille ruhten, Ich scheuchte sie in Schlummer ein, Da ich gesucht was Leben kündet. Doch hast du, Herr, mich ausersehn, Daß ich soll starr, doch festgegründet Wie deine Felsenmauern stehn: So brenne mich in Tatengluten, Wie den Asbest des Felsen, rein! Und kann ich dann kein Leben bluten, So blut‘ ich Funken wie ein Stein.
Der Meßbesuch 2/4 Ein Sketchlet zum zweiten Advent für fünf Schafe, zwei Lämmchen
und jede Menge Schafstatisten
Wundersdorf, Schafweide. Während die Schafe am Gatter vergeblich auf den Nikolaus warteten, kamen aber immerhin Kohle, Wolle, Flocke, Blütenweiß, Grauchen, Fixi und Huf auf dem Pritschenwagen angefahren und konnte mit ihren Erzählungen ungewöhnlich gnadenreicher Erlebnisse den Rest der Herde ein wenig ablenken. Dabei kam man auf das Thema Liedgut zu sprechen – die gregorianischen Gesänge, was die Gemeinde alles mitsingt – und auf die deutschen Marienlieder, die natürlich auch im vetus ordo niemals fehlen. So kam das Gespräch auf „Maria durch ein Dornwald ging“, und unsere wißbegierigen Lämmchen warfen Kohles Tablet an …
Blütenweiß (schwärmerisch): „Maria durch ein Dornwald ging“ … Ich liebe dieses Lied! (Sie beginnt zu summen.)
Flocke: Es muß unglaublich alt sein, so wie es klingt.
Kohle: „Als das Kindlein durch den Wald getragen, da haben die Dornen Rosen getragen.“ Erkennbar ein identischer Reim. Und in der ersten Strophe reimt gar nichts.
Grauchen: Ach so! Stimmt.
Flocke: Was dem Lied interessanterweise keinen Abbruch tut!
Huf (googelt herum, murmelnd): Es dürfte sich um eine der uralten Leisen handeln …
Fixi (kramt ihr Wissen aus dem Kantorenkurs hervor): „Leisen“ sind mittelalterliche Kirchenlieder, deren Strophen auf „Kyrieleis“ enden … (sie singt) „Kyrieleeeeeisoooon“ – stimmt, Huf! Du hast Recht!
Huf (selbstbewußt): Die ältesten nicht-lateinischen liturgischen Gesänge. (Er googelt) Wir werden sehen … (er stutzt) Von wegen!!!
Grauchen: Was?
Huf (aufgeregt): Pustekuchen! Mitte 19. Jahrhundert!
Fixi: Ein Adventslied der katholischen Romantik?
Huf: Wallfahrtslied! Ein Wallfahrtslied aus dem Eichsfeld!
Flocke: Aus dem was?
Wolle: Wo ist das denn?
Kohle: Irgendwo in Mitteldeutschland …
Blütenweiß: Verstehe. „Wer hat’s erfunden“?
(Die Schafe lachen.)
Huf: Es verbreitete sich im wesentlichen erst im 20. Jahrhundert, durch die Wandervogelbewegung. Zupfgeigenhansl 1912.
Kohle (verblüfft): Aber es muß doch einfach älter sein!
Huf: Hier schreiben sie, möglicherweise wurden die ersten drei Strophen mit dem unregelmäßigen Versmaß den restlichen Strophen vorangestellt.
Fixi (schaut Huf über die Schulter und liest selbst): Welchen restlichen Strophen?
Flocke: Na, Strophe 4-7, die kennt man doch auch – sind nur nicht so schön. Eine Kurz-Katechese über Jesu Geburt, Namen, Taufe und Erlösungstat.
Wolle: Die Brücke zwischen Weihnachten und Ostern?
Flocke: Yep.
Kohle: Aber es kann unmöglich das erste Mal 1912 publiziert worden sein. Das glaub ich einfach nicht! Wenn es nicht richtig alt ist, ist es mindestens romantisch.
Huf: Du hast Recht, Kohle. Gut geschätzt. Das Lied wanderte aus dem Eichsfeld ins Paderbornische und wurde zuerst von August von Haxthausen in einer Liedersammlung aufgenommen, hier: „Geistliche Volkslieder mit ihren ursprünglichen Weisen gesammelt aus mündlicher Tradition und seltenen alten Gesangbüchern, herausgegeben von August von Haxthausen und Dietrich Bocholtz-Asseburg, Paderborn 1850“. Melodie anonym.
Blütenweiß: Und wer war das nun schon wieder? August von Haxthausen?
Huf: Ein Autorenkollektiv. Er unterhielt einen Kreis, dem auch die Brüder Grimm anghörten. Marianne von Willemer und Joseph von Görres.
Fixi (liest): Sie haben alle gesammelt und einer hat’s publiziert.
Huf: Ah! Da haben wir ja noch eine prominente Helferin: August von Haxthausen war der Onkel von …
Fixi und Huf (gemeinsam): ANNETTE VON DROSTE-HÜLSHOFF!
Ende
Cornelie Becker-Lamers
Sehr schön, Voces8 (bitte Werbung davor ignorieren/überspringen!):
Oder weniger ernsthaft (aber aus Mittel-Deutschland! 😉 ):