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„Gewänder der Erwartung“

Zum Tod des Dirigenten und Komponisten George Alexander Albrecht

Viel Persönliches kann ich nicht berichten. So gut kannten wir den Grand Seigneur des Weimarer Kulturlebens des letzten Vierteljahrhunderts nicht: Ein gemeinsames mehrtätiges Gregorianikseminar in der Schloßkapelle Ettersburg, das Pater Michael Hermes, ein Missionsbenediktiner aus Königsmünster, im Sommer 2008 abhielt; daraus resultierend einige private Treffen zum Singen und Reden, Begegnungen bei gemeinsamen guten Freunden … aber er war ein fester Bestandteil der Gemeinde Herz Jesu Weimar: George Alexander Albrecht,  Generalmusikdirektor der Staatskapelle Weimar von 1996-2002, der am 21. Dezember 2021 im Alter von 86 Jahren verstorben ist. Ein Dreivierteljahr vor seinem Tod noch ins Voralpenland verzogen, wählte er sich dennoch den Weimarer Hauptfriedhof zur letzten Ruhestätte.

Das Grab George Alexander Albrechts an der westlichen Außenmauer des Weimarer Hauptfriedhofs etwa 100 m oberhalb des Zugangs Cranachstraße (eigenes Bild vom 12. Januar 2022)

Das Requiem unmittelbar vor der Beisetzung fand aufgrund der Corona-Teilnehmerbegrenzung am 5. Januar 2022 im Mariendom zu Erfurt statt, doch der Zelebrant war der Weimarer Ortsgeistliche Pfarrer Gothe. Der Hohe Chor war gefüllt, daß es aussah „wie früher“ (Pfr. Gothe), aber die Veranstaltung blieb von Personenschutz verschont (der Verstorbene war ja ein Onkel der derzeitigen Präsidentin der Europäischen Kommission).

George Alexander Albrecht war ein treues, zurückhaltendes und doch immer sichtbares Mitglied unserer kleinen, besonderen Weimarer katholischen Gemeinde. Sicher – vor Jugendmessen, als es sie noch gab, sah man ihn durchaus kurz vor 18 Uhr bestürzt und mit von geradezu existentieller Angst gezeichneten Miene wieder aus der Kirche fliehen. Doch als er sein Buch über die Sinfonien Gustav Mahlers publiziert hatte, referierte er darüber in unserem Gemeindehaus. Das Schicksal der neuen Franz-Liszt-Gedächtnisorgel und vor allem ihres Initiators, Prof. Michael Kapsner, trieb auch ihn um und zu, dem Gewicht von Profession und Persönlichkeit zum Trotz, leider erfolglosen Gesprächen u.a. mit dem Weihbischof oder auch mit dem Präsidenten der Weimarer Musikhochschule als Eignerin des Instrumentes.

Die Überschrift über diesem Text ist der Ansprache entnommen, die einer der engsten Freunde Albrechts, der ehemalige Präsident der Stiftung Weimarer Klassik Hellmut Seemann, auf testamentarischen Wunsch des Verstorbenen während des Requiems im Mariendom vortrug.
Seemann schildert seinen Freund darin vor allem als den Tiefgläubigen, der Albrecht nach seiner Begegnung mit den oben schon erwähnten Mönchen aus Meschede geworden war. Albrecht habe, so Seemann, „das Musizieren, das in die Stille, und das Gebet, das ins Schweigen führt, gläubig“ eingeübt. „Diese Stille und dieses Schweigen“, die nicht die „Abwesenheit von Tönen und Worten“ seien, sondern „Gewänder der Erwartung“: Ein Leben als fortwährender Advent, als ständige Erwartung jenes „vollen Klangs der Welt, die unsichtbar sich um uns weitet“, wie Seemann mit einer Strophe aus einem Bonhoeffer-Gedicht schloß.

PuLa möchte seine Trauer über das Ableben eines ebenso großen wie großherzigen zeitgenössischen Musikers und Gemeindemitglieds aussprechen und seine Leserschaft dessen ehrenden Andenkens versichern.

 

R.I.P

 

Cornelie Becker-Lamers, Weimar

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