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PuLa-Reloaded: Der Fastenvortrag

Wie wundersam sich doch manche Dinge fügen. Man könnte sich für den gestrigen Text samt seinem “PS” überhaupt keinen besseren Anschluß vorstellen, als diesen ursprünglich am 28. März 2016 erschienenen Sketch des Monats, den wir in Folge der Betrachtungen zum“Neuen Gotteslob” ohnehin schon ausgesucht hatten! 

Zum Glück nimmt er die Sache heute fröhlich-satirisch in den Blick, ohne allerdings den Ernst des Themas leugnen zu können oder zu wollen.

Enjoy! 🙂 

Sketch des Monats: Der Fastenvortrag

Ein Sketch zum Osterlachen für sieben Personen und 19 Statisten

Wundersdorf, Oderbruch. Im Gemeindehaus der katholischen Pfarrei Maria Hilf! Es ist mitten in der Fastenzeit. Die melaminbeschichteten Tische sind zusammengerückt, so daß Arbeitsgruppen von 6-8 Personen im Kreis um die Tische Platz nehmen können.

Für den Fastenvortrag des heutigen Abends ist eigens aus dem Ordinariat ein Referent der Pressestelle angereist, um zum Thema der jüngsten Publikation von Bischof Hofmann, Zeichnung als Zwiesprache. Die künstlerische Gestaltung des neuen „Gotteslob“ vorzutragen.

Die Sitzung ist schon in vollem Gange, als Hanna leise hereinschleicht und sich entschuldigend an einen Tisch klemmt, an dem Edith, Silke, Hedwig, Richard und Karl bereits sitzen und – ja, irgendwie arbeiten. Der Vortragende schlendert zwischen den Tischen umher, an denen man offenbar nach einer ersten Einführung bereits zur Stillarbeit übergegangen ist: Auf mittig ausgebreiteten DIN A2-Blättern fahren die Menschen mit dicken Textmarkern in Schlangenlinien herum.

Hanna (flüstert): Entschuldigung! Meine Mutter rief gerade noch an, die konnte ich nicht so abhängen.

Edith (flüstert zurück): Hast nichts verpaßt.

Hanna (immer flüsternd): Was macht ihr denn da?

Edith (ebenso): Wir sollen Figuren malen wie sie im neuen Gotteslob sind, um zu sehen, was das mit uns macht. (Sie zeichnet eine Art kaputten Kelch.)

Hanna (schaut sich irritiert um): Aber das sind hier nicht die „Neuen Wege in der Kleinkindpädagogik“?

Karl: Nein. Die Erzieherinnen sind oben.

Hedwig: Haben wir vorhin trommeln hören.

Hanna: Ah! Ok. (Sie nimmt sich einen Textmarker und beginnt unzusammenhängende Bögen zu malen. Nach einer Weile) Wie hieß das Thema nochmal?

Silke: Zeichnung als Zwiesprache. Die künstlerische Gestaltung des neuen „Gotteslob“.

Hanna: „Künstlerisch“ in Anführungsstrichen …

Richard: Nein. „Gotteslob“ in Anführungsstrichen. (Die Gruppe prustet los.)

„Zeichnung als Zwiesprache“ (eigenes Bild)

Der Pressereferent (kommt vorbeigeschlendert, jovial): Ah! Ist hier ja schon jede Menge Kommunikation im Gange! Schön, wenn die Kunst im Gebetbuch solche Anstöße gibt.

Silke (brummt): Na, sagen wir mal: Wir nehmen Anstoß.

Der Pressereferent (beugt sich lächelnd vor): Das habe ich akustisch nicht verstanden.

Karl (rasch): Sie sagte, es ist halt ein Geben und Nehmen.

Der Pressereferent: Jaja, ganz recht! (Er wendet sich dem nächsten Tisch zu.)

(Hanna legt ihren Stift weg und greift sich eines der Bücher, die an jedem Platz zur Nutzung und womöglich sogar zum Kauf ausliegen. Karl folgt ihrem Beispiel, und im folgenden werfen die beiden sich gegenseitig die Zitate der Künstlerin, Monika Bartholomé, und ihres Mentors, Bischof Friedhelm Hofmann zu.)

Edith (malt ein bißchen lustlos herum): Wenn mir irgendjemand erklären könnte, was diese Zeichnungen sollen …

Hanna (grinst und zitiert von S. 23): Da kann ich dir helfen. Hier. „Der Benutzer wird zum Nachdenken aufgefordert. Er soll sich die Frage stellen: Was hat diese Zeichnung mit dem Inhalt zu tun?“ (Alle müssen lachen. Silke legt ihren Stift weg und nimmt sich eines der Bücher.)

Karl: Gut – das funktioniert immerhin. Ich habe mich immer gefragt, warum ich mir beim Gebet zum Heiligen Geist den Stuhl von Frau Bartholomé angucken soll.

Hanna (wird rot): Karl!

Karl (verteidigt sich): Das heißt so! Das Bild heißt „Stuhl“, die Ameise hier.

Silke (zitiert S. 31): Hört mal, das hier ist auch schön. Sie sagt: „Die Zeichnungen möchten Denk- und Empfindungsräume schaffen …. Mmm … diese Sprache entzieht sich der Eindeutigkeit, die Zeichnungen zeigen nicht auf den Text und sagen, so möchte ich gelesen werden. Sie beziehen Position in einem Dazwischen … es geht um Empfindungen, Erinnerungen, nicht um die Bestätigung und Verstärkung des Wortes.“

Richard (von dem Text genervt): Heidernei!!! Kein Wunder, daß Bischof Hofmann Angst hatte, Tebartz-van Elst könnte angefahren kommen und über die „Suche nach einer Verkündigung der Verläßlichkeit“ sprechen.

Hedwig: Bischof Tebartz-van Elst?

Richard (nickt): War vom FdK zum „Fest des Glaubens“ nach Aschaffenburg eingeladen worden, als Vortragender.

Hanna (blickt auf): Stimmt! Was hat er jetzt für eine Aufgabe in Rom?

Richard: Delegat im Päpstlichen Rat für die Neuevangelisierung, zuständig für Katechese.

Karl: Und weil Aschaffenburg im Bistum Würzburg liegt, hat Bischof Hofmann sich ein paar Monate, nachdem die Sache bekannt geworden war, eingemischt und Tebartz angeblich gebeten, sein Kommen nochmal zu überdenken.

Edith (schnaubt): Der wird sich gedacht haben: Mein lieber Bruder – hast du vielleicht diese dummen Zeichnungen überdacht, als ich gesagt habe, in Limburg kommt ein ordentliches Kreuz aufs Cover?!

Hanna (liest wieder vor, S. 44): Hier, Friedhelm Hofmann: „Ein Weniger an Reduzierung künstlerischer Ausdruckskraft ist kaum denkbar.“ (Alle lachen.)

Silke: Da steht ja mal was Wahres!

Edith (greift nun auch zu einem der Bücher, grübelnd): „ein Weniger an Reduzierung“ … das ist eine doppelte Verneinung … oder?

Karl: Komm! So genau haben die beim Formulieren nicht nachgedacht.

Hanna (prustet): Scheint mir auch schon so! Hier, S. 62: „wie zwei Arme zwischen elektrisch geladenen Drähten“ …

Hedwig (lacht kurz auf): Na, dann sind die Arme nicht mehr lange da!

Karl: Das ist noch gar nichts! Hört mal. Zu diesen drei Linien hier schreibt er: „Eine weitere Möglichkeit [der Deutung] weist auf einen Menschen hin, der gebeugt unter einer Last dahergeht. Diesen Gedanken stützt das auf der gegenüberliegenden Seite plazierte Lied ‚Holz auf Jesu Schulter‘ (GL 291)“ (Alle stöhnen) Moment! Geht noch weiter: „Wichtig ist, daß der Betrachter die im Bild aufscheinende Melodie, das Beschwingte, die befreiende Leichtigkeit auf sich wirken läßt.“

Silke (in die am Tisch aufkommende Empörung hinein): „befreiende Leichtigkeit“? Beim Kreuztragen? Jesus hat das nicht leicht getragen …

Hedwig: … genau! Er hat doch gelitten, er war doch ganz Mensch …

Edith: … ist ja auch mehrmals unter dem Kreuz hingefallen. (Alle schnauben und blättern in dem Machwerk. Die kleine Gewitterwolke über dem Tisch ist beinahe sichtbar.)

Richard (zitiert S. 58): „Wer hat den Mut, diese Sprossen hochzusteigen?“ (Er schüttelt den Kopf.)

Karl (zitiert von S. 64): „Mir drängt sich der Gedanke auf, daß Gott uns auf unserem Lebensweg berührt – zärtlich und unaufdringlich.“

Hanna (schaut in Karls Buch): Wo ist das?

Karl: S. 64, zu nochmal drei so Linien nebeneinander. (ironisch) Der unaufdringliche Eingriff Gottes in unser Leben – besonders gut zu merken, wenn man sich verliebt … (Er grinst seine Frau an.)

Hanna (lacht): … genau! Völlig unaufdringlich …

Silke (lacht auch): Ich kann mich noch gut erinnern: Man konnte in aller Ruhe mit allem weitermachen …

Edith (grinst): Ganz zu schweigen von Geburten …

Hedwig: … mal ganz unaufdringlich zwölf Stunden Wehen …

Karl: Da lob ich mir die antiken Erzählungen – Semele oder so: Kein Sterblicher kann Gott begegnen, ohne zu sterben.

Edith: Hm! Deshalb tritt Gott ja auch nur als Engel des Herrn auf – alles andere hält man nicht aus.

Hedwig: Weil Gott halt mal so unaufdringlich ist.

Silke: Wie man sich das vom Allmächtigen eben vorstellt.

Richard: Es ist nicht zu fassen! Diese beziehungslosen Linien, die die Tante da hinmalt (Er sucht ein Zitat, findet es und liest): Hört mal: „Die Linie ist wesenhaft oder Grenze oder beides.“

Edith: Hä?

Richard: S. 30.

Hedwig: „Oder beides“?!

(Edith hat zuletzt wieder nach ihrem Stift gegriffen und einige Striche auf das DIN A2-Papier geworfen. Die andern schauen, lachen, stehen auf und werfen ihre Bücher auf den Tisch. Indem sie in die Runde grüßen, gehen sie zur Garderobe, holen ihre Mäntel und verlassen den Saal.)

ENDE

 

Cornelie Becker-Lamers, Weimar

 

Jetzt müssen wir natürlich auch erst einmal schauen, was Edith da zuletzt gezeichnet hat:

Wesenhaft (eigenes Bild)

Besenschaft (eigenes Bild)

Oder beides (eigenes Bild)

 

Ja, so geht’s zu in Wundersdorf. Bloß gut, daß wir diese Bildchen schon vor Monaten analysiert haben, hier, hier und hier (und öfter) und sich darauf folgend zumindest in unserem Freundeskreis die Menschen zu helfen wissen und die Zeichnung einfach mit inhaltsreichen und aussagekräftigen Bildern zuzukleben beginnen.

Gottesdienstliche Feiern (Bild: S. G.)

Hl. Thomas v. Aquin (Bild S.G.)

Auferstanden (Bild: S.G.)

 

PS: Nur so für alle Fälle: Das Buch von +Fr. Hofmann haben wir uns NICHT etwa ausgedacht/“gephotoshopt“! (vgl. folgendes Bild der ISBN) Wir können uns ja vielleicht so allerlei ausdenken, aber das… Vielmehr bin ich mehr als dankbar für diese Form der, nun ja, ‚Verarbeitung‘ durch Cornelie; ich war daran gescheitert, mich damit etwa ganz ernst zu beschäftigen – wer weiß, wie das geendet hätte…

Gereon Lamers

Zeichnung als Zwiesprache, ISBN (eigenes Bild)

 

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