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Im Norden hackt’s! Wirklich?

Da standen sie, gut 60 Pastorinnen und Pastoren der „Bremischen Evangelischen Kirche“ (BEK) auf den Treppen des „St. Petri Doms“ und  –  protestierten.
Na, höre ich Sie sagen „Was sollen sie auch anders machen, sind halt Protestanten…“ und sich im gleichen Moment für den blöden Kalauer entschuldigen, so wie ich es eiligst auch tue! 😆

BEK vor St Petri

Kundgebung der BEK vor St. Petri (Bild: Hans-Gerd Martens via evangelisch.de)

Aber was waren Anlaß und Inhalt des Protests? Nun, das Banner, das die Herrschaften (und Damenschaften! 😉 ) da vor sich halten, führt einen zu dem hochoffiziellen Bündnis „Bremen ist Bunt“, das in Regie der Stadt: „Für eine demokratische und weltoffene Gesellschaft“ steht: „Deshalb kämpfen wir entschieden gegen antisemitische, islamfeindliche und fremdenfeindliche Tendenzen und Parolen in unserer Gesellschaft.“ (vgl. hier)

Am 26. Januar 2015 gab es unter diesem Motto und diesem „Banner“ eine größere (7.000 Menschen) Veranstaltung auf dem Bremer Marktplatz.

Stammt das Bild also von diesem Anlaß? Nein, und es stammt auch nicht vom 26. Januar, sondern es ist am 4. Februar entstanden und die dort versammelten protestierten gegen – einen der ihren! Ja, sie protestierten gegen ihren Kollegen, den Pastor der evangelischen St. Martini Gemeinde, Olaf Latzel.

Der hatte, am 18. Januar schon, in St. Martini eine Predigt gehalten, die seitdem bei unseren evangelischen Schwestern und Brüdern im Norden und darüber hinaus, für einigen Wirbel sorgt.

In dieser Predigt (die Sie hier im Text finden und hier als Tonaufzeichnung, die Verschriftlichung ist aber korrekt!) hatte er über einen Text aus dem alttestamentlichen Buch der Richter gesprochen (Ri 6, 25 – 32), in dem Gideon, dessen Namen man u.a. mit „Der Hacker“ übersetzen kann, einen heidnischen Altar niederreißt und verbrennt und an seiner Stelle dem HErrn einen Altar errichtet.

Gideon haut den Pfahl der Aschera nieder

Gideon haut den Pfahl der Aschera nieder

Diesen fürwahr „knackigen“ Text nahm nun Pastor Latzel zum Anlaß eine Predigt zu halten mit der Überschrift: „An Gideon die Reinigung von den fremden Göttern lernen“.

Diese Reinigung, deren Notwendigkeit aus dem Kontext des Richterbuchs von O. Latzel sauber hergeleitet wurde, die übertrug er, wie sich das für eine ordentliche Predigt gehört, in unsere Zeit:

Talismänner und Amulette, Christophorusplaketten und kleine Buddha-Statuen („dicker, alter, fetter Herr“), so Pastor Latzel: „Das ist Götzendienst. Das gehört nicht zum Christen dazu. Das muß weg.“ […] Wir haben ein Neuheidentum, was vor 100 Jahren noch undenkbar war. […] Wie bei Gideon hier. Du mußt das eigene Haus reinigen.“

Es folgten u.a. Passagen zum Islam:

„Wir brauchen klare Verkündigung von Jesus Christus. Und immer wieder klar zu sagen halt, nicht: Es gibt nur einen wahren Gott. Wir können keine Gemeinsamkeit mit dem Islam haben. Das heißt nicht – das sag ich auch in aller Klarheit -, daß wir nicht den Muslimen in Liebe und Nähe begegnen zu haben. Das ist ganz wichtig. […] Wir haben den Menschen muslimischen Glaubens in Liebe und Barmherzigkeit zu begegnen. Und wenn die verfolgt werden, dann haben wir uns vor sie zu stellen. Das ist unsere Aufgabe als Christen. Um da nicht mißverstanden zu werden halt. Das ist unsere Aufgabe, denen wirklich in Nächstenliebe zu begegnen.“

So sinngemäß in dieser Differenzierung („Der Islam gehört nicht zu Deutschland, die Muslime schon; die Unterscheidung ist schwer, aber notwendig“) mehrfach (!) wiederholt.

Und dann gibt es die Passagen, die uns als Katholiken angehen:

„Übrigens: Das wollen wir nicht vergessen, dieser ganze Reliquiendreck und -kult, der ist heute noch in der katholischen Kirche verbreitet halt, nicht. Auch da muß man sagen bei aller Ökumene: Da können wir nicht mitmachen halt, nicht. Auch da muß man Nein zu sagen, wenn da irgendwas vermischt wird. Es gibt in der katholischen Kirche viele gläubige Leute, die auch ihre Probleme mit haben. Aber das, was da Lehre ist in der katholischen Kirche, ist ein ganz großer Mist. Zu denken, halt, wenn ich den Segen höre vom Papst, Urbi et Orbi, ob übers Radio, Fernsehen oder am Petersplatz halt, nicht, hab ich vollständigen Ablaß meiner Sünden. Nur weil ein Mensch was spricht. Ich sage, Leute, das ist doch Irrsinn! Genauso, wie was sich in Aachen abläuft. Ich mein, die alle sieben Jahre ihre Wallfahrtsgeschichten haben, nicht, wenn dann das Kleid Marias, die Windeln Jesu, das Lendentuch Jesu ausgestellt wird, nicht, das guckt man an, hast du Ablaß deiner Sünden. Das ist falsch.“

Und an anderer Stelle:

„Mit der ganzen Reliquienanbetung, die damals [sc. 16. Jh.] gelaufen ist. Die Heiligenanbetung. Die beteten nicht zu Jesus Christus, die beteten zu irgendwelchen Leuten, die auch Christen waren, und erhofften sich davon Heiligung. Die guckten irgendwelche vermeintlichen Gebeine von denen an und dachten, wenn ich die angucke, dann hab ich Erlösung vom Fegefeuer. Das ist Götzendienst.“

Auch diese Auffassung kehrt an mehreren Stellen wieder.

Und warum soll sich nun ein katholischer Blog aus Mitteldeutschland mit diesem Thema befassen? Rege ich mich etwa über die Äußerungen in Richtung des Katholischen auf? Überhaupt nicht!
Oder will sich PuLa jetzt auch mit dem Komplex „Islam in Deutschland“ befassen? Keineswegs! (vgl. aber hier)

Nein, ich glaube, das geht uns auf einer anderen, sehr grundsätzlichen Ebene etwas an (und wenn wir dort angekommen sind, werden wir auch die Bemerkungen in Richtung Katholizismus aufgreifen!).

Dazu müssen wir zunächst darauf schauen, was Pastor Latzel (und seiner Gemeinde, die fest zu ihm steht!) widerfahren ist, seit jenem 18. Januar.
Es ist das, was unsere amerikanischen Freunde zweifelsohne mit dem schönen Ausdruck „All Hell broke loose“ bezeichnen würden (a situation suddenly becomes noisy and violent, usually with a lot of people arguing or fighting) und das Deutsche bringt den Gedanken in der Wendung: „Da war der Teufel los“ ja ganz ähnlich zum Ausdruck.

Natürlich haben sich die (Mainstream-) Medien auf ihn gestürzt, den angeblichen „Christlichen Haß-Prediger“, aber – da waren sie bei ihm am falschen Mann; der hat sich nämlich nicht weggeduckt! (vgl. hier)

Nun, etwas anderes wäre nicht zu erwarten gewesen. Auch nicht, daß es dort auf einmal „über 100“ Pastorinnen und Pastoren waren, wo das evangelische Medium (!) von „über 60“ spricht… Alles geschenkt. Es ist immerhin interessant, wie ausgesprochen viele Kommentare bei Radio Bremen und andernorts (Facebook!), sich hinter Pastor Latzel  stellen (etliche allerdings leider auch, so will mir scheinen, aus eher problematischen, politischen, Motiven, die mit der Verkündigung der christlichen Botschaft nichts zu tun haben!).

Ganz aktuell hat sich nun die Bremische Bürgerschaft in einer Entschließung auf Initiative der Linkspartei, die von den Fraktionen der SPD und Bündnis 90/Die Grünen unterstützt wurde, mehrheitlich (gegen die Stimmen der CDU) gegen diese Predigt gewandt und gefordert, sie „dürfe nicht ohne Konsequenzen bleiben“; dieser unglaubliche Vorgang dürfte in der (jüngeren) deutschen Parlamentsgeschichte einmalig sein (vgl. hier).

Noch bedrückender und letztlich auch noch wichtiger finde ich aber die Reaktion von Pastor Latzels evangelischen Kollegen.

Renke D. Brahms, „Schriftführer“ (d.i. kein Protokollant, sondern der leitende Geistliche!)  der Bremischen Evangelischen Kirche nannte die Predigt „Geistige Brandstiftung“, und: „Die Formulierungen sind unerträglich und dazu geeignet, Gewalt gegen Fremde, Andersgläubige oder Asylbewerbern Vorschub zu leisten“ Die BEK distanziere sich von jeder Botschaft, die im Namen des christlichen Glaubens andere Glaubensformen beleidige oder beschimpfe.
Und auf einem Handzettel, der bei dem o.g. „Protest“ verteilt wurde, hieß es: „Es ist uns unerträglich, wenn wie zuletzt in der St.-Martini-Gemeinde Jahrtausende alte biblische Texte mutwillig aus ihrem historischen Zusammenhang herausgerissen werden. Wer Bibeltexte als Schlagwaffe mißbraucht, sollte sich nicht bibeltreu nennen.“ Und auch der Klassiker: „Mittelalterliche Meinungen“ durfte als Äußerung auf der Kundgebung natürlich nicht fehlen… 😕

Zu einem Disziplinarverfahren ist es vermutlich nur deswegen nicht gekommen, weil die bremische Kirchenverfassung den einzelnen Gemeinden eine extreme Autonomie zubilligt (was ich katholischerseits natürlich sowohl prinzipiell wie aus der konkreten, lokalen Erfahrung (…) heraus nicht gutheißen kann).

Das ist schon stark! Können diese studierten Leute eigentlich lesen? Haben wir nicht gerade selbst gesehen, daß Pastor Latzel an mehreren Stellen ganz klar zu Achtung und Nächstenliebe gegenüber Angehörigen anderer Religionen aufgerufen hat? In der Predigt und nachher in öffentlichen Äußerungen weiterhin! Für mögliche Verletzungen, die nicht in seiner Absicht gelegen hätten, hat er obendrein um Entschuldigung gebeten! (eine Bitte, der der Katholische Gemeindeverband Bremen [Bistum Osnabrück] in einer sehr angemessen formulierten Erklärung auch entsprochen hat [danke, H.H.!]).
Da fallen also seine Kollegen wie eine Tonne Ziegelsteine über den Mann her ohne, und das ist der entscheidende Punkt, ohne dasjenige auch nur mit einem Satz zu erwähnen, worum es Pastor Latzel in der ganzen Predigt eigentlich ging: Den unzweideutigen Vorrang des einen, des dreieinen Gottes, der sich uns geoffenbart hat, und der uns in der Person des Sohnes, in Jesus Christus erlöst hat, und der allein, er allein, der Weg zum Heil ist. Das kommt in den Stellungnahmen der BEK (und solchen darüber hinaus) einfach nicht vor! Das, was das letztlich allein Wichtige ist, es wird komplett ausgeblendet.

Lagen die Erbitterung und der Mangel an Fairneß am Ende gar auch an diesem Satz von Olaf Latzel?:

„Laßt euch nicht von der Welt Angst machen, nicht von irgendwelchen Politikern, nicht von irgendwelchen Pfarrern und Pastoren, die erzählen: Neben diesem Jesus müßt ihr andere Götzen setzen. Nein!“ (Hervorhebung von mir)
Ob sich da jemand ertappt fühlte?

Und all das geht uns, dem Himmel sei’s geklagt, katholischerseits nicht nur deswegen etwas an, weil das unser „ökumenisches Gegenüber“ ist, sondern weil es dergleichen Phänomene bei uns auch gibt. Haben Sie das genau gelesen, was ich oben zitiert habe?:

„[…] wenn wie zuletzt in der St.-Martini-Gemeinde jahrtausendealte biblische Texte mutwillig aus ihrem historischen Zusammenhang herausgerissen werden.“ (Hervorhebung von mir)

Da liegt der Hase im Pfeffer! Diese „jahrtausendealten Texte“ sind inspirierte Texte, sie sind, wie wir jeden Sonntag mit unseren Akklamationen bekennen, Gottes Wort. Und wenn man ihren Zusammenhang nur noch „historisch“ sieht oder „literaturwissenschaftlich“ (O-Ton aus dem Erfurter Ordinariat) dann droht die Verdunstung des Glaubens. Natürlich bedürfen die biblischen Texte vielfach der Erläuterung und auch der Interpretation – dafür gibt es das Lehramt der Kirche (Dank sei Gott!) und jede Form von Buchstabenglauben ist nicht katholisch. Und natürlich gibt es kein Zurück hinter die Ergebnisse der historisch-kritischen Bibelwissenschaft.
Aber wer bei ihnen stehen- oder in ihnen stecken- also gefangen bleibt, oder sie „nutzt“, um eine allgemeine religionswissenschaftlich abgeschmeckte Soße der Gleichheit oder auch nur der „Konvergenz“ der Religionen daraus zu köcheln, dem ist der Glaube schon abhanden gekommen!

Aber hat denn Pastor Latzel Buchstabenglauben betrieben? Hat er, um im biblischen Bild zu bleiben, etwa dazu aufgerufen wie Gideon den Altar irgendeiner anderen Religion zu stürzen? Natürlich nicht! Alles wovon er gesprochen hat richtete sich nach „innen“! In den christlichen, den evangelischen Binnenraum. Die harte Aufforderung, “Schnitte” zu ziehen, dabei ging es um „Schnitte“, die der inneren Abgrenzung, der Selbstvergewisserung dienen sollen! Wer Olaf Latzel etwas anderes unterstellte, wäre bösartig – oder, s.o., könnte nicht lesen…

Freilich, wenn der wuchtigen Predigt etwas fehlte, dann ist das in meinen Augen die begriffliche Schärfe, an manchen Stellen zumindest (sie wurde aber auch in weiten Teilen frei gehalten). Zum Beispiel an den Stellen, wo es um das Katholische geht.

Ich wiederhole: Das hat mich überhaupt nicht aufgeregt!
Zunächst deswegen, weil ich gar nichts anderes erwarte, wenn jemand, der überzeugt evangelisch ist, über uns spricht. Was soll denn das Getue? Wir haben Jahrhunderte des Konflikts hinter uns, wieso sollten wir auf einmal nur noch „Eiapopeia“ machen? Das wäre doch waschlappig! Hey, mir gefallen bestimmte Formen der dauernden „Luther-Idolatrie“ auch nicht und sein Verhältnis mit „Herrn Käthe“ (O-Ton M. Luther…), also Katharina von Bora, ebensowenig und wenn wir schon im 16. Jh. sind, die Billigung der Bigamie von Landgraf Philipp I. v. Hessen, die finde ich auch heute noch decouvrierend. Was ich sagen will: Ob es besonders geschickt war, solche Kontroverspunkte predigtöffentlich zu verbreiten, steht dahin, aber ich jedenfalls setze mich da umgekehrt nicht auf ein hohes Roß und sage stattdessen einfach: „Geschenkt, das gleicht sich aus!“

Dann aber vor allen Dingen, weil es nach meiner Überzeugung (heutige) katholische Lehre und (heutige) katholische Praxis einfach nicht trifft. Mir scheint, da ist ganz viel Mißverständnis, bzw. auch Unkenntnis am Werk, ohne daß ich damit leugnen will, daß es natürlich bei der klassischen Streitfrage der Ekklesiologie und natürlich in der Frage nach dem Sakramentenverständnis mit Pastor Latzel im Zweifel auch auf Dauer unüberbrückbare Unterschiede gäbe.

Der Punkt ist nur: Mit ihm gäbe es in dem Bekenntnis zur Heilsuniversalität und Heilsexklusivität Christi eben auch einen festen Punkt der Gemeinsamkeit und der würde das Bemühen um eine inhaltlich reiche, nicht konfliktfreie, Ökumene, anders als in allzu vielen anderen Fällen, überhaupt erst lohnend machen!

Jetzt könnte ich mir vorstellen, Sie denken gerade: „Das ist für PuLa-Verhältnisse aber alles ein bißchen sehr harmonisch, immerhin  hat der Latzel doch ganz schön über uns vom Leder gezogen; sollten wir da nicht ein bißchen ‚zurückärgern‘?!“

Hm! Versuchen wir doch mal, bei dem entscheidenden verbindenden Punkt zu bleiben, und ihm die nötige begriffliche Schärfe zu geben; Wie wäre es etwa so?

„Gemäß einer wiederholt vertretenen Auffassung wird auch die Einzigkeit und die Heilsuniversalität des Mysteriums Jesu Christi geleugnet. Diese Auffassung hat keinerlei biblische Grundlage. Es gehört nämlich zum beständigen Glaubensgut […], daß Jesus Christus, der Sohn Gottes, der Herr und der einzige Erlöser ist, der durch seine Menschwerdung, seinen Tod und seine Auferstehung die Heilsgeschichte, die in ihm ihre Fülle und ihren Mittelpunkt findet, zur Vollendung gebracht hat.“

Oder:

„Der theologale Glaube, die Annahme der durch den einen und dreifaltigen Gott geoffenbarten Wahrheit, wird deswegen oft gleichgesetzt mit der inneren Überzeugung in den anderen Religionen, mit religiöser Erfahrung also, die noch auf der Suche nach der absoluten Wahrheit ist und der die Zustimmung zum sich offenbarenden Gott fehlt. Darin liegt einer der Gründe für die Tendenz, die Unterschiede zwischen dem Christentum und den anderen Religionen einzuebnen, ja manchmal aufzuheben.“

Weiter:

„Nicht selten wird der Vorschlag gemacht, in der Theologie Ausdrücke wie »Einzigkeit«, »Universalität« oder »Absolutheit« zu vermeiden, weil dadurch der Eindruck entstünde, die Bedeutung und der Wert des Heilsereignisses Jesu Christi würde gegenüber den anderen Religionen in übertriebener Weise betont. In Wirklichkeit bringen diese Worte nur die Treue zum Offenbarungsgut zum Ausdruck, weil sie sich aus den Glaubensquellen selbst ergeben.“

Und schließlich:

„Einige Gebete und Riten der anderen Religionen können tatsächlich die Annahme des Evangeliums vorbereiten, insofern sie Gelegenheiten bieten und dazu erziehen, daß die Herzen der Menschen angetrieben werden, sich dem Wirken Gottes zu öffnen. Man kann ihnen aber nicht einen göttlichen Ursprung oder eine Heilswirksamkeit […] zuerkennen, die den christlichen Sakramenten eigen ist. Es kann auch nicht geleugnet werden, daß andere Riten, insofern sie von abergläubischen Praktiken oder anderen Irrtümern abhängig sind (vgl. 1 Kor 10,20-21), eher ein Hindernis für das Heil darstellen.“

Denken Sie nicht auch, das müßte dem streitbaren Hünen  aus dem Norden (Hobbys: Kraftsport und Jagd…)  gefallen? Eigentlich schon, oder? Klingt doch wie „systematisierter Latzel“.

Jedoch: Diese Sätze stammen von einem anderen, einem ganz anderen Autor, von Joseph Ratzinger, dem damaligen Präfekten der Glaubenskongregation nämlich, aus der vielgescholtenen aber wenig gelesenen Erklärung „Dominus Iesus“ vom 6.8.2000.
Und da aus J. Ratzinger bekanntlich wenig später Papst Benedikt XVI: wurde, könnte man auch sagen:

„Der Pastor Latzel redet wie der Papst“!

Ich hoffe, Sie werden mir recht geben: Mehr „zurückärgern“ (bei gleichzeitiger Wahrung der wichtigen Gemeinsamkeit) geht nun wirklich nicht! 😀

 

Christus Pantokrator (Allherrscher),

Christus Pantokrator (Allherrscher), Simone Martini (1285–1344) Fresko in der Kirche Notre-Dame-des Doms, Avignon etwa 1341 (Bild: Wikimedia Commons, The Yorck Project)

 

PS: Die Erklärung, deren Bedeutung der Papa emeritus gerade jüngst erneut unterstrichen hat, und die, daran sei „so nebenbei“ erinnert, ein inzwischen Heiliger Papst in Auftrag gegeben sowie „bestätigt und bekräftigt“ hat, wurde in der öffentlichen Debatte völlig zu unrecht auf die Frage reduziert, welchen Status aus unserer Sicht diejenigen „Kirchentümer“ haben, die sich auf die Reformation beziehen. Die klare Beantwortung dieser Frage wird nicht unbedingt verbindend wirken, aber das tut der fortwirkende antirömische Affekt ja auch nicht. Daß aber darin zentrale theologische Fragestellungen behandelt werden, die auch für jeden Protestanten, der auf das (von J. Ratzinger gern zitierte) Wort M. Luthers: „Das Wort sie sollen lassen stahn!“ noch etwas gibt, von Bedeutung sind, davon haben wir hoffentlich gerade eine Ahnung erhalten. Der Text hat, so glaube ich, einfach zu vielen wissenschaftlichen Theologen auf beiden (!) Seiten mit ihren gerade „schicken“ Forschungsansätzen „in die Suppe gespuckt“, als daß viele ein Interesse gehabt hätten, ihn angemessen zu würdigen, oder gar zu verteidigen… Vielleicht hören wir ja hier auf PuLa in Zukunft noch öfter daraus. 😎

PPS: Nur so am Rande: Ist Ihnen auf dem Bild oben von den 60 Pastorinnen und Pastoren der BEK etwas Besonderes ins Auge gefallen? Ist Ihnen aufgefallen, wie etliche irgendein „Regenbogen-Gefummel“ über dem Talar tragen, dessen kühle Nüchternheit sie offenbar nicht mehr ertragen? Ein wunderbarer Beleg für Pastor Latzels These ist das, denn das wunder- wunderschöne biblische Symbol, des Regenbogens, wir haben es uns wegnehmen lassen, wir alle, denn auch bei katholischen Priestern kann man sowas erleben, und zugelassen, daß es in ein Symbol des Synkretismus und des ‚anything goes‘, ja geradezu in ein, wenn nicht das Banner der ‚Diktatur des Relativismus‘ verwandelt wurde. Das ist eine glühende Schande.
Auch, weil es nachgerade dümmlich ist, denn es ignoriert eine entscheidende Pointe der biblischen Geschichte: Der Bogen Gottes, den Er in die Wolken hängt, egal ob man ihn, wie es viele Exegeten tun, geradezu als „Kriegsbogen“ auffaßt, oder in Nuancen anders, er ist auf jeden Fall eines: Ein machtvolles Symbol. Das Symbol einen Gottes, der aus Gnade und Liebe frei beschlossen hat, seine Macht nicht mehr zur Vernichtung der Erde zu nutzen, der sich aber dieser Macht gerade nicht entäußert hat, vielmehr immer wieder an sie erinnert! Denn, wäre er machtlos, wäre die Versicherung eigentlich überhaupt etwas wert?

Ecce ego statuam pactum meum vobiscum, et cum semine vestro post vos […]

Dixitque Deus : Hoc signum fœderis quod do inter me et vos, et ad omnem animam viventem, quæ est vobiscum in generationes sempiternas :

Arcum meum ponam in nubibus, et erit signum fœderis inter me et inter terram. […]

Dixitque Deus ad Noë : Hoc erit signum fœderis, quod constitui inter me et omnem carnem super terram.
(Gen 9, 9; 12f.; 17)

Ein Kommentar

  1. Ester schrieb:

    Daß man sich auch katholischerseits mittlerweile für alle Missionare schämt, finde ich fast witzig.
    Träumt man doch davon als „Menschenopfer der Gaja dargebracht zu werden , oder als Kriegsgefangener auf einem Stein geschlachtet zu werden, um mittels der Richtung, die das Blut nimmt, den Weg zu weisen“, wenn ich das richtig verstehe und auch auf jeden Fall beständig Angst haben zu müssen, einen Baum-, Wasser- und sonstwas Geist zu beleidigen, und eben, was das Schlimmste ist, mit seiner Frage nach Wahrheit (die die Frage nach Gott ist) keine echte Antwort zu bekommen.
    Man sieht Christen, nicht als Leute die an Christus (‚Es führt kein anderer Weg zum Vater außer über mich‘) glauben, sondern als so’ne universale Gutmenschenvereinigung, die für die anderen Idioten (aber das darf man nicht sagen) die so doof sind an etwas höheres zu glauben, den Rahmen bereiten, und aufpassen, daß die brav sind und man hofft auch deren Religiosität so einer reinen Brauchtumsveranstaltung und Nettigkeitsvereinigung herunterzubrechen, wie man es mit der eigenen gemacht hat.
    Von daher stört jeder, der die Frage nach der Wahrheit stellt und das sola scriptura Prinzip echt anwendet, indem er die Schrift liest.
    Auch das ist in der Tat ein überkonfessionelles Problem, aber eines über das auch nicht geredet wird.
    Das andere: Immer wenn ich mitkriege, was hardcore Protestanten (meine das jetzt mal durchaus positiv) über die katholischen Spezifika wie Maria, Reliquien, Heilige, Segen und dergl. so verbraten, dann frage ich mich ernsthaftestens, was die eigentlich so machen bei ihren ökumenischen Religionsgesprächen?
    Denn die Unkenntnis auf protestantischer Seite ist haarsträubend, keine Ahnung hat man davon, daß, um einem Ablaß zu gewinnen, der Betreffende im Stand der Gnade sein muß (d.h., frei von jeglicher Anhänglichkeit an jegliche, auch lässliche Sünde, davor gebeichtet, zur Kommunion gegangen und gebetet haben, als Formalie), keine Ahnung, daß wir Maria als Geschöpf ehren, das erlöst wurde, wie wir alle erlöst werden müssen …
    Als mir das zum ersten Mal begegnete, der Vorwurf „Ihr macht Maria zur Göttin“ dachte ich, es handle sich um eine Provokation gegen mich, so schockiert war ich.
    Aber ich habe feststellen müssen, man redet ökumenisch einfach wachsweich daher, versteht sich und läßt die Knackpunkte einfach, seit einem halben Jahrhundert! außen vor.
    Das finde ich unredlich, hochgradig unredlich.
    Von daher mag ich so Leute wie Latzel, weil man dann überhaupt anfangen kann zu klären, zu erklären, aber das tun ja seine eigenen Leute auch nicht.
    Übrigens nur so ganz nebenbei, man hört ja immer wieder, wenn es um das 6. Gebot geht, man möge sich da nicht so anstellen, das sei ja schließlich erst das 6. (im Sinne von nachrangig) gebot, nicht das erste.
    Nur das erste lautet „Ich bin der Herr dein Gott, du sollst keine fremden Götter neben dir haben!“
    Man solle an den theologischen Fakultäten mal ein bißchen Grundlagen machen, wäre bestimmt hilfreich!

    Samstag, 21. Februar 2015 um 11:29 | Permalink

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