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„Vergiß den Jux auf dem Traumschiff“: Fasching in Herz-Jesu-Weimar

Jedes Jahr, wenn sich die Weihnachtszeit dem Ende zuneigt, wiederholt sich in der Pfarrkirche „Herz-Jesu“ in der Weimarer Pfarrei ebendieses Namens das gleiche Schauspiel: Die Feier der Hl. Messe ist so gut wie beendet und alle, die mitgefeiert haben und sich darauf freuen, gestärkt durch Wort und Sakrament in den Sonntag und die neue Woche (die ja am Sonntag beginnt!) zu gehen, stehen und warten auf den Schlußsegen – doch er kommt nicht!
Nein, statt dessen steht der Priester ein wenig „wie bestellt und nicht abgeholt“ im Altarraum und ein Laie strebt zum Ambo. Immer der gleiche Laie, egal ob als Vorsitzender oder stv. Vorsitzender des Pfarrgemeinderats oder was auch immer. In der gottesdienstlichen Versammlung macht sich leichte Unruhe breit, alle setzen sich abrupt wieder hin, denn jeder weiß, was jetzt kommt: Die Werbung für den je aktuellen „Gemeindefasching“.

Das interessiert ohnehin nicht jeden, aber gut, „wenn man die Leute einmal beisammen hat“ finde ich es durchaus in Ordnung, die Gelegenheit zu nutzen, nur: Doch bitte nicht noch vor Abschluß der heiligen Handlung!
Dieses Phänomen, noch innerhalb des Raums der Hl. Messe sonstwas von irgendwem „verkünden“ (sic!) zu lassen ist ein Unding! Es wäre ja nun wahrlich kein Problem, die Versammlung zu bitten, nach dem Schlußsegen für eine Ansage von z.B. dem PGR kurz dazubleiben, aber dergestalt ist es regelmäßig eine harte Probe der persönlichen Andacht und so wird die Achtung vor der Heiligkeit der Messe gewiß nicht gefördert, die uns so dringend not täte. Sie, die Messe, ist nämlich der alleinige Grund, warum wir zusammengekommen sind.
Liebe Zelebranten in Herz-Jesu-Weimar, hier liegt eine Aufgabe: Den Abschluß der Hl. Messe für einen Hinweis nutzen, gut, aber die Messe selbst, solange sie noch nicht beendet ist, zum Vehikel der Werbung für Klamauk zu machen, das bitte künftig nicht mehr, bitte!

Zumal dieser eigentlich harmlose Klamauk, hinsichtlich dessen die Frage, ob man daran teilnimmt in den Bereich des persönlichen Geschmacks fällt, bei uns in Weimar so harmlos nicht ist, wie man schon daran sieht, welches Motto jeweils gefunden wird.
Sehen wir uns einige Beispiele aus den vergangenen Jahren an:

„Käpt’n Carstens Casting für das Traumschiff“

„Ex oriente Jux“

und ganz aktuell:

„Komm, ver(gis)s, schwing und kling“

Doch, doch, alles echte Zitate! 🙄

Ich weiß nicht, wer sich das jeweils ausdenkt, aber es ist schon bemerkenswert, mit welcher „Treffsicherheit“ hier makaberste Assoziationen wachgerufen werden: Im ersten Fall war das „Traumschiff“ die Costa Concordia, die ein anderer „Käpt’n“ (der gerade aktuell wieder in den Nachrichten war) aber richtig sauber auf Grund gesetzt hatte…
Im zweiten Fall kam aus den (Nahen) Osten schon lange kein „Jux“ mehr, sondern bitterer, tödlicher Ernst, Terror und Entsetzen.
Den dritten Spruch verstehen Sie gar nicht? Können Sie auch nicht, wenn Sie kein Weimarer Insider sind! Das „gis“ bezieht sich auf den Stimmton unsere neuen Glocke (PuLa berichtete).

Jetzt könnten Sie einwenden: Für unvorhersehbare Katastrophen und weltpolitische Entwicklungen können ja die Motto-Erfinder nix. Stimmt soweit, wenn auch in Sachen der Weltpolitik ein klein bißchen Gespür genügt hätte.

Ich persönlich glaube jedoch, auf den Sprüchen liegt aus ganz anderen Gründen kein Segen. Und der Mangel an christlichem Empfinden, der da zum Vorschein kommt, der ist sehr wohl vorwerfbar!

Schauen wir uns den ersten Spruch an: Ein „Casting“ wird durchgeführt, vom „Chef an Bord“; na wen haben wir uns darunter wohl vorzustellen, in einer katholischen Pfarrei, hm? Leider haben wir es in einem anderen, ganz ernstgemeinten Zusammenhang schriftlich, wie man sich das praktisch vorzustellen hatte und hat, mit  dem „Casting“: Es wird knallhart aussortiert, was erwünscht ist und was, bzw. vor allem wer nicht! (PuLa berichtete) Den vielen „Aussortierten“ aller Schattierungen und Herkünfte dürfte ein solches Motto daher mit Verlaub schlicht im Halse steckengeblieben sein; quer…

Und weiter: „Ex oriente lux“, das Licht, das Heil, das Christus ist, ja, wir verbinden es nach uralter christlicher Überlieferung mit der Ausrichtung „nach Osten“; diese „Orientierung“ hat Europas Städte seit Jahrhunderten geprägt, sie ist sozusagen „Stein geworden unter uns“ in ihrem eschatologischen Verweischarakter. Damit macht man als Katholik keine blöden Scherze. Aber paßt das nicht zu einer Pfarrei, in der ja auch schon gewitzelt wurde, der HErr habe ja schließlich ein Abendmahl und keine Frühmesse gestiftet (vgl. hier)?

Und in diesem Jahr? Nun, was die ganze völlig intransparente Glockenbeschaffung angeht, so wissen wir inzwischen immerhin aus berufenstem Munde predigtöffentlich, wessen Idee es tatsächlich war: Die der „Gemeindeleitung“, was natürlich niemanden, aber auch absolut niemanden mehr verblüfft hat. Auch hier ist die heraufbeschworene Assoziation wieder vom Feinsten: „Glücklich ist, wer vergißt, was doch nicht zu ändern ist“ singt eine Figur in J. Strauss‘ (Sohn) Operette „Die Fledermaus“

Es geht dabei um die Folgen der Vertuschung eines Ehebruchs. Wie schön das in die augenblickliche Lage der Kirche paßt (Stichwort Bischofssynode(n)) muß ich wohl nicht erst erläutern, oder?

Ja, in der Lage, in der sich diese Pfarrei befindet, in die sie hineinmanövriert wurde!, da nehmen die Versuche, Normalität vorzutäuschen eben leicht etwas Krampfiges an, das läßt sich auch im, wie man so hört, ohnehin immer kleineren Kreis nicht organisiert „weglachen“…

Allerdings, wenn man die Sprache ernstnimmt (und das sollte man immer), die uns hier begegnet, dann gibt es da noch eine Ebene – und die birgt vielleicht einen Hoffnungsschimmer!
Aus „Glücklich ist,…“ wurde ja „Komm, vergiß“, aus einem Indikativ, der Beschreibung eines (bereits eingetretenen) Zustands ein Appell, eine Aufforderung: Ein Mensch oder mehrere Menschen sollen (erst noch) etwas vergessen. Sehr interessant!
Freilich, es wird nicht gesagt, an wen sich dieser Appell richtet. Wenn Sie jetzt denken, er könnte sich an die Macher von PuLa richten und allgemein all die vielen, die nicht bereit sind, sich mit den eingerissenen Zuständen abzufinden, so ist das ist zwar grundsätzlich gut überlegt, aber nach über 3 Jahren und 10 Monaten PuLa dürfte diese Hoffnung wohl wirklich niemand mehr hegen und das sehr zu recht,  denn: „We are here to stay!“
Dann könnte es gerichtet sein an all diejenigen, die so ein bißchen was wissen und eigentlich ja auch gar nicht mehr wissen wollen: „Kommt, vergeßt es einfach, alles ist gut, die „Gemeindeleitung“ sorgt schon für Euch, schlaft weiter“ Aber auch das wäre wenig erfolgversprechend, denn die „Feuerchen“ flammen an immer mehr Orten auf und auch an solchen, die mit PuLa (direkt) gar nichts zu tun haben, ich sage nur: „Sternsinger“… Nein, die Menschen werden sich nicht immer und immer länger vormachen lassen, es wäre alles in Ordnung!

Wer kann aber dann noch der Adressat der Aufforderung „Komm vergiß“ sein? Mir scheint, die Sache ist psychologisch ganz klar: Die Aufforderung richtet sich an die in das „System Pfarrei“ Verstrickten selbst. Es ist eine Art unbewußter Autosuggestion!
Ja, ich glaube, hier kommt tatsächlich zum Vorschein, daß sich auch etliche derjenigen, die jetzt (noch) mit- und gute Miene zum bösen Spiel machen, schon längst nicht mehr wohl in ihrer Haut fühlen – und das spricht ja immerhin für sie!
Allein, die Lösung kann eben nicht das Vergessen sein, eigentlich nicht mal für ein paar Stunden alkoholisierten Frohsinns.  Denn wir sind eben nicht auf dem „Traumschiff“, sondern in einer sehr ungemütlichen Realität.

Die Lösung kann nur sein, in großer Nüchternheit zurück in die Wahrheit zu finden, die Fäden zu den Gespinsten der (hoffentlich bald) Vergangenheit entschlossen abzuschneiden, um wieder frei zu atmen.
Dann, erst dann, wird sich auch wieder gemeinsam fröhlich sein lassen, ganz ohne den Wunsch nach Vergessen.

Beten wir darum, noch inständiger in der jetzt vor uns liegenden Fastenzeit!

 

(Der Gemeindefasching im „Café Hainfels“ beginnt heute, 13. Februar 2015 um 19.11 Uhr)

 

 

 

 

Ein Trackback/Pingback

  1. Pulchra ut Luna › Weimars Glocken im Netz on Samstag, 20. August 2016 um 11:24

    […] die war durchgängig von der damals hier herrschenden Intransparenz gekennzeichnet (vgl. hier, hier, und […]

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