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„Böses“ aus Rom? – Sedisvakanz im Bistum Erfurt

Man muß Hartmut Kaczmarek Dank sagen. Der stellvertretende Chefredakteur der Thüringischen Landeszeitung, Erscheinungsort Weimar, hat in einem Kommentar zur anstehenden Neubesetzung des Erfurter Bischofsstuhls Sätze von entlarvender Offenheit geschrieben. Sätze, die geeignet sind die Erkenntnis der uns umgebenden Wirklichkeit zu befördern.

Denn, was sich ja unter Umständen außerhalb der Grenzen dieses Diaspora-Bistums noch nicht allerorten herumgesprochen hat, der Erfurter Bischofstuhl ist seit dem 1. Oktober vakant, Papst Benedikt hat das Rücktrittsgesuch von Bischof Dr. Joachim Wanke angenommen (Nachricht auf der Bistumsseite).

Die Nachfolge regelt sich nach dem „Preußen-Konkordat“ von 1929, ausgehandelt von keinem Geringeren als dem damaligen Erzbischof Eugenio Pacelli, dem späteren Pius XII (schöne Zusammenstellung der Modalitäten wiederum beim Bistum, hier). Zum Diözesanadministrator wurde Weihbischof Dr. Reinhard Hauke gewählt.

Ich fühle ich nun wahrlich nicht berufen, Bischof Wanke angemessen zu würdigen, ich glaube, das gehört sich nicht, für einen, der notwendigerweise ein „Reingeschmeckter“ bleiben muß. Nur anmerken möchte ich angesichts des verbreiteten Tenors der öffentlichen Würdigungen gern, daß es m.E. ein großes Mißverständnis ist, wenn unser Altbischof nun retrospektiv undifferenziert als „Liberaler“ gefeiert wird; eine Einschätzung, in der ich mich mit Menschen, die ihn viel besser und näher kennen als ich, einig weiß (vgl. dazu auch z.B. hier und hier). Ich persönlich hätte gerne noch mehr erlebt, von diesem „anderen Bischof Wanke“.

Jedenfalls geht die Thüringische Landeszeitung mit dieser Art der einseitigen Würdigung „in die vollen“, die gleiche Zeitung, deren (immer noch amtierender) Chefredakteur im Frühjahr 2010 in seiner in Thüringen berüchtigten samstäglichen Kolumne „Das Schlüsselloch“ versucht hat, den Rücktritt von Bischof Wanke herbeizuschreiben und in diesem Zusammenhang einen Weimarer Priester auffällig hervorhob, z.B. hier nachzulesen.

Damals haben etliche Weimarer Katholiken Bischof Wanke brieflich ihres Vertrauens und ihrer Unterstützung versichert, darunter viele, die sich diesem Blog verbunden fühlen (und die Autoren natürlich sowieso!).

Aber mit einem Bischof, der das Amt nicht mehr inne hat, läßt sich eben leichter Politik machen, der dient dann bloß noch als Projektionsfläche eigener Wunschvorstellungen, respektive „Schreckensszenarien“. Und genau solche sieht H. Kaczmarek, frischgewähltes Mitglied des Filialgemeinderats Bad Berka, heraufziehen.

Unter der Überschrift: „Wer kommt jetzt?“ wird das „Anforderungsprofil“ des erwünschten Nachfolgers gezeichnet. „Sein Bild von Kirche“ dürfe nicht „vom Pomp eines Kölner Doms“ geprägt sein und im „Land Martin Luthers“ müsse er von „ökumenischem Geist durchflutet“ sein. „Mit neuen Ideen“ müsse er in der Lage sein „junge kirchenferne Menschen anzusprechen“, für einen „modernen Katholizismus, der nah bei den Menschen ist“. (ganzer Text hier)

Ach ja. Wie neu, wie geradezu „unerhört“…

Aber ich will mich hier nicht mit dem hohen Langeweile-Faktor derartiger Texte beschäftigen, sondern nur auf eines der vielen Mißverständnisse hinweisen, die diesen Kommentar durchziehen: Nah bei den Menschen ist nämlich gerade auch derjenige, der ihnen zu ihrem (kirchlichen) Recht verhilft, denn, wie sagt unser Weimarer Mitbürger Friedrich Schiller so schön: „Das Gesetz ist der Freund der Schwachen.“ Doch bevor der Gedanke, daß das Kirchen-Recht eine zutiefst pastorale, ja spirituelle Dimension hat, in einer „normalen“ Zeitung steht, ob’s da noch Zeitungen gibt, wie wir sie heute kennen? (von der TLZ mal ganz zu schweigen) 😉

Nein, es ist der zweite Teil dieser Wortmeldung, der den Erkenntnisgewinn bringt.

Denn, weiß man von diesem „Anforderungsprofil“ auch „im fernen Rom?“, so fragt Kaczmarek, und wiederholt die allseits bekannte Aufzählung der „Erzkonservativen“ von Kardinal Meißner über Erzbischof Woelki bis zum, er darf im Augenblick natürlich nicht fehlen, relativ neuen Limburger Amtsinhaber, um mit dem folgenden Absatz zu enden:

„Die Katholiken in Thüringen können eigentlich nur beten, dass ihnen ein solcher Oberhirte, der den Menschen fern ist, erspart bleibt. Aber ob man im Vatikan darauf hören wird? Der Trend der jüngsten Bischofsernennungen lässt aber Böses ahnen.“

Und hier ist es an der Zeit, deutlich zu widersprechen.

Mal ganz abgesehen von der Tatsache, daß das in der Tat sehr angezeigte Gebet keine (kirchenpolitische) Meinungsäußerung gegenüber „Rom“ ist, sondern sich an eine höhere Adresse richtet, es würden vor allem wohl kaum alle im Sinne dieses Kommentars beten! Vielmehr bin ich fest überzeugt, die überwältigende Mehrheit der Katholiken in Weimar und im ganzen Bistum erwartet vom Papst, von diesem deutschen Papst zumal, der im vergangenen Jahr eindrucksvoll bewiesen hat, wie gut er die Kirche in Deutschland, auch die in der mitteldeutschen Diaspora,  kennt, nichts „Böses“!

Denn man muß sich das Wort schon auf der Zunge zergehen lassen: „Böses“ steht da. Nicht „Übles“ oder „Schlimmes“, nein „Böses“. Ich dachte immer, das Wort hat im religiösen Kontext eine Dimension, die bei der Verwendung des Begriffs sehr, sehr vorsichtig machen sollte.

Nun will ich meinem Mit-Gemeindemitglied Kaczmarek gern zugute halten, daß er schon längere Zeit über Gebühr belastet scheint, gerade mit dem Schreiben von Kommentaren, seit, so der Eindruck, sein Chefredakteur bloß noch sporadisch arbeitet und bloß noch schreibt wozu er gerade Lust hat, aber dennoch finde ich, das hätte nicht passieren sollen.

Aber, genau da steckt  der Erkenntnisgewinn: Dahin kommt es nämlich, wenn sich der „fortschrittliche“ deutsche National-Katholik in seinen Vorstellungen davon, wie es hierzulande zugehen solle, „gestört“ fühlt vom „bösen“ (sic!) Rom. Es sind eben (leider!) keine Hirngespinste „konservativer Bloggerkreise“, nein, man muß nur genau lesen und zuhören, dann wird es ganz offenkundig, was diese Richtung will (aber niemals zugibt): Los von Rom! (wir haben ja hier auf PuLa schon beobachten können, wie sich diese Haltung auch „im Kleinen“ ausprägt)

Aber man braucht sich nicht zu ereifern. Das ist nicht die erste und es wird auch, so steht zu befürchten, nicht die letzte nationalkirchlich-schismatische Bewegung der Kirchengeschichte sein. Sie wird scheitern, wie sie alle gescheitert sind und scheitern müssen. Denn wir werden Weltkirche sein, unter dem Bischof von Rom, oder wir werden nicht sein.

Und deshalb sei abschließend ganz ausdrücklich gesagt: Ich bin froh und dankbar, daß es gerade dieser Papst ist, der den nächsten Hirten unserer Ortskirche ernennen wird, was ich voll kindlichen Vertrauens erwarte und dafür bete, daß es ein wahrer „Epi-scopus“ werden möge!

Heiliger Bonifatius, der Du gerade hier in Thüringen die Kirche in Treue und Verbundenheit mit dem Papst einrichten wolltest, bitte für uns!

 

St. Bonifatius, Weimar Schöndorf, Relief über dem Eingang (eigenes Bild)

PS: Interessanteres, wenn auch nicht unbedingt Erfreuliches über die Vakanzen in deutschen Bistümern hat die SZ vom 4. Oktober, hier.

 

5 Kommentare

  1. chiqitac schrieb:

    Diesem Gebet schließe ich mich gerne an!

    (und bedanke mich auch noch nachträglich für den netten Kommentar!)

    Montag, 8. Oktober 2012 um 19:11 | Permalink
  2. Danke, liebe Frau Kollegin!

    Ihrer war der 300. freigeschaltete Kommentar auf PuLa, ehrlich, Sie dürfen sich etwas wünschen! 🙂

    Der Kommentar bei hnen war mir ein Vergnügen, vor allem aber „ein Bedürfnis“!

    In der Verlinkung bin ich ein wenig „verkommen“, real life tribute…

    Ihr

    GL

    Montag, 8. Oktober 2012 um 21:33 | Permalink
  3. Stanislaus schrieb:

    In der Tat ist der Kommentar von Herrn Kaczmarek bemerkenswert flach. Und wie der Kölner Erzbischof richtig geschrieben wird, scheinen auch nicht alle zu wissen.

    Montag, 22. Oktober 2012 um 19:30 | Permalink
  4. Stanislaus schrieb:

    Nachtrag: Ich sehe gerade, daß Herr Kaczmarek aus dem Westen ist. Da lernt man, so zu denken und zu schreiben.

    Montag, 22. Oktober 2012 um 19:38 | Permalink
  5. @ Stanislaus Nr. 1: Flach, aber eben leider nicht ohne „Un-tiefen“…

    @Satanislaus Nr. 2: Jaja, genau. Und daher meine bange Hoffnung, manches von diesem Ungeist ließe sich hier eben doch noch „abfangen“ (Ich wollte schon „verzweifelte“ Hoffnung schreiben, aber das wäre Kleinmut und der ist bekanntlich sündhaft… 😉 )

    Dienstag, 23. Oktober 2012 um 08:23 | Permalink

5 Trackbacks/Pingbacks

  1. […] Übrigens, in der Thüringer Presse habe ich bisher nur wenig bis gar nichts über Bischof Dr. Koch gelesen. Ob man hier mit seiner Art, dem „Menschen nahe“ sein zu wollen, vielleicht nicht umgehen kann, weil sie sich bequemem Schubladendenken widersetzt? (vgl. hier) […]

  2. […] Herren also Chefredakteur und stellvertretender Chefredakteur! Beide sind auf diesem Blog ja keine unbekannten Größen mehr, aber was sie sich da geleistet haben kann wieder mal nicht unwidersprochen bleiben. Dabei tue […]

  3. […] anders kommen. Am 28. März, Gründonnerstag, rief nämlich gegen 14.30 Uhr der Vorsitzende des „Filialgemeinderats“ Bad Berka bei der vorgesehenen Kantorin an und teilte ihr mit „man“, also wohl der […]

  4. […] den PuLa-Lesern ja wohlvertrauten stellvertretenden Chefredakteur Hartmut Kaczmarek (vgl. z.B. hier und […]

  5. Pulchra ut Luna › „Böses“ aus Rom? die Zweite on Dienstag, 10. Juni 2014 um 21:40

    […] und „Reform“-Katholizismus auch in der Provinz, der mitteldeutschen Diaspora fähig ist (hier). Namentlich hatte sich damals der Stellvertretende Chefredakteur einer örtlichen Zeitung (und […]

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