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PuLa-Reloaded: Der Weckruf

Ein Sketch für zwei Personen
(ursprgl. erschienen am 21.8.2012)

(Ein Studentenwohnheim in Qíjī cūn, nahe Tianshui in der zentralchinesischen Provinz Gansu. Shi Fu, seines Zeichens Student der Informatik, wälzt sich im Bett im erkennbaren Versuch weiterzuschlafen, während sein wißbegieriger Zimmergenosse am gemeinsamen Schreibtisch am Rechner sitzt und surft. Es ist 4.25 Uhr Ortszeit.)

Wang Peng (voller Begeisterung): Shi Fu! Wach auf, Shi Fu!

(Shi Fu grunzt, dreht sich auf die andere Seite und zieht sich das Kissen über den Kopf.)

Wang Peng: Schau doch! Shi Fu! Das mußt du lesen! (Er scrollt einen Text entlang und liest.)

Shi Fu (unter dem Kissen): Laß mich in Luhe!

Wang Peng (ermunternd): Shi Fu! Wofül intelessielst du dich eigentlich?

Shi Fu (resignierend): Fül meinen Nachtschlaf.

Wang Peng: „Schlafen kann ich, wenn ich tot bin“, hat Lainel Welnel Faßbindel einmal gesagt.

Shi Fu (setzt sich seufzend auf): Ich ziehe nie wiedel mit einem Medienwissenschaftlel in ein Zimmel. (Er fährt sich mit der Hand über die Augen.)

Wang Peng (grinst): Da wil uns das sowieso nicht aussuchen können, mach das Beste dlaus!

Shi Fu (richtet sich weiter auf, um auf den Bildschirm sehen zu können): Und jetzt liest du wohl gelade wiedel diesen Blog aus Deutschland?

Wang Peng: Du hast es elfaßt! Dolt ist es jetzt spät am Abend und sie stellen Texte ins Netz, bevol sie schlafen gehen.

Shi Fu (sinkt in die Kissen zurück): Na bitte! Nimm dil ein Beispiel!

Wang Peng (eifrig): Das ist hochintelessant, Shi Fu! Jetzt haben sie Wahlen. (Er scrollt und liest.)

Shi Fu: Walen? Was velkaufen sie denn?

Wang Peng: Nicht Walen – Wahlen! Man wählt! Sogal in del Pfallgemeinde! Ist das nicht ille?

Shi Fu: Echt wahl?

Wang Peng: Ja! Echt: Wahl!

Shi Fu: Und man bestimmt wilklich mit?

Wang Peng: Ich denke, so ist es gedacht. Abel das welden wil sehen. Deshalb lese ich ja „PuLa“.

Shi Fu: Ich weiß nicht, Peng … Diese ganzen ausländischen Angelegenheiten … Das ist uns doch alles flemd! Kümmel‘ dich liebel um Lang Tsu. Sie stand schon wiedel mit dem Kölbchen vol del Kilche und keinel von uns weiß, wo das ganze Geld bleibt!

Wang Peng: Abel Fu! Deshalb lese ich doch hiel, um helauszufinden, ob es das woandels auch gibt.

Shi Fu (setzt sich auf, plötzlich hellwach): Was sagst du da? Das geht vielleicht gal nicht bloß uns so?

Wang Peng: Ja, das glaub ich, Fu.

Shi Fu (blickt nachdenklich vor sich hin): Das ist ja elstaunlich …

Wang Peng: Shi Fu! Höl zu, Shi Fu! Laß uns auch bloggen!

Shi Fu: Bloggen – was bloggen?

Wang Peng (visionär): Na – unsele Situation schildeln – und uns mit andelen austauschen.

Shi Fu (skeptisch): Auf einem Blog? Wenn du uns da nicht mal gehölig was einblockst! All unsele Plobleme plötzlich weltweit im Intelnet … Ich weiß nicht …

Wang Peng: Abel Shi Fu! Sei nicht dumm! Das velstehen doch ohnehin nul die, die sowieso wissen, was los ist! – Denk doch mal an die Diplomalbeit von Shao Hi …

Shi Fu: „Technische Velfügbalkeit und soziale Lelevanz netzbasieltel plivatel Infolmationsangebote“?

Wang Peng: Genau! Und technische Velfügbalkeit und soziale Lelevanz sind eben nicht das gleiche.

Shi Fu: Soll heißen: Das lesen nicht Hundelte von Millionen von Intelnetnutzeln, bloß weil es dasteht?

Wang Peng: Genau! Deshalb wal ihle Ausgangsthese ja auch: Diese Blogs lesen nul die, die es angeht und die die Pelsonen kennen, von denen man schleibt.

Shi Fu: Abel du liest doch tlotzdem diesen Blog aus – wie heißt das?

Wang Peng: Weimal.

Shi Fu: Weimal. Stimmt.

Wang Peng: Ja, denn ihl Endelgebnis wal ja, daß man diffelenzielen muß. Elstens kann man auch übel unbekannte Pelsonen lesen, um Anlegungen zul Lösung del eigenen Plobleme zu bekommen – so wie ich das tue. Und außeldem gibt es natüllich Themen, die sind pel se von weltweitem Intelesse …

Shi Fu: Wie die Eine Katholische Kilche (er strahlt).

Wang Peng: Genau so ist es, mein liebel Fu! Und deshalb bleiben wil dlan.

 

ENDE

 

Cornelie Becker-Lamers, Weimar

 

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