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„Wer ermahnt, ermahne weiter“ (Röm 12,8)

Zehn Jahre „Pulchra ut Luna. Katholisch in Weimar“

Ich hätte nicht gedacht, daß ich hier einmal etwas von Lothar Zenetti zitieren würde. Aber die folgenden, von Konstantin Wecker vertonten wenigen Zeilen sind einfach das Lied zu zehn Jahren PuLa: „Was keiner wagt“. Deshalb: Enjoy 🙂 !

Tja – zehn Jahre PuLa. Und über die Hälfte dieser Zeit ist seit dem Wechsel in der Gemeindeleitung und dem Wegfall der „Gemeindeleitung“ (wenn auch leider nicht dem Wegfall ihrer anonymen, aber eindeutig zuordenbaren Briefe) vergangen. Nach meiner Erinnerung machte sich in Herz Jesu Weimar damals zunächst eine unglaubliche Euphorie, nach etwa einem halben Jahr aber eine ziemliche Depression breit. Als sich nämlich zeigte, wie wenig sich ändert, wenn der Bischof lediglich dem Pfarrer nahe legt, sich eine andere Aufgabe zu suchen.

Zu dem Zeitpunkt habe ich begriffen, wovon Paulus im Römerbrief spricht: Ich habe verstanden, was sie ausmacht, diese „Gabe der Mahnung“, die als eine der Gnadengaben Gottes für einzelne Glieder des einen Leibes in Christus, der die Gemeinde ist, zugeteilt wird. „Wer ermahnt, ermahne weiter“, heißt es in Röm 12,8. Und das ist nicht einfach, und nicht alle sind dazu bereit oder in der Lage. Denn natürlich gilt: Meckern kann jeder. Aber Ermahnen, das erfuhren wir, ist eben nicht mitmeckern, wenn seit Jahren alle einer Meinung sind, was sich ändern muß. Ermahnen ist, weiter den Finger in die Wunden zu legen, die in diesem einen Leib schwären – auch wenn gerade überhaupt niemand (man selber eingeschlossen) mehr Lust hat, sich immer noch weiter damit zu befassen und immer weiter Probleme zu wälzen. Aber es half nichts: Nie habe ich mich meiner Texte geschämt – außer einzelner, die in dieser zweiten Jahreshälfte 2016 entstanden und in denen ich alles weichspülte, was mir auf dem Herzen lag, in der Hoffnung, durchs Nicht-Schreiben bessere sich irgend etwas von selber und wir müßten nur zuwarten.

Nichts bessert sich von selber! Und so mahnten und mahnen wir weiter mehr Austausch innerhalb der Gemeinde an, eine Aufarbeitung dessen, was geschehen ist, eine Wertschätzung Professor Kapsners als dessen, dem Herz Jesu Weimar die Franz-Liszt-Gedächtnisorgel verdankt, ein Hinschauen auf die Pfarrjugend, eine Förderung von Kinderprojekten und so weiter und so weiter. Einer der Textzyklen, die nach langem langem Nachdenken und Durchleiden entstanden sind, ist die siebenteilige Reihe, die mit „Also: Weimarer überschrieben ist und deren erster Teil am 3. Oktober 2020 zum 30. Jahrestag der Wiedervereinigung gepostet wurde.

Da ich ja auch nur in einer Pfarrei lebe, stellt sich für mich immer die Frage: Sind die Verhältnisse in Herz Jesu Weimar einzigartig, oder sind sie typisch? Thematisieren sollte man sie auf jeden Fall – denn sind sie einzigartig, sollte man sie bekannt machen und schauen, was passiert. Sind sie typisch, sollte man die heimischen Erzählungen als eigenen Anteil an der Veränderung der Kirche in Deutschland erst recht beisteuern. Schon vor September 2015 (dem Amtsantritt des derzeitigen Pfarrers) erhielten wir, auch per Email, beispielsweise auf die Sketche immer wieder Zuspruch, der uns zeigte, daß in der literarisch überhöhten und entpersonalisierten Darstellung typischer Gegebenheiten unseres eigenen kirchlichen Umfeldes andere die Verhältnisse in ihrer eigenen Pfarrei wiedererkannten.

Ein solcher Widerhall fand sich auch für die „Also: Weimarer“-Reihe. So problematisierte die bereits vor zehn Jahren von Frau Prof. Widl diagnostizierte und von mir zitierte Clanstruktur der Gemeinden gerade auf dem Gebiet der ehemaligen DDR auch der Pirnaer Gemeindereferent Benno Kirtzel in seinem Artikel „Das Ende des Erbens“ (Tag des Herrn Nr. 43 vom 25. Oktober 2020, S. 9, online hier).
Per Email erhielt ich Rückendeckung aus einer weiteren großen Pfarrei unseres Bistums: „Deine Reihe zu ‚also: Weimarer‘ habe ich mit Spannung verfolgt. Die Parallelen zu *** sind frappierend, auch wenn es gewichtige Unterschiede gibt“, schrieb der betreffende Insider und schilderte mir im folgenden die konkreten Gegebenheiten in der eigenen Pfarrei.

Auch wenn derzeit, da nirgendwo irgendetwas stattfinden oder geplant werden darf, allgemein theologische, musikbezogene oder kulturgeschichtliche Texte verstärkt auf PuLa zu lesen sind, werden wir uns die Wachsamkeit zu erhalten versuchen, um der Gabe der Mahnung im Sinne des einen Leibes in Christus, dessen Glieder wir sind, auch weiterhin gerecht zu werden.

Cornelie Becker-Lamers

 

PS: Und wenn mir mal einer gesagt hätte, ich würde ein Video mit Konstantin Wecker posten… Aber, wie ich eben erst geschrieben habe: Live and learn!

GL

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