Zurüruck zum Inhalt

Der Adventskalender mit dem Hl. Hilarius v. Poitiers, Tag 22

Bei mehreren von uns hat das Zeugnis des Apostels den Zweifel erregt, ob sie [den zweiten] Psalm als mit dem ersten zusammenhängend, und gleichsam als das Ende des ersten ansehen sollten, oder ob sie ihn vielmehr als nachfolgend und als den zweiten aufzählen dürften. Denn in der Apostelgeschichte erfahren wir in der Rede des heiligen Paulus, daß dieser für den ersten gehalten werde […]: „[…] wie in dem ersten Psalm geschrieben steht: Du bist mein Sohn, heute habe ich dich gezeugt, da er ihn von den Toten auferweckt hat, und er nun nicht mehr zur Verwesung zurückkehren wird.“
Wegen dieses Zeugnisses des Apostels also glaubt man, es geschehe durch
einen Irrtum der Abschreiber, daß dieser Psalm als der zweite der Reihe nach angeführt wird, da er doch nach dem Zeugnisse des Lehrers der Heiden selbst als der erste erkannt werde. Man muß also den Grund kennen lernen, warum er teils von uns für den zweiten angesehen werden müsse, [andererseits aber] von dem Apostel als der erste angeführt wurde.

Der heilige Apostel Paulus hat nun, nach seinem eigenen Geständnisse ein Hebräer aus den Hebräern, auch nach dem hebräischen Wissen und Glauben diesen Psalm den ersten genannt, ohne von der Unterscheidung der Übersetzer Gebrauch zu machen; er, welcher in seiner Rede an die Häupter der Synagoge aus der Lehre des Gesetzes vorzüglich zu zeigen strebte, daß unser Herr Jesus Christus der Sohn Gottes sei, daß er geboren wurde, daß er gelitten habe, daß er auferstanden sei, und daß er in Ewigkeit herrsche.
Er hielt sich demnach an diese Weise, daß er, selbst ein Hebräer, auch bei seinem Vortrage an die Hebräer sich der Gewohnheit der Hebräer bediente.
Wir hingegen müssen uns
der Autorität der Übersetzer bedienen, und das Gesetz nicht nach der Zweideutigkeit der Buchstaben, sondern nach der Kenntnis der Lehre übertragen.

(Tractatus super psalmos, Psalm 2, 1.4)

Was für ein wunderbarer, im besten Sinne zeitloser, Schlußsatz dieses so nüchtern und in seiner Argumentation mit dem Kontext, d.h. der Kommunikationssituation des Hl. Paulus, ganz „heutig“ argumentierenden Abschnitts:
„Sed nobis translatorum utendum auctoritate est, legem non ambiguitate litterae, sed doctrina scientia transferendo.“ 🙂

Einen Kommentar schreiben

Ihre Email wird NIE veröffentlicht oder weitergegeben. Benötigte Felder sind markiert *
*
*

*