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Das griechische Geschenkfest, Ein Sketchlet zum Nikolaustag

Das griechische Geschenkfest

Ein Sketch zum Nikolaustag für die allseits bekannte Schafherde,
ein zusätzliches Schaf und ein zusätzliches Lämmchen

Wundersdorf, Oderbruch. Die allseits bekannte Schafweide. Zum Fest des Heiligen Nikolaus, in dessen Kapelle die Schafe unlängst früh um 6 Uhr eine wunderschön feierliche Roratemesse miterlebt haben, haben Fixi und Huf ihre neue Freundin eingeladen: Xenia, das griechische Lämmchen, das sie beim gemeinsamen Frühstück im Anschluß an die Roratemesse kennengelernt haben, samt Tante Euterpe. Die nüchterne Auskunft der äußerst gefaßten Xenia, sie bekomme zu Nikolaus keine Geschenke, hatte Fixi und Huf bis ins Mark erschüttert. Hatten sie doch bisher immer nur davon gehört, es gebe Lämmchen auf der Welt, deren Eltern so arm seien, daß sie keine Geschenke bekommen könnten. Und nun hatten sie ein solches Lämmchen leibhaftig vor sich! Der Gänseblümchensalat war ihnen im Hals stecken geblieben und in ihrer uns ja schon zur Genüge bekannten Tatkraft hatten sie nach einer kurzen Nachricht an Wolle und Tante Flocke kurz entschlossen die halbe Herde zu einer Spende zusammengetrommelt.

Und da stehen sie nun am Gatter und warten auf ihre beiden Gäste.

Fixi (die Nase am Zaun, triumphierend): Ich sehe sie! Sie kommen!

Huf: Das sind sie!

Xenia und Euterpe (kommen den Feldweg entlang): Hallo – guten Tag allerseits! – Kaliméra!

Kohle: Kaliméra, Euterpe, kaliméra, Xenia, kommt rein! Herzlich willkommen auf unserer Weide. (Er stupst das Gattertor mit der Schnauze auf.)

Die Schafe begrüßen die Gäste und führen sie in den seit dem ersten Advent ja schon festlich geschmückten Unterstand, wo sie eine Kleinigkeit zur Begrüßung vorbereitet haben. Nachdem die Gäste sich ein wenig gestärkt haben:

Fixi (ein wenig verlegen): Du-u, Xenia …

Xenia: Ja, Fixi?

Fixi: Wir haben etwas für dich.

Xenia: Das ist aber nett! Was ist es denn?

Huf (holt ein kleines Geschenk aus seinem Rucksack im Unterstand): Hier, bitte.

Fixi: Weil doch heute Nikolaus ist.

Xenia (lacht): Ach ja! Da bekommt man bei euch ja Geschenke! Stimmt! Hattet ihr erzählt! (Sie packt das Päckchen mit der Schnauze aus und jubelt): Oh! Das ist aber schön! Vielen Dank!

Euterpe (kommt heran): Zeig mal.

Xenia: Schau! Ein kleines Halsband mit einem winzigen Glöckchen dran. Das ist ja süß! (Sie bimmelt.) Vielen Dank! (Sie bimmelt noch einmal, dann umarmt sie Fixi und Huf und bedankt sich noch mehrmals.)

Euterpe: Das ist aber lieb von euch! Dann müßt ihr uns aber auch unbedingt zu Basilios besuchen kommen!

Xenia: Genau! Dann lernt ihr unsere Bräuche kennen!

Fixi und Huf (wie aus einem Munde): Basilios?

Euterpe: Ja! Basilios der Große – Vasileios von Caesarea – einer der drei großen Kirchenväter der orthodoxen Kirche – wir feiern ihn am 1. Januar. Das ist unser großes Geschenkfest, fast noch wichtiger als Weihnachten. Geschenke zu Nikolaus kennen wir ja gar nicht.

Fixi (betreten): Ah!

Flocke (tritt hinzu): Ihr habt zu Nikolaus in Griechenland gar kein Geschenkfest?

Wolle (will auch dabei sein): Aber Nikolaus kommt doch aus Griechenland.

Euterpe: Tja – weiß auch nicht. Trotzdem. Wir feiern Vasileios zu Neujahr. Alle backen einen Kuchen, in den sie eine Gold- oder Silbermünze einbacken. Wer sie findet, hat das Jahr über Glück.

Xenia: Das hängt halt auch mit Basilios zusammen.

Euterpe: Der Kaiser wollte die Steuern erhöhen, aber die Menschen hatten kein Geld mehr.

Huf: Wann?

Euterpe: Im 4. Jahrhundert, als Vasileios gelebt hat.

Flocke: Ah – ich dachte schon  …

Xenia: Und Basilios sammelte von allen Leuten Schmuckstücke ein und brachte sie zum Kaiser. Als Ersatz.

Euterpe: Da war der Kaiser gerührt und erließ die Steuern und schickte Vasileios mit dem Schmuck wieder nach Hause.

Xenia: Jetzt wußte er aber nicht mehr, von wem welches Schmuckstück war …

Euterpe: … und buk Brote und Kuchen und tat in jedes ein Schmuckstück hinein. Dann betete er, daß jeder sich das Gebäck nehmen würde, in dem sein Schmuck ist – und das klappte.

Flocke: Ein Wunder!

Xenia: Ja! Ein Wunder.

Euterpe: Und um daran zu erinnern, backen wir das Neujahrsbrot.

Xenia: Und bekommen Geschenke (sie strahlt.)

Huf (mit belegter Stimme): Äh … Xenia … wir müssen dir was erzählen …

Fixi (rempelt Huf an): Nein! Oder besser: Doch … äh … weißt du … es gibt doch auch Lämmchen, die bekommen niemals Geschenke, weder heute noch zu Neujahr.

Euterpe: Ja! Das gibt es. Das ist traurig!

Xenia: Wir könnten doch gemeinsam ein Weihnachten-im-Schuhkarton-Paket packen.

Fixi (wie ausgewechselt): Au ja! Das machen wir! Tante Flocke!

Flocke: Ich höre schon, es gibt wieder eine Rechercheaufgabe …

Huf: Genau! Wir werden herausfinden, wohin man Weihnachten-im-Schuhkarton-Pakete dieses Jahr hinschicken kann. (Mit hinreißendem Augenaufschlag) Hilfst du uns?

Flocke (mütterlich): Aber natürlich tue ich das!

 

ENDE

 

Cornelie Becker-Lamers

 

Tja – so hat sich ja alles in Wohlgefallen aufgelöst auf der Wundersdorfer Schafweide. Xenia hat sich trotzdem über ihr kleines Halsband total gefreut und es auch gleich umgebunden. Dann haben die Lämmchen noch jede Menge gefeiert und irgendwann einen Sirtaki tanzen gelernt. Und sich beim Abschied vorgenommen, sich bald wieder zu treffen, um das Weihnachtspaket für ein fremdes Lämmchen zu packen.

Die Geschichte vom Neujahrsbrot steht übrigens bei Manfred Becker-Huberti, Lexikon der Bräuche und Feste, Freiburg: Herder 42007, S. 33. Die Herleitung, also die alte Legende verdanke ich aber meiner lieben griechischen Freundin E.T. 🙂

Ein Trackback/Pingback

  1. […] der Heiligen Luzia. Nachdem die Lämmchen gemeinsam mit ihrer neuen Freundin Xenia die Idee mit dem Weihnachten-im-Schuhkarton-Paket gehabt hatten, ging die Planung los, wie man als Schaf am besten an die Informationen, die Waren und […]

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