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Grenzen der Naivität. Oder der Veralberung. (Nichts) Neues zur Bischofsfrage in Erfurt

Ich habe ja nun schon mehrfach zum Ausdruck gebracht, daß ich es vorziehen würde, nicht mehr über das schreiben zu müssen, was die Thüringer Zeitungslandschaft so i.S. der Sedisvakanz unseres Bistums produziert!
Aber kriegt man regelmäßig, was man will? Natürlich nicht! 😉
Und als der Artikel, den ich gestern morgen noch tunlichst zu ignorieren versuchte, dann auch noch bei Twitter auftauchte und damit den mitteldeutschen Mikrokosmos zu verlassen drohte (Danke auch, @Stanislaus! 😉 ), da war klar, das kann eben doch nicht unkommentiert bleiben. Seufz!

Also dann: Die TLZ brachte gestern einen waaahnsinnig aufregenden Artikel, der sich mit der vermeintlichen Reaktion des Hl. Vaters auf die Worte eines 23jährigen Erfurter Theologiestudenten aus dem Eichsfeld befaßt, der im Rahmen der jüngsten Ministrantenwallfahrt nach Rom Gelegenheit hatte, einige Worte an den Papst zu richten, weil das Los entschieden hatte, daß er als Gruppenleiter für unser Bistum in der ersten Reihe sitzen durfte.
Ja, wirklich, das ist der Inhalt des Artikels! (hier)

Und was sagte der junge Mann, als sich der Papst ihm zuwandte? Er selbst gibt seine Worte so wieder:

„Heiliger Vater, viele Grüße aus dem Bistum Erfurt, wo wir ja immer noch auf einen neuen Bischof warten.“

Ah ja.

Daraufhin habe der Papst so ausgesehen „als ob ihm in dieser Sekunde eingefallen wäre, daß da ja noch eine Personalie aussteht.“

„Daraufhin“, obwohl, wie aus dem Artikel selbst hervorgeht, sich Weihbischof Hauke kurz zuvor bereits als Diözesanadministrator vorgestellt hatte. Brillante Logik in diesem Artikel, doch, doch.

Geschätzte Lokalredaktion der TLZ in Heiligenstadt: Ist Ihnen u.U. auch der Gedanke durch den Kopf geschossen, der Hl. Vater könnte so verblüfft geschaut haben, wie er es auf dem Photo, das den Artikel begleitet, tatsächlich tut, weil er sich als lebensälterer Kirchenmann aus einem anderen Kulturkreis, wo man solches vielleicht nicht gewöhnt ist, schlicht über die Chuzpe (um es mal vorsichtig auszudrücken) dieser Anrede gewundert hat?

Aber warum sollte ich mich mit dem Benehmen eines der Selbstdarstellung auch sonst nicht abholden (vgl. hier) Erfurter Studenten befassen?

Weil der Knackpunkt des Artikels leider erst noch kommt, denn die Zeitung liefert nun auch die Thesen des „angehenden Theologen“ zu den Gründen für die lange Sedisvakanz:

Nur weil, als Erfurt vakant wurde, Papst Benedikt noch im Amt war, wird Daniel Bertram zitiert, könne es sein, daß andere Bistümer, die später vakant wurden, früher wieder einen neuen Bischof bekommen hätten. „Unser kleines Bistum Erfurt ist dann auf dem Schreibtisch immer weiter nach unten gerutscht.“

Ist das zu fassen?!

Man kann zwar von einem 23jährigen vermutlich nicht verlangen, daß er vom Innenleben größerer, gegliederter Verwaltungen, wie der Vatikan eine ist, etwas versteht, aber von ausgewachsenen Zeitungsredakteuren erwarte, nein, verlange ich, daß sie auf die Wiedergabe, die unkommentierte Wiedergabe!, einer solch, äh, „juvenilen“ Äußerung verzichten, bitte!

Schon die regelmäßige Lektüre des eigenen Blatts hätte vor dieser Peinlichkeit bewahrt, ganz zu schweigen, diejenige dieses Blogs (u.a. schon hier,  hier und hier).

Bei näherem Nachdenken finde ich übrigens, ein Erfurter Theologiestudent könnte über die (bundesweit) bekannten Gründe für die lange Dauer der Sedisvakanz doch ein wenig besser informiert sein; Herr Bertram, die Adresse ist www.pulchra-ut-luna.de , available in any browser und wenn Sie Twitter bevorzugen: Unter @GGLamers  wird  regelmäßig über neue Einträge unterrichtet … 🙂

Denn, beim besten Willen, das Thema ist für derartige Albereien zu ernst. Und mit Albereien geht der Artikel noch weiter, Lesen Sie selbst, wie der arme Weihbischof sich angeblich verhört haben soll, woraus dann flugs die Andeutung des Papstes wird, er könne mit einem neuen Bischof noch bis Ostern 2015 dauern, oder der schwer verständliche Satz über die Schuhe des Papstes – es ist einfach unterirdisch. (Dabei werde ich zu dem Satz: „ Er [sc. Franziskus] kennt doch noch nicht einmal Etzelsbach“, mit dem die Unsinnigkeit eines erneuten Papstbesuchs in Thüringen begründet werden soll, sicherheitshalber schweigen, es gibt eine Dimension von Kirchturmdenken  Lokalpatriotismus, die ist mir „leider“ nicht zugänglich)

Nein, das ist einfach nicht das Niveau, auf dem die Frage, wann die Herde wieder einen Hirten erhält, verhandelt werden kann, so geht das nicht!
Und wenn ich erst am Dienstag von der Hoffnung auf ein gedeihliches Nebeneinander von Lokal-/Regionalpresse und Blogs geschrieben habe (hier) ist diese Hoffnung mit einem derartigen Artikel vorerst wieder ein bißchen geschwunden. Schade.

 

2 Kommentare

  1. Admiral schrieb:

    Also, der Tatort war toll. 🙂 Bin aber auch Nora Tschirner Fan seit Ijon Tichy.

    Donnerstag, 14. August 2014 um 20:57 | Permalink
  2. 😉

    Hab‘ ich was gegen den Tatort gesagt? Niemals!

    GL

    Freitag, 15. August 2014 um 10:04 | Permalink

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