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Sketchlet zum Advent No. 2 – Das Gerücht

Kalt pfeift der Ostwind über die Weiden bei Wundersdorf…

 

Das Gerücht

Ein Sketchlet zum Zweiten Advent 2011 für acht Schafe und beliebig viele Schafstatisten

 

(Die nun schon bekannte Weide vor den Toren von Wundersdorf. Die Herde grast. Etwas abseits steht Krutzi und klappert mit den Zähnen. Wir erinnern uns: Krutzi hatte sich scheren lassen, damit für den Bürgermeister zu Weihnachten die Kirchenbank gepolstert werden konnte. Jetzt, nach dem Kälteeinbruch Anfang Dezember, friert Krutzi natürlich. Blütenweiß, ein zartes Schäfchen, löst sich aus der Menge und grast auf Krutzi zu.)

 

Blütenweiß (teilnahmsvoll): Was hast du, liebe Krutzi? Ist dir kalt?

Krutzi: Natürlich ist mir kalt! Ich bin ja geschoren worden!

Blütenweiß: Aber wie kann das denn sein? Jetzt – zu Beginn des Winters?

Krutzi: Das steht euch auch noch bevor!

Blütenweiß (mit ungläubigem Entsetzen): Was sagst du? Wie das denn?

Krutzi: Tja-ha! Das Oberhirtentum in der Hauptstadt hat den Schertermin jetzt auf den BEGINN des Winters verlegt!

Blütenweiß (völlig aufgelöst): Aber das können sie doch nicht machen! Das ist ja schrecklich!

Krutzi: Wart’s nur ab – ihr seid bald alle dran!

(Laut blökend galoppiert Blütenweiß davon und berichtet den übrigen Schafen von den ungeheuerlichen Plänen des Oberhirtentums. Mit Befriedigung sieht Krutzi zu, wie die Herde mehr und mehr in Aufregung gerät. Einige beginnen vor Angst zu weinen, andere stellen sich in dichten Gruppen zusammen und beratschlagen, was gegen diese Maßnahme zu unternehmen sei. Da kommt Kohle angetrottet.)

Kohle: Was ist denn hier los?

Ein Schaf (heulend): Das Oberhirtentum hat den Schertermin auf den Beginn des Winters gelegt!

Ein anderes Schaf: Die denken wohl überhaupt nicht nach, wie es uns dabei geht!

Kohle (stirnrunzelnd): Wer hat euch denn so was erzählt?

Ein drittes Schaf: Ich weiß nicht – plötzlich wußten es alle.

Das erste Schaf: Ich glaube, Blütenweiß hat es von Krutzi erfahren.

Kohle (für sich): Dacht ich’s doch! (Laut) Krutzi! (Krutzi stellt sich taub. Kohle tritt dicht an sie heran. Von Nase zu Nase): Krutzi! Was verbreitest du wieder für Schreckensmeldungen?

Krutzi (beleidigt): Bedankt euch beim Oberhirtentum – ich habe alles direkt vom Herrn Pfarrer erfahren, als ich neulich mit ihm zur Probe in der Kirche war!

Kohle (bleibt mit seiner Nase an ihr dran): Krutzi! Guck mich an! Es ist gehörnter Blödsinn, was du erzählst! Und du weißt es!

Blütenweiß (erschrocken): Aber wie kannst du denn so etwas sagen!

Kohle (läßt von Krutzi ab): Weil ich auch ab und zu in der Hauptstadt bin. Neulich war ich doch bei dem Streichelzoo dabei, den das Oberhirtentum veranstaltet hat – wißt ihr nicht mehr?

Die Schafe: Doch, doch! Wir erinnern uns!

Kohle: Also. Da habe ich erfahren – und zwar nicht vom Wundersdorfer Pfarrer, sondern direkt auf der Weide der Oberhirten –, daß lediglich die Frisör-TERMINE jetzt schon festgelegt werden. Mehr nicht! Im Winter scheren – so ein Blödsinn! (Wolle und Flocke sind inzwischen auch hinzugekommen.)

Blütenweiß (zaghaft): Ja aber – warum ist Krutzi denn dann fast kahl?

Wolle: Sie hat sich freiwillig scheren lassen – darum!

Blütenweiß (mitleidig): Und jetzt friert sie.

Kohle: Na dann kommt, wir packen sie ein!

Flocke: Dieses Mal aber richtig!

(Wieder kreisen die drei Krutzi ein.)

Krutzi (versucht, die Schnauze über Wolles dickes Fell hinaus zu heben. Dumpf): Verzischt euch! Ich kann ja kaum noch sprechen!

Kohle (grinst): Eben!

Flocke (elegisch): Wie man doch von guter Tat/ selbst den meisten Nutzen hat …

 

 

ENDE

 

Cornelie Becker-Lamers

 

 

Ja, so geht’s zu, rund um Wundersdorf!

Bloß gut, daß bei uns in Weimar kein Schaf auf die Idee kommt, schlecht vom Oberhirtentum zu sprechen.

 

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