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Der Adventskalender mit der Droste, Tag 21

Am vierten Sonntage in der Fasten (Josefsfest)

Gegrüßt in deinem Scheine,
Du Abendsonne reine,
Du alter Lilienzweig!
Der du noch hast getragen
In deinen grauen Tagen
So mildes Blütenreich!

Je mehr es sich entfaltet,
Zum Ehrenkranz gestaltet,
Der deine Stirn umlaubt:
Je mehr hast du geneiget,
In Ehrfurcht ganz gebeuget
Dein gnadenschweres Haupt.

Wie ist zu meinem Frommen
Dein freundlich Fest gekommen
In diese ernste Zeit?
Ich war fast wie begraben:
Da kömmst du mich zu laben
Mit seltner Freudigkeit.

Zu dir will ich mich flüchten,
Mein scheues Leben richten,
O Josef, milder Hauch!
Du hast gekannt die Fehle
In deiner starken Seele,
Und die Vergebung auch!

Was hast du nicht geduldet,
Da in geheim verschuldet
Maria dir erschien?
Und konntest ihr nicht trauen,
Worauf die Himmel bauen,
Und hast ihr doch verziehn!

Und da du mußtest scheiden
Mit deinen lieben beiden:
Wie groß war deine Not!
Die Wüste schien dir lange;
Doch war vom Untergange
Dein liebes Kind bedroht.

Und da er glanzumkrönet:
Wie bist du nicht gehöhnet
Um seine Gotteskraft!
Wie mag, den Groll zu laben,
Dich nicht gelästert haben
Die arge Priesterschaft!

Und gar, wenn gottdurchdrungen
Dich grüßten fromme Zungen
Und priesen laut und weit:
Wie hast du nicht in Zagen
An deine Brust geschlagen
In deiner Sündlichkeit!

So hast du viel getragen,
Unendlich viele Plagen,
Mit freundlicher Geduld,
Und ist in all den Jahren
Manch Seufzer dir entfahren
Und manche kleine Schuld.

Du frommer Held! im Glauben,
Den schrecklich dir zu rauben
Sich alle Welt verband:
Hast können nicht erhalten
Ein unbeflecktes Walten
An deines Jesu Hand.

Was soll ich denn nicht hoffen,
Da noch der Himmel offen,
Und meine Seele still?
Will sich die Gnade nahen:
Ich kann sie wohl empfahen,
So Gott mir helfen will.

Zerrissen in den Gründen
Bin ich um meine Sünden,
Und meine Reu‘ ist groß.
O hätt‘ ich nur Vertrauen,
Die Hütte mein zu bauen
In meines Jesu Schoß!

 

Annette von Droste-Hülshoff

Der Adventskalender mit der Droste, Tag 20

Am fünften Sonntage nach hl. drei Könige

Evangelium: Vom Samen, so unter die Dornen fiel [Lk 8, 4-15]

In die Dornen ist dein Wort gefallen,
In die Dornen, die mein Herz zerrissen;
Du, mein Gott, nur du allein kannst wissen,
Wie sie schmerzlich sind vor andern allen;
In die Dornen meiner bittern Reue,
Die noch keine Tröstung will empfangen.
So verbarg ich es in finstrer Scheue,
Und so ist es trübe aufgegangen,

Und so wächst es auf in bittrer Wonne,
Und die Dornen lassen es gedeihen;
Ach, mein Boden ist zu hart, im Freien
Leckt den Tau vom Felsen ihm die Sonne.
Kann es gleich nur langsam sich entfalten,
Schirmen sie es treulich doch vor Stürmen
Und dem Hauch der Lust, dem todeskalten,
Und wenn sich des Zweifels Wolken türmen.

In die Dornen ist dein Wort gefallen,
Und sie werden blut’ge Rosen tragen;
Soll ich einst dir zu vertrauen wagen,
Darf ich nur in ihrem Kranze wallen.
Wenn er recht erstrahlt im Feuerglanze
Und das Haupt mir sengt mit tiefen Wunden,
Dann gedeiht die zarte Gottespflanze,
Muß an seinem Schmerzenstrahl gesunden.

In Entsagung schwinden muß mein Leben,
In Betrachtung meine Zeit ersterben;
So nur kann ich um das Höchste werben,
Meine Augen darf ich nicht erheben.
Ach, ich habe sie mißbraucht zu Sünden
Und verscherzt des Aufblicks reine Freude,
Dann nur kann ich noch den Himmel finden,
So ich ihn in Scham zu schauen meide.

Wenn ich blicke in die milden Mienen,
O, wie schmerzlich muß es mich betrüben,
Denen noch das teure Recht geblieben,
Ihrem Gott in Freudigkeit zu dienen!
Muß auch hier die trüben Augen lenken,
Muß erglühend sie zur Erde schlagen,
In ein reines Auge sie zu senken,
Kann ich nimmer sonder Frevel wagen.

Und wie tief neig‘ ich die Stirn, die trübe,
Wenn die Sünde rauscht an mir vorüber,
Meinen manche, daß mich Abscheu triebe,
Und gewinnen lieber mich und lieber,
Ist es oft nur mein vergangnes Leben,
Grauenhaft zum zweiten Mal geboren.
Ach, und oft empfind‘ ich gar mit Beben,
Wie der Finstre noch kein Spiel verloren!

Aber, was er auch für Tücke hege,
Kämpfen will ich um des Himmels Grenzen,
Meine Augen sollen freudig glänzen,
Wenn ich mich in meine Dornen lege,
Daß die Welt nicht meinen Kampf darf rügen,
Oder gar mit eitelm Lob geleiten,
Wohl, ich kann durch Gottes Wunder siegen,
Aber nimmer mit zwei Feinden streiten.

Ob ein Tag mir steigen wird auf Erden,
Wo ich frei mich zu den Deinen zähle?
Wo kein Schwert mehr fährt durch meine Seele,
Wenn mir deine Hände sichtbar werden!
Herr, und soll der Tag mir nimmer scheinen,
Dürft‘ ich ihn in Ewigkeit nicht hoffen,
Dennoch muß ich meine Schulden weinen,
O, der Sünder hat sich selbst getroffen!

Annette von Droste-Hülshoff

Der Adventskalender mit der Droste, Tag 19

Am Palmsonntage

Der Morgentau will steigen,
Sind denn die Palmen grün?
Auf, laßt mit hellen Zweigen
Uns ihm entgegenziehn!
Er will in unser Haus,
In unsre Kammern kommen;
Schon ziehen rings die Frommen
Mit Lobgesang heraus.

Ich kann nicht mit euch gehen,
Mir ist der Odem schwer;
Die Kreuzesfahnen wehen,
Ich folge nimmermehr.
Wie wird so klar die Luft!
O Jesu, süße Helle,
Du kömmst in meine Zelle,
In meine Modergruft!

Was soll ich dir bereiten,
Du wunderlicher Gast?
Ich möchte dich verleiten
Zu langer Liebesrast.
Wohlan, ich schmücke dich,
Will dich mit Blumen binden;
Du sollst dich nicht entwinden,
Das weiß ich sicherlich.

Aus deiner Mutter Rechten
Will ich um deinen Fuß
Die reine Lilie flechten
Mit demutsvollem Gruß.
Daß ich dich feßle ganz
Mit Liebesblumenringen,
Will um dein Haupt ich schlingen
Den heil’gen Rosenkranz.

Den Boden will ich streuen
Mit Palmen ganz und gar,
Mein Leiden dir zu weihen,
Was ich in diesem Jahr
Oft still, oft schwerer trug.
Es liegt zu deinen Füßen,
Es soll mich nicht verdrießen,
Dein Will‘ ist mir genug.

Wie soll ich mich doch finden
In deine Liebesmacht,
Daß du an meine Sünden
So gar nicht hast gedacht!
Ich lasse nicht von dir,
Mußt du gleich wieder scheiden;
Ich fühl‘ es wohl in Freuden,
Du kömmst noch oft zu mir.

Annette von Droste-Hülshoff

Der Adventskalender mit der Droste, Tag 18

Am sechsten Sonntage nach Ostern

»Aber solches habe ich zu euch geredet, damit wenn die Stunde kömmt, ihr daran gedenket, daß ich es euch gesagt habe.« [Joh 16, 4]

Erwacht! der Zeitenzeiger hat
Auf die Minute sich gestellt;
Dem rostigen Getriebe matt
Ein neues Rad ist zugesellt;
Die Feder steigt, der Hammer fällt.

Wie den Soldaten auf der Wacht
Die Ronde schreckt aus dumpfer Ruh,
So durch gewitterschwüle Nacht
Ruft uns die Glockenstimme zu:
Wie nennst du dich, wer bist denn du?

Und mancher der im langen Traum
Den eignen Namen fast verschlief,
Stieß nun von sich den schnöden Flaum
Und hastig die Parole rief,
So ernst die Glocke sprach und tief.

Wer möchte sich in solcher Zeit
Von deinem Heere schließen aus?
Was Lenz und Sonne hat zerstreut,
Das sucht im Sturme wohl sein Haus,
Nur Vagabunde bleiben drauß.

Dem Kleinsten ward sein wichtig Teil,
Umsonst hatt‘ keiner seinen Stand.
Mag was da hoch, zu Kraft und Heil
Uns leuchten von der Zinne Rand;
Doch nur die Masse schützt das Land.

Ist es ein schwacher Posten auch,
Auf den mich deine Hand gestellt:
So ward mir doch des Wortes Hauch,
Das furchtlos wandelt durch die Welt,
Gleich ob es dunkelt oder hellt.

Tu nur ein jeder was er kann,
Daß hülfreich stehe Schaft an Schaft;
Der Niedre schließe treulich an,
Der Hohe zeige seine Kraft:
Dann weiß ich wohl wer Rettung schafft!

Annette von Droste-Hülshoff

Die Gewandstudie

Zugleich Der Meßbesuch 3/4 und Das rosa Gewand 9/n

Ein Sketchlet zum Sonntag Gaudete für ein Schaf und
zwei Lämmchen

Wundersdorf, Schafweide. Die Herde tummelt sich in den milden Temperaturen, an der guten Luft freuen sich die Schafe. Nur die beiden Lämmchen hocken im Unterstand vor Kohles Tablet und klicken sich durch verschiedene Internetseiten. Wonach suchen sie bloß? Flocke scheint sich das auch zu fragen und steckt mehr oder weniger erbost die Schnauze zur Tür herein.

 

Flocke: Sitzt doch nicht den ganzen Tag im Unterstand! Es ist so gute Luft!

Huf: Gleich!

Fixi (leichthin): Wir müssen nur noch was für die Schule machen …

Huf (schaut Fixi abrupt von der Seite an, fängt sich aber sofort wieder und kehrt die Schnauze blitzschnell wieder dem Bildschirm zu; unbefangen): Genau! (Er klickt.)

Flocke (interessiert): Worum geht’s denn?

Fixi (versucht der Bildschirm zu verdecken): Ääääääh … ist nicht so wichtig! Nur noch was von letzter Woche … Ist eigentlich schon erledigt.

Huf (ebenso): Wir wollten uns nur noch einmal vergewissern.

Flocke (räumt unsanft den Bildschirm frei): „Schau hin, was dein Lamm mit Medien macht“, heißt es. Ich bin für euch verantwortlich – also worum geht’s? Guckt ihr mitten am Tag irgendeine bescheuerte Serie, während draußen die Sonne scheint? (Sie stutzt) Was ist das denn? Wollt ihr hier für die Weide liturgische Gewänder besorgen? Ihr seid noch nicht geschäftsfähig!

Huf: Das wollen wir ja auch gar nicht! Tante Flocke! Bitte! Wir wollten nur mal ein bißchen nach Preisen recherchieren, um herauszubekommen, ob es für Maria Hilf! Wundersdorf wirklich so unerschwinglich sein sollte, ein rosa Gewand für Gaudete und Laetare zu beschaffen. (Er macht die größtmöglichen Augen.)

Fixi: Laß uns noch ein bißchen suchen, Tante Flocke, wir haben’s gleich! Schau! (Sie öffnet eine Homepage). Schau, hier: Bei Kirchenbedarf-Friedrich in München zum Beispiel haben sie superschöne rosane Kaseln mit Innenstola, auch ganz schlichte. Die Preise unterscheiden sich, als Kirchenkunde ist man sogar noch bevorzugt! 

Huf: Man kann auch nur Stoff bestellen …

Fixi: … falls man Schneiderinnen am Ort hat …

Huf: … was wir ja haben!

Fixi: Siehe Sternsingergewänder!

Huf: Alles kein Problem!

Flocke (überlegt): Hmmmmm … Das könnte direkt was für unseren Pfarrer sein … wenn er Frauen ehrenamtlich ans Arbeiten kriegen kann und das Gefühl hat, dadurch Geld zu sparen … ihr seid gar nicht so dumm! (Sie zwinkert Fixi und Huf zu.) Was habt ihr denn noch?

Fixi: Holyart. Hier!

Huf (zitiert aus der Selbstdarstellung): Der erste Onlineshop für christliche Kunst!

Flocke: Hm!

Huf: Und Scheibmayr aus München.

Fixi: Da wird’s dann schon ein bißchen höher dreistellig.

Huf: Aber alles noch bezahlbar.

Fixi: Wenn man bedenkt, daß wir ein neues Glänzekreuz bekommen haben und neue Glänzekerzenhalter mit runden Glasglocken und neue Türen und neue Geländer und neue …

Flocke: … Fixi! Es reicht! Wir haben verstanden, was du sagen wolltest!

Fixi: … dann ist nicht einzusehen, daß es kein rosa Gewand für mindestens drei Zelebranten gibt!

Huf: Wenn’s bis Laetare wieder nichts wird, sollten wir einen neuen BDKJotnik ausrufen!

Flocke: Warum das jetzt?

Huf: Na – wenn schon keine rosa Gewänder, dann wenigstens rosa Geländer. (Fixi und Huf schütten sich aus vor Lachen, während Flocke die Augen rollt. Nach einem Moment) Ich meine: 125 Ohren wie das von dem „Friedrich“ da … das hat man doch mit einer Kollekte rein!

Fixi: „Für die vielfältigen Aufgaben unserer Pfarrei!“ (Sie lacht.)

Huf (lacht auch): Um nicht zu sagen: Die vielfaltigen!

Flocke (stimmt nun auch ein): Bei einem Gewand stimmt das „vielfältig“ ja auch wirklich mal! (Als sie sich wieder beruhigt haben) Ok – ihr habt gewonnen! Es war gutes Tun, sich hier ein bißchen auf diesen Seiten zu tummeln! Aber jetzt kommt mit nach draußen!

Fixi: Halt! Tante Flocke! Das eine müssen wir dir noch zeigen! Hier!

Huf: „Wameling Paramente“ von Elke Temme-Bunse aus Paderborn.

Fixi: ZEHN rosa Meßgewänder!

Huf: Mmmmmmm … reine Seide …

Fixi: Stör dich nicht dran, daß sie hindrapiert sind, als sollten sie Spensti in Aktion darstellen …

Huf: … für schlappe sechszehnhundert Euro!

Fixi: Aber hier hat sie auch eins für 340.

Flocke (hat die drapierten „Gespenster“ betrachtet, murmelnd): Schon echt interessant! Sie bilden jedes Gewand von vorne ab! Die Schauseite interessiert keinen mehr … um nicht zu sagen: vorn wird zur Schauseite … (Sie reißt sich vom Bildschirm los, lauter) … gut jetzt! Ihr habt genug recherchiert! Das reicht für den ersten Eindruck!

Huf: Es sei denn, du willst noch ein bißchen was über rosane Gewänder und ihre wahren Schauseiten lesen

Fixi: … oder gucken …

Huf: … oder hören!

Flocke: Schluß jetzt, raus mit euch!

 

ENDE

 

Cornelie Becker-Lamers

 

Diese Lämmchen! Kümmern sich! Bloß gut, daß in Weimar kaum noch ein Lämmchen in die Kirche geht! Wer weiß, was die Jugendlichen hier lostreten würden, würde sich hier ein Pärchen wie Fixi und Huf für die Heilige Messe interessieren …

Der Adventskalender mit der Droste, Tag 17

Am fünften Sonntage nach Ostern

»Ihr sollt in meinem Namen bitten.« – »Jetzt wissen wir, daß du alles weißt.« [Joh 16, 26; 30]

In seinem Namen darf ich beten,
Er hat es selber mir gesagt,
Mit seinem Gnadenstempel treten
Vor ihren Schöpfer darf die Magd.
O süßes Anrecht mir gegeben!
O Zuversicht, die ihm entsprießt!
Wie weiß ich heut von keinem Beben,
Wo mich sein Sonnenschein umfließt!

So tret‘ ich denn in Jesu Namen,
Mein Schöpfer, vor dein Angesicht;
Wo stehn die Blinden und die Lahmen,
Dort ist mein Platz und mein Gericht.
Und bin ich der Geringsten eine,
Die knieen unter seinem Schild:
Für alle, alle ist ja deine
So überreiche Hand gefüllt.

Vertrauend will ich zu dir nahen,
Und spräch‘ auch Törichtes mein Mund,
Nur Gnädiges werd‘ ich empfahen,
Du wirst mir geben was gesund.
Ob schwach und irrend die Gedanken,
Vertrauend bring‘ ich sie dir dar;
Und ziehen wirst du selbst die Schranken,
Und treu mein Bestes nehmen wahr.

Ich bitte nicht um Glück der Erden,
Nur um ein Leuchten nun und dann,
Daß sichtbar deine Hände werden,
Ich deine Liebe ahnden kann;
Nur in des Lebens Kümmernissen
Um der Ergebung Gnadengruß:
Dann wirst du schon am besten wissen,
Wie viel ich tragen kann und muß.

Auch nicht um Ruhm will ich dich bitten,
Dem meine Schultern viel zu schwach;
Nur in der Menschenstimmen Mitten
Mir bleibe das Bewußtsein wach,
Daß, wie die Meinung kreist und rennet,
Doch einer ist, der nimmer irrt,
Und jedes Wort, das ihn nicht kennet,
Mich tausendfach gereuen, wird.

Gesundheit! teures Erdenlehen,
Ach! schmerzlich hab‘ ich dich entbehrt!
Doch nur um dieses mag ich flehen:
Die Seele bleibe ungestört;
Daß nicht die wirbelnden Gedanken
Der kranke Dunst bezwingen mag,
Daß durch der bängsten Nebel Schranken
Ich immer ahnde deinen Tag.

Viel warme Liebe hält umfangen
Dies öde Ich zu süßem Schmerz
Und läßt die Sühne nicht gelangen
An mein nach Strenge dürstend Herz.
O schütze mich vor jener Milde,
Die meinen Mängeln viel zu still;
Halt du den Spiegel mir zum Bilde,
Wenn Freundes Rechte zögern will.

Ich möchte noch um vieles bitten,
Doch besser schweigend knie ich hier;
Er, der für mich am Kreuz gelitten,
Mein milder Anwalt, steht bei mir.
Ich wandle stets in Finsternissen,
Er war es stets der Strahlen warf.
Der alles weiß, sollt‘ er nicht wissen
Was seine arme Magd bedarf?

Annette von Droste-Hülshoff

Der Adventskalender mit der Droste, Tag 16

Am vierten Sonntage nach hl. drei Könige

Evangelium: Von den Arbeitern im Weinberge [Mt 20, 1-16]

Ich kann nicht sagen:
»Keiner hat mich gedingt.«
Wem soll ich klagen,
Wenn es mich niederzwingt
In meine schmählich selbstgeflochtnen Bande?
Vor Millionen hast du mich erwählt,
Mir unermeßnes Handgeld zugezählt
In deiner Taufe heil’gem Unterpfande.

Ich kann nicht sagen:
»Siehe, des Tages Last
Hab ich getragen!«
Wenn nun zu Duft erblaßt,
Mich meine matte Sonne will verlassen,
Mein Garten liegt ein übergrüntes Moor,
Und blendend steigt das Irrlicht draus empor,
Den Wandrer leitend in den Tod, den nassen!

Ich kann nicht sagen,
»Siehe, wer stand mir bei?
Ich mußte zagen,
Um mich die Wüstenei,
Und das Getier, so nimmer dich erkennet.«
O Gott, du hast, zur Arbeit mir gesellt,
Viel liebe Seelen rings um mich gestellt,
Worin dein Name unauslöschlich brennet.

Ich kann nicht sagen:
»Sieh, deine Stimme sprach,
Ich mußte wagen,
Und meine Kraft zerbrach,
Was hast du meine Nahrung mir entzogen?«
Mein Gott, und liegt wohl tief es in der Brust,
Doch bin ich großer Kräfte mich bewußt,
Und in der Angst hab‘ ich mir selbst gelogen!

Ich muß verschwinden
Bis in die tiefste Kluft,
Zergehn in Winden
Wie einer Wolke Duft,
Wenn dein Gericht vor meinem Geist wird stehen;
Du hast mich über vieles eingesetzt,
Und ganz verarmt erschein‘ ich und zerfetzt,
Die Güter dein ließ ich zu Kot vergehen.

Nichts kann ich sagen,
Denn meine Hand ist leer.
Soll ich es wagen,
Gegen die Waagschal‘ schwer
Zu legen meiner Reue späte Triebe?
Und ist es nur wie des Ersatzes Spott,
Nichts hab‘ ich sonst, doch du, o milder Gott,
Du hast ein großes, großes Wort der Liebe!

Annette von Droste-Hülshoff

Der Adventskalender mit der Droste, Tag 15

Am dritten Sonntage im Advent

Evangelium: Johannes sendet zu Christo [Mt 11, 3; 10]

»Bist du der kommen soll? oder sollen wir auf einen andern warten?« – »Siehe, ich sende meinen Engel vor deinem Angesichte her, der deinen Weg bereiten soll.«

Auf keinen andern wart‘ ich mehr,
Wer soll noch Liebres kommen mir?
Wer soll so mild und doch so hehr
Mir treten an des Herzens Tür?
Wer durch des Fiebers Qual und Brennen
So liebreich meinen Namen nennen,
Ein Balsamträufeln für und für?

Du wußtest es von Ewigkeit,
Daß der Gedanken Übermaß,
Dem Sinn entzogne Herrlichkeit,
Zersprengen müßt‘ mein Hirn wie Glas;
So kamst du niedrig unsersgleichen,
Wie zu der Armut Fromme schleichen,
Sich setzend wo der Bettler saß.

Wenn fast zum Schwindeln mich gebracht
Der wirbelnden Betrachtung Kreis,
Dann trittst du aus der Dünste Nacht
Und deine Stimme flüstert leis:
Hier bin ich, bin ich, woll‘ mich fassen,
Dann magst du alles andre lassen;
Auf meinem Kreuze hegt der Preis.

O Stimme, immer mir bekannt,
O Wort, das stets verständlich mir,
Du legst mir auf der Liebe Band
Und meine Schritte folgen dir!
In Liebe glaub‘ ich, liebewund
Schieb‘ ich des Herzens Tür auf, und
Geschlossen ist des Grübelns Tür,

Gehemmt die Jagd, durch scharfen Stein
Und Dornen hetzend meinen Fuß;
Ich ruh‘ in deinem kühlen Hain
Und lausche deinem sanften Gruß.
Die Blinden sehn, die Kalten glühen
Und aus des Irren Haupte ziehen
Der dumpfen Schatten Menge muß.

Ich folge dir zu Berges Höhn,
Wo Leben von den Lippen fließt,
Und deine Tränen darf ich sehn,
O tausendmal mit Heil gegrüßt,
Muß in Gethsemane erzittern,
Daß Schrecken Gottes Leib erschüttern,
Blutschweiße Gottes Stirn vergießt.

Er hat gehorsam bis zum Tod,
Ja zu des Todes eitlem Graus,
Gekostet jede Menschennot
Und trank den vollen Becher aus.
So richte dich aus Dorn und Höhle,
Du meine angstgeknickte Seele,
Auch du nur trägst ein irdisch Haus.

Laß wanken denn die Trümmer grau
Und mische deine Tränen nur
Mit deines Heilands blut’gem Tau,
Gequälter Sklave der Natur!
O, dessen Schweiß den Grund gerötet,
Er weiß es, wie ein Seufzer betet,
Mein Jesu, meine Hoffnungsau!

Annette von Droste-Hülshoff

Der Adventskalender mit der Droste, Tag 14

Am achtzehnten Sonntage nach Pfingsten

Evangelium: Vom Wassersüchtigen [Lk 14, 2-4; 11]

Und sieh! es war ein wassersüchtiger Mensch vor ihm; da antwortete Jesus, und sagte zu den Gesetzkundigen und Pharisäern: »Ist es erlaubt am Sabbat gesund zu machen?« Sie aber schwiegen; er aber griff ihn an, machte ihn gesund, und ließ ihn gehen. – Wer sich erhöhet, der wird erniedriget, und wer sich erniedriget, der wird erhöhet werden.

Sechs Tage sollst du tun
Dein Werk mit aller Treue;
Und sollst am siebten ruhn,
Er trägt des Herren Weihe.
So ward es uns gesetzet
Und also folgen wir,
Recht wie den Schnabel wetzet
Das lüstern stumpfe Tier.

Der feiert bei dem Spiel,
Und jener bei der Flasche,
Sinnt jeder lang und viel,
Wie er sich Lust erhasche.
Was nicht den Herrn mag loben,
Und was den Sinn betört,
Wem wird es aufgehoben?
Dem heil’gen Sonntag wert.

Ja, wenn man häufen mag
Der ganzen Woche Sünden
Gen was an diesem Tag
Muß seine Ernte finden,
So wird, o Schmach! es zollen
Wie gen gehäuftes Maß,
Von dem die Körner rollen,
Zwei Ähren, so man las.

Stehn denn die Kirchen leer,
Flieht seinen Herrn der Sünder?
O wenn dem also wär‘!
Der Frevel drückte minder,
Doch aus dem Weihrauchwallen,
Das unsern Gott umfließt,
Zu des Verderbens Hallen
Man wie ein Geier schießt.

In alten Bundes Pflicht,
Als keimend noch die Gnade
Und dämmernd nur das Licht
Fiel auf der Menschen Pfade:
Da trug der Sünde Flecken
Noch nicht der Sabbat, doch
Mußt‘ er den Gläub’gen schrecken,
Ach, wie ein eisern Joch.

Wohl mag es töricht sein,
Dem höchsten Gott zu Ehren
Zu liegen wie ein Stein,
Und jeder Regung wehren;
Doch eitlen Lüsten fügen
Der Sinne kirren Bund –
O besser zehnfach liegen
Wie eine Scholl‘ am Grund.

So hat der Heiland nicht
Den alten Bund gehoben:
Durch Taten wie das Licht
Sollst du den Höchsten loben!
Sei mit der milden Spende
Der Arme dir gegrüßt:
Nicht unrein sind die Hände,
Aus denen Segen fließt.

Und wer gering und klein
Im Schmerzenslager rücket,
Wo schlimmer als die Pein
Verlassenheit ihn drücket,
Verbinde dessen Wunden
Und lächle ihm dazu;
Dann hast du sie gefunden
Die echte Sabbatsruh!

Annette von Droste-Hülshoff

Heute: Andacht zu Ehren der Hl. Luzia

Auch in diesem Jahr wird um 18.00 Uhr in unserer Pfarrkirche eine Andacht („Lichterfeier“) zum Gedenken der Hl. Luzia abgehalten.

Wie empfehlen Ihnen diese Feier aus guter Erfahrung und verweisen zur Einstimmung auf unseren letztjährigen Beitrag, hier. Das Stoßgebet um bessere Bedingungen für die musikalische Arbeit mit Kindern und Jugendlichen, mit dem der Beitrag endet ist allerdings nach wie vor ebenso aktuell wie mein damaliges „PS“.

Gereon Lamers