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Der Adventskalender von Konversionen, Tag 11, Michael Nazir Ali

The Church I so loved has lost its way. I simply HAD to leave.

Msgr. Dr. Michael James Nazir-Ali, geboren am 19. August 1949, aufgenommen in die Kirche am 29. September 2021, zum Priester geweiht am 30. Oktober 2021 

Wenn ein führender christlicher Intellektueller wie M. Nazir-Ali sich in höherem Alter (72) zu einem Schritt entschließt, von dem er selbst sagt, leichter wäre es gewesen, seiner bisherigen, anglikanischen Gemeinschaft verbunden zu bleiben, darf man davon ausgehen, daß die Gründe wohlüberlegt und zwingend waren!
Und wenn das im Jahr 2021 geschieht, seitens einer überaus eloquenten Person, dann darf man weiter davon ausgehen, es gibt genug eigene Worte von ihm zu seiner Entscheidung.

Und so ist es auch. Als verblüffend schwierig hat es hingegen erwiesen, ein Zitat zu finden, das an den Anfang dieses kleinen Beitrags gestellt werden konnte. die zwei Sätze oben (von denen ich nicht einmal ganz sicher bin, ob sie ihm nicht eher in den Mund gelegt worden sind, weil sie so gar nicht zu seinem Sprach- und Schreibduktus passen) sind dann auch die beste Kurzformel, die ich finden konnte, für einen, dessen Konversion so bestimmt ganz und gar nicht “gefühlig”, aber nichtsdestotrotz aus tiefer Glaubensüberzeugung geschah.
Aber werfen wir zunächst einen kurzen Blick auf einen faszinierenden Lebensweg. 

Dr. Michael Nazir-Ali, 2011 (Bild Wikicommons, Gaia Octavia Agrippa)

Nazir-Ali wurde als Kind in Pakistan katholisch erzogen, nachdem sein Vater vom schiitischen Islam konvertiert war. Seine Familie zählt sich zu den Sayyidd.h., direkten Nachkommen Mohammeds. Seine Mutter hatte einen methodistischen Hintergrund.
Er selbst bekannte sich ab seinem 20. Lebensjahr zum Anglikanismus, studierte in Großbritannien Theologie und stieg schnell zu hohen geistlichen Ämtern auf. So war er ab 1984 der erste anglikanische Bischof von Raiwind und zugleich der jüngste Bischof der anglikanischen Gemeinschaft überhaupt. Vorher machte M. Nazir-Ali in Slum-Pfarreien aber auch intensive pastorale Erfahrungen.
Nach seiner Flucht aus Pakistan im Jahr 1986, erzwungen durch die Islamisierungsbestrebungen unter der Militärdiktatur,  machte er eine brillante wissenschaftliche Karriere an den englischen Universitäten und wurde im Jahr 1994 zum Bischof von Rochester ernannt. Als solcher war er auch Teil des House of Lords, trat aber im Jahr 2009 ohne Angabe von Gründen von diesem Posten zurück. Ende des Jahres 2002 war Nazir-Ali einer der beiden „Finalisten“ für das Amt des Erzbischofs von Canterbury, aber der damalige britische Premierminister Tony Blair entschied sich, vermutlich aus politischen Rücksichten, für den “liberaleren” Kandidaten (Rowan Williams).
In den Jahren war M. Nazir-Ali Mitglied zahlreicher Gremien, insbesondere im internationalen und im Bereich der Ökumene. 

Und gerade letzteres war, wenn ich seine Aussagen richtig deute, in vieler Hinsicht der Motor seiner Entfremdung von der anglikanischen Gemeinschaft!
So schildert Nazir-Ali immer wieder, wie enttäuscht er war, wenn, nach der Einigung mit dem ökumenischen Partner, vor allem der Katholischen Kirche, die Anglikanische Gemeinschaft letztlich doch nur machte, was sie je vor Ort (also nicht einmal einheitlich) gerade wollte. Von dieser Feststellung aus war es natürlich nicht mehr weit zu der Erkenntnis von der grundsätzlichen ekklesiologischen Defizienz aller sich „reformiert“ nennenden Kirchentümer.
Hinzu trat eine wachsende Überzeugung von der biblisch begründeten Richtigkeit der katholischen Sakramentenlehre, ganz konkret in ihrer Siebenzahl, sowie allgemein die Erkenntnis, in welch letztlich fataler Weise der Anglikanismus dabei ist, vor der säkularen westlichen “Kultur” zu kapitulieren:

“Die Anglikanische Gemeinschaft ist wankend geworden in der Einhaltung dieser beiden Prinzipien [Grenzen der Inkulturation, formuliert von J. Paul II.] und sie hat vor der zeitgenössischen westlichen Kultur auf eine Weise kapituliert, die die göttliche Offenbarung selbst gefährdet”

Und:

„Die Kirche muss ihre Herangehensweise ändern. Sie darf weder vor der Kultur kapitulieren noch darf sie irgendeine Kultur zerstören. Stattdessen muß sie den Punkt beachten, den Papst Benedikt gemacht hat: Daß die Rolle der Kirche darin besteht, der Kultur zu ermöglichen, ihr wahres Zentrum zu finden.“

Es ist eine große Ermutigung, daß jemand von dem Format Michael Nazir-Alis der Katholischen Kirche auch in ihrer heutigen Gestalt immer noch zutraut, diesen Kampf besser zu bestehen, als andere Kirchentümer! Er dürfte bei seiner Entscheidung eher nicht auf die Kirche in Deutschland geschaut haben… 🙁

Wenn Sie, was ich sehr empfehlen kann!, mehr über M.Nazior-Ali lesen möchten, hier, hier, hier und hier sind einige Links (auf Englisch).

Leider habe ich nur wenige Bilder von ihm nach seiner Konversion gefunden, hier immerhin das Twitter Profilbild

aber es gibt ein Video seiner Priesterweihe!

Enjoy! 🙂

Gereon Lamers

 

PS: Wie schön, daß Beitrag Nr. 1.200 auf PuLa gerade an einem Sonntag erscheinen kann.

 

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