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„Das ist eines Christen unwürdig“

Hamsterkauf und Fastenzeit

Wir persönlich legen keine größeren Vorräte an. Was natürlich nicht unabhängig ist von der Entfernung bis zum nächsten größeren Lebensmittelladen (zwei Minuten Fußweg) und deren derzeitigen Öffnungszeiten (gefühlt rund um die Uhr). Und vom Platz im Keller. Aber wer Angst vor einer Versorgungskrise hat, den hält wohl auch das nicht ab: Schließlich legt man ja Vorräte an, damit man alles hat, falls der Laden nicht mehr versorgt werden kann. Dann ist es egal, wie weit entfernt er ist.

Vergangenen Sonntag sprach ein Priester einen ganz anderen Aspekt an: „Lassen Sie sich nicht anstecken von der Panik und den Hamsterkäufen. Das ist eines Christen unwürdig.“ Das war kühn gesprochen. Und völlig richtig. Es bezog sich nicht einmal auf die Fastenzeit. Das gilt immer. Hamsterkäufe sind eines Christen unwürdig.

Tatsächlich trifft uns die Angst vor den leeren Regalen genau zur richtigen Zeit: Zur Fastenzeit, in der es sowieso angezeigt ist, den Kühlschrankinhalt auszudünnen. Unseren Kühlschrank bezeichnete unsere Tochter unlängst als Mischung von Tetris und Memory. Das ist witzig, weil es eben leider so treffend ist: Man muß immer schauen, wo man irgendwas noch hinstopfen kann – wobei die zwei Kartoffeln, die man vielleicht als Rest für irgendwann verwahrt hat, in die dritte Reihe gelangen und irgendwann doch schlecht werden: Das ganze Jahr über ein Ärgernis und etwas, wofür man sich schämt. Ich habe es schon mit Kühlschranklisten versucht, auf denen ich eingetragen habe, wo welche kleinen Reste lagern, die man demnächst in ein Gericht integrieren sollte. Leider war sogar das letztlich vergeblich, die Lage besserte sich nicht wirklich. Offenbar brauche ich einen äußeren Anlaß wie die Fastenzeit, um einmal im Jahr da wirklich wieder klar Schiff zu machen.

Ein echte Versorgungskrise wäre eine noch bessere Hilfe: Die Speisekammer durchsehen und sich überlegen, was man aus nicht in Rezepten vorgesehenen Kombinationen von Zutaten für Essen zubereiten kann. Die Zeitung mal nicht ins Altpapier werfen, sondern in den Toilettenraum legen und merken, daß das auch geht.

Noch ist es nicht soweit. Aber ich fürchte, verdient hätten wir es – vielleicht sogar alle miteinander. Als Gesellschaft, die tonnenweise Lebensmittel vernichtet und dennoch das ‚Containern‘ verbietet. Aber wer bekommt schon, was er verdient …

Cornelie Becker-Lamers

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