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Die Trainingseinheit

Das Ehrenamtstreffen 2/4

So. Und da wie gesagt ein solches Quiz „Wie gut kennst du dich im Gotteslob aus?“ uns offenbar jetzt jedes Jahr ins Haus steht, möchte ich meinen Bericht vom Ehrenamtstreffen mit einer kleinen ‚Trainingseinheit‘ fortsetzen und eines meiner Lieblingslieder vorstellen.
Es handelt sich um das Lied „Maria, Mutter, Friedenshort“, das sogenannte Neuzeller Wallfahrtslied, im Regionalteil Nummer 860. Das Lied stammt aus dem Bistum Görlitz, bekanntlich nach dem Zweiten Weltkrieg zunächst als Erzbischöfliches Amt, ab 1972 als Apostolische Administratur und 1994 endlich als Bistum Görlitz für den deutsch verbliebenen westlichen Rand des ehemaligen Erzbistums Breslau gegründet. Derzeitiger Bischof ist seit 2011 der in Gotha geborene langjährige Regens des Erfurter Priesterseminars, Bischof Wolfgang Ipolt.

Zu diesem Bistum nämlich gehört das Stift Neuzelle, das in diesem Jahr nicht nur den 750. Jahrestag seiner Gründung durch den Wettiner Heinrich III. von Meißen (genannt den Erlauchten), sondern auch seine Neubesiedlung als Tochterkloster der Abtei Heiligenkreuz bei Wien begeht.

Das Kloster birgt schon zu Beginn seiner bemerkenswerten Geschichte einen Thüringenbezug: Als Sohn Juttas von Thüringen war der um 1215 geborene Gründer ein Neffe Ludwigs IV., des Landgrafen von Thüringen und Ehemannes der Heiligen Elisabeth. Ab 1221 stand der verwaiste Heinrich III. unter Ludwigs Vormundschaft und folgte ihm 20 Jahre nach dessen Tod, also 1247, auch auf den Landgrafenthron.

Statue der Elisabeth von Thüringen vor den ihre Geschichte illustrierenden Glasfenstern, Herz Jesu Kirche Weimar (eigenes Bild)

Bemerkenswert an der Geschichte des Klosters Neuzelle ist vor allem sein Fortbestehen bis nach dem Wiener Kongreß. Obwohl im 16. Jahrhundert „das katholische Kirchenwesen in Brandenburg und den beiden Lausitzen praktisch untergegangen“ war, wie die Bistumsseite schreibt, wurde Neuzelle erst 1817, nach dem Zuschlag zu Preußen, säkularisiert. Zugleich sorgte dieser Zuschlag 1821 für die Zuordnung der Niederlausitz zum Bistum Breslau, von wo aus „das katholische Leben in der Lausitz einen kräftigen Aufschwung [erhielt]. Vor allem in die Bergbaugebiete der Lausitz kamen Grubenarbeiter aus Oberschlesien, die alle katholisch waren.“ (ebd.) In der Tat verzeichnet das Erzbistum Breslau auch dieser Tage einen beeindruckenden Katholikenanteil von über 96% der Bevölkerung. Na also. Wer sagt’s denn 😉 .

Für Wallfahrten standen die vielen Orte der Bistümer Breslau, Schweidnitz oder Liegnitz zur Verfügung – vor allem Kloster Grüssau im Bistum Liegnitz soll beliebt gewesen sein – bis die Niederlage im Zweiten Weltkrieg den schmalen westlich der Oder gelegenen Streifen des Erzbistums Breslau vom Rest der Diözese abtrennte. „Da die vielen schlesischen Vertriebenen nicht mehr auf den Annaberg, nach Wartha oder Albendorf und die Ermländer nicht mehr nach Heiligenlinde und Dietrichswalde pilgern konnten, wurde nach der Vertreibung Neuzelle ihr neuer Wallfahrtsort“, schreibt der Kirchenhistoriker Prof. Dr. Rudolf Grulich in seinem lesenswerten geschichtsbezogenen Beitrag zum Neuzeller Wallfahrtslied.

Das Lied war ein Auftragswerk, das Auftragswerk des damaligen Diözesan-Jugendseelsorgers von Görlitz, Heinrich Theissing (* 1917 Neisse, + 1988 Schwerin). Nach fehlgeschlagenen Versuchen, ein neues Lied für den neuen Wallfahrtsort einzuführen, wandte er sich an den Tischlermeister und Holzbildhauer Georg Schröter (* 1910 Görlitz, + 1986 Burg Rothenfels, Bayern), der – „Schläft ein Lied in allen Dingen“ – den Text ebenso „fand“ wie Bildhauer bekanntlich dem eigenen Bewußtsein nach ihren Figuren lediglich aus den Steinen oder dem Holz heraus ans Licht verhelfen. Schröter schuf, obwohl oder gerade weil selber gar kein Vertriebener, den genialen, weil schlichten und dennoch nicht zu einfachen, vor allem nicht zu düsteren Text, der mit seiner Vertonung durch Adolf Lohmann von den Gläubigen sofort angenommen wurde und bis heute lebendig ist: Das Lied wurde sowohl in Bad Muskau als auch in Torgau in den Sonntagsmessen gesungen, die wir urlaubsweise dieses Jahr dort besucht haben.

Fortsetzung folgt morgen

Cornelie Becker-Lamers

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