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Ein Sonntagmorgen voller…

…gemischter Gefühle.

Nein, für einen „Sonntagmorgen voller guter Laune“, jene allseits beliebte Kategorie auf PuLa hat es leider nicht gereicht, aber „gemischte Gefühle“, das paßt doch eigentlich ganz gut zum Charakter des Palmsonntags, dem Tag, an dem von Jesu triumphalen Einzug in „seine Stadt“ die Rede ist und andererseits schon die ganze Passion gelesen, wird, oder?

Na, jedenfalls fand sich heute morgen gegen 8.45 Uhr ein zwar deutlich reduziertes, aber ansehnliches Häuflein von Gläubigen zur Palmweihe am Otto-Neururer-Haus ein, denn da standen wir bei etwa -8° und schneidendem Ost- Nordostwind, wenn auch bei strahlendem Sonnenschein, so daß sich die gefühlte Temperatur sicherlich bei ca. -15° befunden haben dürfte. Da kamen dann bloß die „üblichen Verdächtigen“ (in jedem Sinne sozusagen 😉 ). Allerdings zusammengesetzt aus allen Altersstufen, von Vorschulkindern bis über 80. So etwa stelle ich mir die Gemeinden der Zukunft vor, wenn eben endgültig nur noch die kommen werden, denen die Sache wirklich was bedeutet, und fand das heute gar keine so schlimme Vorstellung! Wenn man die Situation bildlich nehmen will: Es ist kalt und der Wind weht uns ins Gesicht, aber das geschieht eben auch im gleißenden Licht, das uns nicht (niemals!) zu nehmen sein wird!

Anschließend haben sicherlich diesmal alle die Kürze der Prozession (es ist wirklich mehr ein „Weg“) als wohltuend empfunden, aber: Es gab ihn, den gemeinsamen sinnfälligen Einzug in die Kirche! Mit lautem Gesang (Mir nach, spricht Christus unser Held, GL 616).

Was sich anschloß war ein im großen und ganzen würdiger und schöner Gottesdienst. Über die „liturgischen Eigenheiten“ gerade dieses Zelebranten habe ich hier ja schon berichtet (hier und hier), aber heute ist es mir mal ganz gut gelungen, das als persönliche Besonderheit zu werten (obwohl das natürlich eigentlich völlig falsch ist, denn Liturgie ist eben gerade strikt überpersönlich!).

Ich will mich auch nicht damit aufhalten, daß beim Schlußlied (GL 166) durch die Auswahl der Strophen (nur die Nr. 2) die Chance vertan wurde, immerhin einen kleinen marianischen Aspekt zu berücksichtigen, wie er sich für ein Schlußlied nun mal gehört, aber zwei Beobachtungen müssen doch sein:

Die Predigt begann mit der Klage über den zunehmenden Verlust von Prozessionen als Element katholischen Lebens. Sicher leider vielerorts sehr richtig, aber: Hatten wir nicht gerade eine Prozession erlebt, nein, mitgemacht?! Die Feststellung blieb aber leider so im Raum stehen. Und hat sie nicht einer angeführt, der nicht nur etwas gegen das tun könnte, was er beklagte, und genau dazu berufen ist, sondern eben auch gerade etwas dagegen getan hatte? Ich verstehe einen spezifischen Tonfall der Mutlosigkeit nicht. Ichverstehe ihn einfach nicht! Und er ist nicht bloß überflüssig (wie die Gelegenheit zeigte), sondern er ist gefährlich, denn die Menschen hören sehr gut zu, nicht nur auf die Worte, sondern gerade auch auf solche unterschwelligen Botschaften! Mehr Mut!

Und dann die Fürbitten! Von anderem mal abgesehen, wer um alles in der Welt denkt sich bloß solche Texte aus?! Die Antwort der Gemeinde lautete heute: „Herr, erbarme dich!“ Ja, wirklich und zuerst der Verfasser solcher Texte, hätte man rufen wollen, so voller „Fernsten-Liebe“ und betulich wohlabgewogenem Polit-Sprech waren sie wieder! Schlimmster Verlautbarungsstil! Ich habe selbst beruflich schon solcherart Texte produzieren müssen, die nach mehrmaliger „Abstimmung“ so glattgeschliffen und „unangreifbar“ waren, daß sie keinerlei Anstoß mehr erregen konnten. Soll das die Sprache sein, die „die Menschen heute verstehen“? Ein Schmarrn! „Die Menschen“ haben nämlich nach meiner Überzeugung und Erfahrung ein viel feineres (Spach-) Gefühl, als man ihnen gemeinhin „höchst wohlwollend“ zutraut! Oder meint einer, die sog. Politikverdrossenheit käme nicht auch genau von solchen gestanzten und abgeschliffenen Wort-Ungetümen? Natürlich kommt sie! Dabei wissen sie aber auch noch genau zu unterscheiden, „die Menschen“ und deswegen erwarten sie in der Kirche zu Recht gerade dies eben nicht! Hier darf, ja soll es anstößig werden, denn das berührt und dabei helfen gerade „alte“ und eher quer zum allgemeinen Sprachgebrauch stehende Formulierungen! Weniger Pseudo-Originalität!

Ach ja! Aber welch wundervolle Sätze durften wir wieder im Evangeliumstext hören!

Da riefen ihm einige Pharisäer aus der Menge zu: Meister, bring deine Jünger zum Schweigen! Er erwiderte: Ich sage euch: Wenn sie schweigen, werden die Steine schreien. (Lk 19, 39 f.)

Das folgende konnte man schon im vergangenen Mai in anderem Kontext hier lesen, aber es ist immer wieder schön!

“Christ prophesied the whole of Gothic architecture in that hour when nervous and respectable people (such people as now object to barrel organs) objected to the shouting of the gutter-snipes of Jerusalem. He said, “If these were silent, the very stones would cry out.” Under the impulse of His spirit arose like a clamorous chorus the facades of the mediaeval cathedrals, thronged with shouting faces and open mouths. The prophecy has fulfilled itself: the very stones cry out. “

(G. K. Chesterton, Othodoxy, The Eternal revolution)

[Christus hat das Ganze der gotischen Architektur prophezeit, in jener Stunde, als nervöse und wohlanständige Leute (die gleichen Leute, die sich jetzt an Drehorgeln stoßen) Einspruch erhoben gegen das Geschrei der Gassenjungen von Jerusalem. Er sagte: „Wenn diese schwiegen, würden die Steine selbst schreien.“ Unter dem Impuls Seines Geistes entstanden, gleich einem lärmenden Chor die Fassaden der mittelalterlichen Kathedralen, gedrängt voll mit rufenden Gesichtern und offenen Mündern. Die Prophezeiung hatte sich erfüllt: die Steine selbst schreien es heraus.] (eigene Übertragung)

Wasserspeier an der Fassade der Monastère royal de Brou, Bourg-en-Bresse (Bild: Fanpon, Wikipedia)

 

PS: Das muß wunderschön sein, dort:

Monastère Royal de Brou (Bild: Jochen Jahnke aus der deutschsprachigen Wikipedia)

 

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