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„A knight of Faith“: Theodor Haecker (Los Wochos Ferienlektüre, Ergebnisse)

„A knight of faith“, einen “Ritter des Glaubens”, so nannte sein englischer Übersetzer, Alexander Dru, Theodor Haecker (4.6.1879 – 9.4.1945).

Vor 81 Jahren erschien, aus Anlaß des Gedenkens an die 2.000te Wiederkehr von dessen Geburt, sein schmales Büchlein, „Vergil, Vater des Abendlands“.

Wie beim Start von „Los Wochos, Ferienlektüre“ erwähnt, verdanke ich den Hinweis auf dieses Buch in erster Linie der vor kurzem erschienenen Autobiographie von R. Spaemann und in zweiter Linie „pro spe salutis“.

Spaemann könnte die 140 Seiten wie ich in der Ausgabe von 1947 der „Hegner-Bücherei, Bei Josef Kösel in München“ gelesen haben, mit der Druckerlaubnis der alliierten Militärregierung…

Und ganz ohne Zweifel tat man damals gut daran, die Stimme dieses Autors wieder (?) laut werden zu lassen, dem die Nazis Publikationsverbot erteilt hatten, der aber in der „inneren Emigration“ auf seine Art zu reagieren wußte und so zu einem geistigen Vater der „Weißen Rose“ wurde:

„Ich habe nicht die Macht zu verhindern, daß heute das Gesindel die Welt regiert, aber gegen eines kann ich mich Gott sei Dank doch wehren, so schwach ich auch bin, daß mir nämlich das Gesindel die Welt erklärt.“

Es gereicht denjenigen zur Ehre, die sich um die Geschichte dieser jugendlichen Widerstandsbewegung bemühen, daß sie auch Haeckers gedenken!

Denn, auch wenn ihm die Stadt seiner Jugend, Esslingen, den Theodor-Haecker-Preis gewidmet hat, der seit 1995 an Menschenrechtler weltweit vergeben wird, Haecker ist ein weitgehend vergessener Autor. Auch ich hatte, ich gestehe es freimütig, bis dato nicht wirklich eine Vorstellung von ihm. Das verstehe ich nach der faszinierenden Lektüre auch.

Haecker gehört nämlich in jene Kategorie von Schriftstellern und Denkern, Denkern und Schriftstellern (wie etwa auch Josef Pieper), die, ich glaube man kann es gar nicht anders sagen, den intellektuellen Deutschen in den „wunderbaren“ 60er Jahren einfach „peinlich“ geworden sind, weil sie den „hohen Ton“, der dort angeschlagen wurde, nicht mehr zu goutieren wußten, vor allem aber vermutlich, weil Haecker-Lektüre dazu angetan gewesen wäre, der damaligen blinden Moderne-Verliebtheit (um nicht zu sagen – Besoffenheit) einen tiefgründenden Spiegel vorzuhalten. Und diese Generation, die in unserem Land unseligerweise immer noch an den Hebeln der veröffentlichten Meinung sitzt und an den „Sixties“ mit einer gepflegt unreflektierten Affenliebe hängt, hat ihren Kindern diese Bücher eben „höchst wohlmeinend“ vorenthalten…

Nun, das hat für uns heute immerhin den Vorteil, daß wir die Werke zu einem Spottpreis antiquarisch erstehen können, und dazu kann ich nur lebhaft ermuntern! Denn mittlerweile kann ich erahnen, warum Spaemann dieses Buch zu seinen einflußreichen Leseerlebnissen zählt: Es atmet einen tief freien Geist, voll Bewunderung, ja Ehrfurcht, dort, wo wir sie fast verlernt haben (bzw. nie ge-lernt haben, oder nicht haben lernen dürfen) und erfrischend Respekt-los gegenüber dem, was auch heute noch beweihräuchert wird, ohne es zu verdienen. Ein fulminantes Buch!

„So ist der Inhalt der Aeneis auch eine inchoative, verschwommene, des zeugenden Geistes harrende Theologie, deren das Heidentum in der Fülle der Zeit fähig war. Das Heidentum vor Christus ist genauso unwiederbringlich wie das Judentum vor Christus.

Das ist der gewaltige Unterschied der obedientiellen adventistischen Humanität eines Vergil und des verblaßten, abgefallenen Humanismus der sogenannten Humanisten der Renaissance: jene war ein mütterlicher Boden, der des sprengenden Samens harrte; dieser eine Gärtnerei, die sich mit Setzlingen schöner Topfpflanzen weiterbringt; jene ein Abgrund der Sehnsucht, der nach dem Abgrund der Erfüllung verlangt, der ihr auch antwortete; dieser eine Vorsichtsmaßregel, die vielleicht, wenn es hochkommt, und der Zufall so fällt, einige Jahrhunderte hilft, die Augen zu schließen vor kommenden Katastrophen; – das Groteske dabei ist, daß Klassizisten in Vergil ihre eigenen Karikatur sehen wollten, während doch er nichts, nicht das Geringste von dem Seinen, von der Tragik und Schuld aufgegeben hatte, sie dagegen in den letzten Dingen die Vergangenheit ihrer Väter oft verraten haben und daher in der Zukunft, die unser harrt, kaum sehr viel mitzureden haben, sondern verraten sein werden durch sich selbst, ihre Söhne und ihre Enkel.

Ein der Theologie entleerter Humanismus wird nicht standhalten. Man sucht heute krampfhaft nach dem ‚Menschen‘, aber man sucht etwas, das es überhaupt nicht gibt: den autonomen Menschen. Den ganzen Menschen im Auge haben, heißt nicht nur, daß man nicht Teile seiner für das Ganze nehme, sondern, was viel wesentlicher und entscheidender ist, daß man seine Ganzheit darin erkenne, daß er, ‚der Mensch‘, die ganze Kreatur ist, also unaufhörlich nach dem Kreator schreit, wenn er nicht bei ihm ist, wie das Kind nach der Mutter, wenn sie nicht bei ihm ist.“

(Abschluß des sechsten Kapitels, Odysseus und Aeneas, S. 95f., Hervorhebungen des Autors)

Und dazu ein gläubiges, ausgesprochen katholisches Buch des Konvertiten Haecker, der auch den sel. Kardinal Newman ins Deutsche übertragen hat (OCC-Check: 10 Punkte!)

PuLa sagt: Lesen, bedenken, kaufen, weitergeben!

2 Kommentare

  1. Andreas schrieb:

    Ein wunderbarer Beitrag!

    Samstag, 11. August 2012 um 20:39 | Permalink
  2. Frischer Wind schrieb:

    Herzlichen Dank für diese erfrischende Buchbesprechung als „hilfreichen Eindruck“!
    Macht neugierig und ist auf meiner Bücher-Wunschliste notiert…

    Montag, 13. August 2012 um 23:18 | Permalink

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