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Musik und Gottesdienst. Gedanken zur Situation der Kirchenmusik in der katholischen Pfarrgemeinde „Herz Jesu“ in Weimar Teil 1

Über Gastbeiträge freut sich PuLa bekanntlich immer besonders, denn erklärter Zweck dieses Blogs ist nicht in erster Linie mein selbstgenügsames Schreiben! Dabei dürfen die Meinungsäußerungen nachweisbar gerne sogar dem ganzen Ansatz kritisch gegenüberstehen.

Schöner ist es aber natürlich, wenn wie heute ein, wenn ich so sagen darf, kongenialer Beitrag veröffentlicht werden kann, der zudem noch ausgesprochen umfangreich und hochklassig ist.

Eben aufgrund des Umfangs habe ich ihn in Absprache mit der Verfasserin in zwei Teile geteilt. Teil 2 erscheint morgen.

Das wird, passend zum Sonntag, ein Fest, denn dann kommen nach der ausführlichen Grundlegung die Vorschläge, die Amei Mende zur Kirchenmusik an Herz-Jesu-Weimar macht.

Abschließend sei nur der guten Ordnung halber noch darauf hingewiesen, daß der Beitrag verschiedenen berufenen Personen, darunter einigen geistlichen Herren, incl. Pfr. Kämpf selbstverständlich, zur Meinungsbildung bereits vorlag, ganz wie es sich gehört.

So, nun aber genug der Vorrede, ich wünsche bei der Lektüre so viel Vergnügen, wie ich es hatte!

 

Amei Mende,  Weimar

Weimar, im Oktober 2011

 

Musik und Gottesdienst. Gedanken zur Situation der Kirchenmusik in der katholischen Pfarrgemeinde „Herz Jesu“ in Weimar

 

Das Franz-Liszt-Jahr 2011 mit einer Fülle von Konzerten, Ausstellungen und Vorträgen neigt sich dem Ende. Zu den Höhepunkten gehört sicher die Aufführung des Oratoriums „Christus“ von Franz Liszt im Dom St. Marien zu Erfurt.

Aus kirchlicher Sicht war das Liszt-Jahr auch Anlass, auf die tiefe Verbindung von Religion und Musik einzugehen. Der fünfte Kulturempfang des Bistums Erfurt, zu dem unser Bischof Dr. Wanke Künstler, Kulturverantwortliche und Theologen am 29. 09. 2011 auf den Domberg in das Coelicum eingeladen hatte, widmete sich daher im Liszt-Jahr der Musik. So hieß es in der Begrüßungsrede des Bischofs: „Religion und Kunst ganz allgemein bieten den Menschen Erklärungsmuster für ihre Erfahrungen von Selbsttranszendenz und Selbstüberschreitung. Hier bieten sich Grundlagen für Gespräche und Diskussionen.“ Prof. Dr. Altenburg referierte über das Künstlerbild und Kunstideal Franz Liszts zu dem Thema „Der Menschheit Würde ist in eure Hand gegeben.“

Am Vortag der Einweihung der „Franz-Liszt-Gedächtnisorgel“ in der Herz-Jesu-Kirche Weimar fand am 07. Mai 2011 im Saal am Palais der Hochschule für Musik „Franz-Liszt“ ein Symposium statt, getragen von der Hochschule für Musik „Franz Liszt“ und der katholischen Pfarrgemeinde „Herz Jesu“ Weimar. Namhafte Referenten aus Deutschland und der Schweiz stellten ihre Vorträge unter das Tagesthema: Franz Liszt und die Zukunft der Kirchenmusik.

Während eines feierlichen Vespergottesdienstes wurde die „Franz-Liszt-Gedächtnisorgel“am Sonntag, dem 08. Mai 2011 eingeweiht.

Bischof Dr. Joachim Wanke sprach dabei das Segensgebet zur Orgelweihe (aus dem Benediktionale):

„Großer Gott, du willst, dass wir Menschen dir in der Freude des Herzens dienen.

Deshalb lassen wir Musik und Instrumente zu deinem Lob erklingen.

Du hast deinem Diener Mose den Auftrag gegeben, Posaunen anzufertigen, damit sie bei der Feier des Opfers erschallen.

Mit Flöte- und Harfenklang hat das auserwählte Volk dir seine Loblieder gesungen.

Dein Sohn ist Mensch geworden und hat jenen Lobgesang auf diese Erde gebracht, der in den himmlischen Wohnungen durch alle Ewigkeit erklingt.

Der Apostel mahnt uns, dir aus vollem Herzen zu singen und zu jubeln.

In dieser festlichen Stunde bitten wir dich:

Segne diese Orgel, damit sie zu deiner Ehre ertöne und unsere Herzen emporhebe zu dir.

Wie die vielen Pfeifen sich in einem Klang vereinen, so lass uns als Glieder deiner Kirche in gegenseitiger Liebe und Brüderlichkeit verbunden sein, damit wir einst mit allen Engeln und Heiligen in den ewigen Lobgesang deiner Herrlichkeit einstimmen.

Das gewähre uns durch Christus, unseren Herrn.

Amen.“

 

Der Geschäftsführer der Orgelbau Waltershausen GmbH, Joachim Stade, äußerte folgende Gedanken zum Bau der Orgel:

„Liszts 200. Geburtstag, der in diesem Jahr im Mittelpunkt des kulturellen Geschehens in Thüringen steht, verhilft einer neuen Orgel ins Leben. Es war auch Franz Liszt, der Namenspatron der Weimarer Musikhochschule, der seinerzeit europaweit für den Bau der Herz-Jesu-Kirche Gelder einwarb und sich daran überdies mit seinem eigenen Vermögen beteiligte … Die Orgel wurde – in Kooperation mit der katholischen Kirchengemeinde „Herz Jesu“ – von der Hochschule für Musik „Franz Liszt“ als große Konzert- und Übungsorgel in Auftrag gegeben. Das neue Instrument erfüllt aber gleichrangig liturgische Funktion für das Gemeindeleben …“

 

Spiritus Rector dieses großartigen Unternehmens ist Prof. Michael Kapsner. Der Amtsinhaber der „Orgelland Thüringen“-Professur seit 2004 an der Hochschule für Musik „Franz Liszt“ und Künstlerischer Leiter des 2. Bach-Liszt-Orgelwettbewerbs vom 22. 08. – 05. 09. 2011 in Erfurt-Weimar-Merseburg, war Initiator und maßgeblicher Fachmann der Hochschule für den Bau der neuen „Franz-Liszt-Gedächtnis- Orgel“. Auch diese Bezeichnung ist von ihm.

Geplant war die Uraufführung der „Toccata zur Einweihung der Franz-Liszt-Gedächtnisorgel“, die der Weimarer Komponist Ludger Vollmer speziell für diese schöne Orgel und ihre Besonderheiten (z.B. die Lisztharmonika in einem Fernwerk in der Kuppel der Kirche) komponiert hat. Wegen schwerer Krankheit konnte Prof. Kapsner bei der Orgelweihe nicht den Organistendienst übernehmen und musste auf die Teilnahme beim Orgelmarathon verzichten.

Wenn alle Vorträge, Reden und Predigten (ich erinnere an die Predigt von Pfarrer Christian Bock im Festgottesdienst zum 120. Kirchweihjubiläum am 27. 09. 2011) ernst gemeint waren, dürfte die neue Orgel nicht nur ein schönes Schauinstrument bleiben, sondern den großartigen Klangraum unserer Kirche mit allen Registern mit Raumklang erfüllen: Soli Deo Gloria.

Mit den folgenden Textauszügen möchte ich diese Sehnsucht begründen helfen.

 

Liturgie und Leben. Liturgie als Spiel

Das Spiel der Kinder erscheint in vielem als eine Art Antizipation des Lebens, als Einübung ins spätere Leben, ohne dessen Last und Ernst in sich zu tragen… Liturgie wäre dann eine ganz andere Art von Vorwegnahme, von Vor-Übung: Vorspiel des künftigen, des ewigen Lebens, von dem Augustinus sagt, dass es im Gegensatz zum jetzigen Leben nicht mehr aus Bedürfnis und Notwendigkeit gewoben ist, sondern ganz aus der Freiheit des Schenkens und Gebens. Dann wäre Liturgie Wiedererweckung des wahren Kindseins in uns, der Offenheit auf das ausstehende Große, das mit dem Erwachsenenleben wahrhaftig noch nicht erfüllt ist; Sie wäre gestaltete Form der Hoffnung, die das künftige, das wirkliche Leben jetzt schon vor-lebt, uns auf das richtige Leben – das der Freiheit, der Gottunmittelbarkeit und der reinen Offenheit füreinander – einübt. So würde sie auch dem scheinbar wirklichen Leben des Alltags die Vorzeichen der Freiheit einprägen, die Zwänge aufreißen und den Himmel der Erde hereinscheinen lassen.

Quelle: Joseph Ratzinger/Benedikt XVI. „Wer hilft uns leben?“ Von Gott und Mensch. Herder spektrum, S. 154-155

 

Das 2. Vatikanische Konzil über die Kirchenmusik

Die überlieferte Musik der Gesamtkirche stellt einen Reichtum von unschätzbarem Wert dar, ausgezeichnet unter allen übrigen künstlerischen Ausdrucksformen vor allem deshalb, weil sie als der mit dem Wort verbundene gottesdienstliche Gesang einen notwendigen und integrierenden Bestandteil der feierlichen Liturgie ausmacht. In der Tat haben sowohl die Heilige Schrift (Eph 5,19; Kol 3,16) wie die heiligen Väter den gottesdienstlichen Gesängen hohes Lob gespendet; desgleichen die römischen Päpste, die in der neueren Zeit im Gefolge des heiligen Pius X. die dienende Aufgabe der Kirchenmusik im Gottesdienst mit größerer Eindringlichkeit herausgestellt haben. So wird denn die Kirchenmusik um so heiliger sein, je enger sie mit der liturgischen Handlung verbunden ist.

Quelle: Vaticanum II (1962-1965) Konzilskonstitution über die heilige Liturgie (Sacrosanctum concilium), 6. Kapitel: Die Kirchenmusik, Artikel 112-121

 

[Der 1954 heiliggesprochene] Papst Pius X. gründete in der neueren Zeit 1911 das Pontificio Istituto di Musica Sacra, das der Kongregation für den Gottesdienst und die Sakramentenordnung unterstellt ist.

Während eines Besuches des Päpstlichen Instituts „Arte Sacra“ am 15. Oktober 2007 erinnerte Papst Benedikt XVI. an seinen Vorgänger Johannes Paul II., der sich bewusst gewesen sei „dass Gesang und Kirchenmusik eine besondere Kraft besitzen um die Herzen zu bewegen und zu erheben, um gewissermaßen in das innere Leben Gottes selbst einzudringen.“ Papst Johannes Paul II. habe auf drei grundlegende Merkmale hingewiesen, die jede echte Kirchenmusik auch heute noch auszeichne: Heiligkeit, wahre Kunstfertigkeit und Universalität. Die Aussendungs- und Segensworte Papst Benedikts XVI. an die Professoren und Schüler des Päpstlichen Instituts für Kirchenmusik in Rom dürfen ganz sicher auch für die Professoren und Studierenden des Instituts für Kirchenmusik an der Hochschule für Musik „Franz Liszt“ in Weimar gelten: „Ihnen, verehrte Professoren und Schüler des Päpstlichen Instituts, übertrage ich somit diese anspruchsvolle und zugleich leidenschaftliche Aufgabe, im Bewusstsein, dass sie für das Leben der Kirche einen Wert von großer Bedeutung darstellt.“

 

Die Zierde der Eucharistiefeier

Wer in den synoptischen Evangelien den Bericht über die Einsetzung der Eucharistie liest, ist ergriffen von der Schlichtheit und auch von der „Gewichtigkeit“, mit der Jesus beim Letzten Abendmahl das große Sakrament stiftet. Eine Episode dient gewissermaßen als Vorgeschichte der Erzählung: Dies ist die Salbung von Bethanien… Wie die Frau der Salbung von Bethanien, hat die Kirche sich nicht davor gefürchtet zu „verschwenden“, wenn sie das Beste ihrer Mittel einsetzt, um ihr anbetendes Staunen angesichts des unermesslichen Geschenks der Eucharistie zu zeigen. Nicht weniger als die ersten Jünger, die beauftragt waren, den „großen Saal“ herzurichten, fühlte sich die Kirche durch die Jahrhunderte und in der Aufeinanderfolge der Kulturen dazu gedrängt, die Eucharistie in einem Rahmen zu feiern, die eines so großen Geheimnisses würdig ist. Ganz in diesem erhabenen Sinn des Mysteriums versteht man, wie der Glaube der Kirche an das eucharistische Geheimnis in der Geschichte nicht nur durch den Anspruch einer inneren Haltung der Verehrung zum Ausdruck gekommen ist, sondern auch durch eine Reihe äußerer Ausdrucksformen, um die Größe des gefeierten Ereignisses herauszustellen und zu unterstreichen.

Papst Johannes Paul II. nennt an dieser Stelle die Architektur, die Bildhauerei, die Malerei und die Musik, „die sich am christlichen Mysterium ausgerichtet und in der Eucharistie direkt oder indirekt ein Motiv großer Inspiration gefunden haben.“

Quelle: Enzyklika Papst Johannes Paul II. „Ecclesia de Eucharistia“ vom 14. April 2003, 5. Kapitel. Die Zierde der Eucharistiefeier, Artikel 47-49

 

Teil 2 am morgigen Sonntag!

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  1. […] Ein Text dessen Inhalt, ungeachtet seiner, wie ich finde, geradezu universalen Gültigkeit, in Weimar geschrieben, gerade für Weimarer kirchliches Handeln verbindlich sein muß! (vgl. dazu auch schon Amei Mendes Gedanken, hier). […]

  2. […] ich aber nicht… Wie gut, wenn man liebe und kluge Freunde hat! Amei Mende verdanken wir, wieder einmal, einen wertvollen […]

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