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Osternacht. Oster-nacht? Oster-NACHT!

In den frühesten Zeiten wurde die Feier von Leiden, Tod und Auferstehung des HErrn als eine „Ganz-Nacht-Feier“ begangen, woraus sich dann (bis zum 4. Jh.) die Feier der drei Österlichen Tage, das Sacrum Triduum entwickelte, das schon Augustinus (354 – 430) kannte.

Der Charakter der Feier in der Nacht, einer „heiligen Nachtwache als Zeit des Übergangs“, hat sich, den Berichten der Evangelien folgend (die im einzelnen freilich voneinander differieren), auch in den heute geltenden Regelungen zur zeitlichen Plazierung der Osternachtfeier erhalten.

So heißt es in der Grundordnung des Kirchenjahres (GOK)

21. Die Osternacht, in der Christus auferstanden ist, gilt als „Mutter aller Vigilien“ (Augustinus). In ihr erwartet die Kirche nächtlich wachehaltend die Auferstehung des Herrn und feiert sie in heiligen Zeichen. Daher soll die ganze Vigil als nächtliche Feier gehalten werden, d. h. erst nach Anbruch der Dunkelheit beginnen und vor dem Morgengrauen des Sonntags enden. (Hervorhebungen und Klammereinfügung [im Original Fn. 11] vor mir)

Und das Meßbuch bestimmt:

„Die Feier findet in der Nacht statt; sie soll nicht vor Einbruch der Dunkelheit beginnen und nicht nach der Morgendämmerung des Sonntags enden.“ (MB [63])

Und dann gibt es da noch ein hilfreiches Dokument der Ritenkongregation vom 16. Januar 1988: „Die Feier von Ostern und ihre Vorbereitung“, (bzw. Paschalis Sollemnitatis), dort heißt es:

78. „Die ganze Feier der Osternacht findet in der Nacht statt; sie soll entweder nicht vor Einbruch der Dunkelheit beginnen oder nicht nach der Morgendämmerung des Sonntags enden.“ Diese Vorschrift ist streng einzuhalten. […]

Dabei ist das etwas mißverständliche „entweder…oder“ (das bezeichnenderweise in der englischen Version gar keine Entsprechung hat!) so zu interpretieren, daß, wenn man innerhalb des Zeitraums „Nacht“ [„entweder“] zu Beginn der Nacht anfängt, es bereits dunkel sein muß [„oder“] (besser hieße es:) „bzw.“, wenn man gegen Ende der Nacht beginnt, es noch nicht dämmern darf, wenn die Feier endet. Das Entweder…Oder bezieht sich also nur auf die alternativen Anfangs-, bzw. Endmöglichkeiten innerhalb des klar definierten Zeitraums „Nacht“.
(Leider habe ichden lateinischen Originaltext des Rundschreibens [noch] nicht gefunden, wer da helfen kann, ich würde mich freuen!)

Diese Definition der Nacht ist natürlich eine astronomische. Lesen Sie hier, wie man Dämmerung vom Winkelstand der Sonne hinter der Horizontlinie her bestimmt.
Dabei ist zu beachten, daß es drei Formen der Dämmerung gibt: Die Astronomische, als früheste, dann folgt die Nautische und schließlich die Bürgerliche Dämmerung, die auch so definiert ist, daß man zu ihrem Beginn bereits ohne weiteres draußen lesen kann.

Ganz schön kompliziert? Schon recht, aber im Internetzeitalter kein Problem mehr! Es gibt da ein sehr hilfreiches Onlinetool (hauptsächlich von Photographen genutzt), das es ermöglicht, für jeden Punkt der Erde und jeden beliebigen Zeitpunkt den Sonnenstand darzustellen und das dazu die Dämmerungszeiten angibt! Es heißt SUNCALC, und Sie finden es hier.

Schauen wir doch einmal, was uns SUNCALC z.B. für den frühen Morgen des diesjährigen Ostersonntags (20. April) ausgibt, sagen wir für den Standort Weimar, so als Beispiel:

00:00—03:59 — Nacht
03:59—04:50 — Astronomische Dämmerung
04:50—05:35 — Nautische Dämmerung
05:35—06:11 — Bürgerliche Dämmerung
06:11—06:14 — Sonnenaufgang
06:14—20:14 — Tageslicht

Mit anderen Worten: Eine Osternachtfeier mit „spätem“ Beginn müßte irgendwann zwischen 03.59 Uhr und 05.35 Uhr enden, je nachdem, welchen Dämmerungsbegriff man verwendet.
Dazu habe ich leider auch nichts Definitives gefunden, obwohl ich gewiß bin, das ist geregelt! (Auch hier wäre ich für jeden Hinweis dankbar!) Alle Hinweise aber , z.B. aus Direktorien anderer Bistümer oder der klösterlichen Praxis deuten auf eine „strenge“ Auslegung hin, was für dieses Jahr konkret hieße: „Um 4.00 muß Schluß sein!“ Und aus eigener Anschauung (ich bin regelmäßig kurz nach 6.00 Uhr außer Haus): Die „Bürgerliche Dämmerung“ hat mit „Nacht“ nun wirklich nichts mehr zu tun! (Und für den „frühen“ Start muß man logischerweise die Abendämmerung des 19. April bemühen, dieses Jahr ist hier bei uns 22.27 Uhr der frühestmögliche Beginn einer Osternacht)

Mit Hilfe dieses Handwerkszeugs können Sie nun schauen, wie sich die Feier der Osternacht an Ihrem Wohnort in die Ordnung der Weltkirche einfügt – oder auch nicht.

Suncalc für Weimar am 20. April

Suncalc für Weimar am 20. April

PS: So hilfreich die Wikipedia für den Dämmerungsbegriff ja wieder war, was sie im Artikel „Osternacht“ über den spätestmöglichen Beginn derselben um 5.00 Uhr (!) schreibt, ist schlichter Quatsch, schon allein deswegen, weil die Nennung einer Uhrzeit für ein Geschehen, das von zwei Variablen abhängt, der geographischen Position und dem Datum nämlich, gar nicht funktionieren kann. Dementsprechend wird dort natürlich auch keine (Rechts-) Quelle genannt, ts!

Edit (18.April, 19.10 Uhr): PuLa freut sich sehr über die zügige und lobende Erwähnung auf einem Blog, der das ganz ernst nimmt, mit dem „Handwerkszeug“, hier! Danke, lieber Herr Kollege! 🙂

 

2 Kommentare

  1. (1) Ich plädiere ja immer für „wir treffen uns bei Sonnenuntergang zur Karsamstagsvesper und gehen erst nach den Ostersonntaglaudes zum Sonnenaufgang wieder auseinander (oder zum Osterfrühstück ins Gemeindehaus)“. Leider ist diese Position nicht mehrheitsfähig…

    (2) Zur Sache: Im CIC gibt’s einen Abschnitt zu Zeiten (cann. 200-203), aber der regelt nichts zum Bereich Sonnenaufgang oder ähnliches. Zudem ist im liturgischen Recht nochmal vieles anders definiert als im CIC. Wenn in der AEM allerdings keine genauere Definition drinsteht, wird das auch nicht woanders geregelt sein.

    (3) MaW: Es gilt gesunder Menschenverstand. Wenn das allgemeine menschliche Empfinden es als „Nacht“ empfindet, ist der Sinn der Vorschrift erfüllt. Genau darum geht es der Vorschrift doch auch, es geht um die Symbolhaftigkeit der Osternacht als Nachtwache. Die Lichtfeier ergibt ja keinen Sinn am frühen Abend…

    (4) Übrigens hätte der Post im letzten Jahr noch viel besser gepaßt: Da war in der Osternacht auch noch die Sommerzeitumstellung und es gab Vorschläge, die Osternacht erst morgens um 6 zu feiern, weil sonst eh keiner käme. Da hat sich unser Pfarrer dann tatsächlich Gedanken über die Zeit des Sonnenaufgangs gemacht, und die Osternacht gab’s dann nach Winterzeit um 4.

    (5) Für die diesjährige Osternacht halte ich aber fest: Für Eisenach sagt SunCalc „Astronomische Dämmerung bis 22:33“, und für mein Verständnis war es um halb 10, als wir zur Osternacht los sind, schon stockdunkel (was sich auch mit den „twilight“-Angaben bei SunCalc deckt: zu dunkel, um draußen irgendwas ohne künstliche Lichtquelle zu machen). Mitten im Harz, weit weg von jeder größeren Stadt mag man da noch Unterschiede erkennen, aber nicht unter der Lichtglocke einer Stadt.

    (Ziffern von der Redaktion eingefügt)

    Donnerstag, 24. April 2014 um 16:43 | Permalink
  2. Lieber Herr Kollege:

    Vielen Dank! Daß ich das erst so spät freischalte, liegt natürlich ausschließlich an der Feiertagsstimmung (auch Bloggen ist ‚Arbeit‘ 😉 ), sorry!

    Im Einzelnen:

    Zu 1) Ja, genau! Machen wir sie mehrheitsfähig! 🙂 Aber im Ernst: Zu längeren Gottesdiensten kann und sollte man halt auch erziehen. Und die „Mehrheit“ ist ja auch nicht allein ausschlaggebend.

    Zu 2) Na, ich weiß nicht! Aber mal gucken, vielleicht kriegen wir das bis zum nächsten Jahr raus, welche Dämmerung genau gilt, ich hab‘ da schon ein, zwei Ideen!

    Zu 3) Naja. Einerseits ja. Andererseits ist es eben der Sinn von Vorschriften, dem „gesunden Menschenverstand“ aufzuhelfen, vor allem dort, wo er gern als Vorwand genutzt wird, zu „kreativen“ Interpretationen, die dann häufig mit dem Sin n der Vorschrift nichts mehr zu tun haben. Mit anderen Worten. Ihr Sinn ist es, eingehalten zu werden… 😉
    Ich persönlich fände (ebenfalls) eine Feier in die Dämmerung hinein schön und sinnhaft, vgl. Punkt 1!, aber um persönliches Empfinden geht es nicht…

    Zu 4) Stimmt. Aber da war es mir noch nicht eingefallen, sorry! Im übrigen zeigt ja die Erzählung, wie wichtig es ist, den Beteiligten mit dem juristischen und astronomischen Handwerkszeug zu helfen!

    Zu 5) Um ein Paar Minuten, meinetwegen auch eine halbe Stunde braucht man sich selbstverständlich nicht zu streiten, wenn das vernünftige Bemühen erkennbar bleibt, den Sinn der Sache zu erfüllen! Aber auch hier gilt eben das zu 3) Gesagte… Um 21.00 Uhr jedenfalls „droht[e]“ noch viel zu sehr der dezidiert „falsche“ Charakter der “Vorabendmesse“!

    Herzlichen Gruß „nach Westen“… 🙂

    Montag, 28. April 2014 um 08:32 | Permalink

Ein Trackback/Pingback

  1. Pulchra ut Luna › Veritas horarum on Sonntag, 20. März 2016 um 20:55

    […] mit den genauen zeitlichen Bedingungen der Osternachtfeier nach den Regeln der Kirche (hier), haben wir leider im vergangenen Jahr 2015 nicht fortsetzen können – jeder, der ein wenig […]

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