Zurüruck zum Inhalt

Sketchlet zum Advent No. 1 – Das untilgbare Prägemal

Einer schönen Tradition folgend, wollen wir auch in diesem Jahr an den Adventssonntagen zu den Wundersdorfer Schafen schauen:

Frühwinter ist es auf den Schafweiden rund um Wundersdorf und bis in den späten Vormittag hinein überzieht Rauhreif die Wiesen und Äcker mit weißlichem Glitzern. Doch die uns wohlbekannten Schafe haben heute morgen keinen Sinn für die Pracht der Natur: Wolle, Flocke, Kohle und die anderen haben Grauchen in ihre Mitte genommen und diskutieren ganz offenbar in aller äußerlichen Kälte ein heißes Thema.

Das untilgbare Prägemal

Ein Sketch für sieben Schafe, einen Hütehund und beliebig viele Schafstatisten

Kohle (aufgebracht zu Grauchen): Kein Hirte kann dich aus der Schafschaft ausschließen!

Wolle (ebenso): Kein Hirte und auch sonst kein Mensch!

Tatze (der beständig die Gruppe umrundet): Wuff! Nicht mal ein Hund könnte das!

Flocke: Daß wir Schafe sind, ist ein Character indelibilis!

Blütenweiß (zu Fixi): … ein untilgbares Prägemal.

Huf (kommt herangesprungen, mit im Moment völlig deplazierter Fröhlichkeit): Hey! Was macht ihr denn alle für lange Gesichter!

Fixi (gedämpft): Halt mal grad die Klappe.

Huf (sofort leise und mitfühlend): Was ist denn los?

Fixi (nimmt Huf ein wenig beiseite, während die anderen Schafe lautstark weiterdiskutieren): Sie wollen Grauchen aus der Schafschaft ausschließen, weil sie keine Milch mehr geben will.

Huf: Wer will das?

Fixi: Das DOH.

Huf: Wer?

Fixi: Das „Deutsche Oberhirtentum“. Das ist so eine Versammlung und die bestimmen das.

Huf (platzt heraus): So ein Blödsinn! Einmal Schaf – immer Schaf, das weiß doch jedes Lämmchen!

Fixi: Hm, klar! Bloß das DOH nicht.

Huf: Und warum?

Fixi: Weil sie keine Milch …

Huf: Stimmt, hattest du gesagt! (Huf denkt nach; nach einer kleinen Pause) Und warum will sie keine Milch mehr geben?

Fixi: Sie sagt, es paßt ihr nicht, daß damit so viel Käse gemacht wird.

Huf: Ok, ist ihr gutes Recht!

Tatze (will die beiden Lämmchen wieder näher bei der Gruppe haben): Kommt mal wieder ran, ihr zwei. (Er treibt sie zur Herde zurück.)

Kohle: Ich sage immer: Die Milch ist für unsere Lämmchen da! Ohnehin eine Unsitte, uns so auszuquetschen!

Huf: Wir sind doch hier nicht im Stift Melk!

Flocke: Ob wir vor der Kirche demonstrieren sollten?

Grauchen (resigniert): Was willst du denn skandieren?

Fixi: „Wir sind die Schafe!“ zum Beispiel.

Wolle (leise und fassungslos): Es geht ihnen nur um die Milch …

Flocke (zögerlich und unsicher): Das glaube ich nicht …

 

ENDE

 

Cornelie Becker-Lamers, Weimar

 

Tja – so geht’s zu auf den Wiesen rund um Wundersdorf und bloß gut, daß bei uns in Weimar ja ohnehin niemand auf die Idee käme, unter „Kirche“ vor allem das Materielle zu verstehen 😉 , doch der aktuelle Bezug geht ja auch weit darüber hinaus, leider!

Ich persönlich habe zu der traurigen aktuellen Diskussion über das deutsche Kirchensteuer(un)wesen bisher nichts besseres gefunden, als den luziden Aufsatz von Georg Bier in der HERDER-Korrespondenz (die ja bekanntlich nicht gerade ein „dunkelkatholisches Kampfblatt“ ist…). Nach der Lektüre haben Sie das Problem verstanden, aber keine bessere Laune 🙁  Also vielleicht besser erst morgen lesen und sich daran erinnern, daß der Advent auch eine Fastenzeit ist…

2 Trackbacks/Pingbacks

  1. […] Sketchlet zum Advent No. 1 – Das untilgbare Prägemal […]

  2. Pulchra ut Luna › PuLa-Reloaded: Das untilgbare Prägemal on Mittwoch, 13. Oktober 2021 um 17:12

    […] ursprünglich ganz früh, nämlich am 2. Dezember 2012, als Sketchlet zum Advent veröffentlicht (hier) ist zunächst einmal genau das: ein Schafsketch(let): Niedlich, wenn man sich auf die Vorstellung […]

Einen Kommentar schreiben

Ihre Email wird NIE veröffentlicht oder weitergegeben. Benötigte Felder sind markiert *
*
*

*