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Wahlen: Update und Teil 1: Vertraulichkeit der PGR-Sitzungen?

Vor ein paar Tagen haben wir ja hier auf PuLa die Beschäftigung mit den bevorstehenden Wahlen der Vertretungsgremien der Laien begonnen und dabei angekündigt, einzelne Bestimmungen aus den relevanten Ordnungen näher anschauen zu wollen.

Nun gilt es erst einmal zu berichten, daß seitens des Bistums mittlerweile alle einschlägigen rechtlichen Bestimmungen online zugänglich gemacht worden sind; Sie finden sie hier!

Das ist sehr schön, und zeigt die Bedeutung, die diesem Element der Teilnahme am gemeindlichen Leben seitens unseres Hirten, Bischof Dr. Wanke, zugemessen wird. Bitte schauen Sie sich außer den Ordnungen zur Arbeit der jeweiligen Gremien auch die entsprechenden Wahl-Ordnungen einmal an, die sind in der jetzigen Phase mindestens genauso wichtig!

Heute möchte ich aber zum Beginn unserer kleinen Reihe die Ordnung für die Arbeit der Pfarrgemeinderäte im Bistum Erfurt (Direktlink) betrachten.

Ich hatte ja angekündigt, auch bestimmte Mißverständnisse an den jeweiligen Texten messen zu wollen.

So ist PuLa bekannt geworden, es werde von der „Vertraulichkeit“ der Sitzungen des PGR gesprochen, ohne nähere Bestimmung, bzw. Einschränkung.

Nun, wenn das stimmt ist es tatsächlich ein gravierendes Mißverständnis, das den Sinn der Arbeit des PGR geradezu ins Gegenteil verkehren würde!

Lesen wir in § 3 Abs. 2: „Der Pfarrgemeinderat informiert die Gemeindemitglieder über seine Aktivitäten […] Er […] steht den Gemeindemitgliedern für Auskünfte hinsichtlich Einrichtungen, Gruppen und Möglichkeiten zum Engagement zur Verfügung.“

Sie sehen, aktive Kommunikation seitens des PGR mit allen seinen Mitgliedern ist gefragt! Das wird auch aus der begründenden „Vorbemerkung“ (sowas würde andernorts  „Präambel“ heißen, also, da, wo erklärt wird, worum es eigentlich gehen soll), § 1 Abs. 1 Satz 2: „Er stellt in der konkreten Gemeinde die Sendung aller Glieder der Kirche dar.“ (Hervorhebung von mir)

Dementsprechend sind dann auch die Sitzungen des PGR ja auch grundsätzlich für jedes Gemeindemitglied zugänglich: § 14 Abs. 2 Satz 1: Die Sitzungen des Pfarrgemeinderates sind pfarrgemeindeöffentlich.“ Deswegen müssen nämlich seine Sitzungstermine auch bekannt gemacht werden: § 14 Abs. 1 Satz 2: „Die Sitzungen sind in den Gemeindevermeldungen bekanntzugeben.“

Und nach § 16 Abs. 1 ist über die Sitzungen „unverzüglich“ ein Protokoll anzufertigen und (Satz 4): „[…] auf geeignete Weise am Pfarreiort und in den Filialgemeinden zu veröffentlichen.“ (Hervorhebung von mir).

So, es ist also völlig offenkundig, daß sich die Arbeit des Pfarrgemeinderats ausdrücklich ganz und gar im Licht der gemeindlichen Öffentlichkeit abspielen soll. Das ist der Wille des kirchlichen Gesetzgebers (und er zitiert dafür übrigens in § 1 Abs. 2 das Zweite Vatikanum, genauer das Dekret „Apostolicam Actuositatem“).

Es gibt allerdings, klugerweise, auch eine Ausnahmeregelung: § 14 Abs. 3: „Der Pfarrgemeinderat kann die Nichtöffentlichkeit einer Sitzung oder einzelner Tagesordnungspunkte beschließen.“ Eine solche Möglichkeit muß es natürlich in Ausnahmefällen geben und dann kann es auch sinnvoll sein, daß sich die Mitglieder ausnahmsweise darauf verständigen, über diese Sitzung einmal nichts verlauten zu lassen.

Aber es ist eben wichtig, das Verhältnis von Regel und Ausnahme im Auge zu behalten. Die Regel ist die sehr weitgehende Öffentlichkeit, deren Ausschluß dementsprechend als seltene Ausnahme zu begreifen. (Deswegen hätte ich mir an dieser Stelle für den Ausschluß der Öffentlichkeit auch die Notwendigkeit einer qualifizierten Mehrheit, z.B. Zweidrittelmehrheit, gut vorstellen können!)

Keinesfalls gedacht ist dieses Instrument aber etwa für den willkürlichen Ausschluß der u.U. auch einmal kritischen Öffentlichkeit, bloß um „seine Ruhe zu haben“. Diese Öffentlichkeit (potentiell also wir alle!) könnte sich dann nämlich kein Bild mehr von der Arbeit ihrer gewählten Vertreter machen. Ein solches Vorgehen wäre klar rechtsmißbräuchlich!

Sie sehen, von einem sehr speziellen Ausnahmefall abgesehen, kann also von einer „Vertraulichkeit“ der Arbeit des PGR keine Rede sein; das Gegenteil ist der Fall.

Wir sollten also alle das Gespräch mit unseren Vertretern suchen, die schließlich unsere „Anregungen aufnehmen“ sollen (§ 3 Abs. 2 Satz 1)!

Und je mehr Gemeindemitglieder sich an der Wahl am 2. September beteiligen, desto intensiver wird sicherlich in Zukunft dieses Gespräch werden. Notieren Sie sich schon jetzt den Termin und reden Sie mit anderen darüber!

2 Kommentare

  1. Andreas schrieb:

    Gremiengedöns … wenn ich so bedenke, was unser Pfarrgemeinderat schon alles beschlossen hat, verzichte ich dankend auf diese Truppe.

    Dienstag, 19. Juni 2012 um 19:43 | Permalink
  2. Aber, lieber Kollege, damit wird die „Truppe“ dann eben auch sich selbst überlassen, oder?

    Außerdem will mir scheinen, die Erfahrungen, die Ihr im Westen mit „den Gremien“ gemacht habt, die kann man nicht so ohne weiteres auf unsere Diaspora-Situation übertragen!

    Und: Wir werden sie nicht „wegerfinden“, selbst wenn wir wollten. Ich bin aber auch nicht sicher, ob ich das wollen würde.

    Ganz pragmatisch aber sage ich: Wenn es so etwas schon gibt, dann muß man es auch richtig machen und das beginnt nun mal damit, sich klar zu machen, wie es denn laufen muß, wenn es richtig laufen soll!

    GL

    Mittwoch, 20. Juni 2012 um 21:59 | Permalink

3 Trackbacks/Pingbacks

  1. Pulchra ut Luna › Wahlen, Teil 2: Es wird konkret! on Dienstag, 26. Juni 2012 um 22:20

    […] ist die Konkretisierung des Gedankens aus § 1 der Ordnung für den PGR (PGRO), den wir schon letzte Woche kennengelernt haben: „[Der PGR] stellt in der konkreten Gemeinde die Sendung aller Glieder der […]

  2. […] Klar scheint mir aber: Wenn ich zu einem früheren Zeitpunkt präziser Bescheid gewußt hätte, wäre das Nachdenken einfacher gewesen. Aber das ist eben leider nicht die Art, wie man über wichtige rechtliche Dinge in Kenntnis gesetzt wird. Vielerorts fürchte ich hat man sich in den vergangenen Jahren ja schon daran gewöhnt, daß Gremien ihre Arbeit eher ein bißchen paternalistisch auffassen („wir machen das schon für Euch; Ihr müßt das gar nicht so genau wissen“), was natürlich völlig falsch ist, denn es sind unser aller Angelegenheiten, die da verhandelt werden und Information ist Pflicht, umfassende und präzise Information (vgl. hier). […]

  3. Pulchra ut Luna › Wahlen, Urlaubspause on Dienstag, 7. August 2012 um 23:19

    […] die Frage, wie es sich mit der von manchen Leuten immer wieder so geradezu inbrünstig beschworenen Vertraulichkeit der Arbeit des Kirchenvorstands verhält, was deren tatsächliche kirchenrechtliche Grundlagen sind und wie es um die Abgrenzung zu […]

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