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Der Adventskalender von Konversionen, Vorabend

Die Winckelmann-Ausstellung in Weimars “Neuem Museum” mag mit beigetragen haben zum Thema des diesjährigen Adventskalenders, aber die endete schon im Jahr 2017…

Da begann nun allerdings weder unsere Faszination mit dem Phänomen, noch endete damals das Interesse daran (wie man sieht 😉 ), aber es war insofern ein typischer Moment, als wir damals wie aus einem Munde in den Ausruf ausbrachen: “Der auch!” 

Ja, ‘der auch’, auch Johann Joachim Winckelmann, “Archäologe, Bibliothekar, Antiquar und Kunstschriftsteller […] Begründer der wissenschaftlichen Archäologie und Kunstgeschichte und […] geistiger Begründer des Klassizismus im deutschsprachigen Raum” (Wikipedia) war – Konvertit.
Und, sehr typisch, wie wir sehen werden, ein höchst umstrittener dazu. 

Nun ist es so, daß, abgesehen davon, daß wir einige Konvertitinnen und Konvertiten persönlich kennen, sie ‘einfach auftauchen’! Immer wieder. Aber nicht ‘einfach so’, sondern regelmäßig in den spannendsten Zusammenhängen, seien diese literarischer, theologischer, kunstwissenschaftlicher oder philosophischer Natur. Und gerade letzteres führt ja obendrein ganz in unsere Nähe, denn wer hätte noch nicht gehört von dem faszinierenden Gedankenlabor der deutschen Frühromantik, das sich Ende des 18. Jahrhunderts in Jena zusammenfand und aus dem so etliche Wege im Schoße der Kirche endeten? 

Umso unverständlicher, daß eine (wenn auch informelle) Institution wie die deutsche Wikipedia in ihrer Personenkategorisierung  (“Mann, Geboren 17xx, Deutscher etc.”) derart entscheidende Informationen unterschlägt, wie ja auch überhaupt häufig die Religions-, bzw. Konfessionszugehörigkeit! Dabei gehört ja nun wirklich nicht viel historische Kenntnis dazu, um schon einmal gehört zu haben, diese Faktoren waren historisch erheblich wichtiger, als sie heute erscheinen (denn ob sie es tatsächlich nicht mehr sind, das steht auf einem ganz anderen Blatt). Jedenfalls müßte aber im Grunde offenkundig sein, eine solch grundstürzende Umorientierung kann schlechterdings nicht ohne Auswirkungen bleiben auf die geistige oder künstlerische “Produktion”, oder? 

Wie dem auch sei, wir werden uns weder von dieser spezifisch modernen Form der Beschränktheit, noch auch von den zahlreichen anderen Vorurteilen über Konversion und Konvertiten von der Beschäftigung mit ihnen abhalten lassen! Wir haben Konvertitinnen und Konvertiten nämlich nicht als “nervige 150%ige” erlebt, die von nichts mehr anderem reden können, (es ist dies vielmehr meist bloß die gereizte Indolenz von Gewohnheits- und bloßen “Sozialchristen”) und schon gar nichts geben wir auf die vom stets sprungbereiten antikatholischen Ressentiment gespeisten Vorwürfe der Irrationalität/Gefühligkeit (diese besonders gern in misogyner Ausprägung), der Anpasserei oder des schieren Karrierismus!

Nein, wir haben, historisch wie zeitgenössisch, eine solche Fülle von verschiedenen und faszinierenden Persönlichkeiten angetroffen, daß wir vielmehr meinen, dies allein sei schon ein Indiz dafür, daß was dran sein muß, an dem, was all diese Menschen, Frauen und Männer, Künstlerinnen und Wissenschaftler, Junge und Alte ihr Heil in “Rom” erkennen ließ um sich, wie der schöne englische Ausdruck sagt, daran zu machen, ‘den Tiber zu durchqueren’. 

Aus dem vorangegangen sollte schon deutlich geworden sein, “Konversion” ist auf PuLa natürlich nicht irgendein beliebiger Wechsel der Glaubensrichtung. Con-versio, Umwendung, Umkehr, Be-kehrung ist die Hinwendung zur Kirche; im Singular. Es ist die, wie es zahllose Konvertiten immer wieder geschildert haben und schildern, Heim-kehr, die Ankunft am Ursprung. Alles andere dagegen ist eine, wenn auch im einzelnen natürlich stark unterschiedlich zu wertende, ‘Entfernung’ davon, schlimmstenfalls ein Abfall. 

An den kommenden 24 Tagen wollen wir hoffentlich sprechende Beispiele bringen für das gerade gesagte und setzen dabei nicht nur auf große und bekannte Namen, sondern auch auf Menschen, von denen Sie eher noch nichts gehört haben dürften. Und wir versuchen erneut einen mitteldeutschen Schwerpunkt, kennt doch das ‘Kernland der Reformation’ das Phänomen sehr wohl auch! 

Wie immer gehe ich auch dieses Jahr in das Vorhaben und bin dabei selber mehr als neugierig auf die Ergebnisse im einzelnen, denn es gibt wieder nicht den fertigen Plan (ob sich das in meiner Pension wohl mal ändern wird? 😉 ) Aber eine wahrhafte, authentische Weihnachtsgeschichte aus unseren Tagen kann ich Ihnen schon heute für den Heiligabend versprechen (danke, A.D.!)! 

Heute aber beginnen wir im Sinne der obligatorischen Kostprobe mit einem „alten Bekannten”, dem großen Gilbert Keith Chesterton, dem der allererste Adventskalender hier auf PuLa gewidmet war – und dies ist nun schon der zwölfte. 

Chesterton bei der Arbeit (Wikicommons)

Was ich damals über Gilbert Keith Chesterton, geboren am 29. Mai 1874, am 30. Juli 1922 in die Kirche aufgenommen, gestorben am 14. Juni 1936, geschrieben habe, vor allem, daß Sie für „intelligentes Lob über ihn” nicht auf PuLa angewiesen sind, das können Sie hier nachlesen.

Heute von ihm daher “nur” das Gedicht, das er aus Anlaß seiner Konversion geschrieben hat.

Viel Vergnügen und eine gesegnete Adventszeit!

 

The Convert

After one moment when I bowed my head
And the whole world turned over and came upright,
And I came out where the old road shone white.
I walked the ways and heard what all men said,
Forests of tongues, like autumn leaves unshed,
Being not unlovable but strange and light;
Old riddles and new creeds, not in despite
But softly, as men smile about the dead

The sages have a hundred maps to give
That trace their crawling cosmos like a tree,
They rattle reason out through many a sieve
That stores the sand and lets the gold go free:
And all these things are less than dust to me
Because my name is Lazarus and I live.

 

(Ohne Anspruch auf literarische Qualität, nur zur groben Orientierung!

Nach dem einen Augenblick, in dem ich meinen Kopf beugte
Und sich die ganze Welt drehte und jetzt aufrecht dastand,
Und ich herauskam, wo die alte Straße weiß leuchtete.
Ging ich die Wege und lauschte, was sie alle sagten,
Wälder von Zungen, wie Blätter im Herbst, nicht abgeworfen,
Nicht unliebenswert, aber seltsam und leichtgewichtig;
Alte Rätsel und neue Glaubensbekenntnisse, hörte ich, nicht in Abwehr
Aber leise, wie man über die Toten lächelt

Die Schlauen haben hundert Landkarten, zu vergeben,
die ihren krabbelnden Kosmos wie einen Baum nachzeichnen,
Sie schütteln Vernunft heraus durch so manch ein Sieb
Das den Sand bewahrt und das Gold durchfallen läßt:
Und all diese Dinge sind mir weniger als Staub
Denn mein Name ist Lazarus und ich lebe.)

 

Gereon Lamers 

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