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Die sieben Ausrufezeichen…

… und wie man trotzdem guter Laune bleibt

Und denken Sie immer daran: Gott ist das Alpha und das O-MEGA, nicht das o-mikron.

Pfarrer Riethmüller findet in jeder Messe eine Möglichkeit, unseren Blick auf das Wesentliche zu lenken. Soll wohl sein, werden Sie denken: in der Predigt, im Glaubensbekenntnis, in der Wandlung … Sie haben Recht! Ich meine aber nicht das Wesentliche so ganz allgemein, wie es selbstverständlich Kern und Zweck jeder Heiligen Messe ist. Ich meine seine kleinen, angesichts der uns alle derzeit so ohne Unterlaß bedrängenden staatlichen Verbote und Regelungen lapidar fallen gelassenen Nebensätze oder Wortspiele, mit denen unser vicarius paroecialis in jeder Messe aufs neue versucht (und schafft), uns aufzurichten und ein Lächeln auf die Gesichter seiner Zuhörer zu zaubern. Wie heute mit dem Omega.

Offiziell geht alles immer noch sehr humorlos zu. Heute kamen wir knapp und es war im Hochamt erfreulicherweise so „voll“ (also halbvoll), daß die markierten Plätze belegt waren und wir hinter der letzten Bankreihe Aufstellung nehmen mußten. Und da konnte ich nicht anders, als von Zeit zu Zeit auf einen Aufsteller zu schauen, der an den Kirchentüren die Besucher auf das neue ‘Comme-il-faut’ einnordet und heute eben direkt vor meiner Nase stand. So sieht das Informationsplakat in diesen Aufstellern aus:

Man sieht sie schon kaum noch: Die mittlerweile über ein Jahr (?) alten Aufsteller, die die Gemeinden weisungsgemäß an den Kirchentüren plazieren (eigenes Bild am 23. Januar 2022)

Sieben Befehle. Sieben Ausrufezeichen. Und harsch formuliert. Da ist nichts, aber auch gar nichts auch nur ein wenig verbindlich ausgedrückt. Ich zählte zweimal nach. Wirklich sieben. Weil die Information über die Kommunionausteilung am Schluß auch noch ein Ausrufezeichen bekommen hat. Das muß man erstmal bringen, dachte ich, denn man kann ja nicht anders, als diese Befehlstafel durch die symbolträchtige Siebenzahl in eine Beziehung zum Vater Unser mit seinen sieben Bitten zu setzen. Was für ein Abstieg! Was für eine aufgezwungene Verschwisterung!

Doch das Widerstreben formuliert sich Gott sei Dank! nicht nur am Ambo. Auch Gottesdienstbesucher (m/w) sind mittlerweile augenscheinlich nicht mehr gewillt, den allzu beflissenen Gehorsam so vieler Kirchenvertreter den staatlichen Zumutungen gegenüber unkommentiert hingehen zu lassen. Ich habe im Freundeskreis ja über die idiotische Abkürzung „3G“ auch schon gelästert: Das heiße doch „gesund und gut gelaunt“? Heute aber haben wir eine besonders schöne Lesart dieses Kürzels entdeckt: 

„getauft, gläubig, gütig“ – eine behutsame Adaption der sogenannten „3G“-Regel für den Gottesdienstbesuch (eigenes Bild)

Hier wird im Namen Jesu Christi die Abkürzung „3G“ als „getauft, gläubig, gütig“ aufgelöst (wobei man dabei wohl nicht von einem entweder – oder, sondern von einem sowohl – als auch auszugehen hat) und die staatlichen Vorgaben für‘s gesellschaftliche Miteinander behutsam an die geistigen Erfordernisse einer christlichen Gemeinschaft angepaßt. Sehr schön, herzlichen Dank, wer auch immer diese Zeilen auf das Plakat im Vorraum unserer Pfarrkirche gekritzelt hat. (Leider besteht die Gefahr, daß der Aushang u.a. aufgrund des vorliegenden Textes ersetzt oder schneller ersetzt wird – da bitten wir schon jetzt um Entschuldigung und versichern, daß im Gegenzug an dieser Stelle die mutige und geistreiche Initiative für lange Zeit aufbewahrt wird und nachvollziehbar bleibt.)

Und so war dies heute wieder einmal ein sehr stärkender Meßbesuch, der Hoffnung gab – und durch das unerwartete Geschenk des Violinspiels durch den Konzertmeister der Weimarer Staatskapelle (eine Solopartita von Bach, wenn mich nicht alles täuscht) zudem zum musikalischen Ereignis wurde. Was für ein Wochenauftakt! 🙂 Vielen Dank an alle!

 

Cornelie Becker-Lamers

 

PS: Zwei kleine Ergänzungen: Erstens muß man sehr anerkennend sagen, die musikalische Gestaltung der Gottesdienste war bereits in den letzten zwei, drei Wochen tatsächlich bemerkenswert gut gelungen! Wie wir inzwischen seit gut 10 Jahren sagen: Das Potential dieser Pfarrei, besonders, aber nicht nur!, in musikalischer Hinsicht ist riesig, würde es regelmäßig im Prinzip so gehoben, wie gerade im Moment… Aber wer weiß, wenn das ein Resultat dieser fürchterlichen Zeit sein sollte, hätte sie zumindest ein gutes.

Zweitens muß man noch einmal betonen, so erfreulich das auch zunächst einmal war, die Kirche war eben nur halb-voll! Unsere Meinung zur “Notwendigkeit” dieser Beschränkung müssen wir wohl nicht noch einmal deutlich machen. Übrigens wird im Augenblick die Situation durch den Wegfall der südlichen Seitenkapelle verzerrt, in der ja an der Stelle einiger Bankreihen noch die Krippe steht. Wir haben also sicherlich die Gesamtzahl der zugelassenen Besucher nicht überschritten, weil wir uns hinter der letzten Bankreihe plaziert haben.

Daß für die Krippe allerdings auch in diesem Jahr die Maria “verräumt” wurde, es bleibt ein andachtliches Elend! Ohne die Restituierung der Seitenkapellen als solche wird das alles nix! 

Gereon Lamers

PPS: Unsere Tochter war übrigens gerade in der Abendmesse – selber Zelebrant, selbe Liedauswahl. Der 3G-Zettel hängt noch 😉 Beim Schlußlied (GL 487) fiel ihr auf, daß der Organist in der fünften Strophe – „Herr, mache uns im Glauben treu und in der Wahrheit frei“ – das Wort Wahrheit mit einer besonderen Melodie-Figur verziert und hervorgehoben hat.

Es wird!

Cornelie Becker-Lamers

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