Zurüruck zum Inhalt

China und die Kirche in Cottbus

Ich geb’s ja zu: Daß PuLa im Moment mehr auf fremde Texte verlinkt, als Selbstgeschriebenes bringen zu können, irritiert mich ein bißchen. Aber es kommen wieder andere Zeiten, ganz bestimmt!

Bis dahin darf aber ein gerade für uns Katholiken in der mitteldeutschen Diaspora wichtiges Interview wie das mit Martin Mosebach in WELT Online vom 20. April auf keinen Fall unerwähnt bleiben (wieder einmal herzlichen Dank an A. Kissler für den Hinweis)!

Unter dem Titel: „Der Unglaube im Osten ist ein Erbe Preußens“ entwickelt Mosebach seine Thesen, warum denn nach einer neueren amerikanischen Studie der Osten Deutschlands die atheistischste Weltgegend überhaupt ist. Stichworte: Reformation und preußisches Staatskirchentum, aber auch schon die Frage nach den Grenzen des antiken römischen Herrschaftsbereichs! Sehr anregend, auch wenn ich z.B. über den Vergleich mit dem nachkommunistischen Rußland unter dem Aspekt des antiken Erbes, bzw. der Frage, inwieweit man denn hier oder dort „barbarischer“ geblieben sei, gern noch einmal nachdenken würde…

Aber: Mosebach bleibt auch in diesem Text nicht in einer jammerigen Nabelschau befangen, sondern zeigt wieder einmal echten katholischen Weitblick: „Die Kirche wandert über den Erdkreis. Jetzt entwickelt das Christentum zum Beispiel eine große Strahlkraft in China. Das dürfte politisch gesehen die interessantere Nachricht sein als die, ob in Cottbus die Kirche voll ist.“ Genau! Ein ganz ähnlicher Gedanke, wie ich ihn in der Einführung zu diesem Blog einmal formuliert habe: „Wir werden Weltkirche sein, oder wir werden nicht sein“.

Es ist natürlich bezeichnend, daß Mosebach, der übrigens Weimar gut kennt, für die kaum zu überschätzenden Verdienste, die er sich mit seinem zuerst wohl 2002 erschienenen Buch: „Die Häresie der Formlosigkeit – Die römische Liturgie und ihr Feind“ von interessierter Seite beständig als „Feuilleton-Katholik“ beschimpfen lassen muß, aber zu diesem Begriff und seiner polemisch-ideologischen Verwendung muß ich dann wirklich in Zukunft mal selber was schreiben… 😉

2 Kommentare

  1. Dr. Rainer Kipper schrieb:

    Herr Mosebach selbst wäre gut beraten, über zumindest eine seine Thesen nochmals nachzudenken. Dass der Atheismus preußisches Erbe sei, halte ich, mit Verlaub, für Unsinn. Wäre dem so, dann müssten Mecklenburg, Sachsen und das nicht-preußische Thüringen doch zumindest etwas religiöser sein als der Rest der ehemaligen DDR. Ohne regionale Statistiken zu kennen, nehme ich an, dass davon keine Rede sein kann. Der theologische Rationalismus war im 18. und 19. Jahrhundert in ganz Deutschland verbreitet, auch im Westen und Südwesten – und natürlich auch in der katholischen Kirche. Die Erweckungsbewegung entwickelte sich in Reaktion hierauf und blühte beispielsweise in Baden und Württemberg, aber auch, sogar besonders prominent, in Pommern. Die Person Friedrichs des Großen, der in der Tat ein gebrochenes Verhältnis zur Religion hatte, war in dieser Hinsicht nicht repräsentativ. Die preußischen Könige zeichneten sich meist durch ausgesprochene Frömmigkeit aus, und Friedrich Wilhelm I., der für Preußen wohl noch prägender war als sein Sohn, verkörperte geradezu den Typus des tiefgläubigen christlichen Hausvaters. Das auf den Staat gerichtete Engagement des preußischen Protestantismus ist Ausdruck eines eminent praktischen Christentums. Eine solche Bewährung des christlichen Glaubens im Dienst am Gemeinwesen führt nicht notwendigerweise zur Säkularisierung, bedarf aber sicherlich eines besonders wachen Gewissens. Jedenfalls lässt sich im politischen Sinne kaum etwas Christlicheres als der bekannte Satz Friedrichs des Großen denken, der König habe der erste Diener des Staates zu sein. Siehe Lukas 22, 25 ff.: „Er aber sprach zu ihnen: Die weltlichen Könige herrschen, und die Gewaltigen heißt man gnädige Herren. Ihr aber nicht also! Sondern der Größte unter euch soll sein wie der Jüngste, und der Vornehmste wie ein Diener. Denn welcher ist größer: Der zu Tische sitzt oder der da dient? Ist’s nicht also, dass der zu Tische sitzt! Ich aber bin unter euch wie ein Diener.“ Man vergleiche in dieser Hinsicht das Gebaren einer erheblichen Zahl von Päpsten mit dem der meisten preußischen Könige.

    Freitag, 18. Mai 2012 um 16:50 | Permalink
  2. Uff! Starker Tobak (womit wir beim Vater von Fr. II wären…) auf dem papsttreuesten Blog an der unteren Ilm, wie? Aber ich habe ja immer gesagt, was vernünftig argumentiert vorgetragen wird, das wird hier auch veröffentlicht!

    Außerdem: Wer wollte bestreiten, daß es gerade in der Renaissance, jener regelmäßig völlig überbewerteten Epoche, problematische Gestalten auf dem Papstthron gegeben hat (wenn auch nicht so, wie es die legenda nera gerne hätte!). Und generell gilt ja: Gerade die intensive Verbundenheit mit und Loyalität zu einem Prinzip darf einem im konkreten (persönlichen) Fall nicht blind machen, ja, kann zur Kritik geradezu verpflichten!

    GL

    Mittwoch, 30. Mai 2012 um 17:43 | Permalink

Ein Trackback/Pingback

  1. Pulchra ut Luna › Mosebach und „KGE“ on Donnerstag, 31. Mai 2012 um 07:50

    […] einiger Zeit hatte PuLa auf einen Artikel von Martin Mosebach in der WELT hingewiesen, in dem dieser den „Gottfernen Zustand“ der großen Mehrheit im Osten […]

Einen Kommentar schreiben

Ihre Email wird NIE veröffentlicht oder weitergegeben. Benötigte Felder sind markiert *
*
*

*