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„…ich möchte nur mal laut nachgrübeln“

Schrieb ein Bloggerkollege in einem Eintrag am 27. September 2011 und ich möchte mit seiner freundlichen Erlaubnis (Danke, Alipius!) den zentralen Teil dieses Textes hier wiederholen. Denn das eigentliche Thema des Beitrags vom letzten Freitag waren ja gerade nicht die gewissermaßen äußerlichen und historischen Betrachtungen zu unserer Pfarrkirche, sondern die Frage, was diese „Äußerlichkeiten“ zum Ausdruck bringen darüber, wie unsere Einstellung zum Kernstück der Sonntagsliturgie ist (obwohl das angesichts der teils putzigen Reaktionen scheint’s nicht jede(r) verstanden hat…).

Durch meine vorsichtig tastenden Zeilen zog ja sozusagen ein Hauch von „Alter Messe“.

Und bei Nennung dieses Stichworts spüren ja viele keinen „Hauch“, sondern sehen Gespenster und machen ein dementsprechendes Geschrei. Das dann schnell in Kampfgeschrei ausartet. Wer nun PuLa in den ersten gut 6 Monaten seines Bestehens ein bißchen verfolgt hat, dürfte zweierlei bemerkt haben. Erstens, das Thema kam immer mal wieder vor, z.B. unter dem Stichwort „Universae ecclesiae“, aber es bildete zweitens hier nie einen ausgesprochenen Schwerpunkt, was in anderen Blogs sehr wohl der Fall ist.

Für beides gibt es gute Gründe. Die Gestaltung der Liturgie ist von so zentraler Bedeutung, daß wohl niemand, der sich über Kirchesein Gedanken macht, an dem Thema vorbei kommen kann und spätestens seit der Veröffentlichung des Motu proprio „Summorum Pontificum“ 2007 ist die Debatte ebenso breit wie hitzig, wobei das letztere Charakteristikum der ausdrücklich versöhnenden Absicht des Hl. Vaters stark zuwiderläuft.

Und wenn das nicht schon ein hinreichend guter Grund wäre, nun nicht auch noch meinerseits in diesbezügliche Polemiken einzustimmen, so liegt ein weiterer einfach darin, daß ich nicht genug davon verstehe. „Verstehen“ nicht im Sinne wissenschaftlicher Kenntnis gemeint, nein, mir fehlt bisher die eigene konkrete Anschauung; ich habe noch keine sog. „tridentinische Messe“ erlebt und möchte ergo nicht wie der Blinde von der Farbe reden.

Sehr wohl möglich ist es aber, sich zu der Art der Debatte, die sich entwickelt hat, eine Meinung zu bilden und auch zu der Art, wie das großzügige Angebot des Hl. Vaters (nicht) umgesetzt wird! Bitte lesen Sie doch einfach einmal seinen begleitenden Brief zum Motu Proprio. Ist das der Einpeitscher der innerkirchlichen Reaktion, der uns zu abgelebtem, kalten Pomp zurückführen will? Natürlich nicht. Die ganze Debatte sagt so unendlich viel mehr über den Zustand breiter Teile der (katholischen) Öffentlichkeit, das ich mich wundern würde, wenn nicht schon soziologische oder medienwissenschaftliche Dissertationen darüber im Entstehen sind… 😉

Und „kämpfen“ möchte eben auch ganz ausdrücklich der Verfasser des folgenden Textes nicht, sondern „laut nachgrübeln“ aber eben auf Basis konkreter Erfahrungen, die mich sehr angerührt haben, weil sie sich in der Tendenz decken mit der Fortentwicklung meiner Empfindungen beim Empfang des Altarsakraments:

 

Das Intimste…

[…]

Schnitt und Szenenwechsel in die Kirche. Dort fand – ungefähr zu dem Zeitpunkt, als die sexuelle Revolution marschierte – auch ein Wandel statt. Ist es Zufall, daß auch dieser Wandel auf das Intimste zielte?

Ich weiß, daß ich mich nun auf dünnes Eis begebe, weil einiges von dem, was ich nun schreibe, wie eine Kampfansage an die ordentliche Form unseres Ritus verstanden werden kann. Ich will aber keinen Kampf, ich möchte nur mal laut nachgrübeln.

Gibt es für einen Katholiken intimere Momente als die Zeit der Heiligen Messe und den Empfang der Eucharistie? Kann ein Katholik sich Christus näher fühlen, sich ihm enger verbunden und vertrauter, als in den Minuten, in denen er niemand anderem in die Augen schauen muß, mit niemand anderem reden muß und sich auf niemand anderen einlassen muß, als auf IHN?

Ich habe früher das ganze Trara um die alte Messe nie verstanden, weil ich sie nie kennengelernt habe. Als ich dann in Rom zum ersten Male den Ritus in der außerordentlichen Form besuchte, da waren die 70 x 70 cm, auf denen ich saß, stand und kniete, plötzlich mein Schlafgemach. Es wurde ernst und nahe und persönlich, wie nie zuvor in einer Messe. Und dies, obwohl die Leute sich dichter drängten als ich es von „handelsüblichen“ Messen kannte.

Lag es daran, daß ich keinem Priester in die Augen sah?

Vielleicht.

Lag es daran, daß ich nicht alles hörte und sah, was vor sich ging?

Möglich.

Lag es daran, daß es nicht das Shake-Hands mit dem Banknachbarn war, das mich nach vorne zum Empfang der Kommunion führte, sondern Christus selbst, der während der ganzen Messe zwischen Choralklängen, Priestergemurmel und routiniert runtergerasselten lateinischen Antworten meinem stillen Herzen so gnadenvoll nahe kommen konnte?

Mit Sicherheit.

Oft, leider zu oft, erlebe ich die Heilige Messe als den Punkt, an dem das ehemals Intimste zum Öffentlichsten wird. Viele Köche rühren im Brei herum. Böse Absicht will ich da gar nicht unterstellen. Man ist halt beisammen und da möchte man dann auch ‚was draus machen. Problematisch ist für mich, daß ich oft vor meinem inneren Auge Christus abseits sitzen sehe, wie auf einer Einwechselbank am Spielfeldrand, während auf dem Platz alles drunter und drüber geht.

„Komm schon, Trainer! Wechsel mich ein! Ich habe das Spiel schließlich erfunden!“ – „Nee du, wart mal noch. Es kommen noch die bebilderte Predigt, die von Laiendarstellern inszenierten Fürbitten, das pantomimische Vater Unser und als Danklied der Rap von der Pfarrjugend.“

Ich rede hier von Extremfällen, aber es sickern halt Dinge durch, auch dorthin, wo die Messe eigentlich ganz „normal“ und ziemlich andächtig gefeiert wird.

Ich finde aber, daß es in unseren Kirchen während der Heiligen Messen durchaus wieder intimer und stiller und unwuseliger werden darf (eigentlich muß), daher habe ich mir erlaubt, diese Zeilen zu schreiben.“

 

Der Verfasser, Alipius Claus Müller, ist übrigens Augustinerchorherr im Stift Klosterneuburg und hat dort am 14. Mai 2011 die Priesterweihe empfangen (und ist also weder ein „reaktionärer alter Knacker“, noch ein „hergelaufener Laie, der sowieso keine Ahnung hat“…).

Den vollständigen Text (incl. der hier weggelassenen Einleitung) finden Sie hier, bitte schauen Sie sich auch die 20 Kommentare an, die ganz praktisch weitere Aspekte der Angelegenheit beleuchten.

 

Und schließlich, in aller Vorsicht und gewissermaßen widerwillig, einige Links zum Thema; „widerwillig“, weil der Polemik, häufig versteckt!, zum Thema kaum auszuweichen ist.

Kathpedia, Römischer Ritus

introibo.net, Einführung

Radio Vatican, Die Theologie Joseph Ratzingers zur Einheit der Liturgie

Wikipedia, Tridentinische Messe (teils veraltet, ohne Berücksichtigung von universae ecclesiae!)

2 Kommentare

  1. Frischer Wind schrieb:

    Habe mich beim Lesen der beiden Posts („Conversi ad dominum…“ und diesem hier) sehr gefreut.

    Ich wünsche Ihnen, dass Sie bald einmal Gelegenheit finden, eine von Herzen gefeierte Hl. Messe im Usus antquior (oder wie immer man die „alte“ Messe nennen will) zu besuchen.

    Einen gesegneten Sonntag
    Frischer Wind

    Sonntag, 23. Oktober 2011 um 00:17 | Permalink
  2. Cornelie schrieb:

    Danke, Frischer Wind!

    Sonntag, 23. Oktober 2011 um 19:56 | Permalink

2 Trackbacks/Pingbacks

  1. […] PuLa jedenfalls hat sich hier vor kurzem erst für die Chance zu mehr Nähe ausgesprochen; mehr Nähe zum Herrn nämlich. Weil es genau diese „Nähe“ ist, der Glaube, der uns mehr Nähe zum Nächsten erst ermöglicht […]

  2. […] in der Blogoezese nicht so zu Hause sind, muß ich ein bißchen ausholen: In diesem Jahr verleiht Hw. Alipius auf „Klosterneuburger Marginalien“ nach 2010 wieder den „Schwester-Robusta-Award“. Eine […]

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