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PuLa-ReloAded: Die Ader [oder doch nicht?]

‘lode’ heißt auf englisch ‘Ader’, wie in Erz- oder Gesteinsader, allgemeiner steckt auch die Bedeutung ‘Lauf’ darin und wer den Herrn der Ringe kennt, wird sich jetzt vielleicht an den Fluß ‘Silverlode’ (Sindarin: ‘Celebrant’) erinnern.

Wie wir darauf kommen und was das mit dem allmittwochlichen PuLa-Reloaded zu tun hat?

Schauen Sie selbst:

„Reloded“-Detail

So titelte der ‘Tag des Herrn” am vergangenen Samstag und zwar auf der Titelseite… 

Und das ist zunächst einmal: Peinlich. Umso mehr, als es einige Zeilen in den Artikel rein dann richtig da steht: Reloaded, mit einem ‘a’.
Klar, wir sind auch nicht vor Schreibfehlern gefeit, aber der hier, den jede Rechtschreibkorrektur anzeigt, der sollte Profis, auf der Titelseite, einfach nicht unterlaufen, sorry.
Und wir dachten dabei natürlich unwillkürlich an unser eigenes “Reload-Projekt”.

Aber hätten wir deswegen den normalen Ablauf der Wiederveröffentlichung der besten Beiträge aus 10 Jahren PuLa unterbrochen? Natürlich nicht! und bevor bei mancher/manchem vielleicht falsche Hoffnungen aufkeimen: Wir haben auch noch jede Menge Vorrat! 🙂

Doch der Fehler hat dazu geführt, daß wir den Artikel überhaupt in Gänze gelesen haben. Und dann standen uns, wieder einmal, die Haare zu Berge, leider. Online stehen die Zeilen leider nicht zur Verfügung, daher müssen wir im folgenden mehr zitieren, als uns lieb ist, aber es ist, so fürchten wir stark, einfach soo typisch.

TdH, Reloded, ganz

Anlaß der Berichterstattung ist ein Jugend-Wettbewerb unter dem Titel: „Bibel reloaded“, der gerade im protestantischen Bereich in Eisenach begonnen hat. “Junge Menschen zwischen acht und 19 Jahren” sollen sich einen Vers aussuchen und “kreativ” damit auseinandersetzen.

Das ist natürlich alles hoffnungslos abgeschmackt und bis zum Anschlag unoriginell (“googeln” Sie mal ‘Bibel Reloaded’, mit ‘a’… 😉 ), pädagogisch unterbelichtet, 8jährige haben andere Fragen, als 19jährige!, und damit im Grunde nur ein weiterer der vielen, vielen Fälle der sinn- und auswirkungslosen Verprassung von (finanziellen) Ressourcen, wie wir sie im Umfeld organisierten Christentums permanent erleben müssen. 

Letztere Formulierung habe ich sehr absichtsvoll gewählt, denn es geht hier auch ausdrücklich nicht um konfessionelle Schadenfreude, nein, was hier passiert, könnte im katholischen Umfeld ganz exakt genauso, vermutlich mit den genau gleichen Worten, auch geschehen!

Nur die Zitate der Verantwortlichen, die haben mich dann doch, wieder einmal, gepackt. 

“‘Haben die Inhalte der Bibel noch etwas mit den Jugendlichen von heute zu tun?’, fasst Jugenddiakon […] die Ausgangsfrage zusammen. Sie sei nicht so einfach zu beantworten, […] Schließlich sei die Bibel bei den meisten Jugendlichen nicht sonderlich populär.”

Wie kann man als jemand, der, von allem anderen abgesehen, dafür bezahlt wird, etwas zu vermitteln, von dem man selbst überzeugt ist, so einen, pardon, Schwachsinn formulieren? Wie kann man auf die Idee kommen, die Bedeutung des Grundlagentextes der eigenen  Religion von der Frage der “Popularität” abhängig zu machen?

Aber vor allen Dingen: Wie kann man auf den abseitigen Gedanken verfallen, mit dieser Herangehensweise auch nur eine einzige Jugendliche, einen einzigen Jugendlichen ansprechen zu wollen?

Wenn Kinder (o, ja, schon Kinder!!) und dann Jugendliche über eines verfügen, dann ist es ein Gespür für Authentizität. Und wonach sie suchen ist Orientierung und nicht nachplappern und billiges Hinterherlaufen. Ob sie die Orientierung schließlich annehmen, ist eine völlig andere Frage. Aber ohne deren Angebot gibt es erst gar keine Chance.

Und so geht es weiter. Der Schulpfarrer: „Viele Bibeltexte lassen sich auf aktuelle Fragestellungen beziehen“. Wirklich? Was Sie nicht sagen!
Und weiter: “Biblische Inhalte seien auch mit Themen verbunden, die Jugendliche bewegen” “Auch”!
Und schließlich stellt der Leiter des Mitteldeutschen Bibelwerks fest: “Beim Umgang mit dem biblischen Text können wir bestimmt den einen oder anderen Tipp geben“ Tatsächlich? na, das hatten wir aber von Menschen, die sich beruflich in leitender Funktion damit beschäftigen, ja überhaupt nicht erwartet! 

Als ob diese labbrige, untergründig aber grundsätzliche Infragestellung (fachlicher) Autorität Jugendliche anspräche. Die denken sich vielmehr sinngemäß: “Wenn die/der selber nicht so auftritt, als daß er/sie mir etwas zu sagen hätte, warum soll ich dann eigentlich zuhören?” Und gehen.
Und darüber wundern sich diese Leute dann noch.
Und wundern sich noch mehr, wenn sie hören, daß Jugendliche bei Katechesen und Predigten im Umfeld der ‘Alten Messe’ nicht gehen – sondern wiederkommen… 

Leider, leider!, drängt sich nach der Lektüre derartiger Texte immer wieder die eine gleiche, traurige Frage auf und die lautet: ‘Ob die selber noch dran glauben?’ 

Zweifel sind unvermeidlich, denn wer es tut, der kann gar nicht so von der Hl. Schrift sprechen. Nein, dessen Begeisterung und “Angepacktsein” teilen sich unwillkürlich mit.

Solche Menschen haben dann auch eine ‘Ader’ dafür, mit Kindern und Jugendlichen erfolgversprechend über biblische Texte zu sprechen.
Die anderen sollten es lassen und sich um sich selbst und ihre Beziehung zur Bibel kümmern, statt andere belehren zu wollen, und zwar ganz schnell.

Gereon Lamers  

 

PS: Wir sind bekanntlich intellektuell fairer als fair (weil wir glauben, es uns leisten zu können 😎 ), deswegen füge ich hinzu, daß unser englisches etymologisches Wörterbuch uns verraten hat, daß tatsächlich vor langer Zeit ‘lode’ und ‘load’, anders als ich vermutet hätte, einmal parallel gebraucht worden sind. Allerdings immerhin schon seit dem 16. Jh. nicht mehr, so daß man sich wohl schwerlich wird darauf berufen können, oder? 😉

PPS: Gerade in Eisenach sollte man doch seeeeehr vorsichtig sein, etwas aus der Bibel herauszustreichen …

Aber tatsächlich erinnerte mich die Aktion sofort an eine Unterrichtsstunde in katholischer Religion (also tatsächlich: könnte uns genauso passieren! – Ist schon passiert …), aus der heraus uns unsere Tochter, damals 11. Klasse, am 14. Juni 2021 verzweifelt in die WhatsApp-Familiengruppe schrieb: „Kann ich bitte gehen?!“ Die Jugendlichen hatten von der bestellten Lehrkraft (keine Vertretung) vermutlich lehrplanfolgsam die Aufgabe erhalten, das Glaubensbekenntnis zu lesen und „Unwahres“ (auch an der Tafel in Gänsefüßchen) herauszustreichen. Im Anschluß sollten sie ein eigenes, persönliches Glaubensbekenntnis verfassen, das die eigene Glaubensvorstellung enthalten sollte. So wörtlich. „Alter, Schule!!!“ kommentierte unsere ältere Tochter aus dem fernen Studienort und fügte ihren Worten ein Facepalm-Emoji hinzu. „Unwahres rausstreichen? PuLa übernehmen Sie“ war damals bereits mein eigener Kommentar in diesem Chat gewesen. Diskutiert wurde mit den Schülerinnen und Schülern dann, was man tun kann oder sollte, wenn man hinter einer bestimmten Formulierung des Glaubensbekenntnisses nicht steht. Soweit ich weiß, einigte man sich auf schweigen. (Ganz fürchterlich relevant ist diese Frage ohnehin nicht gewesen, da, soweit ich sehe, unsere Tochter eine der wenigen wenn nicht die einzige regelmäßige Kirchgängerin ihres Kurses ist.) Daß es sein kann, daß man einfach irgend etwas noch nicht versteht und doch schon einmal mitbeten kann (ist doch beten etwas Objektives und objektiv Wirksames!), wurde in dieser Unterrichtsstunde m.W. nicht in Erwägung gezogen.

Jugendliche Reaktionen, authentisch (eigener Screenshot)

Wie es also, bei einer solchen Verbreitung der Strategie von – ich möchte fast sagen: erzwungener Distanzierung von den eigenen Glaubensinhalten und –zeugnissen ein Projekt wie das Eisenacher es auf die Titelseite einer Kirchenzeitung schaffen kann, ist mir unverständlich.

In Schutz nehmen möchte ich jedoch zuletzt noch die Interviewten: Wenn ein Journalist aus einem vermutlich längeren Gespräch einen einzigen nichtssagenden Satz zitiert, heißt das nicht, daß der Interviewte nichts Substantielles gesagt hat. Aus eigener Erfahrung weiß ich, daß die Journalisten auch manchmal das Billigste und in ihren Augen Anschlußfähigste aus einem längeren Wortbeitrag herausgreifen.

Cornelie Becker-Lamers

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