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Der Psalmen-Adventskalender, Tag/Psalm 18 „Cæli enarrant gloriam Dei…“

2 Cæli enarrant gloriam Dei, et opera manuum ejus annuntiat firmamentum.

3 Dies diei eructat verbum, et nox nocti indicat scientiam.

4 Non sunt loquelæ, neque sermones, quorum non audiantur voces eorum.

5 In omnem terram exivit sonus eorum, et in fines orbis terræ verba eorum.

6 In sole posuit tabernaculum suum; et ipse tamquam sponsus procedens de thalamo suo. Exsultavit ut gigas ad currendam viam;

7 a summo cælo egressio ejus. Et occursus ejus usque ad summum ejus ; nec est qui se abscondat a calore ejus.

9 Justitiæ Domini rectæ, lætificantes corda; præceptum Domini lucidum, illuminans oculos.

10 Timor Domini sanctus, permanens in sæculum sæculi ; judicia Domini vera, justificata in semetipsa.

 

2 Die Himmel erzählen die HErrlichkeit Gottes, und das Firmament verkündet die Werke Seiner Hände.

3 Ein Tag bringt dem andern das Wort herfür, und eine Nacht meldet der andern die Kunde.

4 Es ist keine Sprache, es ist kein Wort, deren Stimme man nicht hörete;

5 über die ganze Erde gehet aus ihr Schall, und bis an die Enden des Erdkreises ihr Wort.

6 In der Sonne hat Er seine Wohnung gesetzt; und sie geht hervor wie ein Bräutigam aus seiner Kammer; frohlocket wie ein Riese, zu laufen den Weg.

7 Vom äußersten Himmel ist ihr Ausgang, und ihre Rückkehr am Aeußersten desselben; und es ist niemand, der sich bergen kann vor ihrer Hitze.

9 Die Rechte des HErrn sind gerade, und erfreuen die Herzen; das Gebot des HErrn ist hell und erleuchtet die Augen

10 Die Furcht des HErrn ist heilig und dauert in Ewigkeit; die Gerichte des HErrrn sind wahrhaft, gerechtfertigt in sich selbst.

 

Natur und Offenbarung

Es wird von Christus gesungen. In Ihm nämlich lag die große, die volle Gnade, von der der Apostel Jo­hannes spricht: »Wir haben Seine Herrlichkeit gesehen voll Gnade und Wahrheit.« (Jo.1,14.) (AA)

[…] Der Psalm entstand vor [dem] Sich-Zeigen Gottes in seinem Sohn. Er spricht von den beiden Erscheinungsweisen der Herr­lichkeit, die trotz ihrer Endlichkeit das Siegel der Göttlichkeit, der Authentizität tragen und für uns als Betende bleibenden Offenbarungscharakter haben: die Schöpfung und das geoffenbarte Gesetz. […] (RS)

In der Sonne richtete Er Sein Zelt auf. In der Allsichtbar­keit Seine Kirche. Was also, Häretiker, fliehst du ins Dun­kel? (AA)

Der Christ kann die Natur nie nur als Herrschaftsobjekt sehen. Sie ist Erscheinung der Herr­lichkeit, Gegenstand der Betrachtung. Sie hat eine sonntägliche Seite, und diese ist die wichtigste. Ein kontemplatives Verhältnis zur Natur ist ein unverzichtbares Element der christlichen Fröm­migkeit. […] Wer Naturfrömmigkeit gegen Offenba­rungsfrömmigkeit ausspielt, versteht auch nichts von Offenba­rungsfrömmigkeit. Die Natur spricht von der Herrlichkeit Gottes zu dem, der diese Sprache zu deuten weiß. […]

Nach den Worten des Psalms spricht die Natur nicht nur zum Menschen, sondern das Natürliche spricht auch zueinander: »Ein Tag sagt s dem andern, und eine Nacht gibt kund der andern, ohne Sprache und ohne Worte.« […]

Aber das alles sehen nur die, die den wortlosen Schall verste­hen, das – nach der Formulierung Eichendorffs – »Lied, das in den Dingen schläft«:

„Schläft ein Lied in allen Dingen,
Die da träumen fort und fort,
Und die Welt hebt an zu singen,
Triffst du nur das Zauberwort.“

Gesetz und Furcht des HErrn

Wer interpretiert es authentisch? Der zweite Teil des Psalms spricht vom Gesetz, der Thora, der geoffenbarten gött­lichen Weisung. Sie macht das Unhörbare hörbar. Sie erschließt das »schlafende Lied«. […]
Das Offenbarwerden des göttlichen Ge­setzes für die Menschen ist nicht Einengung anfänglicher Frei­heit, sondern das »Es werde Licht«, das »den Unwissenden weise macht«. Weise werden scheint nur für den Unwissenden »unfrei werden« zu bedeuten. Dem wissend Gewordenen »erfreuen sie das Herz«. […] Das er­leuchtete Auge ist das reine Auge, dem die Dinge so erscheinen, wie sie sind; das Auge ohne Falsch, ohne Hintergedanken, das ohne Mühe Hell und Dunkel, Gut und Böse unterscheidet. Die Weisungen des Herrn nehmen alles Trübe vom Auge weg.

Im zehnten Vers spricht der Psalmist von der Haltung, die der Beter dem sich zeigenden Gott entgegenbringt: »Furcht des Herrn«. Sie »ist rein und bleibt ewig«. Nicht die Furcht des Knechtes kann hier gemeint sein, nicht Furcht vor Strafe. Denn diese ist nicht rein, sondern unrein; sie ist nicht ewig, sondern vergänglich. (RS)

Die Furcht des Herrn ist nicht knechtisch, sondern keusch. Umsonst liebend, fürchtet sie nicht, von Dem ge­straft zu werden, vor Dem sie zittert, sondern von Dem geschieden zu werden, den sie liebt. Das ist die keusche Furcht, nicht die, die vollendete Liebe austreibt, sondern die durchbleibt in die Ewe der Ewen. [Ewigkeiten, GL] Diese ist der Heilige Geist. (AA)

Gemeint ist die Haltung des Menschen, des Ge­schöpfes gegenüber dem unerschaffenen Licht, gegenüber der Heiligkeit Gottes. Es gibt kein Bewußtsein von dieser Heiligkeit ohne das Gefühl der eigenen Nichtigkeit. Wo diese Nichtigkeit, die Kontingenz, die Gleichgültigkeit eines solchen Geschöpfs mithilfe von Gottes Liebe mit unendlicher Bedeutung ausgestat­tet wird, wo sie in das dreifaltige Leben Gottes hineingenommen wird, da hebt diese Liebe doch nie den unendlichen Abstand und das Bewußtsein desselben auf. Ja, nur der Mensch, der im Ange­sicht der Heiligkeit Gottes von dieser Furcht – dieser Ehrfurcht -ergriffen ist, kann überhaupt die Heiligkeit erfahren und in den Strom ihrer Liebe eintauchen. Diese Furcht bleibt deshalb ewig. Sie ist ein Bestandteil unserer Seligkeit. Das Gesetz Gottes aber ist es, das uns diese Furcht lehrt. Es konfrontiert uns mit einem Sollen, das uns die Unbedingtheit, die Heiligkeit seines Urhebers erfahren läßt. So bringt es uns in die Wahrheit unseres Seins: »Die Rechte des Herrn sind Wahrheit, allesamt gerecht.« (RS)

Gottes Gerichte sind wahr, gerechtfertigt in sich selbst: zur Sammlung der Einheit, dies nämlich besagt in sich selbst. Das ist der Heilige Geist. Darum ließ Er die Ersten, in die Er fuhr, in allen Zungen reden, weil Er ankündigte, daß Er die Sprachen aller Völker in eins versammeln wollte. Was damals ein Mensch aus dem Heiligen Geiste tat, das tut jetzt die Einheit selbst: sie redet in allen Zungen. Ja, auch jetzt redet ein Mensch in allen Völkern die Zungen aller, der eine Mensch Haupt und Leib, der eine Mensch, Christus und Kirche, der vollkommene Mensch, Er Bräutigam, Er Braut. (AA)

 

Den wunderbaren Psalm 18 kürzen zu müssen, zerreißt einem fast das Herz und das gilt auch für die Spaemannsche Auslegung. Hier kommt zu sich selbst, was es bedeuten kann, wenn ein gläubiger Philosoph so einen Text betrachtet; wenn Ihnen gefallen hat, was Sie gerade gelesen haben: Es ist nur ein kleiner Ausschnitt!
Und das „Zwiegespräch“ mit dem Hl. Augustinus, das sich da so über die Jahrhunderte hinweg ergab, zumindest anzudeuten, war mir eine große Freude. (GL)

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