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„Ich glaube daran“ und andere „Lieder zum Credo“

Wie sich doch die Dinge manchmal fügen: Da hatte ich gerade einen sehr interessanten Beitrag gelesen, über die rechte Art und Weise, die Hl. Dreieinigkeit in der Liturgie angemessen zu loben, der sich u.a. mit manchen „Liedern zum Credo“ auseinandersetzt, schon ergibt sich „vor Ort“ die Notwendigkeit, über dieses Thema zu sprechen.
Es deutet nämlich einiges darauf hin, daß gerade ein bestimmtes dieser Lieder aus dem „Neuen Gotteslob“ bei uns verstärkt genutzt, ja geradezu „gepusht“ werden soll.

Aber schön der Reihe nach.

Der fragliche Beitrag stammt von Prof. Ansgar Franz, einem Liturgiewissenschaftler, der im Augenblick in Mainz lehrt (vgl. auch hier). Er trägt den Titel: „Gott ist dreifaltig einer“? Das Lob des dreieinen Gottes in der Liturgie und er findet sich in der Ausgabe 3/2013 von „zur debatte“, Themen der Katholischen Akademie in Bayern, S. 13 -15 (leider nicht online, vgl. aber hier).

Das Fragezeichen im Titel deutet nun keineswegs darauf hin, der Autor könne etwa die Trinität in Frage stellen – ganz im Gegenteil durchzieht den Artikel das Bemühen, eben deren „Lob in der Liturgie“ vor „Banalisierungen“ zu schützen. Dies ist nicht der Ort, den ganzen sehr bedenkenswerten Artikel zu paraphrasieren, aber was die musikalische Seite angeht, und dies ist ein Spezialgebiet von Prof. Franz, so befaßt er sich vor allem mit diesem Lied:

„Gott ist dreifaltig einer; / der Vater schuf die Welt, / der Sohn hat uns erlö­set / der Geist uns auserwählt. / Dies glaub ich, und so leb ich / und will im Tod vertraun, / daß ich in meinem Lei­be / soll meinen Gott anschaun“

von Marie Luise Thurmaier, 1943, vormals GL 489 jetzt GL 354.

Wie jeder weiß, der in den letzten Jahrzehnten auch nur gelegentlich 😉 in der Kirche war, ein überaus gern genutztes Lied, wenn es zum Credo „mal wieder schnell gehen muß“ 🙁

Prof. Franz nun charakterisiert dieses Lied schlicht als „unangemessen“:

„Abgesehen von der grundsätzlichen Problematik dieser in Meßliedreihen zusammengestellten Lieder zum Ordinarium (Lied „zum Gloria“, „zum Cre­do“, „zum Sanctus“ etc., wo eigentlich „Gloria“, „Credo“ oder „Sanctus“ ste­hen sollten), die ursprünglich ,neben‘ den offiziellen liturgischen Texten her­liefen, heute aber an deren Stelle treten sollen, scheint dieses „Credo-Lied“ im Besonderen problematisch, da es die biblische Dynamik der Dreieinheit Gottes gründlich domestiziert und die frohe Botschaft von dem sich in drei Personen offenbarenden Gott nachhal­tig historisiert.

Die allesamt in der Vergangenheitsform gebrauchten Verbfor­men, die das Heilswirken der göttlichen Personen beschreiben („schuf“, „hat er­löset“, „[hat] auserwählt“), vermitteln den Eindruck, der Vater habe sich be­reits nach getaner Schöpfung zurückge­zogen, der Sohn habe sich nach voll­brachter Erlösung verabschiedet und auch der Geist sei, nachdem er uns ein­mal „auserwählt“ hat, nun nicht mehr wirksam.

Es ist ein grundlegender Unterschied, ob man mit dem Symbolon (also dem sog. „Großen Glaubensbekenntnis“, dem Nicäno-Konstantinopolitanum von 381, G.L.]  bekennt „Ich glaube an Gott, den Vater, den Allmächtigen, den Schöpfer des Himmel und der Erde …“ oder ob man sagt: „der Vater schuf die Welt“; im ersten Falle wird bekannt, daß Gott auch heute noch ‚kreativ‘ ist, im zwei­ten Falle liegt sein Schöpfungshandeln in weiter Ferne.
Verstärkt wird dieser Eindruck dadurch, daß der ganze zwei­te Teil des Liedes nur noch von der ei­genen leiblichen Auferstehung („daß ich in meinem Leibe“) spricht und ge­messen am Symbolon sowohl die Kir­che verschweigt, deren Liturgie das Heilswirken der göttlichen Personen vergegenwärtigt, als auch die Gemein­schaft der Heiligen, die das irdische Gottesvolk mit den Bewohnern des Himmlischen Jerusalem vereint.
Der Einzelne scheint hier von Gott, den Menschen und allen guten Geistern ver­lassen.
Von dem in der Bibel bezeugten dynamischen Verhältnis der drei gött­lichen Personen zueinander und zu den Menschen – das, was den Vater als Va­ter auszeichnet, den Sohn als Sohn und den Geist als Geist – ist in dem Lied nichts zu spüren.
Warum es Vater, Sohn und Geist sind und nicht etwa Vater, Sohn und Enkel oder drei Geschwister geht allein daraus, daß sie sich – wie das Lied behauptet – streng paritätisch die Heilswerke Schöpfung, Erlösung und Erwählung teilen, kaum hervor.
Si­cherlich kann und muß es ,Kurzformeln‘ des Glaubens geben, aber ob eine Verkürzung wie GL 489 [jetzt 354, G.L.] noch sinnvoll ist, darf bezweifelt werden.“

Das ist starker Tobak, wie?
Dabei wissen Kenner übrigens, die Sache mit den „Kurzformeln“ war mal ein eigenes, dorniges Thema der Auseinandersetzung in der jüngeren Theologiegeschichte, aber das kann man, glaube ich, getrost zur Seite lassen, denn so wie ich Prof. Franz verstehe, geht es ihm an dieser Stelle bloß um liturgisch-pragmatische Fragen und wer wollte bestreiten, daß nicht für jeden Gottesdienst beliebig viel Zeit zur Verfügung steht?
Die Frage ist eben immer nur: Wo wird „gespart“ und mit welchen Mitteln geschieht das! Da zeigt uns dieses längere Zitat, wie es besser nicht passieren sollte, weil dabei ganz schön viel „schiefgehen“ kann – und zwar an einem Kernpunkt unseres Glaubens! Und es zeigt sich erneut, daß (relativ) neue textliche und musikalische Hervorbringungen, und wenn man sich auch noch so sehr schon an sie gewöhnt hat, anhand inhaltlicher Kriterien, am Maßstab der Lehre der Kirche überprüft werden müssen!
Und der Artikel zeigt in ganz bemerkenswerter Weise auch, daß es regelmäßig die älteren, alten oder sehr alten Texte sind, an denen im Zweifelsfall Maß zu nehmen ist. Ansgar Franz führt dies sehr aufschlußreich durch am Beispiel des Liedes „Dreifaltiger verborgener Gott“ (heute GL 775 ehem. 279) von 1969, das jedoch „weitestgehend mittelalterlicher Hymnodie“ folge und eben damit zu guten Ergebnissen gelange.
Dabei scheint es mir eindeutig, daß wir es bei Prof. Franz nicht mit einem ausgewiesenen ‚Traditionalisten‘ zu tun haben; neben der positiv gefärbten Erwähnung der „Kurzformeln“ spricht auch sein Bedauern über ausbleibende „ Innovationen“ dafür, was ja ein Wort ist, das nicht jeder freiwillig in den Mund nimmt… 😉

Wir sehen daran erneut, was PuLa ja nicht müde wird zu betonen: Es geht, wenn (z.B. hier) Neuerungen kritisiert werden, nicht um eine blinde Veränderungsunwilligkeit oder gar um reaktionäre Rückwärtsorientierung, es geht um die besseren Argumente. Doch die hat nun mal regelmäßig die „Tradition“!  (Und das ist notwendigerweise so, doch das zu begründen würde jetzt eine ekklesiologische Diskussion erfordern, was nicht hierher gehört, wer in Kurzform lesen will, was ich dazu meine, kann hier nachlesen, ziemlich am Ende).

Kommen wir zur aktuellen praktischen Nutzanwendung dieser Überlegungen für Weimar. Ich sagte, da wird offenbar gerade versucht, eines der neuen Lieder „zum Glaubensbekenntnis“ (O-Ton Gotteslob, vgl. oben…) zu „pushen“. Es handelt sich um das Lied mit der Nr. 777 in unserem östlichen Regionalteil, „Ich glaube an den Vater, den Schöpfer dieser Welt“ von Markus Pytlik (*1966) mit dem Refrain nach allen vier Strophen: „Ich glaube daran“.
Zu den musikalischen Qualitäten will ich mich nicht äußern, dazu bin ich nicht der Richtige; ich finde allerdings, es gibt eine Form von Eingängigkeit, die grenzt schon schwer an Aufdringlichkeit, aber das mögen andere ja als Stärke des Liedes verbuchen. Ich werde aber deshalb diesmal kein Video einbetten… 😉 , Den Text finden Sie, außer möglicherweise im Gotteslob z.B. hier.

Herr Pytlik jedenfalls ist offenbar unter den NGL-Komponisten dieses Landes eine ziemlich große Nummer; er besucht Kongresse dieser Spezies (hier) und er ist wahrhaftig unbescheiden genug, sich zu fragen, warum er eigentlich nicht in den Stammteil des Gotteslobes aufgenommen wurde, sondern „nur“ in mehrere Regionalteile (vgl. hier).
Da haben beim Gotteslob wohl doch noch ein paar Leute aufgepaßt und, wenn es schon bei der graphischen Gestaltung nicht geklappt hat (vgl. hier), dann zumindest in dieser Hinsicht! Wer weiß, am Ende hat sogar Prof. Franz mit dafür gesorgt, er war nämlich an diesem Prozeß  beteiligt.

Nun vermeidet, so will mir scheinen, dieses Lied im Vergleich zu dem oben betrachteten einige der trinitätstheologischen Klippen und das Bekenntnis zur Schöpfung des Menschen als „Frau und Mann“ ignoriert zwar die „korrekte Reihenfolge“ 😉 aber heutzutage muß man sich über die Erwähnung der zweigeschlechtlichen Komplementarität der Schöpfung als solcher ja schon freuen.

Aber dann! „Ich glaube an den Geist, den man im Herzen spürt […]“. O ja! „Spürt“! Klar, das Empfinden, die „Erfahrung“ ist ja allgemein zum neuen Ausweis der (vermeintlichen) Verbindlichkeit geworden („Was fühlst Du dabei?“). Das ist natürlich ebenso lächerlich wie gefährlich und vom Hl. Geist bleibt hier eigentlich alles Entscheidende und Unterscheidende (!) ungesagt.

Doch auch das brauchen wir gar nicht näher zu betrachten, denn allein die erste Zeile der vierten Strophe genügt, um das Lied zu disqualifizieren:

Ich glaube an Gemeinschaft mit Gott als Fundament.“

In der Diktion von Prof. Franz  könnte man wissenschaftlich vornehm sagen: Dieses Lied verschweigt ebenfalls die „Kir­che, deren Liturgie das Heilswirken der göttlichen Personen vergegenwärtigt, [und] die Gemein­schaft der Heiligen, die das irdische Gottesvolk mit den Bewohnern des Himmlischen Jerusalem vereint.“

Ich sage hingegen einfach: Nein! Das glaube ich nicht. (Oder nur in einem so allgemeinen Sinne, daß es an dieser Stelle, an der es um ein Bekenntnis geht!, völlig irrelevant ist) Ich glaube an etwas, das einen konkreten Sinngehalt hat: Die eine, heilige, katholische und apostolische Kirche.

Es kann doch um gar nichts anderes gehen! Bitte, an eine „Gemeinschaft mit Gott als Fundament“ glauben vermutlich auch die, die als Angehörige des sog. „Islamischen Staats“ mordend, brennend und vergewaltigend den Mittleren Osten heimsuchen!

Das kommt dabei heraus, wenn man auf der Suche nach dem kleinsten gemeinsamen Nenner alle Katzen grau werden läßt! (und dementsprechend finden Sie dieses Lied im Netz auch bei allen möglichen „Ökumene-Ausschüssen“ „im Westen“ und sogar in das „Chorbuch“ der sog. „Neuapostolischen Kirche“ hat es Aufnahme gefunden)

Nur so am Rande sei ergänzend erwähnt, daß in diesen Liedern „natürlich“ auch regelmäßig die Mutter des HErrn, daß Maria fehlt – und das ist eben immer ein untrügliches Anzeichen dafür, daß im katholischen Sinne etwas nicht stimmen kann!

Dieses Lied ist also als nicht geeignet, als Credo gesungen zu werden, das ist klar, und warum es es überhaupt in das Gotteslob geschafft hat, erschließt sich mir nicht.

Nur, was ist jetzt zu tun, wenn es einem im Gottesdienst dennoch begegnet? Wie immer im Umgang mit dem neuen Gotteslob hat PuLa einen praktischen Vorschlag: Schlagen Sie einfach die Nummer 586 auf. Dort findet sich das „Große Glaubensbekenntnis“ und zwar sehr schön in zwei Spalten nebeneinander auf deutsch und in Latein. Das können Sie, noch bevor die vier länglichen Strophen fertig gesungen sind, locker leise bis zum Ende vor sich hinsprechen – damit haben Sie dann wirklich und zuverlässig den Glauben der Kirche bekannt!

Vermutlich werden Sie auch noch Zeit dafür haben, Betrachtungen darüber anzustellen, was Latein für eine wunderbar knappe, ja „ökonomische“, Sprache ist, vielleicht bekommen Sie sogar eine Ahnung davon, wie schön der Text in dieser Sprache „fließt“. Es ist „unsere Sprache“, das Lateinische, unsere katholische Sprache, ja, auch Ihre, selbst wenn Sie sich (noch) nicht so gut darin auskennen; es ist Ihre Sprache! (Lassen Sie nicht zu, daß man sie Ihnen wegnimmt, bitte!)

Und anschließend können Sie dann die fest geschlossenen Ohren langsam und vorsichtig (denn man weiß ja nicht, wer gerade die Fürbitten geschrieben hat, oder wer sie vorträgt 😉 ) wieder „aufklappen“ und gestärkt dem weiteren Fortgang des Meßopfers folgen! 🙂

 

 

PS: Sie dürfen aber, anders als in dem ansonsten sehr schönen Video („Kneel“ – „Raise“ 🙂 ) ruhig bei der deutschen, bzw. „erasmischen“ Aussprache des Latein bleiben! Die ganzen „Sch“ und „Tsch“ –Laute („schenitum“) der romanischen Tradition müssen wir keineswegs übernehmen!

4 Kommentare

  1. Gloria Olivae schrieb:

    Thurmair -Mann wie Weib – sind Häretiker! Ein Skandal, dass die zu Haus- und Hofliederkomponisten in der deutschen Kirche geworden sind. Aber halt bezeichnend

    Donnerstag, 2. Oktober 2014 um 14:08 | Permalink
  2. @ Gloria Olivae:
    Hm! Ich habe ja keine Angst vor dem „H-Wort“, aber das scheint mir doch ein bißchen weit zu gehen. Frau Thurmair war immerhin Trägerin eines päpstlichen Ordens. Ich würde es vorziehen, die Lieder im einzelnen zu diskutieren.

    Freitag, 3. Oktober 2014 um 18:12 | Permalink
  3. Cornelie schrieb:

    „Die ganzen „Sch“ und „Tsch“ –Laute („schenitum“) der romanischen Tradition müssen wir keineswegs übernehmen!“

    Nein? Müssen wir nicht? „Eine Gewohnheit aus Frankreich“? 😉 Na sowas!

    Freitag, 3. Oktober 2014 um 20:25 | Permalink
  4. ester schrieb:

    Ich denke laut Redemptoris Sacramentum geht es gar nicht ein Lied anstatt des Credo zu singen, höchstens man singt eben das Credo, weil in Nr 69 steht dort:
    „Bei der heiligen Messe sowie bei anderen Feiern der heiligen Liturgie darf kein Glaubensbekenntnis zugelassen werden, das nicht in den rechtmäßig approbierten liturgischen Büchern enthalten ist.“
    Und ich kann mir nicht vorstellen, dass Gott ist dreifaltig einer, oder sonst ein „Credo“ Lied es in die liturgischen Bücher „geschafft“ hat.

    Freitag, 3. Oktober 2014 um 23:00 | Permalink

Ein Trackback/Pingback

  1. […] Dass „Lieder zum Credo“ mittlerweile „statt“ des Glaubensbekenntnisses gesungen werden, ist schon bedenklich – schlimmer ist, wenn sie dessen Inhalt verfälschen. Das wird auf Pulchra ut Luna gut beschrieben: „Ich glaube daran“ und andere „Lieder zum Credo“ […]

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