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Der Sonderurlaub

 Der Sonderurlaub

Ein Sketchlet zum Ersten Advent für zehn Schafe, ein Lämmchen
und jede Menge  Schafstatisten

 

Wundersdorf, Oderbruch. Schafweide. Große weiche Flocken fallen auf die Tanne, das frisch gepflanzte Gingkobäumchen, den Zaun, die Weide und den Unterstand und verpassen allen Dingen ein dickes weißes Häubchen. Die meisten Schafe haben sich bei den lausigen Temperaturen irgendwohin verkrochen oder eng zusammengekuschelt. Kohle steuert denn auch, von einem Kontrollgang zurückgekehrt, zielstrebig den Unterstand an, aus dem allerlei Gemurmel und Geklapper zu hören ist.

Blick aus dem Unterstand auf die Tanne (Bild: Kohle Schaf)

Kohle (stupst die Tür zum Unterstand auf): Hallo allerseits!

Die Schafe (durcheinander): Hallo Kohle – Grüß dich! – Was bringst du denn für ein Wetter mit? – Mach bloß schnell wieder zu! – Kohle! Es zieht!

Kohle (schnattert): Brrrrr! Ich kann euch sagen! Schafskälte ist gar kein Ausdruck!

Huf: In Island nennt man diese Wetterlage „hundslappadrífa“.

Kohle (muß lachen): Wo hast du denn das schon wieder her?

Huf (leichthin): Irgendwo gelesen …

Wolle (in der hinteren Ecke des Unterstands zu Flocke): Ich wäre lieber vorsichtig! Es wird kalt!

(Kohle arbeitet sich durch den vollen Unterstand bis zu den beiden durch und prallt zurück: Wolle und Flocke stehen vor gepackten Koffern!)

Kohle: Was um alles in der Welt soll denn das bedeuten? Ihr wollt doch nicht abhauen?

Wolle (geheimnisvoll): Der Maestro hat gesagt, wenn wir in Takt 128 die leere Quinte sauber kriegen, gibt’s einen Tag Sonderurlaub!

Flocke (lustig): Und da wir immer alles sauber kriegen, packen wir schon mal.

Kohle (konsterniert): Ich versteh überhaupt nichts!

Grauchen (mischt sich ein): Cho-or! Christmette! Uraufführung! Proben!

Kohle (vermufft): Uraufführung?! Klingt bedrohlich!

Flocke (lacht): Alles völlig harmlos! Kann man sehr schön anhören!

Wolle: Und gut mitsingen.

Blütenweiß: Apropos mitsingen! Soweit ich weiß …

Flocke (unterbricht sie): Pschschscht!

Flocke, Wolle, Blütenweiß und Grauchen (setzen ein Garfield-Grinsen auf): Alles gut!

Kohle (mißtrauisch): Sagt mal – ihr nehmt mich doch nicht auf den Arm?

Die Schafe (durcheinander): Aber Kohle! – Dich doch nicht! – Wir doch nicht! – Wo denkst du hin?!

Kohle: Na schön – vielleicht verratet ihr mir ja zumindest, wo’s hingehen soll, in eurem „Sonderurlaub“?

Wolle: Na, ich denke mal …

Grauchen: Pschschscht! Das Ziel würde schon viel zu viel verraten!

Blütenweiß: Es soll doch eine Überraschung bleiben, was für eine Messe wir singen. Komm Heilig Abend einfach in die Kirche – dann weißt du mehr!

(Von draußen ist ein ohrenbetäubendes Tuten zu hören.)

Kohle (mit gesträubtem Fell): Was war das denn?

Ein Schaf: Eine neue Wolfsschutzmaßnahme?

Ein zweites Schaf (freudig): Die Esel kommen doch noch, um uns zu beschützen!

Ein drittes Schaf: Quatsch! So klingt doch kein Esel!

Blütenweiß: Vielleicht die Hupe vom neuen Pritschenwagen? (jubelnd) Wir werden schon abgeholt!

Flocke: Ich denke eher, die Instrumentalisten haben sich zum Proben verabredet.

(Draußen hört man, wie mehr und mehr Schafe neugierig dem Klang folgen.)

Wolle (schaut aus dem Fenster auf die Herde, befriedigt): Jedenfalls entfaltet es schon die gewünschte Wirkung!

 

ENDE

 

Cornelie Becker-Lamers, Weimar

 

Ja, so geht’s zu in Wundersdorf! Mal sehen, warum Flocke und Wolle wirklich ihre Koffer gepackt haben … Zu allen Fragen rund um irgendwelche Uraufführungen in der Wundersdorfer Christmette wissen wir natürlich ebensowenig wie Sie, liebe Leser! Da müssen wir uns wohl alle noch drei Wochen gedulden.

Ein Trackback/Pingback

  1. Pulchra ut Luna › Der Putztrupp on Sonntag, 10. Dezember 2017 um 23:43

    […] Während die Schafe draußen vor den Toren der Stadt im dichten Schneetreiben über ihren Sonderurlaub diskutieren, huscht Edith durch die anbrechende Dunkelheit zur Pfarrkirche Maria […]

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