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Aber kommen Sie bitte zehn Tage zu früh!

Aber kommen Sie bitte zehn Tage zu früh!

Das Pfarrhaus öffnet seine Türen für Musik und Begegnung

Einen Flyer in dem Sinne gibt’s nicht. Der Termin soll sich über die sozialen Netzwerke verbreiten.

Na, dann wollen wir mal.

Eigentlich hätte Pfarrer Gothe das katholische Pfarrhaus von Herz-Jesu Weimar gern für ein kleines Musikprogramm zur Langen Nacht der Hausmusik geöffnet, mit welcher seit 2006 bekanntlich jedes Jahr die Thüringer Bachwochen beginnen. Als wir uns aber darüber unterhielten, stellte sich rasch heraus, daß der Termin der Langen Nacht grundsätzlich mit dem bundesweiten Termin des Ökumenischen Jugendkreuzwegs kollidiert: Beide Veranstaltungen finden jeweils am Abend des Freitag vor Palmsonntag statt.  Naja, und weil das mit dem Jugendkreuzweg 2015 aufgrund der sattsam bekannten sehr speziellen damaligen Personalien in Herz-Jesu Weimar mal wieder nicht realisiert werden konnte, ging dieser Termin  der Pfarrjugend im Jahr 2016 auf jeden Fall vor.

Und das ist gut so. Gibt es doch seit diesem Jahr einen zweiten Termin, an dem man zu freiem Eintritt gemeinsam für andere und mit anderen konzertant Musik machen kann: Erstmals klinken sich die Thüringer Bachwochen heuer nämlich in die seit sechs Jahren bestehende Organisation von Bach in the subways ein: An öffentlichen Orten – besser gesagt: „Nicht-Orten“ wie Einkaufscentren, Kaffees oder sogar Straßenecken – soll Bach zum Geburtstag mit kleinen Ständchen geehrt werden. In Weimar freilich wird aus dem New Yorker „Bach in the subways“ (in Ermangelung einer U-Bahn…) ein „Bach in the stairways“. Das Treppenhauskonzert im katholischen Pfarrhaus! Soweit wir sehen, sind wir damit in Weimar die einzigen, die am 21. März in diesem weltweiten Rahmen ein Geburtstagsständchen bringen möchten. Thüringenweit sind noch Erfurt, Eisenach und Meinigen dabei.

Während aber beispielsweise in Erfurt früh morgens auf der Kreuzung gespielt wird, machen wir es uns im Besprechungsraum bequem. Schließlich steht, so der Wunsch Pfarrer Gothes, die Begegnung im Vordergrund. Mit Tee und karwochenangemessen trockenen Plätzchen werden einige Freundinnen im offenen Besprechungsraum mit einer Art Caféhausatmosphäre eben jenen öffentlichen Raum schaffen, im Rahmen dessen dann in viertelstündigen Blöcken kleine Musikeinheiten im Treppenhaus erklingen: Die Cäcilini singen u.a. Lieder zur Karwoche, der Jugendchor hält Bachbearbeitungen bereit, ein Flötenensemble und einige Solisten machen Musik – im einzelnen kennt meines Wissens bisher niemand das ganze Programm, denn die Organisation ging relativ rhizomatisch vor sich, also nach dem bewährten Motto: „Klar, wir machen was. Das klappt dann schon!“ Da das aber nur wirklich fähige Leute gesagt haben, bin ich vollkommen überzeugt, daß dem auch so sein wird! Durchgesickert ist, daß wir u.a. das „Ave Maria“ hören werden, das Charles Gounod 1852 als „méditation“ über das C-Dur-Präludium aus Bachs „Wohltemperiertem Clavier“ gelegt hat:

Oder auch das solfeggio (vulgo „soll fetzio“) c-moll von Bachs zweitältestem Sohn, dem in Weimar geborenen, aber sogenannten „Berliner Bach“ Carl Philip Emanuel:

Den Auftakt jedenfalls macht um 16.15 Uhr der Jugendchor. Klaviermusik wird sich anschließen, bevor gegen 16.45 Uhr die Cäcilini singen. Das Blockflötenensemble ist ab 17.15 Uhr vollständig, und den Abschluß machen einige gemeinsam gesungene Lieder: Es war allen, die mit vorbereitet haben, nämlich ganz wesentlich, daß es genügend Choräle und Kanons zum gemeinsamen Singen aller Anwesenden geben wird.

Soweit, so gut, werden Sie sagen – aber warum, um alles in der Welt, sollen wir zehn Tage zu früh kommen? Das schaffen wir doch von allem andern abgesehen schon gar nicht mehr!

Ok, liebe Leser, hier beantwortet PuLa Ihnen mal wieder eine Frage, die Sie sich ohne uns gar nicht gestellt hätten. 😉

Johann Sebastian Bach hat laut Taufbuch am 21. März 1685 das Licht der Welt erblickt. Dieses Taufbuch aber lag in der Georgenkirche zu Eisenach – einer Kirche mithin des Herzogtums Sachsen-Eisenach, welches damals protestantisch und das heißt rückständig war – zumindest, was den Kalender betraf. Sie erinnern sich: Schon im 16. Jahrhundert war den Astronomen aufgefallen, daß der damals gebräuchliche, nämlich der Julianische Kalender mit den jahreszeitlichen Abläufen, den Saat- und Erntezeiten nicht mehr übereinstimmte. In seiner großen Weisheit beschloß daher das Konzil von Trient (1545-63) eine Kalenderreform, die Papst Gregor XIII in kirchenhistorisch kürzester Zeit, nämlich nach schlappen 19 Jahren 1582 umsetzte: Auf den 4. Oktober folgte in jenem Jahr der 15. Oktober – zufällig die Todesnacht der Teresa von Ávila, also gut zu merken.

Die protestantischen Länder machten die Kalenderreform, wiewohl von anerkannten Wissenschaftlern wie Johannes Kepler befürwortet, nicht mit: Da vom Papst dekretiert, vermutete man nichts Geringeres, als daß der Antichrist hinsichtlich des Zeitpunkts des Jüngsten Gerichts Verwirrung stiften wolle. Erst um 1700 war die Reform überall – zuletzt in England – nachvollzogen, aber Bach hat es noch voll erwischt. Geburtstag hat er, wenn man den Tag begehen möchte, am 31. März. Das wissen aber nicht wirklich viele, und interessieren tut es schon gar keinen. Also kommen Sie zehn Tage zu früh. Wir feiern am 21ten.

Nochmal in Kürze zum Mitschreiben:

Was? Bach in the subways – Bach im Pfarrhaus

Wo? Katholisches Pfarrhaus Herz-Jesu Weimar, 1. OG, Eingang durch das Barockgärtlein.

Wann? Montag, 21. März 2016, 16.00 – 18.00 Uhr

Wer? Cäcilini, Jugendchor, Blockflötenensemble, Solisten, Sachen zum Mitsingen

Wie? Zwanglos! Kommen und gehen Sie jederzeit innerhalb dieser zwei Stunden – es herrscht keine Konzertatmosphäre!

Warum? Nette Leute und gute Musik bei kostenlosem Eintritt und Freitee

Kommen Sie zahlreich!

 

Cornelie Becker-Lamers, Weimar

 

Ein Trackback/Pingback

  1. […] subways‭“‭,‭ ‬also um den Gedanken,‭ ‬Johann Sebastian Bach und andere Musik zu Bachs Geburtstag ‭ ‬an Alltagsorten und‭ –‬nichtorten zu Gehör zu […]

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