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Kalkulationen, Ein Sketchlet zum St. Josefstag

Kalkulationen

Ein Sketchlet zum St. Josefstag für sechs Personen und beliebig viele Statisten

 

Wundersdorf/ Oderbruch. Im – oder besser: vor – dem „Bacchos“, der beliebten Stammkneipe unserer katholischen Freunde, geht es hoch her. Die ersten frühlingshaften Anwandlungen des Jahres werden sofort genutzt, um den Tag möglichst lückenlos im Freien zu verbringen und Sonne zu tanken. Denn auch ein nicht so kalter Winter geht einem irgendwann auf die Nerven. Richard kommt gerade mit ein paar schützenden Plaids von der Truhe mit den Decken zurück, als die Diskussion über die Vorfälle um die neue EZB-Zentrale schon im vollen Gange ist.

 

Hanna: Aber so ein Krawall!

Richard (reicht unter den fröstelnden Frauen die Decken herum): Frankfurt halt.

Silke: Daß sie immer so auf die Polizisten losgehen müssen! Schlimm!

Hedwig: Richtige Dragoner.

Edith (lacht): Es geht ja auch um Draghi.

Karl (stimmt ihr zu): Den „Drachen“.

Silke: Hm?

Karl (der seit neuestem italienisch lernt): Na, „drago“ heißt doch Drache.

Hedwig: Auf italienisch?

Karl: Ja. Und „draghi“ ist die Mehrzahl.

Silke: Echt?

Karl: Glaub‘ schon!

Hanna: Und in der EZB, die Draghi-Männer, sind dann also die Drach’men?

(Alle brechen in schallendes Gelächter aus.)

Edith (wickelt sich in ihre Decke): Schön wär’s! Schluß mit dem Theater!

Hedwig: … dem drohend erhobenen Mittelfinger …  (Sie trinkt.)

Richard (setzt sich): Ich weiß nicht. Ich hab mich zu wenig damit beschäftigt.

Silke: Bist du kein Eurologe?

Richard: Nein. Kein Eurologe und kein Neurologe. Obwohl wir neuralgische Punkte andernorts ja durchaus erkennen.

(Die andern lachen.)

Hanna: Apropos neuralgischer Punkt: Der Kaplan geht ja jetzt weg.

Silke: Ja. Der hat’s überstanden.

Karl: War ja zu erwarten: Wer laut die Wahrheit sagt, fliegt hier raus. Das kennen wir doch schon.

Hedwig: Und darauf hat er’s angelegt.

Richard: Wann genau geht er denn?

Karl: Mai-Juni herum.

Hanna: Also die Erstkommunion macht er noch.

Edith (zu Richard): Weißt du noch unsere Tour durch den Harz, wie sie in St. Josef in Blankenburg damals erzählten, als der Priester wegging, der für die Ministranten zuständig war?

Richard (überlegt): Nee, nicht mehr so genau … sag noch mal …

Edith: Daß sämtliche Ministranten in der Messe gedient haben, um ihn zu verabschieden. Das waren bei denen dort 26.

Silke (ungläubig): 26?

Edith: Ja. Bei einer Katholikenzahl von unter 1000 und einer Kommunionkinderzahl von acht Kindern alle vier Jahre. (Sie lacht.)

Richard: Oder alle zwei Jahre … Jaja, so etwa … Stimmt. Ich erinnere mich.

Hedwig: 26 aktive Ministranten bei acht Kommunionkindern – sagen wir: alle drei Jahre? Dann muß ja so ungefähr jedes Kommunionkind die neun Jahre bis zum Abitur meßdienern?

Silke (überschlägt die Zahl): Ja … stimmt! Wahnsinn!

Karl (lacht): Wie viele wären das denn bei uns?

Hanna: Bei uns? Moment … Bei uns gehen jedes Jahr zirka 35 Kinder zur Erstkommunion …

Richard: … mal neun Jahre …

Edith: Äh … 350 minus 35 …

Karl: 315! Nach diesem Schlüssel hätten wir 315 Meßdiener.

(Bei der Vorstellung müssen alle lachen.)

Silke: Na denn Prost! (Sie hebt ihr Glas.)

Edith: Da wäre die Kirche voll!

Hedwig: Ja, das stimmt. Das wäre ein bißchen zu viel des Guten.

Hanna: Aber daß wir mit einem Schnitt von 3,15 Ministranten pro Messe schon glücklich sind, das kann’s auch nicht sein!

Richard: Hm, ja! Da sieht man schon, daß es einen Unterschied macht, wie ein Pfarrer diese Sachen anpackt, den Kaplan anleitet und selber dahinter steht.

Karl: Der Pfarrer kommt bei sowas nicht aus der Verantwortung raus. Da kann er sich drehen und wenden wie er will.

ENDE

Cornelie Becker-Lamers, Weimar

 

Ja, so geht’s zu in Wundersdorf, wenn die Sonne rauskommt!
Und in Blankenburg/Harz gibt’s noch mehr zu entdecken: Auf der Homepage von St. Josef sieht man nämlich auch schön, was es da für zahlreiche Gruppen und Kreise gibt. Die Familienkreise werden überhaupt nur am Rande erwähnt (und nicht zur Aufhübschung der Statistik mißbraucht) Tolle Krippenspiele jedes Jahr – wunderschön. Und eine feste Kinderschola…
Bloß gut, daß es auch solche Diasporagemeinden gibt!

 

PS: Tut mir leid, aber die inhaltliche Auflösung des Exodus-Preisrätsels muß sich nun noch einen Tag gedulden, das hier ging vor! 😆

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